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Archiv für Januar 30th, 2022

Kritik an Lebensformen

Erstellt von Redaktion am 30. Januar 2022

„Revolution sollte man machen!“

Berlin, Mitte, Unter den Linden, Hauptgebäude der Humboldt-Universität 02.jpg

Das Interview mit Rahel Jaeggi führte Hanno Rehlinger

Die Berliner Philosophie-Professorin Rahel Jaeggi hat vor ihrem Abitur in einem besetzten Haus gelebt. In ihrem Buch „Kritik von Lebensformen“ geht sie der Frage nach, inwieweit diese die Krisen, aus denen sie hervorgegangen sind, lösen können.

taz am wochenende: Frau Jaeggi, zuerst zum Persönlichen …

Rahel Jaeggi: Oh, Persönliches mache ich ganz ungern …

Trotzdem. Sie sind mit 14 in Berlin in ein besetztes Haus gezogen: In welches?

(lacht) Ich dachte, Sie würden jetzt fragen, warum.

Also: warum?

Das war während der ersten großen Welle der Berliner HausbesetzerInnenbewegung. Und das war im Grunde etwas … etwas, das in der Luft lag, wo an allen möglichen Orten, an denen ich verkehrt habe, im Jugendzentrum zum Beispiel, Unterstützerinnentreffen stattgefunden haben und Besetzungen angestoßen wurden. Die Leute kamen wirklich von überallher. Da muss man nicht jahrelang organisiert sein, um so etwas zu machen. Man hat sich’s auch nicht jahrelang überlegt. Na ja, ich sowieso nicht …

Waren Sie die Jüngste?

Es gab einige in meinem Alter. Jünger waren nicht sehr viele.

Und wie war das: Sind Sie nachts zu Hause rausgeschlichen und einfach nicht mehr wiedergekommen?

Nein, ich hatte ja kein zerbrochenes Verhältnis zu meinen Eltern.

Haben Ihre Eltern Ihnen das einfach erlaubt?

Na ja, am Ende ja. Aber das waren natürlich schwierige Auseinandersetzungen. Das war eben auch eine andere Zeit. Wenn Sie so erstaunt fragen: Man kann die Euphorie oder das Ausmaß, in dem das Leben sich damals wie im Ausnahmezustand angefühlt hat, vielleicht gar nicht so leicht nachvollziehen. Es war eben nicht nur eine politische Kampagne und auch keine organisierte Politik, sondern eine Bewegung. So etwas erzeugt einen gewissen Sog.

Waren Sie an der politischen Kampagne denn interessiert?

Ja, ich war sehr daran interessiert. Letztens habe ich mal eine frühere Mitbewohnerin getroffen, die ich sehr, sehr lange nicht mehr gesehen hatte. Und die sagte zu mir: „Ich hab dich letztens gegoogelt, du bist ja so was ganz Krasses geworden! Na ja, wenn ich so überlege, also ich bin damals eher im Haus rumgehangen und hab gekifft, und du warst immer auf den Besetzerräten … also ist doch eigentlich auch kein Wunder.“

Ist das Thema „Freiräume schaffen“ heute noch aktuell?

Freie Universität Berlin - Gebaeudekomplex Rost- und Silberlaube.jpg

Damals ging es auch immer um das Thema Nichtanpassung, um die Vorstellung, dass man sich der herrschenden Normalität, dem Normallebenslauf, dem Nine-to-five-Job bis zur Rente und dem normalen Spießertum entziehen möchte. Man sieht daran, wie sich die Problemlagen verschoben haben. Während in den goldenen Zeiten des Sozialstaats das Schreckensbild für viele noch war, dass man von der Gesellschaft unbarmherzig integriert und konformisiert wird, war das Szenario kurze Zeit später schon das der viel unbarmherzigeren Prekarität. Plötzlich wurde klar, dass die Gesellschaft gar nicht mehr daran interessiert ist, alle zu integrieren. Das ändert natürlich alles. Auch die, sagen wir, akademischen und kreativen Schichten müssen heute um die Festanstellung und die Planbarkeit ihres Lebenslaufs kämpfen. Da ist das Eigenheim auf einmal gar kein Schreckensbild mehr …

Vor einigen Wochen erzählten in der taz ehemalige BesetzerInnen des Bethanien, dass es damals Probleme mit jugendlichen Ausreißern gab. War das bei Ihnen auch so?

Klar, aber ich meine, das ist ja auch einer der guten Effekte. In dem Moment, wo es solche offenen Räume gibt, ziehen die natürlich auch ganz unterschiedliche Leute an, auch viele, die unmittelbar in Not sind. Das hat sich dann vermischt.

Haben Sie als Tochter einer berühmten Professorin und eines berühmten Professors ins besetzte Haus gepasst?

Ich glaube, das Gute an der Zeit war, dass es am Ende darum ging, was man zusammen macht, und nicht, wo man herkommt. Dass die Herkünfte am Ende doch eine größere Rolle spielen, als man während der Zeit gedacht hat, zeigt sich dann erst, wenn so was dann vor größeren Schwierigkeiten steht. Es gab viele Studienabbrecher oder Leute, die ihre Lehre abgebrochen haben oder die Schule. Und die Frage: Berappelt man sich dann wieder oder ist das nicht so, das hängt von ganz vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt natürlich auch von den Ressourcen des Elternhauses. Und umgekehrt gab es diejenigen, die dadurch erst auf die Bahn gebracht wurden. Einer meiner damals sehr engen Freunde hat mir das immer so erzählt, dass er durch die Häuserbewegung sozusagen vom ungerichteten und selbstzerstörerischen Widerstand gegen alles und jeden zu einem Fokus, einer Richtung gekommen ist. Der hatte so eine typische Erziehungsheim- und Jugendstrafanstaltskarriere hinter sich und hat sich dann in der Hausbesetzerbewegung politisiert.

Wann haben Sie sich entschieden, sich zu berappeln?

Ich habe sehr lange im Kino als Filmvorführerin gearbeitet, hatte kein Abitur, auch keinen Hauptschulabschluss, weil ich zu früh aufgehört hatte. Deswegen war das ein bisschen eine Hemmschwelle, damit wieder anzufangen. Aber dann habe ich mit 23 eine Möglichkeit gefunden, mit einer externen Prüfung alle anderen Abschlüsse quasi zu überspringen und direkt ein externes Abitur gemacht.

Ein gutes Abitur?

(lacht) Um Himmels willen, nein! Also das wäre mir nicht in den Sinn gekommen, auf ein gutes Abitur zu zielen. Viele aus meinem damaligen Umfeld fanden ja schon das Abitur zu machen an sich einen Akt von Kapitulation. Und ganz so einfach ist es ja auch nicht, das allein vorzubereiten und sich selbst zu disziplinieren.

Dann haben Sie Philosophie studiert – warum?

Das hat eigentlich schon unmittelbar angefangen, nachdem ich mit der Schule aufgehört hatte. Wir hatten damals eine Gruppe, die sich um Gefangene gekümmert hat. Es war ja so, dass im Zuge der Auseinandersetzungen ein nennenswerter Anteil unserer GenossInnen über kürzer oder länger dann auch mal im Gefängnis landete. In dieser Gruppe haben wir dann auch – abgesehen von der ganzen konkreten Arbeit, die man macht, also Geld zusammenzubringen, die mit Dingen zu versorgen, Besuche organisieren – Foucault gelesen: „Überwachen und Strafen“.

Frau Jaeggi, sind Sie Kommunistin?

Portraitfoto von Rahel Jaeggi

(lacht) Nee, so was muss ich nicht beantworten.

Ihr berühmtestes Werk heißt „Kritik von Lebensformen“. Sie versuchen darin, Lebensformen anhand ihrer Fähigkeit zu beurteilen, interne Widersprüche zu lösen. Was meinen Sie mit Ihrem Begriff der Lebensformen?

Die Art und Weise, wie wir miteinander leben, wie wir arbeiten, wie wir lieben, wie wir unsere alltäglichen und persönlichen Verhältnisse gestalten, aber eben auch, in welchen ökonomischen Strukturen wir das tun. Die Formel, die dann im Buch erläutert wird, ist: Lebensformen sind träge Ensembles sozialer Praktiken, normativ verfasst. Instanzen von Problemlösung.

Sie sagen zu Beginn Ihres Buchs, private soziale Praktiken seien von der philosophischen Kritik ausgeschlossen worden. Aber reden wir nicht ständig öffentlich über Lebensformen, zum Beispiel über Sex?

Ja, tatsächlich könnte man das so sehen. Wenn es darum geht, Zwangsheteronormativität zu thematisieren oder aufzuzeigen, in welchem Maße die bürgerlich-heterosexuelle Kleinfamilie immer noch die vorherrschende Position ist, von der aus gesehen andere Lebensformen dann als abweichend betrachtet werden – das merkt man vielleicht weniger in Berliner Clubs, aber sofort, wenn man sich die meistverkauften Kinderbücher ansieht – oder auch wenn es um die Kritik an toxischer Männlichkeit geht, dann stehen natürlich Lebensformen zur Debatte. Allerdings stehen diese nicht unbedingt immer als Lebensform zur Debatte, also entlang der Frage, ob es eine gute, angemessene, rationale Lebensform ist. Sehr häufig geht es ja – politisch aus guten Gründen – erst mal um eine gewisse Pluralität und Liberalität, also darum, dass Menschen unbehelligt ihren eigenen Lebensvorstellungen nachgehen können sollen, dass sie sich frei von Diskriminierungen in der öffentlichen Welt bewegen können sollen, dass die Weise, wie sie leben und lieben und wie sie sich im Spektrum der Geschlechter verorten, anerkannt werden muss.

Und eine Kritik von Lebensformen will mehr als diese liberalen Zugeständnisse?

Ja, ich würde einen Unterschied machen zwischen diesem genuin liberalen Punkt und dem Einsatz einer emanzipatorischen Kritik von Lebensformen, wie es sie eben auch gibt. Eine solche sagt ja offensiv: Wir wollen nicht nur die Abwesenheit von Diskriminierung und Diversität an sich, sondern eine andere Lebensweise. Oder zumindest eine Debatte darüber, was an den alten (nehmen wir die zwangsheterosexuelle oder die patriarchale) Lebensweisen schlecht, irrational, toxisch ist. Im ersten Fall beharre ich nur auf der Vielfalt von Lebensweisen. Das ist das berühmte liberale „harm principle“, demzufolge jeder frei sein sollte, zu tun und zu lassen, was er will, solange er den anderen keinen Schaden zufügt. Im zweiten Fall rede ich inhaltlich darüber, wie wir zusammenleben wollen und sollten. Warum die sozialen Praktiken und Institutionen, die wir unausweichlich teilen, so oder so gestaltet sein sollten und so oder so eben nicht.

Also haben die Konservativen zu Recht Angst, dass ihre Lebensformen verschwinden?

Ja klar. Die Lebensformen sind nicht mehr alternativlos, die Annahme, bestimmte Dinge seien „natürlich gegeben“ schwankt und wird untergraben. Wenn die autoritären Rechtspopulisten schreien, die Genderstudies zerstören die Familie, dann spüren sie, dass da etwas ins Wanken geraten ist, etwas, woran sie sich festhalten. Tatsächlich fasst die „andere Seite“ die Liberalisierungsbemühungen auch genau deshalb als Bedrohung auf: Sie halten es also nicht nur für eine Erweiterung von Lebensmöglichkeiten, sondern für einen Angriff auf ihre eigene. Und das stimmt ja irgendwie auch – und das sollte man dann auch offensiv so vertreten und nicht so tun, als ob man hier einen neutralen Standpunkt einnehmen könnte.Es ist doch klar, dass die Familie nie wieder so sein wird, wie sie mal war, nachdem sie durch diesen Prozess der Pluralisierung und Diversifizierung gegangen ist. Also nicht, dass es nicht noch traditionelle oder autoritäre Familien geben kann (leider nicht), aber deren Status, die Selbstsicherheit, mit der das gelebt wird, ist ein ganz anderer. Oder denken Sie an bestimmte Formen der stereotypen Männlichkeit: Man kann doch fast schon nicht mehr anders, als diese als Inszenierung zu betrachten.

Quelle        :          TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben       —     Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden, vom Bebelplatz aus gesehen.

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Deutsche Putin-Versteher

Erstellt von Redaktion am 30. Januar 2022

Mit der Putin Brille auf der Nase sieht die Welt ganz anders aus

Wladimir Putin in Deutschland 9.-10. April 2002-5.jpg

Die Brille sitzt rechts und heißt Schröder ?

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Wer die Maßstäbe liberaler Demokratie anlegt, kann in Putin keinen Verbündeten sehen. Dennoch finden viele Deutsche für jede seiner Taten eine Entschuldigung. Doppelstandards und Realitätsblindheit helfen dabei.

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Covid-Politik – Proteste

Erstellt von Redaktion am 30. Januar 2022

Das ganz normale Denken von Demonstranten gegen die Covid-Politik

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Meinhard Creydt 

Manche Kommentare zu den Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie heben die Teilnahme von Rechtsradikalen, die Gewaltaufrufe und Hetze in sozialen Medien hervor. Wir konzentrieren uns auf die Auffassungen der ganz „normalen“ Teilnehmer. Der Artikel befasst sich mit denjenigen, die alle Maßnahmen ablehnen und sie hochstilisieren zum Anlass, in den „Widerstand“ gegen eine „Corona-Diktatur“ zu treten. Ein anderes Thema sind diejenigen, die

Einwände gegen einzelne Maßnahmen und einzelnes staatliches Vorgehen haben, aber insgesamt zum Schluss kommen: Maske, Impfung, Kontakteinschränkungen und ähnliches sind das sehr viel kleinere Übel als alles, was ohne diese Maßnahmen droht. Beide Gruppen sind zu unterscheiden. Ein Vergleich kann das verdeutlichen. Es gibt Leute, die staatliche Steuern generell ablehnen, und andere, die bei einzelnen Steuervorgaben meinen: „Hier wird mir im Vergleich zu anderen Gruppen unverhältnismäßig viel abverlangt. Andere werden bevorzugt!“ Da lässt sich endlos über das Für und Wider streiten sowie Belastungen gegeneinander ausspielen.

Die Kritik an einzelnen Schritten in der Covid-Bekämpfung führt zu nicht beabsichtigten Effekten.

In der öffentlichen Debatte über die Politik gegen die Covid-Epidemie profilieren sich viele im Politikbetrieb und aus den Medien in der Manöverkritik an einzelnen Schritten. Damit geben sie

denen ständig Futter, die Ernst machen wollen mit „alles Scheiße, was die Regierung macht“. Schnell lässt sich ein Mangel zu DEM Mangel erklären oder eine kleine Ungereimtheit aufblasen zu „die wissen nicht, was sie tun“.

In der Opposition gegen die Maßnahmen findet sich eine Koalition von Vetogruppen.

Sie lehnen etwas aus untereinander völlig verschiedenen und teils unvereinbaren Motiven ab. Die einen verarbeiten ihre schlechten Erfahrungen mit dem herrschenden Gesundheitswesen zu dessen pauschaler Ablehnung und schwören z. B. auf homöopathische Mittel. Andere haben Vorbehalte gegen die Impfung von Kindern. Wieder andere stören sich auf einmal an den Vorschriften, ohne bisher gegen Ampeln und Verkehrsregeln rebelliert zu haben. Andere nutzen die Demonstrationen, um es „den etablierten Parteien“ mal „so richtig zu zeigen“. Alle diese Gruppen eint nur das Anti. Eine konsistente Vorstellung, wie sich die Covid-Epidemie bekämpfen lässt, haben sie nicht. Und das stört sie auch nicht. „Permanente Aufregung ist Kennzeichen der Ignoranz. Wut ist dumpf, aber entschieden. Sie weiß alles, wovon sie nichts versteht. Ihre Empörung ist ihr heilig. Darunter macht sie es nicht. Und über sie kann sie sich nicht erheben. Der eigene Affekt erscheint nicht verdächtig, er ist vielmehr dieses Bürgers feste Burg. Er setzt sich in Gang, ohne von sich wissen, geschweige denn sich erforschen zu wollen. Er tritt auf als Lösung, nicht als Problem“ (Franz Schandl: Die Wut und ihre Bürger. In: Streifzüge, Wien, Nr. 54, S. 42).

Egozentrismus

„Der Staat darf mir nicht verbieten, ins Restaurant zu gehen und meine Freunde zu treffen“ (Teilnehmerin an Demonstration, Tagesschau 15.1.22). Ihre Bewegungs- und Konsumfreiheit steht der Dame an erster Stelle. Vom Grundgesetz ist bekannt, dass es sich für die freie Entfaltung der Persönlichkeit ausspricht. Beflissen sehen viele davon ab, dass in Artikel 2 die Grenze dieser freien Entfaltung genau dort gezogen wird, wo die individuelle Ausübung der Freiheit die Rechte anderer verletzt. Das schließt den Schutz der Gesundheit und des Lebens anderer ein. Ein Grundrecht, andere anstecken zu dürfen, gibt es nicht. Nicht überall, wo „Einschränkung der eigenen individuellen Freiheit“ drauf steht, ist Schützenswertes im Spiel. Jedenfalls beklagen auch die Gegner des Tempolimits, die Freunde des privaten Waffenbesitzes und der Kinderpornographie bitterlich so manche harte Einschränkung, der sie unterliegen. Marius Müller-Westernhagens Schlager-Parole „Freiheit, Freiheit ist das einzige, was zählt“ ist – vorsichtig gesagt – etwas zu kurz gedacht.

„Es muss jeder wissen, wie er sich persönlich schützt.“ So sprechen Egozentriker. Was die Folgen des eigenen Verhalten für andere sind, ist ihnen gleichgültig. Maskentragen als Schutz davor, andere anzustecken – das mag ihnen nicht einleuchten. Ebensowenig die Impfung als Maßnahme, um dem Virus möglichst wenig neue Gelegenheiten zur Ausbreitung und Mutation zu geben. Die Gegner aller Maßnahmen zur Einschränkung der Covid-Epidemie achten sehr auf ihre eigenen Grundrechte. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit anderer und das Recht auf Leben von Covid-Risikogruppen meinen sie damit nicht.

„Menschen müssen für sich selbst sorgen. Wenn jemand Angst hat, soll er eben zu Hause bleiben“ (Wolfgang Kubicki (FDP) in der Sendung „Anne Will“ vom 10.5.2020). Die heilige Dreieinigkeit dieses Individualismus lautet: Selbstbestimmung – Selbstverantwortung – Selbstbeschuldigung. Die Propaganda ist bekannt: „Wirst Du krank, dann bist Du selbst schuld. Du hast zu wenig für Dein Immunsystem getan.“ Umgekehrt denken viele Covid-Ignoranten: Ich bin jung, ich bin stark, mich triffts schon nicht. Und wer sich stark fühlt, tritt unbekümmert für das Recht des (vermeintlich) Stärkeren ein.

Der maßlose, aber selektive Verdacht und seine Vorbehalte

Pharmaunternehmen machen mit Medikamenten Profit. Viele Covid-Demonstranten verbinden diese „Information“ mit der Erinnerung daran, dass manche Medikamente sich als gefährlich erwiesen haben und vom Markt genommen wurden. Wie hoch dieser Anteil an allen Medikamenten ist, können Impfverweigerer, wenn man sie danach fragt, nicht angeben. Vor dem Gebrauch eines Autos schrecken dieselben Personen nicht zurück. Dabei können sie nicht mit 100%iger Sicherheit ausschließen, dass ein in ihrem Fahrzeug vorliegender Fehler sie möglicherweise in Gefahr bringt. Den Covid-Impfstoffen wird angelastet, sie seien relativ schnell auf den Markt gekommen. Das genügt Impfskeptikern für ihre Ablehnung. Sie beruhigt nicht, dass die „in Deutschland zugelassenen Impfstoffe das übliche Prüfverfahren der EU durchlaufen haben und die hohen europäischen Sicherheitsstandards erfüllen. Das heißt, die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit der zugelassenen Impfstoffe wurden […] überprüft […] – nur, dass es diesmal schneller ging, weil alle relevanten Schritte parallel statt – wie sonst üblich – hintereinander stattfanden“ (https://www.zusammengegencorona.de/impfen/aufklaerung-zum-impftermin/10-gruende-sich-jetzt-gegen-das-coronavirus-impfen-zu-lassen/)

Gegner der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Epidemie haben ein unbestimmtes Misstrauen. Ein vager Verdacht lässt sich nicht ausräumen. Er sichert dem, der ihn hat, das Selbstbewusstsein, nicht naiv zu sein. Das hindert die Betroffenen in vielen Fällen sonst nicht daran, Medikamente mit massiven Nebenwirkungen einzunehmen. Beim Covid-Impfstoff wird die Angst vor Impfschäden aber auf einmal zum Ausschlussgrund. Dabei liegt „das Risiko einer schwerwiegenden Nebenwirkung nach einer Covid-19-Impfung bei gerade einmal 0,02 Prozent. Deutlich größer ist dagegen die Gefahr, dem Coronavirus ungeimpft zu begegnen: Jede zehnte Person, die sich infiziert, muss mit einem schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung rechnen (rund 10 Prozent)“ (Ebd.).

Der Alles-oder-nichts-Logik entspricht auch das Argument: „Es gibt Impfdurchbrüche, also schützt die Impfung nicht“. Wenn z. B. der Impfstoff von BioNTech eine Wirksamkeit von 95 Prozent aufweist, dann reicht das den Impfgegnern nicht aus. Auf die medizinische Erklärung lassen sich diejenigen nicht ein, denen es genügt, irgend etwas Negatives gegen die Impfung zu hören, ohne sich selbst ein umfassendes Bild von der Problematik zu machen. „Um bei einer Atemwegsinfektion komplett geschützt zu sein, brauche ich viele Antikörper direkt auf den Schleimhäuten. So gelingt es dem Organismus direkt am Eintrittsort gegen das Virus vorzugehen. Die Menge an Antikörpern nimmt aber mit der Zeit ab und so kann man sich nach einer gewissen Zeit vielleicht nicht mehr direkt gegen die Infektion wehren. Und dennoch ist man wegen der Gedächtniszellen, die sich zwischenzeitlich gebildet haben, weiterhin vor einer schweren Erkrankung geschützt. Insgesamt infizieren sich Nicht-Geimpfte sechs- bis zehnmal so häufig wie Geimpfte. Über 90 Prozent der Patienten, die mit einem schweren COVID-Verlauf im Krankenhaus liegen, sind ungeimpft“ (Prof. Dr. Carsten Watzl, zit. in https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/coronavirus/covid-19-was-experten-zu-impfzweifeln-sagen-821933.html).

Dass sich auch Geimpfte anstecken können, ist ein anderes gern geäußertes Argument. Wer es gegen die Covid-Impfung vorbringt, macht diesen Vorbehalt aber in anderen Situationen nicht geltend. Wenigstens ist die These „Wenn es stark regnet, spann ich den Schirm nicht auf, weil durch Wind oder Richtungswechsel des Regens ich trotz Schirm einen Tropfen abbekommen könnte“ selten zu hören.

Bei den Gegnern aller Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Epidemie ist viel Verdacht anzutreffen, wer alles „eigentlich“ „wirklich“ hinter dieser Politik stecke und „uns“ an der Nase herumführe. Dieser phantasievollen Betätigung des Verstand geht aber einher mit einem Mangel an Vorstellungskraft bei einer naheliegenden Frage: Wie würde es heute aussehen, wenn man vor Jahren nicht die Zwangsimpfung gegen die lebensgefährlichen Pocken mit Erfolg durchgesetzt hätte? Bei Impfungen gegen Covid werden die gleichen Leute rebellisch, die bei jeder Flugreise z. B. nach Afrika sich selbstverständlich impfen lassen. Wenig war bislang davon zu hören, dass Touristen zu Fachleuten in Sachen Impfstoff-Gefahren wurden und sich zu Demonstrationen gegen „die Impf-Diktatur“ zusammenschlossen.

Souveränitätssimulation

Auf einem Plakat bei einer Demonstration war zu lesen: „Gehorsamszeichen wie Hitlergruß, Genossengruß und Alltagsmasken gehören verboten!!!“ Wie ein Kind in der Trotzphase befolgen viele ein Gebot schon deshalb nicht, weil es von außen oder von oben kommt. „Ich kann doch machen, was ich will.“ Zwangsmaßnahmen werden notwendig, weil immer noch über 20 % der Bundesbürger trotz vieler guter Argumente für die Impfung diese unterlassen. Gegner der Maßnahmen zur Eindämmung der Covidpolitik sehen das genau umgekehrt: Weil es eine Kampagne gibt, deshalb wittern sie einen fremden Willen und Inhalt. Weil konzentriert für ein bestimmtes Verhalten mit Argumenten geworben wird, fühlt sich der selbsternannte Freigeist bevormundet: „Ich lasse mir von niemand reinreden!“ Dass man mir eine Veränderung meines Verhaltens nahelegt, daran nehme ich Anstoß und lasse mich erst gar nicht auf die sachliche Prüfung der vorgebrachten Argumente ein. Autonomie wird mit Trotz verwechselt. Das ausgestellte Freiheitsverständnis ähnelt einem Vulgär-Existenzialismus. Für ihn „ist nicht so entscheidend, w a s ich wähle, als vielmehr dass i c h es bin, der wählt“. Das gleicht einer „Art pubertärer Ethik“ (Terry Eagleton: Die Illusionen der Postmoderne. Stuttgart 1997, S. 114).

Die Bullen, die Bullen – die helfen ihren Staat beim Schummeln

In einem Interview mit einer Sozialpsychologie-Professorin zu den Demonstrationen heißt es: „Wir stellen auf jeden Fall fest, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale gibt, die bei den Protestierenden gehäuft auftreten. Dazu gehören auch Macchiavellismus, also ein hohes Misstrauen gegenüber anderen Menschen und Institutionen und der Glaube, dass man angelogen wird und nichts von sich selbst preisgeben darf. […] Narzissmus spielt ebenfalls eine Rolle, also das Gefühl, man sei etwas Besonderes und die allgemeinen Regeln gelten nicht für einen selbst“ (Julia Becker, Tagesspiegel 1.9.2020).

Es handelt sich bei der großen Mehrheit der Demonstrationsteilnehmern um Leute, die sonst keineswegs protestieren angesichts der Zwänge, denen sie unterliegen. Viele sind lohnabhängig oder als kleine Selbständige abhängig von Bankkrediten und Auftraggebern. Viele sehen die kapitalistische Marktwirtschaft und die Kapital-Akkumulation bei aller Manöverkritik im Einzelnen im Großen und Ganzen als „alternativlos“ an. Sie akzeptieren das Privateigentum an Wohnungen und finden nichts dabei, die Miete und die Steuern zu zahlen. Nur bei Corona wollen sonst fügsame und „verständige“ Untertanen auf einmal sich und anderen beweisen: „ICH lasse mit MIR nicht ALLES machen.“ Dabei meinen sie häufig nur: Wenigstens an einem Punkt soll sich mal etwas nicht ändern. An allerhand Zumutungen des Erwerbs- und Geschäftslebens sind sie gewohnt. In den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Epidemie bemerken sie etwas, das ihre Gewohnheiten stört und das zu verweigern sie sich zutrauen. „Widerstand“ erscheint hier auf einmal ganz einfach: Die Maske nicht tragen und die Impfung verweigern – das kann jede(r). Dazu gehört nicht viel. Während die meisten sonst keine Möglichkeit sehen, wie sie sich wirksam wehren können, ist das individuelle Unterlassen hier leicht möglich. In dem Maße, wie die „Spaziergänge“ an Zulauf gewinnen, werden sie interessant. Auch viele, die sich bislang nicht sonderlich mit dem Sachthema befasst haben, bemerken: Wir haben endlich mal ein Ventil, unseren diffusen Frust abzulassen, und eine Chance, „denen da oben“ es mal „zu zeigen“. So blind ist dieser Protest, dass er nicht bemerkt, wen die Verweigerung der Impfung durch eine Minderheit tatsächlich trifft.

Auf der Berliner Demonstration am 29.8.2020 sind einige ältere Männer zu sehen mit weißen T-Shirts und dem Slogan: „Ich habe meine Eier wiedergefunden.“ Vielen geht es offenbar mehr um Symbolpolitik und Souveränitätssimulation als um eine sachgerechte Einschätzung der Lage. Corona bildet den Anlass für Leute, die meinen, sich selbst und anderen unbedingt wenigstens einmal demonstrieren zu müssen, wie eigenständig sie seien. Wer daran Gefallen findet, offenbart zugleich die Meinung, seine oder ihre Autonomie bestehe darin, … eine Mund-Nasen-Maske n i c h t aufzuziehen. Das Missverhältnis zwischen dem Engagement für die große Freiheit und der kleinen Maske fällt Corona-Demonstranten nicht auf. Vielmehr lautete – in Anlehnung an Ronald Reagans Parole „Tear down this wall“ in seiner Rede am 2.6.1987 vor dem Brandenburger Tor – eine Parole am 29.8.2020: „Tear down the masks!“ Im Berliner Dialekt hört sich der Einwand zu solch exzentrischen Exaltationen so an: „Hamm ses nich ne Numma kleena?“

Das Freiheitsverständnis

Teilnehmer an der Marktwirtschaft sehen ihre Freiheit darin, ihrem speziellen Privatinteresse, das anderen Privatinteressen entgegensteht, zu folgen. Sie wollen sich dafür die eigene Arbeit, das eigene „Investment“ und die „Geschäftspartner“ aussuchen. In der Marktwirtschaft ist immer der Übergang angelegt von einem individuellen Gebrauch der eigenen Freiheit, der die Interessen anderer bei der Durchsetzung des eigenen Interesses wohl oder übel taktisch-instrumentell berücksichtigt, zu einem Freiheitsverständnis, das sich von dieser Beachtung anderer Interessen löst. Einige Maximen der Marktwirtschaft lauten: „Jeder ist sich selbst der Nächste. Mir hilft niemand, warum sollte ich jemand helfen? Wer sich auf andere verlässt, ist verlassen. Verschon mein Haus, zünd andere an (St. Florians-Prinzip). Wenn andere die Gesetze einhalten, soll’s mir sehr recht sein; meine Ausnahme gönn’ ICH mir!“ Die Auffassungen vieler Demonstranten gegen die Covid-Politik stellen eine Variante dieser ganz normalen ideologischen Auffassungen dar.

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Oben       —       Fahrradprotest der Initiative #LeaveNoOneBehind in Berlin

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Die SPD im Ukraine-Konflikt

Erstellt von Redaktion am 30. Januar 2022

„Das ist ein bisschen heuchlerisch“

2021-12-07 Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der 20. Wahlperiode des Bundestages von Sandro Halank–110.jpg

Haben Deutsche nicht immer schon jeden Troll gewählt, der gerade des Weges kam?

Das Interview mit Piotr Buras  führte Jan Pfaff

Wie schaut man in Polen auf die Haltung der deutschen Politik gegenüber Russland? „Scholz wird seiner Aufgabe nicht gerecht“, sagt Piotr Buras.

taz am Wochenende: Herr Buras, wie blickt man in Warschau auf die Spannungen mit Russland?

Piotr Buras: Sehr besorgt. Die Ukraine ist unser Nachbar. Ein Einmarsch Russlands würde einen Krieg an der Grenze Polens bedeuten. Damit ist unsere Sicherheit unmittelbar betroffen. Aber es geht noch um mehr – um die Sicherheitsarchitektur Europas und die Glaubwürdigkeit der Nato. Beide stehen auf dem Prüfstand. Zumindest für Polen ist das die schwierigste sicherheitspolitische Krise seit 1989/90. Für Europa waren die Balkankriege und der Kosovo auch sehr gefährlich. Aber ich glaube, nicht einmal diese Kriege wurden mit so viel Sorge beobachtet.

Wie unterscheidet sich die jetzige Situation mit dem russischen Aufmarsch an der ukrainischen Grenze von 2014, als Russland die Krim annektierte und in der Ostukraine begann, Separatisten mit Soldaten und Waffen zu unterstützen?

Wladimir Putin hat jetzt im Dezember klipp und klar gesagt, worum es ihm geht – eben nicht mehr nur um territoriale Gewinne in der Ukraine. Sondern ums große Ganze, um die Regeln und Grundsätze, auf denen die europäische Sicherheitsarchitektur aufgebaut ist. Er will diese Regeln umschreiben und seine eigenen schaffen. Russland soll bestimmen können, was seine Nachbarn zu tun und zu lassen haben. Das macht es so gefährlich.

Wie schätzt man vor diesem Hintergrund in Warschau die außenpolitische Debatte in Deutschland ein?

Das Image Deutschlands als Sicherheitspartner Polens war schon in den vergangenen Jahren nicht so gut. Viele sind nicht überrascht, dass Deutschland in dieser Krise nicht entschlossen handelt. Verblüfft ist man aber schon über die chaotische Kommunikation in Berlin. Die Bundesregierung hat sehr lange nicht mit einer Stimme gesprochen. Man hat viele Meinungen gehört, aber keine klare Linie gesehen.

Sie vermissen Führung?

Ja, und zwar sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch in Europa. Olaf Scholz hat die Russlandpolitik zur Chefsache erklärt. Er ist dieser Aufgabe aber überhaupt nicht gerecht geworden. Deutschland erhebt keinen Führungsanspruch mehr in der Russlandpolitik. Egal, wie man zur Politik Angela Merkels stand – es war unumstritten, dass sie die federführende Person in der EU-Russlandpolitik war. Sie hat sich aktiv um den Konsens in der EU gekümmert. Diese Lücke versucht nun Emmanuel Macron zu füllen. Das Problem ist nicht, dass die deutsche Politik so viel schlechter als die Politik anderer europäischer Länder ist. Da sind sicher einige unschlüssig. Das Problem ist, dass Deutschland eine viel größere Verantwortung zukommt. Ich glaube, es wird in Deutschland oft nicht wirklich begriffen, wie groß diese Verantwortung ist und welche Erwartungen aus ihr erwachsen.

Deutsche Politiker verweisen oft auf die deutsche Vergangenheit. Deshalb müsse man sich gerade gegenüber Russland zurückhalten.

Das war jahrzehntelang ein wichtiges Argument, ist aber doch längst überholt. Wir haben europaweit Meinungsumfragen gemacht und ein Ergebnis war ganz klar, dass die meisten Europäer Deutschland die Führungsrolle zutrauen. Das ist vielleicht auch eine Konsequenz der Merkel-Ära. Sie hat das Vertrauen in Deutschland massiv gestärkt. Der ehemalige polnische Außenminister Radosław Sikorski hat einmal gesagt: „Deutsche Macht fürchte ich heute weniger als deutsche Untätigkeit.“ Das gilt für viele in Europa. In der deutschen Außenpolitik ist die Vergangenheit oft nur noch eine Ausrede. Gerade auch in dem aktuellen Konflikt mit Russland.

Wie meinen Sie das?

Es geht um die Verteidigung der Ukraine, deren Menschen unter den Nazis mindestens genauso gelitten haben wie die Russen. Aber es geht vor allem auch um die Verteidigung von Prinzipien, die aus der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs heraus entwickelt wurden – wie etwa das Recht auf Selbstbestimmung und die Unversehrtheit der Grenzen. Verantwortung gegenüber der deutschen Vergangenheit bedeutet da, diese Prinzipien zu verteidigen.

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Die Vereinigung ihrer Wertschöpfer fast aller Schrödianer!

Die SPD tritt sehr zögerlich auf. Einige in der Partei plädieren mit Verweis auf Willy Brandts Entspannungspolitik dafür, gegenüber Russland keinen zu harten Kurs zu fahren.

Willy Brandt ist natürlich eine anerkannte Persönlichkeit, aber die SPD-Ostpolitik hat in Polen eher einen schlechten Ruf – es wird ihr unterstellt, sich vor allem auf Russland zu konzentrieren. Aus meiner Sicht war die Entspannungspolitik Willy Brandts in den 1970er Jahren die richtige Strategie. Nur ging es damals darum, den Status quo anzuerkennen. Und dann über persönliche Kontakte und Verhandlungen zu Verbesserungen etwa bei den Menschenrechten zu kommen. Heute will Wladimir Putin den Status quo überwinden. Er will das Recht des Stärkeren durchsetzen. Insofern ist es eine völlig andere Situation. Sich da auf eine Strategie zu berufen, der ganz andere Ausgangsbedingungen zugrunde lagen, ist keine gute Idee.

In der SPD findet man auch die größten Befürworter der Ostseepipeline Nord Stream 2. Polen hat sie von Beginn an scharf abgelehnt.

Quelle       :         TAZ-online       >>>>>          weiterlesen

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Oben        —         Unterzeichnung des Koalitionsvertrags für die 20. Bundestagswahlperiode (Deutschland) am 7. Dezember 2021

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DL – Tagesticker 30.01.2022

Erstellt von Redaktion am 30. Januar 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) KRITIK AN UKRAINE-AUSSAGEN  – . –   2.) Aktienrente ist mögliche Lösung  – . –  3.) Bundeswehreinsatz im Irak  – . –  4.) Erziehung ohne Druck und Strafen  – . –  5.) AUSGRENZUNG IN DER BRD – Zirkus Absurdum  – . –   DL wünscht allen Lesern eine  gute Unterhaltung. 

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Und die Moral aus der Geschichte? Was Gerdchen nicht gelernt – lernt der Gerd nimmermehr! Man kann im Leben mit vielen Titeln Protzen, am Ende werden auch sie nur Wasser kotzen. Anstand ist nirgendwo ein Lehrfach. Dieses  sei allen ins Buch geschrieben welche einen, von einem Staat verliehene Auszeichnung annehmen, oder einen Titel käuflich erwerben.

„Schröder macht den Nachrichtensprecher von ‚Russia Today‘“

1.) KRITIK AN UKRAINE-AUSSAGEN

Die Union kritisiert die Aussagen von Gerhard Schröder zur Ukraine-Krise. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt spricht von „vollkommener Realitätsverweigerung“. Der Hamburger CDU-Chef Ploß fordert, Schröders Büro im Bundestag zu schließen. Unionsvertreter haben SPD-Altkanzler Gerhard Schröder wegen Äußerungen zum Ukraine-Konflikt kritisiert. „Schröder macht den Nachrichtensprecher von ‚Russia Today‘“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zu „Bild“. „Diese vollkommene Realitätsverweigerung nimmt gefährliche Züge an.“ Hamburgs CDU-Landeschef Christoph Ploß nannte Schröders Verhalten „nur noch peinlich und eines Altkanzlers unwürdig“. Schröder hatte im Podcast „Die Agenda“ am Freitag zum Konflikt mit Russland gesagt, er „hoffe sehr, dass man endlich auch das Säbelrasseln in der Ukraine wirklich einstellt“. Was er von dort „auch an Schuldzuweisungen an Deutschland“ wegen der Absage an Waffenlieferungen höre, „das schlägt manchmal doch dem Fass den Boden aus“. Ploß forderte, dass Schröder sein Büro im Bundestag verlieren sollte. „Sofern Schröder selbst nicht den Anstand besitzt, auf die steuerfinanzierten Privilegien eines Altkanzlers zu verzichten, sollten sie ihm vom Deutschen Bundestag aberkannt werden“, sagte der CDU-Politiker dem „Spiegel“. Er warf Schröder vor, „gegen üppige Bezahlung so offen für die Interessen des russischen Staates“ Lobbyarbeit zu leisten.

Welt-online

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Ist es nicht vollkommen Gleichgültig – wer immer auch -wo und wann- gewählt wird? Letztendlich versorgen alle Politiker-Innen nur sich selbst und wundern sich darüber, wenn sich die Gesellschaft immer mehr zerreißt. Vollkommen egal wer auch immer in der politischen Jukebox Berlin auch sitzt. Auf die Gewinne aus Aktien kann nur der verzichten, wem es auch auf 1.000 Euro mehr oder weniger im Monat nicht ankommt. Sind die Dramen um Schröders Riester-Rente oder die Verluste der Zeus-Versicherungen alle schon wieder Vergangenheit? Nur die Gründer wie Schröder oder Maschmeier weisen in Funk und anderen Medien auf ihre Herkunft hin. Der Staat übernimmt nie die Haftung. Da der Steuerzahler sein Portomanie öffnen muss sollten die Bürger-Innen  die Argumentation als vorsätzlichen Betrug werten.

Nur die Hälfte der Deutschen erwartet finanzielle Sicherheit im Alter

2.) Aktienrente ist mögliche Lösung

Die kapitalgedeckte Altersvorsorge ist laut einer Umfrage eine der wichtigsten Forderungen an die Bundesregierung. Doch es zeigt sich auch die soziale Spaltung. Die Aktienrente soll kommen. Das haben SPD, FDP und Grüne im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Ampel will die gesetzliche Rentenversicherung um eine „teilweise Kapitaldeckung“ erweitern, damit das System tragfähig bleibt. Ohne Reformen würden „schockartig steigende Finanzierungsprobleme“ ab dem Jahr 2025 drohen, hatte der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums im Sommer gewarnt. Fachleute fordern deswegen schon länger eine gesetzliche Altersvorsorge, die die Renditechancen des Aktienmarktes nutzt. Und auch in der Bevölkerung scheint sie viele umzutreiben. In einer repräsentativen Umfrage des Finanzdienstleisters Fidelity, die dem Tagesspiegel vorliegt, landete das Thema bei den wichtigsten Erwartungen an die Bundesregierung sogar noch vor dem Klimaschutz. Fast die Hälfte der rund 2100 Befragten (48 Prozent) sagt demnach, die Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge sei eine der Top-3-Aufgaben für die Ampel-Koalition. 45 Prozent nannten die Senkung des CO2-Auststoßes. Besser schnitten nur die Digitalisierung und der Schutz vor Pandemien mit jeweils 61 Prozent ab. Frauen mit Blick aufs Alter finanziell unsicherer.

Tagesspiegel-online

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In meinen Ohren klingt noch der Satz aus den 50-ger Jahren nach: „Vom Deutschen Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen!“ Heute sin die Mörder in ihren verschiedenen, -den Landschaften angepassten,- Tarnanzügen, nahezu Weltweit vertreten, zum anknüpfen der wirtschaftlichen Verbindungen. „Frieden schaffen mit den Waffen, das Schaffen nur die dümmsten Affen.“ Ob Grün oder Rot, Gelb oder Schwarz als  Farbmischung kommt für gewöhnlich ein brauner Ton heraus. Passt doch in ein Land der staatlichen Gas-Weltmeister.

Die Union freut sich über grünen Kurswechsel

3.) Bundeswehreinsatz im Irak

Mit großer Mehrheit stimmt der Bundestag für eine Verlängerung des Irak-Einsatzes. Doch nun sind auch die Grünen dafür. Kanzler Olaf Scholz, sein Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner glänzten ebenso durch Abwesenheit wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Außenministerin Annalena Baerbock saß nur schweigsam auf der Regierungsbank. Als wäre es für die Ampelkoalition das Selbstverständlichste von der Welt, hat der Bundestag am Freitag die Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte im Irak beschlossen. Dass es sich mit dem ersten Mandat für einen Auslandseinsatz unter der neuen Regierung nicht ganz so easy-peasy verhält, wie es SPD, Grüne und FDP erscheinen lassen wollten, zeigte ein kurzes wie aufschlussreiches Wortgefecht zwischen dem CDU-Abgeordneten Norbert Röttgen und dem Grünen Jürgen Trittin, beide Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses. „Unsere außenpolitische Verantwortung ist unabhängig davon, welche parlamentarische Rolle die CDU/CSU-Fraktion wahrnimmt“, begründete Röttgen die Zustimmung der Union – und fügte nicht ohne Süffisanz an, er freue sich, dass die Grünen „jetzt als Regierungsfraktion dieses Mandat als Teil der Regierung einbringen und als Regierungsfraktion auch zustimmen“ würden. Schließlich hätten sie zu Oppositionszeiten immer dagegen gestimmt. Er begrüße es, dass es jetzt eine „gemeinsame verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Auffassung“ geben würde. Das wollte Trittin nicht so stehen lassen. Schließlich habe es eine substantielle Veränderung des Mandats gegeben: Bisher seien von den Grünen als völkerrechtswidrig eingeschätzte „Operationen der Bundeswehr über einem souveränen Staat“ möglich gewesen. In dem neuen Mandat sei nunmehr jedoch Syrien als Einsatzgebiet ausgeschlossen, sagte Trittin in einer Kurzintervention.

TAZ-online

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Kinder müssen auch lernen Widersprüche zu äußern um erst gar nicht an die typisch Deutsche Obrigkeitshörigkeit gewöhnt zu werden. Sich von Lehrern nicht schlagen zu lassen, um notfalls auch den Klassenraum zu verlassen und sich beim Rektor-In zu beschweren.

Familien-Expertin: – „Wir brauchen keine angepassten, folgsamen Kinder mehr“

4.) Erziehung ohne Druck und Strafen

Damit unsere Töchter und Söhne mit den Anforderungen der Zukunft zurechtkommen können, müssen wir sie schon heute anders sehen und behandeln, findet Diplom-Pädagogin Susanne Mierau. Vor allem müssten Eltern dafür aufhören, aus ihnen andere Menschen machen zu wollen, als sie sind. Das aktuelle Buch von Susanne Mierau „Frei und Unverbogen“ im Beltz-Verlag landete kurz nach Erscheinen auf Platz zwei der Spiegel-Bestseller-Liste. Auch das zehnte Buch der Diplom-Pädagogin und Familienbegleiterin richtet sich an Eltern und alle Menschen, die mit Kindern zu tun haben. Doch dieses Buch sticht unter den anderen hervor. „Es ist ein wenig der Kern, die Basis“, schreibt die Autorin auf Instagram. Es geht nicht nur darum, wie wir Kinder gut begleiten können, wie wir ihre individuellen Bedürfnisse erkennen und ihre Persönlichkeit achten können. In diesem Buch geht es darum, zu begreifen, warum wir unsere Haltung Kindern gegenüber grundsätzlich überdenken müssen. Warum wir jetzt sofort handeln müssen. Und warum das unsere ganze Gesellschaft angeht.

Focus-online

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Da hilft weder Gelb, Grün, Rotes – Schminken, wenn Staaten lassen ihre Uniformen stinken. Wo noch Verwaltung und Behörden auf den Firlefanz ihrer Regierungen hören. Aber genau dieses Verhalten lässt sich nicht mehr erlernen, wem es nicht von Kindesbeinen auf, mit auf den Lebensweg gegeben wurde.

Institutionelle Diskriminierung von Sinti: Eine Schaustellerfamilie soll vertrieben werden

5.) AUSGRENZUNG IN DER BRD – Zirkus Absurdum

Die vergilbten Fotos und Dokumente liegen ausgebreitet auf der hellen Plastiktischdecke. Auf einem der gelben, passgroßen Dokumente steht »Wandergewerbeschein« in Fraktur. Unter dem Passfoto des Mannes in Anzug mit Fliege ist ein Stempel mit Reichsadler und Hakenkreuz zu sehen, er wurde 1940 auf den Namen Karl Lauenburger ausgestellt. Der zweite Wandergewerbeschein ist aus dem Jahr 1934. Ein gut erhaltenes Schwarzweißfoto zeigt eine Frau und einen Mann mit sieben Kindern, alle haben sich schick gemacht. Auf dem Sportplatz Brietlingen in der Nähe Lüneburgs leben vier Generationen der Familie Lauenburger. Sie betreiben einen Familienzirkus. Der Blick aus dem Fenster des Bauwagens fällt auf die rot und gelb gestreifte Spitze des Zirkuszelts. Hinter dem Zelt ragen dunkle Kiefern aus dem Nebel, ein Misthaufen dampft in der kalten Luft. Auf der nassen Wiese stehen beigefarbene Wagen, auf die in großen gelben Buchstaben »Circus Gallini« geschrieben steht. Sie sehen aus wie professionell gedruckte Sticker, doch Christian Lauenburger hat sie handgemalt. Seit über zwei Jahren hat die Familie hier ihr Quartier aufgeschlagen. Wegen der Coronapandemie konnten sie weder auftreten noch umziehen. Die große Wiese an einem Kiefernwald haben sie von einer Privatperson gemietet. Der Vertrag mit dem Vermieter geht bis zum 31. März dieses Jahres. Doch im November letzten Jahres bekamen sie vom Landkreis Lüneburg eine Ankündigung zur Räumung des Platzes bis zum Ende des Jahres. Sie legten Widerspruch ein. Darauf folgte am 10. Januar eine »Beseitigungsanordnung mit Ankündigung des Sofortvollzuges«. Bis zum 14. Februar sei der »Zirkus mit seinen diversen baulichen Anliegen (u. a. diverse Wohnwagen, Zugfahrzeuge mit ihren Anhängern, großes Zirkuszelt) und den Tieren« vom Gelände »vollständig zu entfernen«. Als Gründe werden die »Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung« und die damit einhergehende »Entwicklung unorganischer Siedlungsstrukturen« genannt.

junge-Welt-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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