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Archiv für März 18th, 2021

Corona und die Folgen (1):

Erstellt von Redaktion am 18. März 2021

Das Virus Ungleichheit

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Von Stephan Lessenich

Corona und die Folgen (1): Die Pandemie vertieft die Klassenspaltung. Wer reich ist, muss sich kaum Sorgen machen. Ärmere trifft die Krankheit härter.

Zu den größten Problemen, die uns die Covid-19-Pandemie beschert hat, zählt dass wir nur noch über eines reden – über die Pandemie. Und dabei zumeist über Oberflächenphänomene: Wann öffnen die Friseure? Hat die Bundesregierung im internationalen Impfstoffpoker schlecht verhandelt? Sticht Söder am Ende doch noch Laschet aus?

Die ungleiche soziale Betroffenheit durch die Pandemie beziehungsweise durch die herrschende Krisenpolitik ist im öffentlichen Diskurs hingegen nur am Rande Thema. Wenn doch einmal, ist von dem Virus als dem „großen Ungleichmacher“ die Rede, so als hätten wir es mit einer neuartigen, eigenständigen Dynamik sozialer Spaltung zu tun, die nicht in der für diese Gesellschaft charakteristischen Ungleichheitslogik aufgehen würde.

Doch eigentlich verweist „Corona“ nur wieder einmal auf Bekanntes. Der Reichtum der einen ist die Armut der anderen. Wer reich ist, lebt besser und länger; wer arm ist, muss schlechter arbeiten und früher sterben. Und: In einer von den Ideen und Interessen der Reichen bestimmten Öffentlichkeit kommen die Stimmen und Belange der Armen nicht vor.

Mit den „Reichen“ sind hier nicht nur die Familien Albrecht, Schaeffler und Quandt gemeint, und „arm“ sind in dieser Gesellschaft keineswegs nur Obdachlose oder In­sas­s*in­nen von Asylheimen. Reich ist in Deutschland, wer zu den obersten Einkommens- und Vermögensgruppen zählt, über ein hohes Maß an Autonomie in der Erwerbsarbeit verfügt, privilegierten Zugang zu sozialer und kultureller Infrastruktur hat und sich einer hohen Lebenserwartung erfreut. Arm hingegen sind diejenigen, für die all dies außer Reichweite liegt: all jene Menschen also, die im Niedriglohnsektor arbeiten, die in schlechten Wohnverhältnissen und mit reduzierten Bildungs- und Teilhabechancen leben – und das auch noch kürzer als die Mitglieder jener Parallelmilieus, die aller materiellen Sorgen enthoben sind.

In dieser Gesellschaft herrscht eine krasse soziale Ungleichheit – auch wenn die Bessergestellten und deren politische, wissenschaftliche und mediale Lob­by­is­t*in­nen dies immer wieder bestreiten. Diese soziale Ungleichheit wird durch die Pandemie fortgeschrieben. Während von den Haushalten mit hohem Einkommen ersten empirischen Erhebungen zufolge kaum wirtschaftliche Sorgen bekundet werden, befürchtet mehr als ein Drittel der Erwerbstätigen mit geringem Haushaltseinkommen im Zuge der Coronakrise große wirtschaftliche Einbußen.

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„Corona“ verschärft all jene Ungleichheitsrelationen, die die bundesdeutsche Klassengesellschaft durchziehen. Der in Kürze zu veröffentlichende sechste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung etwa weist aus, dass auf die Haushalte der unteren Hälfte der Verteilung rund 1 Prozent des gesamten Nettovermögens entfällt, während die obersten 10 Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte desselben auf sich vereinen. Die in der Pandemie boomenden Aktienmärkte verstärken eben dieses Muster. Auch die Einkommensspreizung zwischen industriellen Kernbelegschaften und sogenannten einfachen Dienstleistungsbeschäftigungen hat 2020 weiter zugenommen.

Gleichwohl ist unwahrscheinlich, dass mit dem politisch-medialen Fokus auf das Virus auch das Bewusstsein für die strukturelle Ungleichheit geschärft werden könnte. Zu sehr dominieren ungleichheitspolitische Phantomdebatten den öffentlichen Diskurs. Ein Beispiel dafür ist die anhaltende Rede von den „Alten“ und von „Personen mit Vorerkrankungen“ als den vorrangig zu schützenden Gruppen – so als sei die Population der älteren Menschen nicht sozial extrem heterogen und das Risiko der Vorerkrankung nicht eindeutig sozial strukturiert. Wer hier nicht von Klassenunterschieden reden möchte, sollte eigentlich schweigen.

Quelle       :         TAZ          >>>>>          weiterlesen

Corona und die Folgen (2)

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Oben       —     Susanne Klatten auf dem Messestand von BMW auf der IAA 2017 in Frankfurt

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Der Stiefimpfstoff

Erstellt von Redaktion am 18. März 2021

Astra – Zeneca

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Eine Kolumne von Sascha Lobo

AstraZeneca ist tief gefallen: Der einstige Hoffnungsschimmer wurde zum Sündenbock der Pandemie, und zwar durch Pech, Unvermögen – und mit unser aller Hilfe. Es gibt jedoch einen Weg aus dieser Sackgasse.

Der sportliche Wettkampf kennt den famosen Begriff »Start-Ziel-Sieg«. Seine schiere Schönheit besteht darin, dass er eine eigene kleine Geschichte erzählt, und es ist eine anziehende Erfolgsgeschichte. Die Welt liebt Start-Ziel-Sieger. Das Gegenteil des Begriffs Start-Ziel-Sieg lautet AstraZeneca. Man könnte als Gegenteil auch »Vollverbockung« oder »Generalfiasko« sagen, aber AstraZeneca klingt geschmeidiger, nach einer Mischung aus lateinischem Sprichwort und römischem Dichter.

An dieser Stelle ist essenziell zu erwähnen, dass es in dieser Kolumne nicht um Impfstoffwissenschaft geht – sondern um das Image der Vakzine, die teils von AstraZeneca provoziert wurde und teils durch unglückliche, fehlerhafte und unkluge Kommunikation Dritter entstand. Sowie durch eine radikale Dynamik in den sozialen Medien – denn das Publikum selbst, wir alle also, tragen eine große Mitverantwortung dafür, dass AstraZeneca wahrscheinlich unberechtigt zum Waterloo der Pandemie werden könnte. Das kann man nur verhindern, indem man die Entwicklung offen ausspricht, sie sich dadurch vergegenwärtigt und zurückkehrt zur rationalen Betrachtung. Das möchte ich hier versuchen..

Ausgerechnet ein Tropfen AstraZeneca hat diese Woche das innere Corona-Fass vieler Menschen zum Überlaufen gebracht. Die gegenwärtige Mischung aus Wut und Verzweiflung scheint mir von der Intensität her bisher ungesehene Größenordnungen zu erreichen. Die Aussetzung der Impfungen hat dabei eine wesentliche Rolle gespielt. Weil vorher Impfungen der Hoffnungsschimmer am Horizont waren beim endlosen Marsch durch das finstere Lockdown-Ödland. Um den vollen Umfang des Fiaskos zu verstehen, muss man berücksichtigen, dass bei der großen Mehrheit der Menschen die Coronaimpfung als Erlösung betrachtet wird, wahrscheinlich zu Recht.

So erklärt sich auch die Radikalität in den Reaktionen, etwa gegenüber den Fehlern des Bundesgesundheitsministers: Spahn steht zwischen uns und dem Erlöser! Spahn verweigert uns unseren Impfjesus! AstraZeneca hat sich auch durch diese Fallhöhe der Impf-Erlösung zu einer sündenbockhaften Projektionsfläche entwickelt: Alle Wut des Versagens, von der schiefgelaufenen Impfkampagne bis zur Ablehnung des Lockdowns – verdichtet sich im Impfstoff. Man schlägt AstraZeneca und meint die noch immer anhaltende verdammte Dreckspandemie. Das ist wirkseits gegen dem Stiefimpfstoff ziemlich sicher nicht gerechtfertigt, kommunikativ aber leider schon.

Das Gegenteil des Start-Ziel-Siegs – AstraZeneca – hat ein Vorspiel, für das das Unternehmen nichts kann. Bis November 2020 war mir wie vermutlich den meisten Menschen die Wirksamkeit von Impfstoffen ein kaum bekanntes Thema. Hätte man mich am 8. November gefragt, ob 72 Prozent Wirksamkeit viel oder wenig seien, ich hätte keine valide durchargumentierte Antwort gewusst. Streng genommen weiß ich sie immer noch nicht. Aber am 9. November 2020 wird die Wirksamkeit von Impfstoffen als neue, öffentlich breit bekannte Messgröße eingeführt. An diesem Tag gibt Biontech bekannt, mit seinem Impfstoff eine Wirksamkeit von 90 Prozent zu erreichen. Bumm. Das hört sich viel an, auch wenn man wenig darüber weiß, gerade dann. Und dabei bleibt es nicht. Denn wenig später kommt Moderna um die Ecke mit einem Wert von 94 Prozent. Ha, das ist mehr, also ist der Impfstoff besser, klar. Worauf Biontech die endgültigen Studiendaten bekannt gibt – mit einer Wirksamkeit von 95 Prozent.

Für eine Grippeimpfung gilt die Wirksamkeit von 45 Prozent als »hoch« und »gut«

Dieser Zweikampf um ein paar über 90 Prozent hatte bei der Einführung der Impfstoff-Wirksamkeit in die weitgehend ahnungsarme Öffentlichkeit tiefgreifende Folgen. Man kennt diesen Effekt aus der Kognitionspsychologie, er heißt Ankerheuristik. Die zuerst wahrgenommene Information, hier über Impfstoff-Wirksamkeit, setzt den Anker. Alle Informationen danach werden an diesem Anker ausgerichtet. Wie irreführend diese Ankerheuristik sein kann, lässt sich an einem falschen, aber einfach durchschaubaren Beispiel ablesen. Wenn eine Person mit 95 Prozent von einer Milliarde Euro reich ist, heißt das nicht, dass eine Person mit nur 50 Prozent von einer Milliarde arm ist. Hier lässt sich der Trugschluss leicht entlarven, weil die meisten Leute ein grobes Gefühl für Geldsummen haben.

Nach Biontech und Moderna kommt AstraZeneca mit seiner Blitzzulassung auf den Aufmerksamkeitsmarkt. Es handelt sich um eine andere, traditionellere Art von Impfstoff. In der ersten Kommunikation am 23. November 2020 ist die Rede von 70 Prozent Wirksamkeit. Impfstoff-Wirksamkeit ist eine Wissenschaft für sich, die auf eine unvorbereitete Öffentlichkeit ohne valide Vergleichsmöglichkeiten trifft – außer eben den 95 Prozent von Biontech. Man bekommt einen besseren Eindruck, wenn man eine Meldung des Ärzteblatts von Anfang 2020 liest. Dort wird für eine Grippeimpfung die Wirksamkeit von 45 Prozent als »hoch« und »gut« bezeichnet.

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Dann, am 29. November 2020, wird ein wissenschaftlich-kommunikativer GAU des Unternehmens bekannt – nämlich wie die Wirksamkeit von 70 Prozent zustande kam: durch eine Art Mogelei. In einer Wirksamkeitsstudie wurde bei einer Gruppe eine Wirksamkeit von 90 erreicht. In einer anderen Studie auf einem anderen Kontinent dagegen 62 Prozent. Zusammengerechnet ergeben sich als gewichteter Durchschnitt tatsächlich 70 Prozent. Diese Kombination zweier Studien gilt als wenig seriös. Schlimmer noch ergaben sich die 90 Prozent bei einer Studie, bei der durch einen Irrtum falsch dosiert worden war. Die normale Dosierung erreicht nach wie vor nur knapp über 60 Prozent. Schon 70 Prozent schienen mit dem Biontech-Anker wenig – aber eine nochmalige Reduktion der Wirksamkeit samt Mogelmumpitz wird zum prozentualen Sargnagel. Auch in den großen redaktionellen Medien trägt die Berichterstattung nicht zum Vertrauen in AstraZeneca bei, und zwar gerade durch lieb gemeinte Argumentationen wie »60 Prozent Wirksamkeit heißt nicht, dass 40 Prozent krank werden.« Das geht an der Laien-Problematik vorbei, denn die lautet: 60 Prozent ist substanziell weniger als 95 Prozent.

Die Haltung »Alle Schuld außer uns« macht das Unternehmen unsympathisch

AstraZeneca hatte schon zu diesem Zeitpunkt kaum mehr eine Chance. Die hat das Unternehmen allerdings auch gezielt nicht genutzt. Keine umfassende Generalverbockung ohne eine Portion Hybris, und die liefert AstraZeneca ab dem 22. Januar 2021 frei Haus gut gekühlt nach ganz Europa. Das Unternehmen gibt bekannt, dass es die vertraglich vereinbarten Liefermengen nicht schaffen werde. Eine solche Meldung hat es zuvor auch von Biontech gegeben – aber während das Mainzer Unternehmen technische Schwierigkeiten als Haupterklärung angibt, greift AstraZeneca ins Begründungsklo. Der schwedisch-britische Pharmakonzern erklärt, der Brexit und die doofe EU selbst trügen die Schuld am Vertragsbruch. Nicht, dass die EU in Impffragen ein tadelloses oder gutes oder auch nur unkatastrophales Image hätte. Aber die Haltung »Alle Schuld außer uns« macht das Unternehmen AstraZeneca maximal unsympatisch und den gleich heißenden Impfstoff fragwürdiger. Und es kommt noch schlimmer und immer noch schlimmer.

Quelle       :           Spiegel-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben          —       Astra Zeneca headquarters in Mölndal, Southern Gothenburg (Sweden)

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Unten          —        Sascha Lobo; 10 Jahre Wikipedia; Party am 15.01.2011 in Berlin.

André Krüger, http://boschblog.de/ – Supplied by author

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Fa. Storck – Blockaden

Erstellt von Redaktion am 18. März 2021

Im Steinhausener Wald in Halle (Kreis Gütersloh) zurück gebaut

Das Haller Herz mit evangelischer Pfarrkirche St. Johannis (davor der Ronchin-Platz)

Quelle:    Scharf  —  Links

Bericht von: Camila Cirlini

Am Sonntag, 21. Februar 2021 wurde der Steinhausener Wald in Halle im Kreis Gütersloh (Ostwestfalen) von links-orientierten Klima- und Naturschützern besetzt. Der in Halle/Westf. ansässige Bonbon- und Schokoladen-Hersteller STORCK plant eine Erweiterung des Konzerns mit zwei riesigen Hallen und einem großen Bürokomplex. Dafür sollen große Teile des Waldes weichen. Ursprünglich wurden den Haller Bürger:innen 1.700 Arbeitsplätze versprochen. Diese Zusage hat sich als ein leeres Versprechen herausgestellt. DIE LINKE. Gütersloh hat die Besetzung begleitet und war mit verschiedenen Genoss:innen täglich vor Ort, um zu unterstützen und um mit den Aktivist:innen und Anwohner:innen zu sprechen.

Die Baumbesetzer:innen sind zum links ausgerichtete, autonome Naturschützer:innen, sind aber auch teilweise auch bei  Extinction Rebellion, Ende Gelände und Fridays for Future organisiert. Eine Mahnwache von Fridays for Future aus Halle vor dem Wald hält seit Beginn der Proteste Tag und Nacht die Stellung. Ortsansässige Vereine und Menschen haben Essens-, Sach- und Geldspenden vorbeigebracht, gebacken und gekocht. Interesse und Zuspruch aus der Anwohnerschaft sind riesig groß. Als ich am ersten Tag dort war habe ich viele Gespräche geführt und auch mit der Mutter eines Baumbesetzers gesprochen und war beeindruckt von ihrem positiven Umgang mit dem konsequenten Handeln ihres Sohnes. Die Waldbesetzer:innen haben sich in schwindelerregende Höhen begeben und sich auf 20 – 30 Meter verschanzt. Die Seile sind so angeordnet, würde eines durchtrennt, könnte ein Mensch oder sogar mehrere zu Boden fallen. Die Baumbesetzer:innen schlafen in Hängematten, die sich nicht viel weiter darunter befinden. Zusätzlich wurden Barrikaden an verschiedenen Zugängen des Waldes errichtet, diese sind ebenfalls mit Menschen besetzt, die sich im Inneren dieser Barrikaden befinden.

Der Wald wurde schon mehrfach abgewertet. Durch den vor ein paar Jahren durchgedrückten Bau der A33 wurden große Teile des Waldes bereits gerodet. Lebensräume der Waldtiere wurden zerstört und durchtrennt, was für die Tiere nicht selten den Tod bedeutet – spätestens dann, wenn sie über die Straße wollen, um in ein Gebiet zu ziehen, das eigentlich mal ihr Revier war. Die zweite Abwertung erfolgte im vergangenen Jahr durch den Bau einer Stromtrasse mitten in und durch den Wald. Diese beiden Eingriffe werden von den Befürwortern der Baumrodungen auch noch als Argument genutzt, den Wald weiter zerstören zu können. Frei nach dem Motto, der Wald ist ja schon so dezimiert, dann können wir den Rest ja auch noch platt machen.

Es handelt sich um eine Fläche von 22 Hektar Wald. In der letzten Februarwoche sollten die Rodungsarbeiten im Wald beginnen, denn ab dem 01.03. gilt das Rodungsverbot zum Schutz der Bruttiere. Die ersten 80 Bäume fallen, um eine Verlegung des dort im Wald befindlichen Laibaches zu ermöglichen, welcher zu Gunsten der geplanten Bebauung verlegt werden soll. Der Bach liegt dort, wo das Bürogebäude gebaut werden soll und soll deshalb nach Wunsch des Storck-Konzernes aufwendig umgebettet werden. Storck möchte den Bach nicht in der Nähe des feinen Bürokomplexes haben. Man fürchtet wohl einen Nagetierangriff – so heißt es. Der Bach soll also renaturiert werden und für diese heldenhafte Tat bekommt Storck sogar noch Ökopunkte. Die betroffenen 80 Bäume wurden von den Waldbesetzer:innen mit Kreuzen markiert und jeder von Ihnen hat einen liebevollen Namen erhalten. Zwei Teiche, die sich ebenfalls im Wald befinden sollen verfüllt werden: mit anderen Worten sie werden zugeschüttet und an anderer Stelle soll dann renaturiert werden. Was mit Wasservögeln, Fledermäusen, Amphibien und den anderen Tieren, die hier leben während der Rodungs- und Bauarbeiten passiert, interessiert niemanden in der Stadtverwaltung.

Eine Artenschutzrechtliche Prüfung sagt aus, dass im Wald und an den Gewässern 14 verschiedene Fledermausarten festgestellt wurden und diverse gefährdete Vogelarten. Jede Fledermausart unterliegt einem strengen Schutz: Es ist verboten laut Bundesnaturschutzgesetz §7 Abs.2 Nr. 13 Und 14 Fledermäuse zu fangen, zu töten oder ihr Habitat zu zerstören. Im Paragraphen 44 sind diese Verbote einzeln aufgeführt. Des Weiteren wird der Umgang mit Fledermäusen von der Berner Konvention, dem Abkommen zur Erhaltung der Fledermäuse in Europa (EUROBATS) und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie auch bekannt als FFH-Richtlinie geregelt.

Unter den von den Baumaßnahmen betroffenen Fledermausarten im Steinhausener Wald in Halle stehen in NRW auf der roten Liste als „stark gefährdet“ eingestuft die Bechsteinfledermaus, die Breitflügelfledermaus und die Große Bartfledermaus. Als „gefährdet“ sind eingestuft das Braune Langohr, welches nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte und die Kleine Bartfledermaus. In der Kategorie “Gefährdung anzunehmen, Status unbekannt“ reiht sich die Teichfledermaus ein. Auf der „Vorwarnliste“ stehen drei Arten, die im Steinhausener Wald leben: der Große Abendsegler, das Braune Langohr und der Kleine Abendsegler. Durch „extreme Seltenheit“ gefährdet ist die im Wald lebende Rauhautfledermaus. „Gefährdungsstatus nicht bekannt“ gilt für den Status der Mückenfledermaus, die im Steinhausener Wald zuhause ist. Bei der Teichfledermaus sowie der Wasserfledermaus ist der „Gefährdungsstatus anzunehmen“.

Ein Wald ist immer ein Lebensraum für zahllose Tiere. In jedem Wald leben Insekten, große und kleine Krabbeltiere, Mäuse, Eichhörnchen, Kaninchen, Hasen, Füchse und Rehe. Zahllose Vogelarten wurden im Steinhausener Wald nachgewiesen. Einige sind als „gefährdet“ und „stark gefährdet“ eingestuft: Eisvogel, Sperber, Star, Turmfalke, Waldschnepfe und Wespenbussard. Ein großer Teil dieser Vögel sind Brutvögel. Sie benötigen Brutstätten wie Bäume um den Bestand ihrer Art zu sichern. Es wurde bei den Amphibien die Geburtshelferkröte nachgewiesen, die in NRW als stark gefährdet gilt. Meiner Meinung nach muss man davon ausgehen, dass es dort nicht nur eine Amphibien-Art gibt. An und im dem sich dort befindlichen See und dem Bach kann man von weiteren Amphibien wie zum Beispiel Molchen ausgehen. Die Amphibien-Prüfung und auch die ornitologische Prüfung ist meiner Meinung nach nicht ausreichend intensiviert worden.

Am 24. Februar riefen die Aktivist:innen zu einer Demo gegen das geplante Vorhaben auf. Die Demo ging vom Wald direkt zum Ort der Sitzung des Stadtrates. Von zunächst 30 Aktivist:innen wuchs die Menge auf ca. 80 bis 100 Teilnehmer:innen an, Bürger:innen und Passant:innen beteiligten sich. Zuvor hatte die Stadt Halle bereits eine Hundertschaft angefordert. 150 Polizeikräfte beteiligten den Demonstrationszug zur Sitzung des Stadtrates, das waren mindestens 149 zu viel. Ein Polizist hätte für die friedliche Demo definitiv gereicht.

Das Erweiterungsvorhaben der Firma Storck sollte vom Rat der Stadt Halle in Form des Flächennutzungsplanes abgesegnet werden. Bürgermeister Tappe gestattet mir eine Frage an den Rat zu richten, obschon ich keine Haller Bürgerin bin, aber so wie er sagte eine Sachfrage habe. Nachdem ich erläutert habe, welche Schäden durch eine Rodung verursacht werden können, fragte ich den Bürgermeister nach der gesetzlichen Grundlage, auf welcher er die Rodung des Waldes durchsetzen möchte. Die Antwort war einfach: „Das weiß ich so nicht aus dem Kopf. Ich habe da Hausrecht.“ Der Rat stimmte für den Flächennutzungsplan; 34 Mitglieder des Rates stimmten zu. Nur fünf von zehn Grünen stimmten dagegen.

Tags zuvor hatte der Bürgermeister Trappe in der Aktuellen Stunde des WDR verlautbart, dass maximal 200 oder 400 Arbeitsplätze entstehen könnten; aber dass man aber aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage keine Garantie auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze geben kann. Storck hatte ein Interview mit dem WDR abgelehnt. Bürgermeister Trappe fühlte sich sichtbar wohl in der Rolle des Sprechers des Nimm-Zwei-Konzernes. Für garantierte Null Arbeitsplätze soll hier also dieser Rundumschlag passieren. Die Bürger:innen wurden wortwörtlich an der Nase herumgeführt, denn 2017 wurde über die Presse bekannt, dass der Süßwaren-Riese Storck 1.700 durch diese Erweiterung schaffen würde.

Bürgermeister Trappe hatte es sich außerdem nicht nehmen lassen, mit einem Megaphone in den Wald zu gehen und den Aktivis ein Ultimatum auszusprechen. Der laut gepriesen Dialog war ein Monolog von Trappe, der sich in einer 30 Minutigen Redezeit über den Wald ergoss. Er hörte den Klimaaktivist:innen weder zu, noch ließ er sie zu Wort kommen.

Zusammengefasst: wenn er wolle könne er sich eine Sondergenehmigung beschaffen und dann würden die Bäume auch während der Schonzeit gefällt, das sei für ihn das geringste Problem. Im Wald erzählten man sich der Landrat des Kreises Gütersloh Sven-Georg Adenauer würde Trappe wohl im Nacken sitzen und auf eine Räumung des Waldes drängen. Die Presse gab ihren Rest dazu und stellte die friedlichen Baumbesetzer:innen in die radikale Randalierer-Ecke. In der Nacht vor Ablauf des Ultimatums fiel den Waldbesetzer:innen ein verdächtiges Fahrzeug auf, das mehrfach mit zugeklebtem Nummernschild auf- und abfuhr. Gegen 1 Uhr nachts passierte es dann. Zwei Männer kamen mit einer Kettensäge in den Wald, beschimpften die Aktivist:innen, rissen rechte Parolen und fällten einen Baum in der Nähe der in den Bäumen schlafenden Menschen. Die Polizei konnte die beiden Männer aus Versmold später dingfest machen und beschlagnahmte die Kettensäge.

Am Morgen danach war ich bereits um 5 Uhr im Wald, denn wir rechneten mit dem Beginn der zuvor angekündigten Räumung. Nach Sonnenaufgang fuhr auch verstärkt Polizei durch die Straßen und Räumungsfahrzeuge wie Hubarbeitsbühnen und kleinere Krane wurden auf Schleppern in die Stadt gebracht und möglicherweise irgendwo in der Nähe (vielleicht auf dem Storck-Gelände) abgestellt. Aber die angekündigte Räumung blieb aus. Im späteren Verlauf des Tages gab der Bürgermeister über die Presse bekannt, dass man auf die Räumung verzichten wolle, um „weitere Gewalttaten“ zu verhindern. Die rechten Baumfäller haben mit Ihrem Anschlag also mit dafür gesorgt, dass auf die Räumung verzichtet wurde. Außerdem fürchtet sich Storck vor einem Image-Schaden.

Die Aktivist:innen haben am 28.02. mit Beginn der Schonzeit angefangen gemeinsam mit den Anwohner:innen die Barrikaden zunächst teilweise zurückzubauen. Der Kampf um diesen Wald ist jedoch nicht vorbei, spätestens im Herbst, wenn die Schon- und Setzzeit endet, werden Rodungsarbeiten wieder erlaubt sein.

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Oben         —   Das Haller Herz mit evangelischer Pfarrkirche St. Johannis (davor der Ronchin-Platz)

Hagar66 • CC BY-SA 3.0

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Morden oder Leben lassen?

Erstellt von Redaktion am 18. März 2021

„Mein Vater kommt mit dem Panzer!“

VON DANIEL SCHULZ  UND AMBROS WAIBEL

Sollen Soldaten töten oder Brunnen bauen? In einem Buch des Historikers Sönke Neitzel wird die Rolle des Militärs in Deutschland neu diskutiert. Zwei taz-Journalisten sind unter Soldaten aufgewachsen, der eine im Osten, der andere im Westen. Ein Gespräch darüber, woran sie sich erinnern, was sie lieber vergessen würden – und wieso sie ihren Gefühlen nicht immer trauen.

Ambros Waibel: Lieber Daniel, wenn wir den Titel von Sönke Neitzels Militär­geschichte ernst nehmen, dann waren es „Deutsche Krieger“, unter denen wir aufgewachsen sind: Dein Vater war bei der NVA, mein Vater bei der Bundeswehr. Neitzels Buch erscheint zu einem Zeitpunkt, in dem die militärische Auseinandersetzung wieder als „Kernauftrag“ deutscher Streitkräfte bezeichnet wird; also nicht die Friedenssicherung, die Abschreckung oder der viel zitierte Brunnenbau, sondern das Kämpfen, das Töten und das Sterben. Neitzel kommt dem entgegen, indem er die „archaische Seite des Soldatenberufs“ betont, „dessen raison d’etre der Krieg ist“. Gleichzeitig wird in dem Buch die Frage aufgeworfen: Braucht die Bundesrepublik eigentlich eine Armee? Wenn wir also jetzt darüber reden wollen, was „Deutsche Krieger“ in uns ausgelöst hat, dann nicht nur auf der Ebene: Wir erinnern uns mal, wie das früher so war, für uns als Kinder; sondern wir sind Teil eines aktuellen Diskurses. Oder wie siehst du das?

Daniel Schulz: Ich merke bei solchen Fragen, dass ich immer noch nicht richtig integriert bin. In der DDR war das Militärische im Alltag sehr präsent. Das hat mich geprägt, bundesdeutsche Brunnenbau-Debatten fühlen sich für mich verschoben an: Wozu soll eine Armee denn sonst da sein als für den Kampf? Von daher muss ich dich fragen: Gibt es etwas spezifisch Westdeutsches, was du bei Neitzel erkennst?

Waibel: Den Begriff der „Tribal Culture“, also eine Art Stammes­kultur. Neitzel beschreibt einen Deal, den die Politik 1955 bei der Gründung der Bundeswehr mit dem Militär geschlossen hat. Man verspricht: Wir integrieren alte Wehrmachtssoldaten, auch höhere Ränge. Die müssen sich zumindest formal zu den Werten des 20. Juli 1944 bekennen, des Versuchs von Mi­li­tär­an­gehörigen, das Hitler-Regime zu stürzen. Im Gegenzug mischt sich die Politik nicht in die internen Angelegenheiten der Bundeswehr ein, solange es keine Skandale gibt. Politisch hat die Bundeswehr aber nichts zu melden. Dieses Verborgene erinnert mich an mein Aufwachsen. Mein Vater war zwar nie Soldat; er war schon zu alt, als die Wehrpflicht in der Bundesrepublik eingeführt wurde. Er hat aber sein ganzes Berufsleben als Jurist bei der Bundeswehr verbracht, zunächst als Rechtslehrer in einem Fliegerhorst …

Schulz: Bei der Elite.

Waibel: So sagt Sönke Neitzel das jedenfalls in seinem Buch. Mein Vater hat auf einem Fliegerhorst, also einem Luftwaffenstützpunkt gearbeitet und später als Wehrdisziplinaranwalt. Allein der Begriff „Fliegerhorst“ – dass ich dieses Wort so selbstverständlich gebrauche, das ist wahrscheinlich schon strange für viele Leute. Ich weiß nicht, ob du auch solche Worte hast, wo du denkst, die kennen nur Leute, die in einem ähnlichen Kontext aufgewachsen sind?

Schulz: Ich habe „Mein Bruder ist Soldat“ in der Schule gesungen. Die Väter meiner Freunde waren bei Übungen der Kampfgruppe. Meine Mutter war Melderin in der Zivilverteidigung, das sind beides Organisationen zum Heimat- und Katastrophenschutz, die eine paramilitärisch, die andere zivil. Die Großen haben in der Schule Weitwurf mit Metallhandgranaten geübt. Politisch stehe ich klar auf der Seite: Militär und Polizei stark einhegen und so transparent wie möglich kontrollieren. Aber unter meinen politischen Ansichten merke ich noch etwas Gefühltes oder Triebhaftes, das kommt wahrscheinlich von meinen Prägungen. Da kann ich dieses kollektive Entsetzen, weil hier mal die Bundeswehr ein Video für Schüler dreht oder weil Menschen von Waffen fasziniert sind, nicht nachvollziehen. Dass das gefährlich ist und eine Grenzüberschreitung, weiß ich intellektuell. Mein Gefühl zuckt aber mit den Achseln. Du merkst schon ein Befremden beim Begriff „Fliegerhorst“, ich komme mir bei solchen Debatten manchmal aus dem Land gefallen vor.

Waibel: Deine gefühlsmäßige Nähe zum Militärischen – hat das mehr mit deiner DDR-Sozialisation zu tun oder mit deiner familiären Konstellation?

Schulz: Kampfgruppe, Zivilverteidigung, das Erlernen von Hierarchien bei den Pionieren, paramilitärisches Training, das kannte die Mehrheit der Gesellschaft. Offizierssohn zu sein, war trotzdem nichts Alltägliches, ich kannte keine anderen Kinder, deren Eltern bei der Armee waren. Ich habe die Armee­rundschau gelesen, das war eine Zeitschrift der NVA, ich habe ständig Bilder gemalt: Soldaten auf Lkws, Flugzeuge, Panzer. Warst du auch so fixiert auf deinen Vater und dieses Soldatische?

Waibel: Mein Vater war ja kein Soldat. Der hatte zwar auch eine Gasmaske, hatte ein Kleinkalibergewehr, aber das war nicht präsent im Alltag. Mein Vater war Rechtslehrer, und er hat für Prüfungen Multiple-Choice-Tests ausgegeben, die die Piloten ankreuzen mussten: Wann darf ich die Bomben abwerfen, solche Sachen. Und ich als Kind durfte die Lösungsschablone auflegen und diese Arbeiten korrigieren. Das hat Spaß gemacht. Ich war aber nie auf diesem Fliegerhorst. Mein Vater hat mir eingeschärft, wenn gefragt wird, was er für einen Beruf hat, soll ich sagen: Beamter. Von mir aus, habe ich gedacht. Gleichzeitig habe ich schon mitbekommen, dass das soziale Leben meiner Eltern sich in einem Reigen von Bundeswehrveranstaltungen abgespielt hat: Bälle, Empfänge, private Treffen.

Schulz: Und da trafen sich dann alle Waffengattungen?

Waibel: Bei uns daheim waren fast nie Soldaten, sondern Juristen, aus dieser Wehrrechts-Ecke. Der Wohnblock, in dem ich aufgewachsen bin, war allerdings eine reine Bundeswehrsiedlung. Ich sehe noch diese pensionierten Soldaten vor mir, wie sie die Straße fegen und dabei rauchen, weil sie das in ihren Schließfachwohnungen wahrscheinlich nicht durften.

Schulz: Im Neubau haben wir auch gewohnt, aber schön gemischt: Arbeiter, Bauern und ein Offizier.

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Wenn wir schreiten Seit an Seit, stehen unsere Lakaien stehts bereit !

Waibel: Es gab auch ehemalige Wehrmachtssoldaten bei uns, die waren sehr entspannt, auf so eine gruselige Öffentliche-Dienst-Art. Was mein Vater von seinen Fällen als Disziplinaranwalt erzählt hat, beschränkte sich auf Anekdoten: Zwei Gefreite reinigen die Gully-Öffnung auf dem Kasernenhof, die Sirene ruft zum Mittagessen; sie lassen die Gully-Öffnung auf, ein Offizier fällt rein und tut sich weh. Das einzig Ernsthafte, woran ich mich erinnere, war eine Verhandlung zur Frage: Was passiert, wenn ein Soldat nachträglich den Wehrdienst verweigert und das Tucholsky-Zitat verwendet: „Soldaten sind Mörder.“ Der wurde nämlich angeklagt. Und das hat mein Vater übernommen.

Schulz: Du hast mit deinem Vater also nie angegeben? Wenn die anderen im Kindergarten geprahlt haben, welcher Vati den größten Trecker fährt, dann hab ich gesagt: Meiner kommt mit dem T-72 und schießt die alle um.

Waibel: Der Vater kommt mit dem Panzer!

Schulz: Genau. Meiner Mutter passte das überhaupt nicht, die ist christlich erzogen, wir waren jeden Sonntag in der Kirche. Für ihre ganze Familie war die NVA der Endgegner.

Waibel: Welcher Jahrgang ist dein Vater? Und was war seine Aufgabe?

Schulz: Mein Vater ist Jahrgang 1947. Er hat bei den Panzertruppen gedient. Später wurde er dann stellvertretender Leiter eines Wehrkreiskommandos. Wie hieß das in der Bundeswehr?

Waibel: Wehrbereichskommando, glaube ich. Das Wort klingt auf jeden Fall vertraut.

Schulz: De facto war mein Vater der Leiter von dem Ding und für die Heimatverteidigung eines Kreises im heutigen Brandenburg zuständig. Er hätte im Krieg die Kampfgruppen kommandiert: dickbäuchige Onkel Ottos, die bei den Übungen vor allem schnell zur Gulaschkanone wollten.

Waibel: Gab es einen Wehrersatzdienst in der DDR?

Schulz: Einen zivilen Dienst nicht, es gab die Bausoldaten, Die arbeiteten als Pfleger oder Küchenhelfer in militärischen Einrichtungen. Gegen Ende der DDR auch in Tagebauen und Großbetrieben, um den Mangel an Arbeitskräften auszugleichen.

Waibel: Ich frage, weil das auch in der aktuellen Diskussion wieder mitschwingt; dass nämlich – so ein FAZ-Kommentar kürzlich – die Debatte ums Militär in Deutschland immer noch von „pazifistischen und moralischen Grundtönen“ geprägt sei. Diese nicht töten müssenden Bausoldaten – siehst du die als Symbol dafür, dass auch im Osten zumindest ein Gefühl bestand, dass man deutsches Militär nicht völlig von der preußischen und erst recht nicht von der nazistischen Tradition trennen kann?

Schulz: Die Bausoldaten sind erkämpft worden, durch Verweigerer, von den Kirchen. Die wurden teilweise für Scheißjobs eingesetzt, viele durften nicht studieren. Nur 150.000 Männer haben sich das angetan, im Vergleich zu etwa 2,5 Millionen Wehrpflichtigen bis zum Ende der DDR. Es ist aber die Frage, inwieweit die NVA überhaupt eine Rolle spielen kann für eine bundesdeutsche Militärdebatte, weil auch Neitzel sie nur als Sonderfall auf 29 von über 600 Textseiten in seinem Buch passieren lässt: Passieren im Sinne von geschehen, aber auch im Sinne von an sich vorbeiziehen lassen.

Waibel: Was siehst du als Erbe der NVA?

Quelle         :          TAZ          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben      —         T-55-Panzer der NVA

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Unten        —       Συνάντηση Σαμαρά Μέρκελ στο Βερολίνο

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DL – Tagesticker 18.03.2021

Erstellt von Redaktion am 18. März 2021

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Wer immer nur das Virus verfolgt, wird die darunter leidenden Menschen aus seinen Blickwinkel verlieren. Das genau ist der Dilettantismus der Regierungspolitik – welche nur auf ihre Influencer angewiesen ist, da ein fundiertes Wissen nicht vorhanden ist. So verlässt man sich auf die Blicke in eine Glaskugel und wenn Diese keine Antwort mehr hat, bekommt sie auch kein Geld!

Kanzlerin Merkel will Vier-Stufen-Plan für Öffnungen

1.) CORONA-LOCKERUNGEN

Merkels Plan: „Vier Öffnungsschritte ohne Jojo-Effekt“, wie ihr Kanzleramtsminister Helge Braun (48) sagte. Details, wie der Vier-Stufen-Plan raus aus dem Corona-Lockdown aussehen könnte, nannte Merkel nach BILD-Informationen aber noch nicht. Eine Arbeitsgruppe mit Kanzleramtsminister Helge Braun an der Spitze solle ab Dienstag (23. Februar) konkrete Schritte ausarbeiten. Merkel umriss drei Bereiche, die man als Pakete einer Öffnungsstrategie schnüren müsse. So gehe es zum einen um den Bereich der persönlichen Kontakte, zum zweiten um das Thema Schulen und Berufsschulen sowie um ein drittes Paket mit Sportgruppen, Restaurants und Kultur. Ziel sei es, Pakete zu schnüren, um Öffnungen möglich zu machen und dann anzupassen. Der Wunsch nach Öffnungen sei, so Merkel, mit Sicherheit zu verbinden. Öffnungen müssten mit Tests einhergehen.

BZ-online

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Dieses Desaster läuft doch schon seit vielen Jahren. Wer sich einst gegen die Schweinegrippe impfen ließ, hatte halt Pech gehab, da anschließend die Vogelgrippe über die Lande zog. Politiker haben niemals aus Misserfolgen ihre Lehren gezogen.

Der schöne Schein des Impferfolgs

2.) Coronavirus in den USA

Impfungen im Supermarkt und bald öffnet Disneyland wieder: Die Aufbruchstimmung in den USA ist berechtigt. Doch sie täuscht darüber hinweg, dass das System kaputt ist. In den USA werden tägliche zwei Millionen Menschen geimpft. Im Supermarkt, im Drive-Thru, von Zahnärzten, Tierärzten, Hebammen. Das ist Amerika im März 2021, ein Jahr nach Beginn der Pandemie. Die USA sichern sich egoistisch eine Fülle an Impfstoff und Weiße werden schneller geimpft als People of Color. Auch das ist Amerika im März 2021. Die große Impfwende oder der große Impfskandal? Die Vereinigten Staaten feiern oder wieder einmal wieder verdammen? So einfach ist es nicht. Auch wenn es die Twitter-tauglichere Schlagzeile wäre. Der Präsident heißt nicht mehr Donald Trump. Es wird also nicht mehr in alle Richtungen „America first“ aus dem Weißen Haus geschrien. Das bedeutet aber nicht, dass Joe Biden der Gutmensch unter den Politikern ist. Er verfolgt konsequent die Interessen des Landes – und seine eigenen. Es geht nicht nur darum, die Menschen vor dem Coronavirus zu schützen. Biden muss gut in seine Amtszeit starten. Der Erfolg seiner Präsidentschaft wird wesentlich davon abhängen, wie gut er das Land aus der Pandemie führt – und aus der damit verbundenen Wirtschaftskrise. Jeder Präsident in den USA wird an den Konjunkturdaten gemessen. Und schon im nächsten Jahr sind Kongresswahlen, die Mehrheiten der Demokraten äußerst knapp. Der Impferfolg ist daher essentiell. Dass es so gut läuft, hat mehrere Gründe. Die USA haben früh große Mengen Impfstoff eingekauft. Das ist noch der Trump-Regierung zu verdanken. Sich in die erste Reihe stellen konnte Trump immer gut und es entspricht dem freien und kapitalistischen Marktgedanken der USA. Das kann man kritisieren, doch überrascht sein sollte man davon nicht. Solidarität leistet sich die Weltgemeinschaft gern, wenn sie es sich leisten kann. Trump war es auch, der Impfstoff-Hersteller anwies, zunächst den Bedarf des eigenen Landes zu decken, bevor exportiert würde. Biden setzt diese Regel fort. Und auch er bedient sich eines Kriegsproduktionsgesetzes, das US-Firmen bevorzugt mit Grundstoffen und Geräten versorgt. Die Ankündigung, vier Milliarden Dollar für Covax bereitzustellen, jene Organisation, die Impfstoffe an arme Länder verteilt, ist da nicht mehr als eine Randnotiz. Bis die USA eine Herdenimmunität erreicht haben, werden sie im Impffortschritt weiterhin auf sich schauen. „We can do it“-Mentalität.

Zeit-online

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War es nicht immer praktizierender Standard eines diktatorischen Führers, Minderheiten in der Gesellschaft für alle Menschen sichtbar zu machen? Nun geht die einst Blonde mit ergrauten Haaren über einen kleinen Hirn, in der EU den gleichen Weg. Gelbe Judensterne für Impfverweigerer? „Nachtigall ich hör die Demokratie trapsen“. Hat Orban bei einer Ärztin in der EU-Kommission, um Rat angefragt? Wer geglaubt hat, dass Dummheit in der Politik aussterben würde, hat sich geirrt.

Wolkige Regeln für Immunitätsnachweise

3.) Nur mit Mindeststandards

Die EU-Kommission hat ihren Plan für Corona-Immunitätsnachweise vorgestellt. Sie braucht mehr Mut für klare Vorgaben: Es geht um Gesundheitsdaten. Es gibt durchaus Gründe, die gegen die Pläne der EU-Kommission zu einem digitalen Immunitätsnachweis sprechen. Dass er es um so einfacher macht, unterschiedliche Rechte für Geimpfte und Nichtgeimpfte zu schaffen, noch bevor eine Impfung flächendeckend für alle verfügbar ist, zum Beispiel. Oder dass damit im Moment des Ausweisens persönliche Daten, inklusive Gesundheitsdaten an Dritte gehen, ob das nun Fluggesellschaften sein werden oder Clubs. Was auch deshalb brisant ist, da das Dokument nicht nur einen aktuellen negativen Test oder eine Impfung, sondern auch eine überstandene Erkrankung nachweisen soll. Und angesichts auftretender gesundheitlicher Spätfolgen kann es heikel sein, so eine Information breit zu streuen. Aber es gibt auch einen guten Grund, der für den Vorstoß der EU-Kommission spricht, und zwar: Es wird solche Ausweise, Nachweise, Pässe, Zertifikate, unter welchem Namen auch immer sie auf den Markt kommen werden, geben. In den USA sowieso, auch China arbeitet schon daran. Und gerade Fluggesellschaften und Reiseunternehmen haben ein immenses Interesse an einem derartigen Nachweis, sitzen teilweise selbst schon an der Entwicklung entsprechender Anwendungen. Die Frage ist also nicht: Digitaler Impfpass ja oder nein, sondern: Welche Anbieter wird es geben, wie vertrauenswürdig sind sie und wie gut ist bei ihnen jeweils der Schutz der persönlichen Daten?

TAZ-online

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Öffnet der Hausherr oder die Hausherrin selber, oder schicken sie ihren Hund voraus welcher erst einmal den Geruch aufnehmen soll ? Könnten nicht auch Merkel oder Scholz angeläutet haben, da wäre dann eine kalte Dusche aus den Eimer wohl besser angebracht. Um wessen Schuhe haben sich denn die Sozialisten die ganzen Jahre zuvor gekümmert? Um ihre eigenen ?

Partei will im Wahlkampf an mindestens 200 000 Haustüren klingeln

4.) Ding dong, hier ist Die Linke

»Ihr klingelt, Ding dong. Ich bin der und der von der Linken …«, Robert Blättermann von der Bundesgeschäftsstelle der Partei macht seinen Genossen vor, wie der Haustürwahlkampf abläuft. »Am Anfang ist man aufgeregt. Das ging mir auch so.« Acht Genossen aus Brandenburg haben sich für diese spezielle Schulung per Videokonferenz angemeldet: Männer und Frauen, Junge und Alte aus Städten und Dörfern in verschiedenen Ecken des Bundeslandes. An mindestens 200 000 Haustüren möchte Die Linke dieses Jahr im Wahlkampf klopfen, erzählt Blättermann. Warum? Weil sich herausgestellt hat, dass die an Laternen aufgehängten Plakate und die grußlos in den Briefkasten gesteckten Flugblätter nicht sonderlich viel bringen, während die persönliche Begegnung Unentschlossene durchaus überzeugen kann. Außerdem tritt an einen Infostand in der Regel nur heran, wer politisch interessiert ist und der Partei nicht völlig abgeneigt. Die Masse der enttäuschten Nichtwähler lässt sich so nicht erreichen. Beim Haustürwahlkampf geht es aber keineswegs nur um den Stimmenfang. Die Sozialisten möchten auch erfahren, wo der Bevölkerung der Schuh drückt. So können sie Bodenhaftung behalten und sich für die Dinge einsetzen, die den Menschen wirklich wichtig sind. Und da ist noch ein anderer Aspekt, sagt Blättermann, der in Berlin wohnt: In Brandenburg hat Die Linke 255 000 Wähler, aber nur 5200 Mitglieder. Die Wähler zu finden und für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, ist da eine lohnende Aufgabe.Völlig neu ist die Idee des Haustürwahlkampfs in Brandenburg nicht. Auch SPD und Grüne praktizieren ihn. Von der Linken zog die Abgeordnete Isabelle Vandré vor der Landtagswahl 2019 in Potsdam von Tür zu Tür. Auf ihre Frage, was den Bürgern wichtig sei, gab es oft die Reaktion: »Schön, dass mal eine kommt und das wissen will.«

ND-online

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Wo die Jungen Pflastern, beginnt bei den Alten das Flattern. Sie haben ja sonst gar nichts mehr, hatten sie auch nie, woran sie sich erbauen könnten. Nur Ihren politischen Mummenschranz.

Nachlese – Landtagswahlen

5.) Das Flackern der Ampel

Nach den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz und ein halbes Jahr vor dem 23. September spitzt sich die Frage zu, wie es die Grünen mit der Union halten werden. Ein gern bemühtes Narrativ der deutschen Corona-Krise lautet: die Ministerpräsidenten hätten der Bundeskanzlerin das Heft des Handelns aus der Hand genommen. 16 mitunter unvernünftige Partikularinteressen stünden einer Beendigung der Pandemie mittels einer entschlossenen Lockdown-Politik Angela Merkels im Weg. Das lässt sich auch als geschichtsvergessene Föderalismus-Lästerei lesen. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz scheint dieses Narrativ nicht sonderlich verfangen zu haben. Denn mit Winfried Kretschmann und Malu Dreyer reüssieren an diesem Wahlsonntag ein Ministerpräsident und eine Ministerpräsidentin, die sich in der jüngeren Vergangenheit durchaus in Opposition zum Kanzleramt begeben haben, etwa in Bezug auf die Öffnung von Schulen oder von Geschäften. Das lässt sich auch als Bestätigung für einen Föderalismus lesen, in dem Länderchefs angesichts der Nebenrolle der Parlamente als letztes Korrektiv einer ansonsten voll auf die Bundesregierung zugeschnittenen Pandemie-Politik fungieren. Wie die praktische Pandemie-Politik manch eines Unions-Parlamentariers aussieht, wird derzeit immer klarer: Wären schamlose Provisionsabgreifer wie der Mannheimer CDU-Mann Nikolas Löbel früher aufgeflogen, wie viel weniger Briefwähler im Südwesten der Republik (etwa zwei Drittel in Rheinland-Pfalz und die Hälfte in Baden-Württemberg) hätten ihr Kreuz dann wohl bei der CDU gemacht? Der Auftakt ins Wahljahr wäre für den neuen CDU-Chef Armin Laschet wohl noch verheerender ausgefallen. Fest verankerte AfD.

Der Freitag-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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