DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

Archiv für August, 2020

KOLUMNE * MACHT

Erstellt von Redaktion am 15. August 2020

Eine Frau, nicht weiß

File:Maischberger - 2016-12-14-7439.jpg

Von Bettina Gaus

Die Nominierung von Kamala Harris als potenzielle US-Vizepräsidentin wird Joe Biden nicht schaden, vielleicht sogar nutzen. Sie kann sogar US-Präsidentin werden – wenn Biden nicht versagt.

Noch ist es ein bisschen zu früh für Kamala Harris, sich zu überlegen, was sie als US-Präsidentin tun möchte, aber die Frage kann sich in überschaubarer Zukunft stellen. Wohl niemals zuvor war die Vizepräsidentschaft eine machtpolitisch vergleichbar wichtige Entscheidung wie in diesem Jahr. Der demokratische Bewerber Joe Biden wird bei Amtsantritt 78 Jahre alt sein, sollte er denn gewinnen. Eine zweite Amtszeit ist unwahrscheinlich. Und dann? Ja, genau. Dann, spätestens dann kann die Stunde für Kamala Harris schlagen.

Üblicherweise ist die Nominierung des oder der Vize für zwei Tage Berichterstattung gut und sonst für gar nichts. Man muss sich schon so blöd anstellen wie 2008 die Republikanerin Sarah Palin, um in den Schlagzeilen zu bleiben und dem eigenen Kandidaten – damals: John McCain – massiv zu schaden. Keine Regel ohne Ausnahme. Angesichts der Umstände lohnt ein genauerer Blick auf Kamala Harris.

Wer die Senatorin aus Kalifornien nicht leiden kann, nennt sie wankelmütig. Wer ihre Nominierung begrüßt, und sei es auch nur aus strategischen Gründen, lobt sie als anpassungsfähig. Ich habe mich mit mir selbst auf das Wort „geschmeidig“ geeinigt – das ist erst mal neutral. Kamala Harris löst in mir keine Gefühlswallung aus. Moment, vielleicht ist das falsch: Manche ihrer Standpunkte machen mich wütend, sehr wütend sogar. Andere teile ich. Das Ergebnis? Ich stehe ihr insgesamt freundlich-distanziert gegenüber.

Kamala Harris during her term as District Attorney of San Francisco.png

Joe Biden wäre vermutlich entzückt von meiner Haltung, wäre ich US-Wählerin. Dass er sich für eine Frau als Vizepräsidentin entscheiden würde, stand seit Langem fest. Dass es eine nichtweiße Frau sein sollte, darauf haben Bürgerrechtsgruppen in letzter Zeit unmissverständlich bestanden. Okay. So ist es nun also Kamala Harris geworden.

Die Frau, die es für eine gute Idee hielt, die Eltern von Schulschwänzern ins Gefängnis zu werfen. Die als Staatsanwältin für eine strikte „Law and Order“- Linie stand. Die jetzt für eine staatliche Krankenversicherung eintritt, eine Polizeireform fordert und für umweltpolitische Maßnahmen kämpft. Schwer, so jemanden eindeutig in ein bestimmtes Lager zu scheuchen und damit zu diskreditieren.

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Unten     —     Kamala Harris during her term as District Attorney of San Francisco.

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DL – Tagesticker 15.08.2020

Erstellt von Redaktion am 15. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Wenn einer Regierung nichts weiteres einfällt als mit Strafen, Verordnungen und Uniformgewalt auf die Widerstände ihres Wahlvolkes zu reagieren, braucht Diese nicht in Verwunderung spielen, wenn  Aktionen in Vandalismus ausarten. Man hat es sich schließlich durch Nichtstun erarbeitet. Erklären brauchen und können Regierende nicht, dafür schieben sie ihre letzten Trottel an die Front, welche den neuesten Wetterbericht ablesen.

Corona-Pandemie:

1.) Die große Verunsicherung

Die Corona-Ansteckungszahlen steigen wieder, ein ausgereiftes Vakzin scheint nicht in Sicht und in Bayern werden Testergebnisse verschleppt. Die möglichen Nebenwirkungen von Pannen und Pleiten sind keineswegs banal. Es war keine gute Woche in den ohnehin nicht guten Wochen der Pandemie: Weltweit haben sich inzwischen fast 21 Millionen Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. In Deutschland gibt es mit 1445 Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag den höchsten Stand seit Anfang Mai. Russland lässt einen unzureichend getesteten Impfstoff gegen das Coronavirus zu. Deutschlands selbsternannter oberster Seuchenbekämpfer Markus Söder (CSU) muss zugeben, dass Bayerns Testzentren versagt haben und unter 44 000 Reiserückkehrern, die nicht über ihre Ergebnisse informiert wurden, 900 Infizierte sind – die bereits andere angesteckt haben könnten. Und das Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht aus Versehen eine „völlig veraltete“ Prognose, wonach im Herbst 2020 mit einem Impfstoff zu rechnen sei. Man könnte sich politisch auf einem Gurkenhof wähnen. Da in Deutschland seit einem halben Jahr kein Thema so dominant ist wie das Coronavirus, erstaunt es, dass in einem Land, das die digitale Offensive ausruft, Testergebnisse von Hand vermerkt werden, verlässliche Zahlen für das hiesige Infektionsgeschehen von der Johns-Hopkins-University stammen – und das RKI in der Impfdiskussion ein überholtes Strategiepapier aufbietet.

Sueddeutsche-Zeitung

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Ein Troll kommt selten allein – Es dürfen auch schon mal ein Dr. mit seinen Anwalt sein.

Die Ampel steht auf Gelb

2.) Olaf Scholz könnte zum Retter der FDP werden

Für die schwächelnden Liberalen tut sich mit der Kanzlerkanddidatur von Olaf Scholz eine neue Machtperspektive auf. Wie realistisch ist eine Ampel-Koalition? Der „Wumms“ vom Wochenanfang ist auch in der FDP nicht unbeachtet geblieben. Mit „großem Interesse“, so heißt es bei den Liberalen, habe man am Montag zur Kenntnis genommen, dass die SPD-Führung Olaf Scholz zu ihrem Kanzlerkandidaten ausgerufen hat. Der Grund: Mit dem Mitte-Kandidaten Scholz tut sich für die Liberalen eine neue Machtperspektive auf – die Aussicht auf eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. „Wenn sich die Sozialdemokratie wieder auf die Qualitäten besinnt, die sie in der Vergangenheit stark gemacht haben, dann könnte hieraus ein wirklich fortschrittliches Bündnis entstehen“, sagt FDP-Vize Wolfgang Kubicki dem Tagesspiegel. Offiziell gibt man sich bei den Liberalen zwar betont unbeeindruckt vom neuen SPD-Kanzlerkandidaten. „Wir warten ab, wie sich das entwickelt“, sagt ein FDP-Sprecher.

Tagesspiegel

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Ist es nicht das höchste Ziel aller politischen Partei-Sitzer auf den Hinterbänken, wenigstens einmal Bürgermeister zu werden ? Die eingängigsten Jobs  wie Kanzler oder Präsident sind doch für die Hohlposten in den vorderen Reihen reserviert.  

Klaus Schonnebeck (SPD) möchte Bürgermeister werden

3.) Unter vollen Segeln ins Rathaus

Gescher. „Utbüxer“ heißt das Boot, das im holländischen Balk am Slotermeer im Hafen liegt. Sein Eigentümer ist Klaus Schonnebeck. Dorthin zieht es den Gescheraner, wenn er eine Auszeit vom Alltag braucht. Segeln ist seine Leidenschaft: „Das Gefühl, sich mit Naturkräften von A nach B bewegen zu können, mit dem Wind um die Nase – ich liebe das“, sagt der 53-Jährige. Jeder Segeltörn sei für ihn wie ein kleiner Urlaub, ohne Anlaufzeit. In diesem Jahr allerdings ist das 7,50 Meter lange Segelboot meist im Hafen vertäut. Das liegt zum einen an den Corona-Beschränkungen, zum anderen an den zeitlichen Möglichkeiten des Gescheraners. Klaus Schonnebeck ist Bürgermeisterkandidat der SPD und macht Wahlkampf. Unter dem Motto „Klaus für Gescher“ sucht er Kontakt zu den Bürgern – persönlich, soweit es die Gesamtlage erlaubt, oder virtuell über das Format „Plausch im SPD-Café“. Das Bürgermeisteramt sei eine große Aufgabe, vor der er Respekt habe. „Aber ich kann das“, sagt Schonnebeck. Sein Selbstvertrauen bezieht der gelernte Bauingenieur auch aus der Erfahrung, mit Rückschlägen und schwierigen Situationen umgehen zu können. In diese Kategorie gehört ganz bestimmt der Unfall, der sich im September 2012 zugetragen hat: Beim Landeanflug in den Alpen klappte Schonnebecks Gleitschirm aufgrund von Turbulenzen zusammen, er stürzte ab. Seitdem ist Schonnebeck querschnittsgelähmt, sitzt im Rollstuhl. „Es ist, wie es ist“, sagt Schonnebeck. Vom Kopf her sei er sehr schnell mit den neuen Lebensumständen klargekommen. Ein Jahr war der Gescheraner arbeitsunfähig, musste sich auch beruflich neu orientieren. Heute arbeitet er als Bauingenieur beim Landesbetrieb Straßen NRW im Brückenbau.

Allgemeine-Zeitung

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Schon früh in der Kindheit hörten wir den Spruch : „Der Mensch stammt vom Affen ab“ und nannte dieses die Evolutionstheorie. Ist es dann falsch heute zu sagen dass die AfD aus der CDU/CSU abstammt? Adenauer, Kiesinger, Ehrhardt, Filbinger und viele Andere mögen als Zeugen erscheinen !

Erinnerung an Hanau-Anschlag:

4.) Wessen Normalität

Knapp sechs Monate nach dem rassistischen Anschlag von Hanau fordert ein CDU-Politiker, wieder zur Normalität zurückzukehren. Was für ein Hohn! Bald ist es sechs Monate her, dass ein rechter Attentäter neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordete. Seit dem rechten Anschlag werden an einem Denkmal der Brüder Grimm mitten auf dem Marktplatz in Hanau Blumen, Kerzen und Bilder der Ermordeten aufgestellt. Das Denkmal hat sich zum Gedenkort entwickelt. Für die Angehörigen, für alle Hanauer:innen. Den CDU-Landtagsabgeordneten Heiko Kasseckert stört das. In einem Gastkommentar im Hanauer Anzeiger forderte er kürzlich, dass die Stadt zur Normalität zurückkehren müsse. Zur Bewältigung von Trauer gehöre auch das Loslassen, schrieb er. Er wünsche sich, dass das Nationaldenkmal wieder ausschließlich den beiden Brüdern gewidmet werde. Schließlich überstand es „alle Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges“.  Kasseckert schreibt wie jemand, der den starken Wunsch hat, das Andenken einfach wegzuwischen. Wie einen Fleck, der stört, weil er an Unangenehmes erinnert.

TAZ

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Das ist genau das, was vielen aus der Jugend noch fehlt. Wenn jemand von ihnen etwas möchte, möge er/sie an ihrer Haustüre anklopfen. Wer ist hier Bittsteller oder wird dazu gemacht ? Die Menschen machen sich selber zu Klein oder zu Groß !!

Thunberg trifft Merkel zum Klima-Krisentalk

5.) Zusammen mit Neubauer

Seit fast zwei Jahren engagiert sich die Aktivistin Greta Thunberg mit Fridays for Future für den Klimaschutz. Zu Beginn der Corona-Krise rückt das Thema in den Hintergrund, das soll sich nun wieder ändern. Zusammen mit drei weiteren Aktivistinnen will die junge Schwedin Kanzlerin Merkel ins Gewissen reden. Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft am kommenden Donnerstag eine Gruppe von Klimaaktivistinnen um Greta Thunberg und Luisa Neubauer zu einem Meinungsaustausch im Kanzleramt. Die CDU-Politikerin wolle mit den Vertreterinnen der Klimabewegung Fridays for Future den nationalen und internationalen Klimaschutz erörtern, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Er fügte hinzu, die Kanzlerin unterstütze junge Menschen, die auf die Straße gingen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Die Kanzlerin will die deutsche EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um beim Klimaschutz voranzukommen. Thunberg und Neubauer haben der Bundesregierung wiederholt vorgeworfen, sich nicht ausreichend für das Klima einzusetzen. Sie fordern, dass Regierungen in aller Welt endlich anfangen müssten, die Klimakrise als eine Krise zu behandeln. Neben Thunberg und Neubauer sollen nach dpa-Informationen auch die beiden Belgierinnen Anuna de Wever und Adélaïde Charliér bei dem Treffen mit Merkel dabei sein. Die vier Aktivistinnen hatten die EU vor knapp einem Monat gemeinsam zu Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe aufgerufen.

ntv

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Ich hatte es in den  letzten Tagen bereit erwähnt, dass die CDU im Fall aller Fälle auch die Kröte AfD schlucken wird, wenn willige Helfershelfer ausbleiben ! Die Macht wird nicht durch Wahlen verändert .

Rot-Rot-Grün

6.) Bis sie auseinanderplatzt

Kurz nach der Kandidatenkür der Sozialdemokraten sind von ihnen und den Grünen die alten Ultimaten gegenüber der Linken zu hören. Das kann ein ermüdender Bundestagswahlkampf werden. Wenige Tage nach der Nominierung von Olaf Scholz zum SPD-Spitzenkandidaten fühlt man sich gefangen in einer Zeitschleife wie einst Bill Murray in »Täglich grüßt das Murmeltier«: Schon wieder laufen die gleichen Abgrenzungs- und Ermahnungsrituale gegenüber der Linkspartei ab wie 2013 und 2017. Scholz erklärte am Mittwoch schon mal, er schließe zwar eine Zusammenarbeit mit ihr nicht aus. Er habe aber Zweifel an ihrer »Regierungsfähigkeit« – die wohl meistgebrauchte Vokabel bereits in den vergangenen Wahlkämpfen. Es bestünden Zweifel, dass die Linke die habe, machte der amtierende Vizekanzler deutlich und forderte, sie müsse sich »bewegen«. Dagegen hatten sich die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans vergangenes Wochenende offen für eine Koalition mit der Linken gezeigt. Esken sagte zudem, die SPD sei bereit, als Juniorpartnerin der Grünen in eine Regierung einzutreten. Tatsächlich könnten die Grünen das letzte Wort darüber haben, ob es im Herbst 2021 zu einem Ende des dann 16-jährigen Durchregierens der Union, davon zwölf Jahre mit der SPD, kommt. Denn nach der Europawahl 2019 hatten sie einen beispiellosen Höhenflug erlebt. Zuletzt allerdings sanken ihre Zustimmungswerte: Grüne, SPD und Linke sind aktuell weit davon entfernt, eine Koalition bilden zu können. Die Sozialdemokraten kommen den jüngsten Umfrageergebnissen vom Mittwoch zufolge auf 18 Prozent und liegen damit erstmals seit langem wieder vor den Grünen (15 Prozent). Die Linkspartei konnte ebenfalls leicht auf neun Prozent zulegen. Würde jetzt gewählt, käme das Trio also auf gerade mal 42 Prozent.

ND

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Bayerische Urlauberin (115) erhält endlich ihr Testergebnis von 1919

7.) Spanische-Grippe-negativ

Endlich hat sie Gewissheit! Nach nur 101 Jahren hat die bayerische Urlauberin Helga Busche das Ergebnis ihres Spanische-Grippe-Tests aus dem August 1919 erhalten. Damit kann die 115-Jährige, die damals bei der Rückkehr aus einem Urlaub das kostenlose Testangebot am Augsburger Hauptbahnhof genutzt hatte, ihre freiwillige Quarantäne verlassen. „Negativ! Hurra! Mir fällt ein Stein vom Herzen“, freut sich Busche, die im Sommer 1919 als 14-Jährige mit ihren Eltern im Spanische-Grippe-Risikoland Österreich gewesen war. „Sehr gut, dass es solche kostenlosen Testangebote gibt, auch wenn das Ergebnis ein klein wenig länger gedauert hat als gedacht. Nur schade, dass meine Eltern ihr eigenes Testergebnis nie erfahren haben. Die sind schon seit den 50ern tot.“ Insgesamt überwiege jedoch die Freude, erklärt sie. „Endlich kann ich wieder nach draußen und mit meinen Freundinnen in den Park zum – … oh, die sind ja schon alle in den 80ern gestorben. Naja gut.“

Postillon

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Als Bettvorleger gelandet

Erstellt von Redaktion am 14. August 2020

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen hat ein wichtiges Etappenziel fast erreicht.

Von Rainer Balcerowiak

Nach einer über ein Jahr währenden „Prüfung“ gab die damit betraute Senatsinnenverwaltung Anfang August grünes Licht für das angestrebte Volksbegehren, bei dem knapp 180.000 gültige Unterstützerunterschriften binnen vier Monaten gesammelt werden müssen. Zwar führt der überraschende Rücktritt von Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) zu einer weiteren Verzögerung, da ihr Ressort vor einem entsprechenden Senatsbeschluss zur Zulassung noch eine Stellungnahme abgeben muss. Doch den Zeitplan wird das wohl nicht mehr gefährden. Nach Ablauf weiterer formaler Fristen könnte die Unterschriftensammlung frühestens im November und spätestens Anfang Februar 2021 beginnen. Verläuft die erfolgreich, stünde einem Volks­entscheid im nächsten Herbst nichts mehr entgegen.

Allerdings hat die Initiative nach der langen Zeit in der Warteschleife einiges an Strahlkraft verloren. Als sie sich im April 2018 erstmals mit ihrer Enteignungsforderung in der Öffentlichkeit präsentierte, sorgte das für Euphorie auf der einen und für Schnappatmung auf der anderen Seite des politischen Spektrums. Die bürgerlichen Oppositionsparteien CDU und FDP reagierten mit Empörung und Kalter-Kriegs-Rhetorik, von „DDR 2.0“ war die Rede, beschworen wurde die Rückkehr zu einer „sozialistischen Diktatur“. Auch Wirtschaftsverbände prophezeiten den drohenden Kollaps der gesamten Berliner Wirtschaft, wenn derartige „sozialistische Experimente“ auf die Tagesordnung kämen.

Angesichts rasant steigender Mieten und der ruppigen Verdrängungspraxis der großen Immobilienkonzerne hatte die Initiative jedoch einen Nerv getroffen. Erste Umfragen kamen zu dem Ergebnis, dass die Forderung von einer Mehrheit der Berliner Bevölkerung unterstützt wurde. Die erste Stufe des Volksbegehrens wurde im Juni 2019 mit fast 60.000 statt der benötigten 20.000 gültigen Unterschriften nahezu mühelos überwunden.

Doch mittlerweile dominieren andere Fragen den politischen Diskurs in der Hauptstadt. Im Mittelpunkt steht dabei der Mietendeckel, den die rot-rot-grüne Regierung im vergangenen Jahr beschlossen hatte, um Bestandsmieten für fünf Jahre einzufrieren und für Neuvermietungen Miet­obergrenzen einzuführen. Voraussichtlich im kommenden Jahr wird das Bundesverfassungsgericht über den Bestand des Mietendeckelgesetzes entscheiden, nachdem CDU und FDP entsprechende Kontrollklagen eingereicht haben. Und natürlich beherrschen derzeit auch die Coronapandemie und ihre Folgen für die weitere wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Stadt die Auseinandersetzung. Das Thema Eigentumsverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt und deren Regulierung durch Vergesellschaftung ist dadurch aber keineswegs obsolet geworden, zumal Artikel 15 des Grundgesetzes einen derartigen Eingriff in die Eigentumsrechte ausdrücklich vorsieht.

Katrin Lompscher (Martin Rulsch) 1.jpg

Auf einhellige Unterstützung der Berliner Regierung kann die Initiative dabei nicht bauen. Die SPD hat sich nach einer kurzen Phase des Lavierens im Oktober 2019 mit einem Parteitagsbeschluss auf die Ablehnung des Volksbegehrens festgelegt. Auch die Grünen halten die angestrebte Enteignung der Konzerne keineswegs für erstrebenswert, sondern sehen die Initiative eher als „Weckruf“ für die Branche, um gemeinsam andere Lösungen zu finden. Selbst bei den Linken gab es bereits erste Absetzbewegungen. So brachte Lompscher weitreichende, verpflichtende

Quelle      :         TAZ        >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben     —     Bettvorleger aus Tierfell

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Unten       —        Katrin Lompscher, Berlin politician (Die Linke) and member of the Abgeordnetenhaus of Berlin (as of 2013).

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Die Gameboys des Kapitals

Erstellt von Redaktion am 14. August 2020

Wirecard: Hochgezüchtete Rackets

File:Internet World Fair 2017 (03).jpg

Quelle      :         untergrundblättle  ch.

Franz Schandl streifzuege.org

Der DAX-Konzern Wirecard ist also pleite. Die haben doch glatt die Bilanzen gefälscht. Wer hätte sowas gedacht.

Ein Angeber ist einer, der angibt, was es nicht gibt. Markus Braun und Jan Marsalek waren Angeber der besonderen Sorte. Man will sich gar nicht vorstellen, wie sie in München gelacht haben ob der Finten, die ihnen da in den letzten Jahren so viel Zufluss und Zuspruch bescherten. Und sie lizitierten sich immer höher.

 Grösse wird zu einer Frage des Grössenwahns. Zu Milliarden haben solche Leute ein ganz entspanntes, ja laxes Verhältnis, jene sind entweder erfunden oder verschwunden. Die schönsten Bilanzen sind die frisierten. Dort, wo nichts ist, aber behauptet werden kann, dass dieses Nichts nicht sei, wird das Nichts zu einer übermächtigen Grösse. Volatiles wird veritabel.

 Es ist nicht auszuschliessen, dass Braun und Marsalek selbst an die fiktiven Unsummen geglaubt haben, nachdem sie erleben durften, was mit ihnen nicht alles anzustellen ist. Wenn man sieht, was so alles reingeht, muss eins wohl irre werden. Es ist anzunehmen, dass sie auch Opfer dieser Dynamik geworden sind. Der „schöpferischen Zerstörung“ (Schumpeter) folgte freilich die Zerstörung der Schöpfer.

 Aktuell konsumieren wir gerade eine Finanzaffäre wirklichen Formats, angeblich den grössten Betrugsfall, den das arme Deutschland seit 1945 mitmachen musste. Das hat doch was. Selbst die internationale Presse verbeugt sich vor dieser kriminellen Qualität. Fast könnte man meinen, die grossen deutschen Skandale sind fest in österreichischen Händen. Auch dieser Exportschlager reiht sich ein in eine Galerie altbekannter Nachbarschaftshilfe übelster Sorte. Jan Marsalek heisst der inzwischen zu Putin entflohene Wunderknabe, der nun das Ranking der berüchtigsten Österreicher einige Monate anführen wird.

 Hinlangen, zugreifen, abcashen. Moralische Skrupel sind den Zampanos ganz fremd. Mit Rücksichtnahme wären sie auch nie so weit gekommen. Die kriminelle Energie ist gross und sie wird immer grösser. Vom Markenprofil her sind Marsalek und sein Chef Markus Braun artverwandt der (meist jungen) Garde, die sich hier in Wien um Sebastian Kurz tummelt. Die dessen Nähe sucht, wie umgekehrt deren Nähe gesucht wird. Nicht zufällig war Braun, ein wortgewandter Visionär der neuen Ökonomie, Mitglied in des Kanzlers Beraterstab „Think Austria“. Das „Ökosystem der neuen Geldwirtschaft“, so der gern dozierende Braun, produziert wohl diesen Typus in Serie.

 Die Gameboys des Kapitals sind wahrlich Universal Players. Da wird marodiert, dass es eine Freude ist. Dieser Spielplatz ist global, und er erwartet nichts sehnsüchtiger als die heimische Heimtücke. Manila, Moskau, München, Dubai, die FPÖ, die CSU, Söldner für Libyen, Geldwäsche, Nervengift, Fake-Chats und Privatjets inklusive. Figuren, Schauplätze, Objekte, sämtliche Komponenten lassen darauf schliessen, dass da Ungeheuerliches unter der Tuchent dampft.

 Gegen derlei Raffinesse ist jede Fantasie ein fader Hund. Wohin man blickt, lauern Machenschaften und Seilschaften. Da agieren hochgezüchtete Rackets ökonomifizierter Wirtschaftsburlis, und das auf erschreckend hohem Niveau. Sie wissen vielleicht nicht, was sie tun, aber sie wissen, wie sie es anstellen. Und da sie mitkriegen, was geht, geht immer mehr, bis auf einmal nichts mehr geht.

 Aber vorher hatte Wirecard, die einstige „deutsche Wirtschaftshoffnung“, so nicht nur Der Spiegel, nicht bloss die Courage auf ihrer Seite sondern auch Branche und Hofschranzen waren mit ihnen, man denke insbesondere an die kriegsgeile FAZ, die jetzt Kindesweglegung betreibt: „Die Aktie der Wirecard AG kennt kein Halten mehr – nach oben“, hiess es dort ganz prophetisch noch im Juni 2018. Wirecard war „eine Art Turbo“, so Braun. Tatsächlich gibt es heute keinen Standort mehr, der nicht vom Silicon-Valley-Fieber erfasst ist.

 Apropos Delinquenz. Gar manches ist kriminell, zweifellos, aber es ist kein Krimi. Es ist vielmehr die wirtschaftliche Normalität, die sich da gelegentlich kräftig übernimmt. Tendenz steigend. Der Begriff des Verbrechens bagatellisiert immanente Symptome zu externen Phänomenen. Die Situation wird geradezu zur Sensation verklärt. Was in den Black Boxes unternehmerischer Moleküle so steckt, das hat hingegen nicht von Interesse zu sein, so sehr es auch den alltäglichen Gang dieser Welt bestimmt. That’s economy, stupid!

 Interessanter als das, was auffliegt, wäre allemal, was nicht auffliegt. Indem man aber ebendiese Zustände als Missstände beschildert, apportiert man lediglich der Verlogenheit des liberalen Mainstreams. Nach der Täuschung folgt die Selbsttäuschung. Und ungeduldig wartet man schon auf die nächste Affäre. Nicht Wissen speist sie, sondern lechzende Gier.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquelle       :         Internet World Fair 2017 in Munich, Germany, Wirecard-Stand

Author Ordercrazy      /    Source      —    Own work

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Berliner Justiz

Erstellt von Redaktion am 14. August 2020

Blinde Augen des Gesetzes?

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Die Menschen in Schleswig-Holstein haben schon 2011 die Masken über die Augen gezogen, obwohl sie noch nichts von der Blödheit der heutigen Regierung ahnen konnten.

Kolumne von Thomas Fischer

Schon eine Woche keine Alarmmeldung mehr über den Zustand der deutschen Gerechtigkeitsmaschine. Da wird es Zeit für einen kleinen Skandal mit großem Potenzial. Wir fahren nach Berlin!.

Einstimmung

Zur Einstimmung eine fiktive Meldung: „Regierungspräsident versetzt Leiter der Kfz-Stelle im Landratsamt!“ Oder noch eine: „OLG-Präsidentin entlässt Gerichtsvollzieherin!“ – Kommen Ihnen diese Meldungen bekannt vor? Können Sie sich an die Fälle erinnern? In diesem Fall kommen Sie vermutlich auch mit der Meldung „Generalstaatsanwältin versetzt zwei Staatsanwälte wegen Verdachts der Befangenheit“ gut zurecht. Es gibt allerdings Gründe, das noch einmal zu überdenken.

Ähnlich lauteten kürzlich Alarm- oder Freudenmeldungen: In Berlin, Hauptstadt der BRD, ist wieder Justizkrise, weil die dortige „Chefanklägerin“ zwei Personalentscheidungen getroffen hat. Bevor wir uns dem Inhalt nähern, zunächst Folgendes: Regierungspräsidenten sind nicht die Personalchefs der Landsratsämter, OLG-Präsidenten nicht Dienstvorgesetzte der Gerichtsvollzieher. Die Generalstaatsanwältin ist nicht unmittelbar für Besetzungen von Dienstposten in den Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten zuständig. Und der Titel „Chefanklägerin“, der in Pressemeldungen der Generalstaatsanwältin beim Kammergericht (Oberlandesgericht) Berlin verliehen wird, klingt zwar nach „Bahnchef“ und „Schalke-Boss“, kommt aber im deutschen Beamtenrecht nicht vor.

Er ist eine der Seltsamkeiten, die sich im Zuge der notorisch missverständlichen Übernahme angloamerikanischer Begriffe („Chief Prosecutor“) verselbständigen und ein unheilvolles Eigenleben im deutschen Sprach- und Verständnisschatz führen. „Chefankläger“ gab’s beim Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg und beim Jugoslawien-Tribunal, und es gibt einen solchen beim IStGH in Den Haag. Aber nicht in Berlin. Und die Umsetzung von Beamten der Staatsanwaltschaft beim Landgericht nimmt deren Dienstvorgesetzter vor, der als Behördenleiter tätige Leitende Oberstaatsanwalt.

Was ist los?

Wie es sich für einen Skandal dieser Gewichtsklasse gehört, liegen die Wurzeln im Ungewissen, wo es heißt: Kann sein, kann auch nicht sein. In diesem Nebel passiert dann irgendetwas Dezidiertes, damit „Klarheit“ geschaffen werde; die Motive hierfür bleiben wiederum im Spekulativen. Dies wiederum führt zu alsbaldiger Verästelung in einen Ereignisstrom „…gerät zunehmend in die Kritik“, einen zweiten Strom „…verteidigt konsequentes Vorgehen“ und einen dritten Strom „…fordert umfassende Aufklärung“. Es beginnt die Phase „…gerät immer mehr unter Druck“, was den Übergang der Sache in die große Politik bedeutet. Von hier an ist alles möglich.

Bei der Staatsanwaltschaft (StA) Berlin gibt es eine Abteilung für politisch motivierte Straftaten. Der Abteilungsleiter hat den Dienstgrad „Oberstaatsanwalt“. Dies ist eine Stufe in der Beamtenlaufbahn des Höheren Justizdienstes (es gibt auch den einfachen, den mittleren und den gehobenen). Es ist also keine Funktionsbezeichnung (ebenso wie „Oberregierungsrat“, „leitende Regierungsdirektorin“, „Kriminaldirektor“). Deshalb ist es immer ein bisschen albern, wenn ein Staatsanwalt, wenn es um die Ausübung seiner Funktion geht, in der Presse „Oberstaatsanwalt“ (ohne Namen) genannt wird. Man schreibt gewöhnlich auch nicht, „Oberinspektorin“ habe diese oder jene Auskunft gegeben, sondern, dies habe Frau Meier gesagt, die Leiterin der Kostenstelle bei der StA. Dass sie Oberinspektorin ist, ist von minderem allgemeinem Interesse.

Wie auch immer: In dieser Sache sind gleich zwei Oberstaatsanwälte tätig – oder auch nicht, wie es eine rechtsgelehrte Journalistin einer großen Frankfurter Zeitung formulieren würde („FAZ“, 13.3.2016). Der genannte Abteilungsleiter war bis vor wenigen Tagen zuständig für die Ermittlungen wegen der so genannten „Anschlagserie von Neukölln“, einer Serie von über 70 offensichtlich rechtsradikal motivierten Straftaten insbesondere in den Jahren 2016 bis 2018, durchweg gegen „linke“ oder als „Nazigegner“ aufgetretene Personen. Der Tatkatalog reicht von Sachbeschädigungen und Beleidigungen bis zu schweren Brandstiftungen. Obwohl es zahlreiche Ermittlungsansätze und drei so genannte „Hauptverdächtige“ gibt, sind die Ergebnisse der Ermittlungen bisher – gelinde gesagt – unbefriedigend, was zu Unruhe und Kritik geführt hat (Auswahl: „Tagesspiegel“ vom 9.2.2019 „Das Feuer, der Verdacht und das Vertrauen in den Staat“, vom 21.12.2019 „Die Wut der Menschen in Neukölln wächst“, vom 7.7.2020 „Warum Berlin-Neukölln ein Rechtsextremismus-Problem hat“).

Nun hat kürzlich eine Rechtsanwältin die ihr zustehende Akteneinsicht in eine Ermittlungsakte mühsam auf dem Weg einer Aufsichtsbeschwerde (zuständig: Generalstaatanwaltschaft) erlangt und in der Akte das Protokoll einer Maßnahme der Telekommunikationsüberwachung gegen zwei Tatverdächtige gefunden. Ob es ein „Chatprotokoll“ war oder die Verschriftung eines abgehörten Telefongesprächs, wird in den Meldungen nicht ganz klar, ist aber auch unerheblich. Der hier interessierende Inhalt wurde von „rbb24“ unter Verweis auf eine Auskunft der Generalstaatsanwältin wie folgt beschrieben:

‚Es gab eine Unterhaltung von zwei der rechtsextremen Szene zugehörigen Personen‘, sagte Generalstaatsanwältin K. Demnach soll einer der zuständigen Staatsanwälte in einer Vernehmung erklärt haben, dass er AfD-nah sei oder AfD-Wähler sei. Daraufhin habe der Vernommene einer weiteren Person erzählt, man könne sich ‚gut aufgehoben fühlen bei der Staatsanwaltschaft wegen dieser Äußerung‘, so K. Wie rbb24 erfuhr, soll der Hinweis auf diese Aussagen zu den Akten gelegt und nicht weitergeleitet worden sein. (RBB24, 6.8.2020)

Quelle      :      Spiegel-online         >>>>>         weiterlesen

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Oben        —      Waldpädagogik bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten

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Unten          —       Thomas Fischer auf der re:publica 2016

Ot – Eigenes Werk

Thomas Fischer (Jurist)

CC-BY-SA 4.0
File:Thomas Fischer-Jurist-rebuliva16.JPG
Erstellt: 4. Mai 2016.

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Julian Assange:

Erstellt von Redaktion am 14. August 2020

Whistleblower, Folteropfer, Kulturprojekt

RUEDA DE PRENSA CONJUNTA ENTRE CANCILLER RICARDO PATIÑO Y JULIAN ASSANGE.jpg

Quelle      :      Scharf  —   Links

Von Daniela Lobmueh, Nora Drenalin und Hannes Sies

Viele Kulturschaffende haben sich für Julian Assange und WikiLeaks eingesetzt -unseren Mainstream-Medien, sonst jedem Prominenten hinterherhechelnd, war dies kaum der Erwähnung wert. Angela Richter ist eine bedeutende Theatermacherin im deutschsprachigen Raum, auch international -sie brachte den Fall Assange als Erste auf die Bühne.

Der bedeutendste Enthüllungs-Journalist und Whistleblower des 21.Jahrhunderts, Julian Assange, wird immer noch von der Britischen Regierung in Folterhaft im Hochsicherheitsknast Belmarsh (London) gehalten. Von den Medien immer wieder vergessen siecht dort der, auch nach Ansicht Hunderter Ärzte sowie des UNO-Folterexperten, unter unmenschlichen Bedingungen willkürlich eingekerkerte USA-Kritiker dahin. Auftraggeber ist die US-Regierung (Bush, Obama, Trump), im Dienste ihrer Finanzmogule, die auch hinter der Intrige einer fingierten „Vergewaltigung“ stecken dürfte -der Propagandalüge, die Assange verteufeln sollte. Gefälschte Beweise, fingierte Protokolle führten zu seiner Verfolgung, dienten den Briten als fadenscheinige Rechtfertigung zu seiner Inhaftierung.

Angela Richter – Kultur kann und sollte politisch sein

Doch Assange und Wikileaks sind längst mehr als nur ein Politikum (als politischer Bankrott der heuchelnden West-Medien-Propaganda vom angeblichen Kampf des Westens für weltweite Menschenrechte, die in Wahrheit meist nur gierige Machtpolitik bemäntelt, ob in Vietnam, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien oder Ukraine). Assange und Wikileaks sind Kulturphänomene, die Film, Literatur und Theater erreicht haben. An das Theaterstück von Angela Richter „Assassinate Assange“ (2012) soll hier erinnert werden, denn Julian Assange, derzeit in Belmarsh auch unter Corona-Ansteckungsgefahr in illegaler Folterhaft gehalten, braucht heute Aufmerksamkeit und Unterstützung mehr denn je. Theater in aller Welt sollten es unverzüglich auf ihren Spielplan setzen -Sophokles, Shakespear und Tschechow sollte man manchmal warten lassen. Angela Richter steht in der Tradition provozierender Kunst, etwa des Neodadaisten und Jungen Wilden Martin Kippenberg. Sie inszenierte mit und über Whistleblower (Assange, Snowden, Ellsberg), thematisierte u.a. Medienlügen, Internet-Überwachung („Supernerds“, was verdummte West-Journalisten zum in ablenkender Absicht stereotyp abgesonderten Propaganda-Klischee „Nordkorea“ reizte, obwohl es sich deutlich gegen die USA und ihre NSA richtet), Netzkriminalität („Silkroad“) und den neoliberalen Zugriff auf unsere Körper durch plastische Chirurgie („Brain and Beauty“). Zuletzt arbeitete sie mit dem medienkritischen Philosophen und Assange-Unterstützer Slavoj Zizek zusammen („Antigone“, Zagreb 2019).

Kulturphänomen WikiLeaks: „Assassinate Assange“ von Angela Richter

Das Theaterstück von Angela Richter ist zugleich vielschichtig und schlicht. Es behandelt den Fall Assange als Mythos, dem es vielleicht ein wenig und sehr vorsichtig zu huldigen gilt, der aber zugleich entzaubert werden soll. Dieser Spagat gelang leider nur unter großen Einbußen an Information über die Arbeit von Wikileaks –darüber erfuhr das Publikum fast nichts. Stattdessen setzte die Inszenierung auf lakonische Monologe von und über Julian Assange sowie „seine beiden Schwedinnen“ –und auf kraftvolle Bilder aus dem Beamer.

Die erfolgreiche Dramatikerin Angela Richter („Fall Esra“, „Jeff Koons“; „Vive la Crise“) ersteigerte für 1600,- Euro ein Mittagessen mit Julian Assange und Slavoj Zizek. Ihr damaliger Ehemann, der Maler Daniel Richter, fertigte Assange-Portraits, die in der Kampnagel-Fabrikhalle vor dem Theatersaal auf T-Shirts feilgehalten wurden. Nach der Flucht des Wikileaks-Gründers in die ecuadorianische Botschaft besuchte Angela Richter ihn dort achtmal und interviewte ihn. Ergebnis: 30 Stunden Audio-Mitschnitte, wovon sie einigen Text in ihr Stück einfließen ließ, inklusive Assange im O-Ton. Vorhang auf.

Albino-Affen auf Odyssee im Weltraum

Das Bühnenbild ist denkbar schlicht. Einzige Requisiten sind ein Pappkarton, die Wand hinter der Bühne als Fläche für  Beamer-Projektionen und ein paar Laptops (die evtl. aber nur der Steuerung der Beamer dienen). Elf Darsteller in Albino-Affen-Kostümen sind das Ensemble, nur wenige legen ihre Affenmaske zeitweise für Monologe und einige Dialoge ab: Konservativ-reaktionäre Feuilletonisten stürzen sich natürlich dankbar auf den hingeworfenen Knochen und jubeln: „Assange zum Affen gemacht!„, aber empören sich dann enttäuscht: „Am Ende doch ein Held„.

Den Auftakt entlehnt Angela Richter bei Kubricks „2001 –Odyssee im Weltall“: Elf Affen sitzen um ein Lagerfeuer, vom Beamer auf den Pappkarton in ihrer Mitte projiziert, hinter ihnen funkelt unsere Galaxis in der Dunkelheit (stellvertretend der Andromedanebel), am Rand läuft die Anonymous-Losung „Expect us“ durch.

Die Stimme von Assange räsoniert über intelligentes Leben, dessen Spuren man eigentlich anhand von Dyson-Sphären –gigantischen Solarpanelen, kugelförmig um bewohnte Sternsysteme gebaut– sehen müsste, wenn Intelligenz nicht sehr rar wäre oder aber technische Zivilisationen wie unsere zur Selbstvernichtung neigen würden. Einsamkeit oder Selbstzerstörung. Andromeda aus.

Zieloptik des Kampfhubschraubers aus „Collateral Murder“, es dröhnt der dazugehörige O-Ton: US-Soldaten belauern vermeintliche irakische Kämpfer, Rotorflattern, schnarrender Militärfunk; in der Zieloptik tauchen die elf Albinoaffen auf, stellen die Szene aus Bagdad nach, die durch Wikileaks 2010 um die Welt ging. Sie sterben im (nur akustischen) MG-Feuer, zugleich als Projektion und dramatisch auf der Bühne. Starke Bilder, bewegend, aber gebrochen mit einem kräftigen Schuss reflektierender Ironie –mit einem Schuss dramaturgischer Uranmunition.

Der Beamer projiziert –zunächst verwirrend– einen Tierfilm. Es geht um eine Meeresschildkröte, Schwarzweiß-Bilder, Kommentar im Grzimek-Stil der 70er: Das Tier quält sich, so erfährt man, durch den heißen Sand einer Insel, die für Atomwaffentests missbraucht wurde. Es hat wie gewohnt seine Eier abgelegt, aber die radioaktive Verseuchung hat sein Orientierungsvermögen zerstört. Die Schildkröte findet nicht zurück zum rettenden Ozean, strebt irrtümlich der tödlichen Trockenheit des Inselinneren zu, über ihr kreisen kreischende Raubmöwen, warten schon auf seinen qualvollen Tod. Ein Bild für unsere langsamen, verwirrten und nur unzureichend gepanzerten Hirne? Orientierungslos in der sensorischen Wüste der militärisch verseuchten digitalen Medienwelt? Kein schönes, aber ein kraftvolles und treffendes Bild, mit dem das unbedingt sehenswerte Stück beginnt –auch wenn es am Ende die geweckten Erwartungen nicht ganz einlösen kann.

Assange-Erlebnisse statt Wikileaks-Enthüllungen

Im Zentrum des Stücks steht die Person Julian Assange. Seine Figur wird von Angela Richter sorgsam, fast liebevoll gezeichnet. Am Ende weist sie gleichwohl daraufhin, dass es ganz falsch sei, zu psychologisieren. In die Tiefe geht sie bei der Frage nach der angeblichen Vergewaltigung zweier Schwedinnen und beim Report ihrer langen Gespräche mit Assange in dessen Londoner Asyl. Sie beschreibt die Situation in der Botschaft Ecuadors, die Gefängnisatmosphäre, den Geruch, die Britischen Polizeitruppen, die das Asyl umzingeln. Ihre Gespräche vor den Fenstern hat Angela Richter aufgezeichnet, sie werden im O-Ton angespielt, ihre banalen Inhalte berichtet –ein Beispiel für die unergiebige Leaks.

Über die Enthüllungen von Wikileaks erfährt man so viel oder so wenig wie ein durchschnittlicher gutbürgerlicher Theaterbesucher nach Lektüre deutscher Feuilletons vielleicht noch erinnern kann: „Collateral Murder“, Bradley Manning und dass bei den US-Depeschen nur Klatsch herauskam. Letzteres ist falsch, aber es ist die Version der Geschichte, die unsere Mainstream-Medien in den Köpfen durchgesetzt haben. Die frühen Leaks (Somalia, Giftmüll in Afrika, Bankskandal J.Baer, Toll Collect in Deutschland usw.) fallen weg, nur die Finanzkorruption in Island wird kurz erwähnt, neue Leaks wie Stratfor- oder Syria-Files vermisst man ebenso.

Angela Richter holt ihr Publikum da ab, wo es medial steht –und was Wikileaks angeht, lässt sie es da auch stehen. Für die Person Julian Assange jedoch dürfte das Stück ganz neue Einsichten liefern. Es formuliert die künstlerische Verteidigung eines politisch Verfolgten, der unter zweifelhaften Anschuldigungen, wenn nicht unter perfider Verleumdung von der westlichen Justiz drangsaliert wird. Dies ist eine mutige Sichtweise auf Assange, die im üblichen Journalismus zum Tabu geworden ist: In einem Journalismus, der sich in heuchlerischer Einseitigkeit der Anklage politischer Verfolgung vorzugsweise in Moskau und Kiew zuwendet („Pussy Riot“, „Femen“).

Penis, Condome und Sperma im Bett von Schwedinnen

Breiten Raum nehmen umfassende und gut recherchierte Beschreibungen der beiden Schwedinnen ein, die Assange sexueller Verfehlungen beschuldigt haben –woraus die Medien ihr verleumderisches „Vergewaltigung!“-Geschrei machten. Die Ich-Erzählerinnen werden mit Klarnamen und biographischen Details eingeführt, ihre Rolle bei der Assange-Veranstaltung in Stockholm genau beschrieben. In den monologischen Schilderungen zweier erotischer Begegnungen, emotional zwischen schmachtender Liebe und gekränkter Wut vorgetragen, erfährt man viel darüber, wo und wann Condom und Penis des Beschuldigten sich jeweils angeblich befunden haben sollen.

Dazwischen polizeiliche Befragungen des Verdächtigen. Assange beschreibt den Sex, leugnet aber den Vorwurf, ein Condom absichtlich zerrissen zu haben. Dieses Auswalzen der Sex-and-Crime-Thematik spiegelt und entlarvt das mediale Muster der Assange- und Wikileaks-Berichterstattung. Es befriedigt aber auch auf schlichte Art die dadurch geprägte voyeuristische Erwartungshaltung des Publikums. Letztlich werden die Anschuldigungen als höchstwahrscheinlich haltlos, auf jeden Fall überzogen und in ihren Konsequenzen unglaubhaft vorgeführt.

Assange darf sich monologisch beklagen, schwedische Frauen, trotz all seiner Bemühungen, „can‘t not get no satisfaction“. Gesangseinlage: „women become wicked, when a man is wanted“. Ironisiert wird am Ende auch die mediale und polizeiliche Jagd auf „Assange den Sexualstraftäter“ durch einen bei der US-Feministin entliehenen satirischen Brief an „Dear Interpol“, worin sich eine sexuell unbefriedigte bzw. belästigte Frau für Interpols neues Engagement für Frauenrechte bedankt und zur Verhaftung von 1,5 Millionen weiterer bad boys auffordert. Foto: Assange und eine Schwedin

Theater ist besser als Film

Konterkariert wird dieser Erzählstrang durch Dialoge von Angela Richter mit Assange bzw. dessen Monologe über Individuen, Politik und die Medien. Assange beklagt wortreich die Gleichschaltung der Menschen durch Massenmedien –wobei acht wie Schatten hinter ihm aufgereihte Affen seine Gestikulation nachmachen– und den besseren Ansatz von Wikileaks, wo jeder sich aus den geleakten Daten seine eigene Meldung heraus filtern könne.

Rassemblement en soutien à Julian Assange - Paris 2019-04.jpg

Theater sei auch besser als Film, weil Filme von viel mehr Leuten gesehen würden, Theater aber von wenigen und jede Aufführung dabei noch ein Unikat sei. Medienkritisch ist auch eine kleine Szene, in der die Assange-Interviewerin Angela Richter ihrerseits von einem Journalisten Terry (vom Guardian?) interviewt wird, der sich hauptsächlich dafür interessiert, ob sie Sex mit Assange hatte. Ein kleiner Hinweis auf den Konflikt des ehemals mit Wikileaks verbündeten Guardian? So soll die Medienhype zwar kritisch reflektiert werden, aber letztlich kreist doch alles um Julian, wie in den Medien. Die Reflexion scheint im Ergebnis am Mythos Assange zu scheitern, wobei sie bei einigen Zuschauern auch die mediengemachten Ressentiments gegen Assange mobilisiert.

Auch die Netzkultur erweist sich als schwer darstellbar, die Laptops und Beamer-Bilder überzeugen nicht wirklich. Auch Anonymous taucht nur andeutungsweise auf dem Schirm von >Assassinate Assange< auf: Projizierte Satzschnipsel „we will not forget“, „expect us“. Doch alles bleibt sehr resigniert und pessimistisch –übrigens ganz im Gegensatz zur Stimmung auf dem Netzkultur-Kongress in der Kampnagelfabrik, in dessen Rahmen gespielt wurde. Dort wurden Websites und Blogger im Dienste politischer Proteste gezeigt und organisiert –zur Abwehr der Angriffe von Finanzmächten auf die Völker und ihre Sozialsysteme, von Athen bis Tunis.

Vielleicht sind die neuen „Netizen“ des Internet doch nicht so orientierungslos, wie die strahlenkranke Meeresschildkröte aus der Eingangssequenz des Theaterstückes. Und viele Menschen entwickeln heute neue Hoffnungen und Utopien: Wenn sich 10.000 Schildkröten genau zum richtigen Zeitpunkt in das Ruder eines Atom-U-Bootes verbeißen –vielleicht können sie es auf einen Eisberg laufen lassen. Später wurde das Stück (in variierter Version) in Wien aufgeführt. Angebliche „Feministinnen“ hatte die Medienhetze besinnungslos übernommen und „Vergewaltiger“ an die Theatertür gesprayt, der notorische Wiener Standard brachte eine maue WischiWaschi-Theaterkritik, immerhin kein völliger Verriss. N.A.

Premiere von „Assassinate Assange“ war am 27.09.2012 in Hamburg, Kampnagelfabrik, im Rahmen der Nerd-Tagung #vernetzt – Zukunftscamp 2012

Julian Assange und Wikileaks als Kulturphänomen des 21.Jahrhunderts

Orientierungslos: Theaterstück „Assassinate Assange“ gescheiter als der Mythos Assange

https://jasminrevolution.wordpress.com/2012/10/01/orientierungslos-theaterstuck-assassinate-assange-scheitert-am-mythos-assange/

Propaganda-Meisterwerk: WikiLeaks – Geheimnisse und Lügen

https://jasminrevolution.wordpress.com/2012/04/01/guardian-versus-wikileaks-wikileaks-geheimnisse-und-lugen/ 

Schlag ins Gesicht: Sherlock Holmes meets Wikileaks

https://jasminrevolution.wordpress.com/2013/05/09/schlag-ins-gesicht-sherlock-holmes-meets-wikileaks/ 

Anti-Piraten-Verschwörung? Wikileaks-Kinofilm „The 5th Estate“ verzögert

https://jasminrevolution.wordpress.com/2013/09/23/anti-piraten-verschworung-wikileaks-kinofilm-the-5th-estate-verzogert/ 

Wikileaks-Spielfilm: Bertelsmann hetzt weiter gegen Assange

https://jasminrevolution.wordpress.com/2013/02/03/wikileaks-spielfilm-bertelsmann-hetzt-weiter-gegen-assange/

Filmkritik: „WikiLeaks Geheimnisse und Lügen“

https://jasminrevolution.wordpress.com/2012/09/11/wikileaks-geheimnisse-und-lugen/

Tagessschau, Süddeutsche, Spiegel: Diskreditierung von Wikileaks

https://jasminrevolution.wordpress.com/2011/09/22/tagessschau-suddeutsche-spiegel-diskreditierung-von-wikileaks/

DLF und ARD: Qualitätslügen vom Lügenfunk?

https://jasminrevolution.wordpress.com/2016/02/06/dlf-und-ard-qualitatslugen-vom-lugenfunk/

Urheberrecht
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Grafikquellen     :

Oben    —      Londres (Reino Unido), 18 de Agosto 2014, Canciller Ricardo Patiño y Julian Assange ofrecieron una rueda de prensa con presencia de medios internacionales. Foto: David G Silvers. Cancillería del Ecuador.

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Unten      —          Rassemblement en soutien à Julian Assange au siège du journal Le Monde (Paris – 80, boulevard Auguste-Blanqui).

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Gr. Jugend fordert Reform

Erstellt von Redaktion am 14. August 2020

Sozialarbeiter*innen statt Polizist*innen

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Viele Hunde streiten um einen Knochen

Von Dinah Riese und Konrad Litschko

Die Grüne Jugend legt ein Papier für eine radikale Neuaufstellung der Polizei vor. Der Mutterpartei passt das nicht ins Konzept.

 Mögliche rechte Netzwerke, Racial Profiling, Stammbaumrecherchen in Baden-Württemberg – die Polizei stand zuletzt vielfach in der Kritik. Nun reagiert die Grüne Jugend und legt ein Papier mit radikalen Reformvorschlägen vor: „Polizei neu aufstellen“. In der Mutterpartei dürfte man darüber wenig begeistert sein. Denn die hatte zuletzt die Nähe zur Polizei gesucht.

Die Parteijugend jedoch spart nun nicht mit Kritik an dem Sicherheitsapparat. Die Polizei weise „eklatante Missstände“ auf, heißt es in ihrem Papier, das der taz exklusiv vorliegt. Die Rede ist von „Tätern in Uniform“ und einem „strukturellen Problem“. So seien Racial-Profiling-Kontrollen, also Überprüfungen allein aufgrund der Hautfarbe, „alltäglich“ und Polizisten in bewaffneten rechten Netzwerken aktiv.

Es gebe „jährlich tausende Fälle von brutaler Polizeigewalt, für die sich niemand verantworten muss“. Damit sei klar: „Eine grundlegende Neuausrichtung von Polizeiarbeit ist unausweichlich.“

Während die grüne Mutterpartei aktuell für „eine starke Polizei“ eintritt, die mehr Personal bekommen müsse, formuliert die Grüne Jugend eine gegenteilige Vision: Sie will die Behörde einschrumpfen. Es gehe um das Ziel, „staatliche Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung nach und nach zu verdrängen und durch Prävention und Kooperation zu ersetzen“, heißt es in ihrem Papier. „Polizeieinsätze sind kein Selbstzweck.“

Tote durch Polizeischüsse

Man wolle eine „befreite Gesellschaft, die Gewalt und Repression als Mittel der gesellschaftlichen Problemlösung Stück für Stück überwindet“. Das Argument der Parteijugend: Es gebe zivile Träger, die viele Aufgaben besser übernehmen könnten als die Polizei. Sie nennt etwa den Umgang mit Opfern häuslicher oder sexualisierter Gewalt, mit Fußballfans, Obdachlosen, Geflüchteten oder Suchtkranken.

So seien bei psychischen Ausnahmesituationen Sanitäter*innen, Street­worker*innen oder die psychologische Krisenhilfe die bessere Alternative zur Polizei. Zuletzt hatten Polizist*innen mehrfach Menschen in solchen Situa­tionen erschossen.

Dazu plädieren die Jung-Grünen für ein härteres Durchgreifen bei Missständen. Einheiten oder Dienststellen müssten leichter aufgelöst werden können, Neueinstellungen strikter überprüft werden. Besonders Be­amt*innen der geschlossenen Einheiten wie des SEK müssten „systematisch“ auf menschenfeindliche Einstellungen überprüft und standardmäßig nach drei Jahren ausgetauscht werden.

Racial Profiling gehöre „unverzüglich und konsequent beendet“. Der Passus im Bundespolizeigesetz, auf den sich Beamt*innen hier oft berufen – nämlich Kontrollen aufgrund „grenzpolizeilicher Erfahrung“ – sei zu streichen. Damit Betroffene sich besser wehren können, sollen kontrollierte Personen jedes Mal ein „Ticket“ zur Dokumentation bekommen. Dieses soll Angaben etwa zum Umfang und zum Grund der Kontrolle enthalten.

Weg mit dem Pfefferspray

Zudem müsse bundesweit das Antidiskriminierungsgesetz eingeführt werden, wie es in Berlin seit Juni existiert und von Innenministern zuletzt heftig kritisiert wurde. Und die Vorschläge sind noch weitreichender: So soll künftig nicht mehr jede Polizeistreife Waffen tragen – um zur Deeskalation beizutragen.

Auch die „standardmäßige Bewaffnung mit Pfefferspray ist zu beenden“. Auf Demonstrationen sollen keine Hunde und Pferde mehr eingesetzt werden, das Vermummungsverbot für Protestierende gehöre abgeschafft. Und gegen Polizeigewalt sollen eine anonymisierte Kennzeichnungspflicht für alle Einheiten und unabhängige Ermittlungsstellen mit Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften helfen. Zur Aufklärung sollen Einsatzprotokolle und Polizeivideos bei Treuhandstellen aufbewahrt werden.

Zudem sollen Polizist*innen nicht mehr „abgeschirmt unter ihresgleichen“ in Polizeikasernen ausgebildet werden, sondern „wie in anderen Ländern selbstverständlich“ an Universitäten. In Bund und Ländern soll es – analog zu Wehr- und Datenschutzbeauftragten – Polizeibeauftragte geben.

Mit Blick auf die Drohschreiben des NSU 2.0 verweist die Jugendorganisation auf mindestens 400 Verfahren nach illegalen Datenabfragen bei Landespolizeien allein seit 2018 – und fordert eine Reform dieser Abfragen, damit in Zukunft zweifelsfrei nachvollziehbar ist, wer diese getätigt hat. Auch brauche es mehr kritische Polizeiforschung: Diese werde bisher „teils vernachlässigt, teils bewusst verhindert“. So sei etwa die von Bundes­innenminister Horst Seehofer gestoppte Studie zu Racial ­Profiling „dringend notwendig“.

Kritik „systematisch abgeblockt“

Georg Kurz, Co-Sprecher der Grünen-Jugend, nennt die Forderungen „erste Schritte, um die Polizei konsequent an rechtsstaatliche Prinzipien zu binden“. Man habe sich für das Papier lange mit grünen Innenexpert*innen, Po­li­zist*in­nen und Betroffenen ausgetauscht. „Es ist ein Desaster für die Demokratie, wenn feststeht: Rechtswidrige Polizeigewalt bleibt in den allermeisten Fällen folgenlos“, so Kurz. „Daraus leitet sich für uns und für alle demokratischen Parteien ganz klar der Auftrag ab, das zu beenden.“

Alton Sterling just before being shot.jpg

Eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit staatlicher Gewalt müsse in einem Rechtsstaat eigentlich eine „Selbstverständlichkeit“ sein, so Kurz – in der Realität hingegen würde Kritik von Polizeigewerkschaften und Innenminister*innen „systematisch abgeblockt“. Man setze nun auf ein positives Feedback auf das Papier aus Bundespartei und Bundestagsfraktion.

Die Parteiführung der Grünen windet sich, will zum Inhalt des Papiers nichts sagen. „Wir sind immer im Austausch mit der Grünen Jugend, aber sie ist eine eigenständige Organisation mit eigenem Kopf und eigenen Vorschlägen“, sagt Pressesprecherin Nicola Kabel.

Deutlich reserviert reagiert hingegen Irene Mihalic, Innenpolitikerin der Grünen im Bundestag und selbst Polizistin. Das Papier der Parteijugend enthalte zwar „viele Interessante Anregungen“, etwa eine bessere Kooperation von Polizei und Zivilgesellschaft. „Ich finde den Ton und die oft polemischen Wertungen des Papiers jedoch an einigen Stellen nicht gut.“ Es fehle an einer differenzierten Betrachtung. „Die meisten Polizistinnen und Polizisten machen einen sehr guten Job und haben mit Rassismus nichts am Hut.“

Quelle        :       TAZ        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben      —         Hamburger Polizeibeamte bei einer Festnahme

Author Vanis~commonswiki

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Unten     —       Frame capture at the 10 second mark showing Alton Sterling seconds before being shot by a Baton Rouge, Louisiana police officer.

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DL – Tagesticker 14.08.2020

Erstellt von Redaktion am 14. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Söder spiegelt  schon das rechte Bildnis eines internalen Politikers von Weltformat nach außen dar. Von einen Maßschneider kostümiert und in das rechte Licht gestellt. Gestylt von der letzten Haarspitze bis unter die Schuhsole.  Als Lautsprecher welcher selbst den Heimattreuen wie Trump, Orban oder Erdogan und Merkel sein Wasser reichen könnte. Was aber unter diesen Blendwerk wirklich steck , oder auch nicht, über strahlt die äußere Hülle  um Längen. Hier zeigt er die gleichen Unfertigkeiten wie bei all den anderen Dilettanten auch. Niemand kann oben genug Hirn hineinwerfen – es zählt allein was unten brauchbares hinauskommt. Ganz besonders in der Politik.

Hochmut und Fall wie aus dem Bilderbuch

1.) Söder fällt ein Zacken aus der Corona

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat stets den Corona-Chefchecker gegeben. Nach den Pannen muss er leiser sein. Doch Verwandlungen liegen ihm. Wer viel macht, der macht auch Fehler: So könnte Markus Söder die Panne bei den Coronatests in Bayern eigentlich relativ locker aussitzen. Es ist zwar peinlich und potenziell gefährlich, dass die Behörden 900 positiv getestete Reiserückkehrer tagelang nicht über ihre Testergebnisse informierten. Aber immerhin wurden die Urlauber in Bayern überhaupt systematisch getestet, während andere Länder das lange nicht so dringlich fanden. Für Söder ist die Testpanne trotzdem ein ernstes Problem, zumal auch die Missstände in einem coronaverseuchten bayerischen Gemüsehof immer deutlicher werden. Tönnies lässt grüßen. Aber Söder ist nicht einer von vielen Corona­entscheidern, die sich durch die Krise wurschteln. Er wirkte seit Beginn der Pandemie besonders fleißig, entschlossen und streng, er inszenierte sich aber auch besonders eitel als Corona-Chefchecker der Republik und Bayern als Mutterland der Corona-Expertise. Söder genießt unverhohlen seine Favoritenrolle unter den möglichen Kanzlerkandidaten der Union und formulierte selbst als Anspruch für dieses Amt: „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen.“ Was als Spitze gegen den angeblich zu lockeren Armin Laschet gemeint war, fällt nun auf Söder selbst zurück.

TAZ

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Es müsste den Gesellschaften gelingen  ihr ganzes Politiker Pack auf Ruderlosen Schiffen, in  den Weltmeeren auszusetzen ! Denn nur derjenige welcher seine Anordnungen selber fühlt, weiß was er angerichtet hat.

Flüchtlingspolitik :

2.) „Das Schiff zeigt, wie es geht. Amen“

Der Grünen-Politiker Sven Giegold machte die Idee stark: eine Rettungsmission der evangelischen Kirche auf dem Mittelmeer. Nun startet sie. Ein Gespräch über Europas Flüchtlingspolitik, linksprotestantische Selbstgeißelung und den grünen Mainstream. SVEN GIEGOLD, 50, ist Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament. 2000 gründete er das globalisierungskritische Netzwerk Attac Deutschland mit, das eine wirksame Kontrolle internationaler Finanzmärkte verlangt. 2009 zog er für die Grünen ins Europaparlament ein. Giegold gehört dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags an.

Frage: Herr Giegold, wann haben Sie zum ersten Mal Bilder von Flüchtlingen im Mittelmeer gesehen und gesagt: Wir müssen etwas tun?

Sven Giegold: So einen Moment gibt es nicht. Aber ich denke immer noch an die Überfahrten von Flüchtlingen vom afrikanischen Kontinent nach Gran Canaria, der Insel, auf der ich geboren wurde. Das hat mich schockiert: die Vorstellung, dass sich Menschen im westlichen Afrika tausend Kilometer auf eine Schaluppe setzen, um sicheren Grund zu erreichen. Dieses Elend an den EU-Außengrenzen geht seit Jahren, trotzdem sind die EU-Staaten nicht in der Lage, sich zu einigen.

Frage: Bis August starben nach der Statistik der Internationalen Organisation für Migration auf dem Mittelmeer 443 Menschen, 2019 waren es um diese Zeit 926 und 2018 sogar 1541 Tote. Wegen Corona haben sich zurzeit vermutlich noch weniger Flüchtlinge auf den Weg gemacht. Und Libyen fängt mehr von ihnen ab. Wie schätzen Sie die Lage in diesem Sommer ein?

Zeit-online

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Wie kann Scholz selbstständig regieren wollen, wo er doch sein bisheriges Leben unter einer Knute, nur  den Anordnungen seiner Chefin folgen musste?  Auch das Führen will einmal gelernt werden, ansonsten läuft alles wie bisher ? Merke : Auch das Duckmäusertum wird antrainiert, und das beginnt schon im frühen Kindesalter !

LINKE HAT FRAGEN

3.) Scholz sieht Linksbündnis skeptisch

Was folgt auf die Ära Merkel? Die Aufstellung von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten entzündete bei SPD und Linken die Debatte über ein mögliches gemeinsames Bündnis. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Linken im Bund angemeldet. Aber auch die Führung der Linkspartei betonte Hürden vor einer möglichen Koalition beider Parteien nach der Bundestagswahl in gut einem Jahr. Der Vize-Kanzler sagte in der ARD-Sendung „Maischberger – Die Woche“ auf die Frage, ob er die Linke für regierungsfähig halte: „Ich glaube, da gibt es noch viele Fragen.“ Da werde es viel zu diskutieren geben. „Ich wünsche gute Verrichtung“, sagte Scholz. „Wer regieren will, muss auch regierungsfähig sein.“ Da hätten alle bis zur Wahl noch viel zu tun. Linken-Chefin Katja Kipping reagierte zurückhaltend. „Ich bin froh, dass wir über voreilige Ausschließeritis hinweg und offen für konstruktive Gespräche sind“, sagte sie der „Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft“ (Freitag). „Olaf Scholz hat recht damit, dass es zwischen unseren Parteien im Falle einer Regierungsbildung viel Redebedarf gibt.“ Auch die Linke habe kritische Fragen an die SPD.

Hamburger-Abendblatt

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So müssen wir ja noch von unseren Glück berichten, in einen Freien Rechtsstaat geboren zu sein, wo rechtschaffene Bürger nur im Zweifelfall von den uniformierten Hoheitswächtern, der den Politiker abhängigen, auf freier Strecke erschossen werden, um sodann auf die nächste Beförderung zu warten? ?

Nachts hören alle die Schreie aus dem Gefängnis

4.) Folterstaat mitten in Europa

In Belarus wächst der Druck auf Staatschef Lukaschenko. Dessen Machtapparat geht weiter mit aller Härte gegen Demonstranten vor – und schreckt vor massenhafter Folter nicht zurück. Fünf Tage nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) sind am Donnerstag Menschen in vielen Staatsbetrieben in einen Streik gegen Staatschef Alexander Lukaschenko getreten. In der Hauptstadt Minsk und anderen Städten des Landes versammelten sich Mitarbeiter und forderten, dass Swetlana Tichanowskaja als die wahre Siegerin der Präsidentschaftswahl vom Sonntag anerkannt wird. Tausende Frauen mit Blumen in den Händen bildeten auf Straßen Menschenketten, wie mehrere Medien in Belarus berichteten. Auf Plakaten war etwa „Blumen statt Gewehrkugeln“ zu lesen. Demonstranten forderten Lukaschenko zum Rücktritt auf.

Focus

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Das Spiel hieß früher „Blinde Kuh“ !

Die Ferien sind oder gehen zu Ende und Covid 19 bleibt eine große Herausforderung für die Bildungspolitik.

5.) Schule auf, Schule zu

Wie gewonnen, so zerronnen – die neue Corona-Normalität nach den Ferien ist sehr zerbrechlich. Kaum zurückgekehrt in die Schulen, heißt es für manche Schüler gleich wieder: zu Hause bleiben. In Mecklenburg-Vorpommern etwa, wo noch in der ersten Woche zwei Schulen wieder geschlossen werden mussten. Wie sich mittlerweile herausstellte in einem Fall wohl unnötigererweise, da die Probe des zunächst positiv getesteten Kindes vermutlich verunreinigt war. Stellt sich nun nach weiteren Tests heraus, dass keine Infektion vorliegt, soll die Schule am kommenden Montag wieder öffnen. Wenige Tage nur dauerte es auch in Berlin, bis sich das Coronavirus wieder in der Schule blicken ließ: Stand Donnerstagnachmittag waren acht Schulen mit jeweils einem Fall betroffen, das Gerhart-Hauptmann-Gymnasium im Bezirk Treptow-Köpenick wurde am Donnerstag vorsorglich geschlossen, Tests würden laufen, so ein Sprecher der Bildungssenatsverwaltung. Auch in Nordrhein-Westfalen, wo am Mittwoch die Schule wieder begann, sorgten Coronainfektionen für einen holprigen Start: Nach einem Coronafall im Kollegium startete die Sekundarschule in Dorsten am Donnerstag mit einem Tag Verspätung in das neue Schuljahr, eine Grundschule in Viersen musste geschlossen werden, weil eine Lehrerin positiv getestet worden war und im Kreis Düren wurden zwei Klassen wieder nach Hause geschickt worden, da sich zwei Kinder einer Familie angesteckt hatten.

ND

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Sind nicht alle Machthaber auf dieser Welt gleich ? Wo geht es denn um mehr als Geld und Macht ? Das alles würde sich vielleicht ändern wenn die Politiker an den Risiken beteiligt würden und für gemachte Fehlentscheidungen auch aufkommen müssten. Solange aber die größten Idioten gewählt werden, wird es keine Änderung geben. Da es  von Oben nicht anders gewünscht wird !

Menschenketten in Belarus gegen „letzten Diktator Europas“

6.) NACH UMSTRITTENER WAHL

In Belarus wächst der Druck auf Staatschef Lukaschenko. Inzwischen streiken Mitarbeiter von Staatsbetrieben. Das könnte die Wirtschaft hart treffen. Die Proteste im Land gehen weiter. Fünf Tage nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) sind am Donnerstag Menschen in vielen Staatsbetrieben in einen Streik gegen Staatschef Alexander Lukaschenko getreten. In der Hauptstadt Minsk und anderen Städten des Landes versammelten sich Mitarbeiter und forderten, dass Swetlana Tichanowskaja als die wahre Siegerin der Präsidentschaftswahl vom Sonntag anerkannt wird. Tausende Frauen mit Blumen in den Händen bildeten auf Straßen Menschenketten, wie mehrere Medien in Belarus berichteten. Auf Plakaten war etwa „Blumen statt Gewehrkugeln“ zu lesen. Demonstranten forderten Lukaschenko zum Rücktritt auf. Der 65-Jährige schwieg am Donnerstag zunächst zu den Protesten. Unklar war, wie sich die Lage in dem Land zwischen Russland und dem EU-Mitglied Polen weiter entwickelt. Ein Massenstreik in Unternehmen könnte dem wirtschaftlich angeschlagenen Land schwer schaden. Mitarbeiter des Automobilwerks BelAZ verlangten Berichten zufolge, dass die dort produzierten Fahrzeuge nicht an die Polizei geliefert werden sollten, die zuletzt brutal gegen Demonstranten vorging. In der Nacht war es zum vierten Mal in Folge zu Protesten gekommen. Nach Meinung von Beobachtern kam es dabei zu weniger Polizei-Gewalt als in den Vortagen. Dennoch nahmen Sicherheitskräfte dem Innenministerium zufolge rund 700 Demonstranten fest. Damit steigt die Zahl der Festgenommenen auf nunmehr fast 7000. Vor Gefängnissen forderten viele Menschen friedlich die Freilassung ihre Angehörigen. Wie viele der Festgenommenen bereits wieder frei sind, ist unklar.

Berliner-Morgenpost

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Die Wahrheit:

7.) Opa Kretschmann urlaubt sich eins

Die Nörgeleien des Obergrünen aus dem Südwesten, man solle gefälligst in Deutschland Urlaub machen, haben ein bitteres Geschmäckle. Winfried Kretschmann, der Lieblingsopa des schwarz-grünen Milieus, hat zum Ferienstart in Baden-Württemberg vor Urlaubsreisen ins Ausland gewarnt. Wohlgemerkt, nicht etwa in Risikogebiete, wobei nach aller historischen Erfahrung das größte Risikogebiet ohnehin stets dort ist, wo sich viele Deutsche aufhalten. Aber Kretschmann rät generell von Reisen ins Ausland ab. Also dorthin, wo die ganzen Ausländer wohnen. Und ihre Viren. „Ich mache es einfach nicht, weil es zu kompliziert und auch nicht angemessen ist.“ Und: „In solchen Zeiten kann man einfach im Land bleiben und muss nicht in der Welt herumreisen. Deutschland ist ein ausgesprochen schönes Land mit vielen unentdeckten Regionen.“ Weshalb er im Bayerischen Wald zu wandern gedenke. Sicherlich, Deutschland ist ein schönes Land. Zumindest im Vergleich zur Venus, zum Pluto oder zur Hölle. Auch im Staatenranking ist ein Platz unter den ersten 194 sicher.

TAZ

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Mythos um einen Krieger

Erstellt von Redaktion am 13. August 2020

Wider die falschen Helden

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Von Klemens Ludwig

Die TV-Serie „Diriliş: Ertuğrul“ findet besonders in muslimischen Staaten Zuspruch. Der Mythos um den ruchlosen Krieger ist alles andere als zeitgemäß.

Ertuğrul war ein echter Held des 13. Jahrhunderts: ein furchtloser Krieger, bedingungslos loyal gegenüber seinem Fürsten, gefürchtet bei seinen Untertanen, aber noch mehr bei seinen Feinden. Nun gut, die zeitgenössischen historischen Quellen sind dürftig, das meiste wurde post mortem verfasst, denn es war sein Sohn, der Ertuğrul weit über seinen Clan hinaus bekannt gemacht hat: Osman, der Gründer der osmanischen Dynastie, die das größte islamische Reich der Weltgeschichte schaffen sollte.

Dennoch ist das, was über Ertuğrul bekannt ist, nicht nur Legende. Er entstammt einem Clan der zentralasiatischen Turkmenen, der unter dem Druck der Mongolen nach Anatolien in das Herrschaftsgebiet der Seldschuken wanderte. Im Grenzgebiet zum byzantinischen Reich ließ er sich nieder und verbreitete mit Überfällen auf die nichtmuslimische Zivilbevölkerung Angst und Schrecken. Als der damalige byzantinische Kaiser Laskaris Truppen zur Sicherung der Grenze entsandte, wurden die Byzantiner vernichtend geschlagen, was maßgeblich auch Ertuğrul zuzuschreiben war. Aus Dankbarkeit schenkte ihm der Sultan erhebliche Ländereien. Wie zumeist bei Warlords machten die Siege Lust auf mehr, und sie führten ihm neue Verbündete zu. Tatsächlich wurde Ertuğrul nach dem Sieg über Kaiser Laskaris Truppen einer der erfolgreichsten Kriegsherren des Sultans.

Hätte Ertuğrul seine Raubzüge für die spanische Krone oder andere europäische Kolonialmächte getätigt, stünde es heute schlecht um seine Reputation. In der Debatte über Kolonialisierung, Sklaverei und Rassismus wäre auch manches Ertuğrul-Standbild gefallen. Doch Ertuğruls Nachfahren wollen von alldem nichts wissen; im Gegenteil, der brutale mittelalterliche Warlord ist Pate einer der erfolgreichsten türkischen Fernsehserien, „Diriliş: Ertuğrul“, häufig als „islamisches Game of Thrones“ bezeichnet.

Die Serie – auf Deutsch „Ertuğruls Auferstehung“ – bringt alles, was Legendenbildung ausmacht: Spannung, Kampf, schöne Frauen, die beschützt werden müssen – und bedient ein simples schwarz-weißes Weltbild: Hier die frühen Türken, die Rechtgläubigen, die Ehrenvollen, die Tapferen, kurz die Guten. Dort die Feinde, die ungläubigen Mongolen, die blutrünstigen Christen – Lieblingsfeindbild die Tempelritter – kurz: die Bösen. Wer den Kampf zwischen Gut und Böse gewinnt, weiß man aus den Hollywoodwestern mit John Wayne. Das Skript von „Diriliş: Ertuğrul“ unterscheidet sich in nichts davon; außer dass John Wayne wegen seiner rassistischen Äußerungen über die indigene Bevölkerung inzwischen entzaubert ist.

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Ganz anders „Diriliş: Ertuğrul“. Das Heldenepos über die türkische Frühgeschichte ist zu einem Verkaufsschlager in weiten Teilen der islamischen Welt geworden, auch in solchen, die ethnisch und kulturell nichts mit der Türkei zu tun haben, wie Malaysia oder Pakistan. Dort ist das Bekenntnis zur „Diriliş: Ertuğrul“ inzwischen ein Politikum, denn sogar die Staatschefs werben dafür. Die seit 2014 produzierte Serie wurde in 65 Staaten verkauft.

Pakistans Ministerpräsident Imran Khan, der den Anspruch erhebt, einen idealen Muslimstaat nach dem Vorbild von Mohammeds erster Gemeinschaft in Medina zu errichten, ist der Überzeugung, die Serie trage dazu bei, die Bedeutung der islamischen Zivilisation zu verstehen. Zudem werde damit „der weltweiten Islamophobie entgegengetreten“. Das bezweifeln Kritiker auch in der islamischen Welt. Der politische Aktivist Pervez Hoodbhoy hält dagegen: „Wenn die Serie den Islam als friedliebende Religion darstellen und Islamophobie bekämpfen will, dann erreicht sie angesichts der weit verbreiteten Gewaltdarstellungen genau das Gegenteil“.

Quelle        :       TAZ        >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben      —        Ertuğrul Gazi’nin Söğüt, Bilecik’te bulunan türbesi.

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Das letzte Aufgebot

Erstellt von Redaktion am 13. August 2020

Oder – Der letzte Schuss als Rohrkrepierer

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Zum Vorsitz hat es nicht gereicht, da bleibt nur Kanzler liebe Leute

Von Albrecht von Lucke

 Die SPD setzt auf Risiko – in den eigenen Reihen ist Olaf Scholz nicht beliebt. Dieses Kalkül kann trotzdem aufgehen.

Nun also tatsächlich Olaf Scholz, das letzte Aufgebot der alten SPD. Und natürlich hat die Partei nicht plötzlich die Leidenschaft für den spröden Hanseaten gepackt, der bei den Parteitagswahlen stets bescheidene Ergebnisse erzielte. Nein, es war die schlichte Einsicht in die Notwendigkeit, die zur Nominierung des Finanzministers geführt hat. Weil, auch das gilt es festzuhalten, sich alle anderen potenziellen Kandidaten längst in die Büsche geschlagen hatten. Olaf Scholz ist last man standing. „Sein schwerster Gang“, titelt denn auch sarkastisch der Tagesspiegel.

Allerdings gibt es zumindest einige Punkte, die aufhorchen lassen. Zunächst einmal hätten viele der SPD-Führung eine derart konzertierte Aktion gar nicht mehr zugetraut, nach dem Hauen und Stechen der letzten Jahre. Die Reihen dicht geschlossen, lautet jetzt das Motto. Getreu der Devise: Du hast keine Chance, also nutze sie. Immerhin ist die SPD nun als erste Partei startklar für den Wahlkampf. Damit liegt der Ball erst einmal in den Reihen der anderen. Union und Grüne wurden an ihrem schwächsten Punkt erwischt, der ungeklärten eigenen Spitzenkandidatur.

Primär auf die Schwäche des Gegners zu setzen, ist aber noch kein Ausdruck eigener Stärke. Diese gilt es jetzt zu entwickeln. Aber wehe, dem ungeliebten Scholz gelingt das nicht. Dann dürfte die unverwüstlich uneinsichtige Hilde Mattheis beileibe nicht die Einzige bleiben, die ihren Unmut über den Kandidaten zum Ausdruck bringt. Längst laufen sich einige ihrer Genossen in der NOlaf-Kampagne warm. Schon die nächsten Wochen dürften darüber entscheiden, ob sich dieser Coup gelohnt hat – und ob die starken persönlichen Umfragewerte von Scholz endlich auf die Partei ausstrahlen. Bisher kann davon keine Rede sein. Nur dann aber wird sich Scholz in der eigenen Partei behaupten und auch seine zahlreichen Gegner an Bord holen können.

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Sollte dagegen weiterhin nur die Union vom Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung profitieren, dürfte sich die neue Geschlossenheit der SPD schnell als Simulation erweisen. Denn 14 Monate bis zur Wahl sind eine lange Zeit – und für eine schöne Kakophonie in der SPD allemal Zeit genug. Dann greift die große „Eierschleifmaschine“, wie Scholz-Vorvorgänger Peer Steinbrück den Wahlkampf genannt hatte, der noch jeden SPD-Kandidaten der letzten Jahre wund- und rundgeschliffen hat. „Wer bei mir Führung bestellt, der kriegt sie auch“, hat Scholz einst verkündet. Das aber setzt voraus, dass die Genossen sich tatsächlich führen lassen wollen. Dafür wird es entscheidend darauf ankommen, dass der Kandidat auch inhaltliche Führungskraft demonstriert. Nur so kann aus dem Überraschungsmoment eine überraschend konsistente Strategie werden.

Quelle     :      Der Freitag        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen         :

Oben      —       Team Klara Geywitz und Olaf Scholz bei der SPD Regionalkonferenz zur Wahl des SPD-Vorsitzes am 10. September 2019 in Nieder-Olm.

  • CC BY-SA 3.0 de
  • File:2019-09-10 SPD Regionalkonferenz Team Geywitz Scholz by OlafKosinsky MG 2565.jpg
  • Erstellt: 2019-09-10 18:54:20

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Unten      —        Party congresses of the Social Democratic Party of Germany in Wiesbaden 2018

  • CC BY-SA 3.0 deThis image contains persons who may have rights that legally restrict certain re-uses of the image without consent.This image contains persons who may have rights that legally restrict certain re-uses of the image without consent.view terms
  • File:2018-04-22 SPD Bundesparteitag 2018 Wiesbaden-6725.jpg

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Dokumentiert: DIE LINKE.

Erstellt von Redaktion am 13. August 2020

Neukölln zur Räumung des Syndikats

File:Berlin-Neukölln - Syndikat in Weisestraße.jpg

Quelle        :       AKL

Die AKL Berlin solidarisiert sich mit den Genoss*innen des Kneipenkollektivs „Syndikat“, das in der Nacht auf den 07.08.2020 von der Berliner Polizei geräumt wurde. Wir dokumentieren hier die Pressemitteilung der Partei DIE LINKE. Neukölln, die wir ausdrücklich teilen:

DIE LINKE. NEUKÖLLN VERURTEILT AUFS SCHÄRFSTE DEN VÖLLIG UNVERHÄLTNISMÄSSIGEN POLIZEIEINSATZ BEI DER RÄUMUNG DER KIEZKNEIPE SYNDIKAT, DIE GRAVIERENDEN EINGRIFFE IN DIE VERSAMMLUNGSFREIHEIT UND DAS BRUTALE VORGEHEN DER EINSATZKRÄFTE GEGEN PROTESTIEREND

Nach großen gesellschaftlichen Debatten über Polizeigewalt und während die Verstrickung der Ermittlungsbehörden in die rechte Szene bei der Neuköllner Terrorserie immer deutlicher zutage tritt, hat die Berliner Polizei große Teile des Neuköllner Schillerkiezes zur Sperrzone gemacht und mit massiver Gewalt die Profitinteressen eines undurchsichtigen Immobilienunternehmens gegen die Menschen in Neukölln durchgesetzt.

Wir sind entsetzt und enttäuscht, dass dies unter einem rot-rot-grünen Senat geschehen konnte. Sehr viele Genoss*innen aus Neukölln und darüber hinaus haben sich an den Protesten gegen die Zwangsräumung beteiligt.

Die Räumung der Kiezkneipe Syndikat ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich für ein Recht auf Stadt und gegen Immobilienspekulation und Verdrängung engagieren.

Die Senator*innnen der LINKEN und die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus dürfen nicht weiter so tun, als tragen sie für die Berliner Innen- und Polizeipolitik keine Verantwortung. Wenn die Fraktion DIE LINKE nicht protestiert, duldet sie das Vorgehen der Polizei stillschweigend und das ist nicht besser, als die Einsätze direkt zu verantworten.

Wir erwarten eine vollständige Aufarbeitung der Vorgänge rund um die Räumung des Syndikats, wir erwarten, dass Innensenator Geisel für den völlig unverhältnismäßigen Polizeieinsatz zur Verantwortung gezogen wird.

Wir erwarten vom Senat außerdem endlich eine Strategie zum Schutz von nichtkommerziellen Räumen und anderen Versorgungs- und Begegnungsorten der Menschen in Berlin vor Verdrängung durch die Profiterwartungen der Immobilienkonzerne. Wir fordern ein Ende der Zwangsräumungen von Wohnungen, Läden und Projekten!

7. August 2020

akl - Antikapitalistische Linke

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Grafikquelle    :

Oben     —       Syndikat pub, Weisestraße 56, Berlin-Neukölln, Deutschland.

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Attribution: Joe Mabel

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15 Jahre Plutonomie

Erstellt von Redaktion am 13. August 2020

Wie CitiGroup und Michael Moore uns die Finanzkrise erklärten

Michael Moore 2011 Shankbone 7.JPG

Quelle     :       Scharf  —  Links

Von Hannes Sies

Plutokratie, „Plutonomie“ (der versuch, Plutokratie schönzureden) und wie uns Superreiche, Konzerne und Finanzmafioso in der Finanzkrise ausraubten -und dies von den korrupten Mainstream-Medien als natürliche Marktentwicklung verkaufen ließen.

Es lohnt sich Michael Moores Filme immer wieder anzusehen, etwa „Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte“. In der 52.Minute erfährt man von einer 2005 von der mächtigen CitiGroup Bank vorgestellten Studie, die das Zeitalter der „Plutonomie“ ausrief. Plutonomie klingt nach „Plutokratie“, der Diktatur der Reichen, soll aber etwas anderes sagen: Die von den Reichen „angetriebene“ Ökonomie. Fazit der CitiGroup: Investiert in Luxusgüterindustrie, deren Profit explodieren, die Massengüter für die Mehrheit der Menschen dagegen eher nicht. Klar war denen vermutlich, dass eine Plutonomie die Plutokratie voraussetzt, auch wenn sie es nicht laut sagen mochten. Drei Jahre später inszenierten Plutokraten die Finanzkrise, die bekanntlich das Vermögen der 1% explodieren ließ, auf Kosten der unteren 90% der Menschen.

Moores Film Capitalism: A Love Story zeigt in der 52.Minute das CitiGroup-Dokument, das für einen erlauchten Kreis von Investoren Klartext redete: „ Buying Luxury, Explaining Global Imbalances“ -“Luxus kaufen, globale Ungleichheit erklären“. Unsere Medien erklärten ihren Konsumenten aber schon seit Jahren, dass diese Ungleichheit eine tolle Sache ist, weil jeder die Freiheit hat, ein Reicher zu werden. Du musst dich nur mehr anstrengen. Nach der Lehman-Pleite und dem Börsen- und Banken-Crash wurden ARD, ZDF und Bertelsmann zwar kurzzeitig etwas kleinlauter, man fürchtete wohl, dass die ausgeplünderten Massen doch einmal mit Heugabeln vor die Banken, Ministerien und Sendeanstalten ziehen könnten, aber das war schnell vorbei.

Ruckzuck wurde die Krise kleingeredet, die Verelendung schnell nach Südeuropa verschoben, besonders nach Griechenland, und als die Griechen dann wirklich eine sozialistische Regierung wählten? Da wurden Tsipras und Syriza mit dreckigen politischen Intrigen der EU (unter Führung von Merkel und Schäuble) plattgemacht, ebenso die griechische Wirtschaft (unter Führung der EZB und Wall Street) und die Griechen mit einer rassistischen Hasspropaganda überzogen (unter Führung von Bertelsmann und deren „Spiegel“), die an antikommunistische Hetze der faschistoiden McCarthy-Ära der USA erinnerte. (Eine ausführliche Dokumentation dazu am Ende des Artikels)

 Norbert Häring auch nicht ganz glücklich mit Plutonomie

Der liberal-konservative Finanzkritiker Norbert Häring (Ex-Commerzbank-Banker, Bertelsmann-Financial-Times-Schreiber, heute beim Handelsblatt) kommentierte die Plutonomie-Studie:

 >Der Citigroup waren die Erkenntnisse ihres Spitzenstrategen irgendwann sehr peinlich. Die Bank heuerte eine Anwaltskanzlei für die Sisyphusarbeit an, die Analysen von Kapur und seinem Team von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Wer die urheberrechtlich geschützten Texte ins Internet stellte, bekam eine anwaltliche Abmahnung. Ich habe die Texte, kann aber nicht darauf verlinken…

Im Jahr 2006 richtete Citigroup noch ein ganzes Symposium zum Thema „Plutonomie“ aus, weil Kapurs Analysen die Kundschaft elektrisiert hatten. Doch spätestens, als der Filmemacher Michael Moore in „Kapitalismus, eine Liebesgeschichte“ genüsslich aus den Texten Kapurs zitierte, wurde der Bank klar, wie wenig politisch korrekt seine ebenso klugen wie zynisch wirkenden Analysen waren.< N.Häring (ohne Datum)

https://norberthaering.de/news/stimmt-es-wirklich-lieber-sachverstaendigenrat/?format=pdf

 Im führenden offenen Online-Lexikon Wikipedia entspann sich, so Häring, ein „sogenannter Edit-Krieg“ um den Wikipedia-Eintrag zu „Plutonomy“: Jahrelang wurden sämtliche Hinweise auf den Begriff und die Citigroup umgehend wieder gelöscht. Inzwischen scheine „die Citigroup den Versuch aufgegeben zu haben, die Analysen aus dem Netz zu halten.“ Da irrt Häring. Wikipedia-Löschtrolle halten dort den Text einseitig, wirr und unkritisch gegen unsere Geldeliten. Sie verhindern dort auch weiterhin einen Zugang zu Quellen, legen falsche Spuren ins Nirgendwo oder zu einseitig kapitalistischen Websites, wo die Kritik in Jubelstories umgefälscht wird. Eine echte Version der Plutonomy-Originalstudie scheint man dagegen hier zu finden:

Plutonomy: Buying Luxury, Explaining Global Imbalances, by Ajay Kapur, Niall Macleod and Narendra Singh, October 16, 2005, CITIGROUP Industry Note, https://wtf.tw/ref/kapur_2005.pdf

Der Hauptautor der Plutonomy-Studie, Ajay Kapur, war 2005 beim US-Bankenriesen Citigroup Chef für die globale Anlagestrategie in Aktienmärkten, als er -in keineswegs kapitalismuskritischer Absicht- den Begriff Plutonomy prägte. „Plutonomys sind Volkswirtschaften, deren Wachstum von Superreichen getrieben wird“, sagte Ajay Kapur und schmierte den Superreichen Investoren der Citigroup damit Honig ums feiste Kapitalistenmaul. Sie sind keine kriminellen Parasiten, die den Rest der Menschheit ausplündern, nein, sie „treiben“ die Ökonomie mit ihrem Luxuskonsum.

 Wir, das Volk, in der Sicht der Superreichen und ihrer Bankster

Weil die Armen offenbar zu blöd sind, ihre Volkswirtschaften einfach durch normalen Konsum am Laufen zu halten, unterstellt Citigroup-Mann Kapur wohl, brauche man Superreiche und Luxuskonsumenten. Kapur wurde nicht für kritische Fragen bezahlt wie: Warum aber kann die breite Bevölkerung ihre Volkswirtschaft nicht mehr „treiben“? Warum fehlt ihnen zunehmend das Geld dafür? Weil ihre Löhne gedrückt werden durch übermächtige Konzerne der Superreichen? Weil die korrupten Regierungen alle Gesetze nur noch am Profit der Reichen orientieren? Weil die korrupten Medien dafür sorgen, dass kaum einer diese Zusammenhänge sehen kann? Weil die korrupten Medien dafür sorgen, dass alle immerzu Angst vor irgendwas haben? Vor Migranten, Seuchen, Terroristen, Islamisten usw. -sogar vor der Klimakrise (was vergleichsweise vernünftig scheint)? Weil die korrupten Medien dafür sorgen, dass daher keine Linksparteien gewählt werden (Buhu! Kommunisten! Totalitär! Kann nicht funktionieren! Usw.), die Schluss mit der Plutonomy machen würden?

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Als die Cit-Bank merkte, dass man so eine ausbeuterisch-kriminelle Hinterzimmer-Plutokratie heute nur noch schwer geheim halten kann, fand sie Kapurs Studie doch nicht mehr so gut und er musste sich nach einem neuen Job umschauen. Er gründete 2007 in Hongkong die Hedgefonds-Gesellschaft First Horse Capital, um sich von dort aus an korrupten Auswüchsen des neuen chinesischen Wirtschaftswachstums zu bereichern:

>China ist eine junge Plutonomy. Davon sind Kapur und sein neues Team überzeugt. Die Anzahl der chinesischen Dollar-Milliardäre ist seit 2006 von 15 auf 106 gestiegen. Anlass genug für Kapur und Niall Mc-Leod, einem Teamkollegen im Strategieteam der Bank, die Citigroup zu verlassen und im März zu gründen.< Finanzen.net 25.10.2007

https://www.finanzen.net/nachricht/fonds/in-china-herrscht-brutaler-kapitalismus-105412

Ans Licht einer breiten Öffentlichkeit kam der Citigroup-Plutonomy-Skandal letztlich nur durch Filmemacher Michael Moore. Unsere öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten finden in ihrer Mediathek Michael Moore „Provokativ, einseitig und hochgradig unterhaltsam“ (ZDF). Seine Sichtweise sei „parteiisch und extrem, teils alarmistisch“ -ein widerlicher Kommunist eben, den man wegen seiner Popularität leider nicht ganz verschweigen kann. Moores Film solle aber (Achtung!) „zum Nachdenken anregen“ -wollen sie ihr denkfaul-verblödetes Publikum damit endgültig abschrecken? Ganz gelingt ihnen dies hoffentlich nicht. Damit die Plutonomy-Plutokratie eines Tages beendet wird.

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/fahrenheit-11-9-von-michael-moore–100.html

https://michaelmoore.com/movies/captialism-a-love-story/

Plutonomie, „Pleitegriechen“ und Medienhetze

Es ist nicht so, dass es nur den Mainstream gibt, nur wenn man Wikipedia-Google folgt, findet man schwer andere Informationen. Darum hier eine Dokumentation eines damals besonders engagierten Politblogs zur Plutonomy-Plutocracy-Finanzkrise …und wie deutsche Mainstream-Medien sie propagandistisch Griechenland, der sozialistischen Syriza und Tsipras in die Schuhe schoben (Ablenkungs- und Sündenbock-Strategie):

Propaganda: Vom „Stürmer-Juden“ zum „Spiegel-Griechen“

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/31/vom-sturmer-juden-zum-spiegel-griechen/

Die deutsche Schuld am Elend der Griechen

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/15/griechen-drama-wie-merkel-den-euro-vor-die-wand-gefahren-hat/

Presselügen gegen Tsipras -warum BILD-Leser sie so gerne glauben

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/12/presselugen-gegen-tsipras-warum-bild-leser-sie-so-gerne-glauben/

Griechische Goldminen plündern! Steuerfrei mit Merkel!

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/12/griechische-goldminen-plundern-steuerfrei-mit-merkel/

Griechen-Hetze: Deutsche Propagandablase ist geplatzt

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/13/griechen-hetze-deutsche-propagandblase-ist-geplatzt/

Deutsche Medien: Dauer-Shitstorm gegen Athen

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/02/22/deutsche-medien-dauer-shitstorm-gegen-athen/

Merkel macht Athen platt -deutsche Wirtschaft brummt

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/08/26/merkel-macht-athen-platt-deutsche-wirtschaft-brummt/

Athen erklärt Brüssel die Demokratie

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/01/30/athen-erklart-brussel-die-demokratie/

ARD-Medienhetze: Deutsche Industrie droht Athen

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/01/30/ard-medienhetze-deutsche-industrie-droht-athen/

Athen-Bashing: Obama zeigte Merkel den Finger

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/03/23/athen-bashing-obama-zeigte-merkel-den-finger/

Goldman Sachs reisst Athen in den Abgrund

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/03/18/goldman-sachs-reisst-athen-in-den-abgrund/

Schäuble soll seine Schulden bei Griechen zahlen!

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/03/16/schauble-soll-seine-schulden-bei-griechen-zahlen/

EZB ballert mit Euro-Kanone auf Athen

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/01/23/ezb-ballert-mit-euro-kanone-auf-athen/

Troika2.0 in Athen: Aber Syriza kämpft für die Griechen

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/04/20/troika2-0-in-athen-aber-syriza-kampft-fur-die-griechen/

Aha, EZB macht doch Politik! Aber nur gegen Sozialisten

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/15/aha-ezb-macht-doch-politik-aber-nur-gegen-sozialisten/

Presselügen zu Tsipras: Irland, Varoufakis und die EU-Demokratie

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/29/presselugen-zu-tsipras-irland-varoufakis-und-die-eu-demokratie/

Moskau als Hoffnung für Athen: Gaspipeline Turkish Stream

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/04/20/moskau-als-hoffnung-fur-athen-gaspipeline/

Athen zahlt nicht an IWF -Juncker zu Tsipras: „Verrat!“

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/01/athen-zahlt-nicht-an-iwf-juncker-zu-tsipras-verrat/

Athen will sehen: Troika muss Farbe bekennen im Schulden-Poker

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/06/16/athen-will-sehen-troika-muss-farbe-bekennen-im-schulden-poker/

Athener Gericht urteilt: Troika verletzte Menschenrechte der Rentner

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/06/11/athener-gericht-urteilt-troika-verletzte-menschenrechte-der-rentner/

Tsipras bringt faulen Kompromiss durch Parlament

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/16/5988/

Tsipras Tragödie: Grexit abgewehrt, Athen am Ende

https://jasminrevolution.wordpress.com/2015/07/27/tsipras-tragodie-grexit-abgewehrt-athen-am-ende/

Urheberrecht
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Grafikquellen      :

Oben      —     Michael Moore in New York City’s Union Square Barnes & Noble to discuss his book Here Comes Trouble.

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Unten             —          388 Greenwich Street, which also faces N. Moore and West Streets in the TriBeCa neighborhood of Manhattan, New York City was built in 1989 and designed by Kohn Pederson Fox. It is seen here from the North Esplanade of Battery Park City. {Source: AIA Guide to 388NYC (5th ed.))

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Genozid an Herero + Nama

Erstellt von Redaktion am 13. August 2020

Zeit für angemessene Reparationen

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Deutscher Schutztruppenreiter in Uniform / Windhoek-Namibia

Von Dominic Johnson

Deutschland will die Opfer des kolonialen Völkermordes in Namibia mit 10 Millionen Euro entschädigen. „Nicht annehmbar“, findet Namibia.

Der 11. August 1904 nimmt in der deutschen Kolonialgeschichte einen besonderen Platz ein: Es ist das Datum der „Schlacht von Waterberg“, nach kaiserlich-deutscher Geschichtsschreibung die Entscheidungsschlacht der deutschen „Schutztruppen“ in „Deutsch-Südwestafrika“ gegen Aufständische des Herero-Volkes.

Neuerer Forschung zufolge hat es eine einzelne große Schlacht an dem markanten Tafelberg bei Namibias Hauptstadt Windhoek so nicht gegeben, aber das Datum markiert dennoch den Beginn des deutschen Völkermords an den Herero und Nama, die nach ihren militärischen Niederlagen weitgehend ausgerottet wurden. Um die Interpretation dieser Ereignisse, um ihre korrekte Bezeichnung und ihre Folgen wird bis heute gestritten. Seit fünf Jahren verhandeln deutsche und namibische Delegationen darüber.

Just am 11. August 2020 hat Namibias Präsident Hage Geingob nun eine Breitseite gegen die deutsche Haltung bei diesen Verhandlungen losgelassen. Der Titel seiner Stellungnahme – „Präsident Hage G. Geingob äußert Zufriedenheit über Fortschritte nach Unterrichtung über die Verhandlungen über Völkermord, Entschuldigung und Reparationen zwischen Namibia und Deutschland“ – verrät Sinn für Ironie, denn die Zufriedenheit beschränkt sich auf die Arbeit der eigenen Seite.

Was Deutschland angeht, habe dieses zwar eine „politische und moralische Verantwortung“ anerkannt und sich zu einer „bedingungslosen Entschuldigung“ bereit erklärt. Aber: „Deutschland weigert sich, den Begriff ‚Reparationen‘ zu akzeptieren“, es spreche nur von „Heilung der Wunden“. Und: „Das gegenwärtige Reparationsangebot der deutschen Regierung bleibt ein offenes Thema und ist für die namibische Regierung nicht annehmbar.“

Rhetorische Fortschritte

Worin das Angebot im Einzelnen besteht, ist unbekannt, doch Berichten zufolge hat die Bundesregierung Namibia 10 Millionen Euro angeboten. Das entspricht dem aktuellen Hauptgewinn im Lotto oder der Gage von Heidi Klum bei „Germany’s Next Topmodel“. 2004, als die einstige deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul beim 100-Jahres-Gedenken am Waterberg als erste deutsche Ministerin von „Völkermord“ sprach – was die damalige rot-grüne Bundesregierung aber nicht anerkannte – war noch von einem „Versöhnungsfonds“ in Höhe von 20 Millionen Euro die Rede gewesen.

Seitdem hat es zwar in der Rhetorik Fortschritte gegeben – das Wort Völkermord findet sich sogar auf der entsprechenden Seite des Auswärtigen Amtes. Eine daraus erwachsende Verpflichtung sieht Deutschland aber nach wie vor nicht und betrachtet seine Verantwortung nur „politisch und moralisch“, also folgenlos, keineswegs aber juristisch, also mit einklagbaren Konsequenzen.

Quelle      :     TAZ        >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —        Equestrian Statue

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DL – Tagesticker 13.08.2020

Erstellt von Redaktion am 13. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Und der hierfür Oberste politische Aufpasser der Kontrollierenden Behörde verdrückt sich in einer Talk-Show hinter anderen Pseudo-Promis um die Ziele eines Egomanen im Größenwahn zu vertiefen ?

Ermittler fahnden öffentlich nach flüchtigem Wirecard-Vorstand

1.) Wirecard-Skandal

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Spitzenmanager Jan Marsalek im Wirecard-Skandal etwa schwere Untreue vor. Das BKA vermutet, dass er sich im Ausland aufhält. Im Finanzskandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard fahndet das Bundeskriminalamt (BKA) nun öffentlich nach einem flüchtigen Spitzenmanager. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Vorstand Jan Marsalek schwere Untreue und gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor, wie das BKA mitteilte. Das BKA vermutet, dass sich der 40-Jährige im Ausland aufhält. In der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY starteten die Fahnder einen öffentlichen Zeugenaufruf. Wie das BKA weiter mitteilte, soll Marsalek spätestens seit 2015 zusammen mit dem Firmenchef Markus Braun die Bilanzen des Konzerns durch Scheinbuchungen künstlich aufgebläht haben, um das Unternehmen so attraktiver für Investoren und Kunden zu machen. Demnach fabrizierten die beiden nicht real existierende Vermögenswerte in Höhe von 1,9 Milliarden Euro, was etwa einem Viertel der Bilanzsumme entspricht. Bei einer Abschlussprüfung für das Jahr 2019 sei die Bilanzfälschung demnach aufgeflogen.

Zeit-online

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Und von der Leyen mit Kurz und Orban haben gezündelt um für die EU weitere Absatzmärkte zu öffnen ?

Das Kriegsarsenal in Beirut sollte Israel zerstören

2.) Warnung vor kriegerischen Akten

Langsam sickern in Israel Details durch, mit welcher Perversion die schiitische Hisbollah-Miliz Explosionsstoffe unter Gefährdung der Zivilbevölkerung im Beiruter Hafen gehortet hatte. Sie waren für die Bestückung von Raketenköpfen gegen Israel bestimmt, das grossflächig zerstört werden sollte. Die verheerenden Explosionswellen, die Teile der libanesischen Hauptstadt in Schutt und Asche gelegt hatten, wurden eindeutig nicht von Israel ausgelöst. So verlautbarte in aller Offenheit gegenüber dem Militärradio „Galei Zahal“ Matan Kahana, bis vor Jahresfrist Kampfpilot der israelischen Luftwaffe. Der heutige oppositionelle Knessetabgeordnete von der rechtsgerichteten Partei „Jamina“ machte geltend, eine israelische Handschrift wäre lediglich erkennbar, wenn es sich unter grösstmöglicher Vermeidung ziviler Schäden um einen nächtlichen und punktuellen Angriff gehandelt hätte. Zudem schloss Jakob Amidror, Reservegeneral und Militärforscher, gegenüber Privatradio 103 FM ziemlich aus, dass dabei eingelagerte Raketen in die Luft flogen. In den israelischen Medien wurde zum Beweis dessen auf Videoausschnitte von Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah aus dem Jahre 2016 verwiesen, in denen er explizit die Vernichtung von 800’000 Juden im Einzugsgebiet der bloss 130 km südlich gelegenen Hafenstadt Haifa, u.a. Sitz bedeutsamer petrochemischer Industrieanlagen, voraussagte. Wohlweislich hütete er sich, die zerstörerische Schlagkraft der „Nuklearkapazität“ seiner Miliz preiszugeben. Doch war allen Kontrahenten glasklar, dass die Einlagerung von Explosionsstoffen im Beiruter Hafen gerade infolge der israelischen Doktrin, Menschenleben bei unumgänglichen Ausschaltungsmanövern möglichst zu verschonen, in zynischer Weise geradezu ideal war.

European News

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Noch ist es ja hier im Schland sehr ruhig geblieben – trotz der vereinzelten Knuten  eigener Uniformierter.

Trotz Polizeigewalt neue Proteste gegen Lukaschenko

3.) Vierter Abend in Folge

Bei der vierten Protestnacht in Folge gehen Uniformierte wieder mit Schlagstöcken gegen Demonstranten vor. Doch die Menschen fordern Staatschef Lukaschenko immer lauter zum Rücktritt auf. Und auch zwei weltbekannte Bürger des Landes äußern sich zur Lage. Trotz massiver Polizeigewalt haben den vierten Abend in Folge Menschen in vielen Städten in Belarus (Weißrussland) für einen Rücktritt von Präsident Alexander Lukaschenko demonstriert. In mehreren unabhängigen Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram war in der Nacht zum Donnerstag auf Videos zu sehen, wie Menschen in Minsk, Grodno und anderen Städten Lukaschenko dazu aufriefen, die Gewalt zu beenden und abzutreten. Es gab erneut Dutzende Festnahmen und mehrere Verletzte. Zugleich wuchs die Solidarität mit den Demonstranten. In Minsk traten mehr als 100 Ärzte gegen Gewalt auf.

Stern

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Aus den Namen der Parteien CDU/CSU brauachte nur das C gestrichen und ebenfalls ein U ersetzt werden ! Das Ganze hieße dann : „SA – DU“. Kommt vielen sicher  irgendwie bekannt vor ?

Wird belangt, weil sie Kirchenasyl gewährt:

4.) Äbtissin Mechthild Thürmer

„Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Auf Papst Leo XIII. geht diese Losung zurück – Mutter Mechthild Thürmer aber füllt sie mit Leben. Bereits 30 Personen gewährte die Äbtissin des oberfränkischen Klosters Maria Frieden Kirchenasyl. Jetzt droht ihr das Amtsgericht Bamberg mit einer „empfindlichen Freiheitsstrafe“. „Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“, wird der 62-jährigen Benediktinerin in dem entsprechenden Strafbefehl zur Last gelegt. Die Geldstrafe über 2.500 Euro aber ist die Ordensfrau nicht bereit zu zahlen, denn einer Schuld ist sie sich nicht bewusst. Im Herbst 2018 hatte Thürmer einer Asylbewerberin aus Eritrea Schutz geboten, die nach Italien „rückgeführt“ werden sollte. Dort wurde die Geflüchtete zuerst registriert. Der Äbtissin zufolge wäre die Frau dadurch von ihrem Mann getrennt worden, der in Deutschland bereits als Asylbewerber anerkannt sei. Die beiden hätten ein gemeinsames Kind. „Ja, und wie steht es hier denn um den im Grundgesetz garantierten Schutz der Familie?“, fragte Thürmer in der Süddeutschen Zeitung.

TAZ

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Leben hier im Land nicht schon viel zu viele JA – Sager ? Es fehlt an mehr „bis hier und keinen Schritt weiter“ Sagern ! Ist nicht jeder Kompromiss auch gleich ein Demokratischer Beschiss – für irgend jemanden ?

Scholz zweifelt an Regierungsfähigkeit der Linken

5.) Politik Olaf Scholz

Der SPD-Kanzlerkandidat schließt Bündnis mit der Linken nicht grundsätzlich aus, sieht es aber eher skeptisch.  SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat ein Bündnis seiner Partei nach der Bundestagswahl mit der Linken nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sieht es aber eher skeptisch. »Ich glaube, da gibt es noch viele Fragen«, sagte der Vize-Kanzler am Mittwochabend in der ARD-Sendung »Maischberger – Die Woche« auf die Frage, ob er die Linke für regierungsfähig halte. Er fügte hinzu: »Da wird es sicherlich viel zu diskutieren geben, ich wünsche gute Verrichtung. Seit sieben Jahren habe die SPD mit Blick auf die Linke gesagt: »Es hängt von den anderen ab.« Der Finanzminister fügte hinzu: »Wer regieren will, muss auch regierungsfähig sein«. Da hätten alle noch viel bis zur Wahl zu tun. »Wir wollen, dass die nächste Regierung von einem Sozialdemokraten angeführt wird.«

ND

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Ist diese Bekanntmachung nicht der Beweis wie sehr der Betrug von der Masse der Bürger-Innen Wertgeschätzt wird ?

Ex-Minister zu Guttenberg hat wieder einen Doktortitel

6.) PROMOTION IN SOUTHAMPTON

Vor neun Jahren verlor Karl-Theodor zu Guttenberg durch eine Plagiatsaffäre nicht nur seinen Doktortitel, sondern auch das Amt als Verteidigungsminister. Nun trägt er wieder einen Titel. Ambitionen für ein politisches Comeback hegt er aber offenbar nicht. Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat nach eigenen Angaben wieder einen Doktortitel. Das sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zuvor hatte die „Bild“ unter Berufung auf seinen Doktorvater darüber berichtet. Demnach hat zu Guttenberg schon vor einiger Zeit an der britischen Universität Southampton promoviert und trägt nun den Titel PhD (Doktor der Philosophie).

Welt

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„Irgendwann müssen wir auch mal wieder ins Bett“

7.) Starphilosoph Markus Gabriel im Interview

Markus Gabriel wurde 1980 in Remagen geboren und gilt als philosophisches Wunderkind: Mit 5 entwickelte er ein neues Kategoriensystem (Eis, Pommes, Gemüse), mit 10 eine Ergänzung zu Wittgensteins Traktat: Worüber man nicht sprechen darf, hat die Mutti verboten! Der in Deutschland international gefeierte Jungprofessor hat sich gerade in der Corona-Krise mit epochemachenden Interviews hervorgetan.

TITANIC: Herr Professor Gabriel, haben Sie Verständnis für Menschen, die an der Existenz von Corona Zweifel hegen?

Gabriel: Im Gegenteil! Zweifel ist der Ausgangspunkt aller Aufklärung. Als Réne Descartes damals in Königsberg der berühmte Apfel auf den Kopf fiel, war ihm klar: Hier geht irgendwas nicht mit rechten Dingen zu. De omnibus dubitandum, schrieb er in sein Notizbuch, zu Deutsch: Ich denke, ergo sum! Am Schluß zweifelte Descartes an allem, also auch an Corona. Wichtig ist aber, dann vom Zweifel schnell auch zum von mir, Markus Gabriel, ausgerufenen „neuen Realismus“ überzugehen. Die Quintessenz: Wir können zwar den ganzen Tag an allem zweifeln, aber irgendwann müssen wir auch mal wieder ins Bett.

TITANIC: In einem anderen Interview wiesen Sie darauf hin, dass die Sprache, in der wir über die Krankheit sprechen, von Anglizismen geprägt sei: Shutdown, Lockdown, Apokalypse now. Wollen Sie das näher ausführen?

Gabriel: Sehr gerne. Schuld am „Denglisch“, wie ich es gerne scherzhaft nenne, hat die ungeheure Macht von amerikanischen Tech-Giganten wie Yahoo, Myspace und Co.! Wenn alle Informationen zu einer neuen Krankheit in einer uns unbekannten Fremdsprache formuliert sind, muss das doch zwingend zu Verwirrung und Unsicherheit führen. Wenn ich „down with the sickness“ bin, weil mein „doctor“ mir keine „prescription“ ausstellt, ist das für breite Bevölkerungsschichten ein linguistisches Todesurteil. Sie werden mit Angst infiziert, die dann zu Panik metastasiert, während sich das Englische wie ein widerliches Krebsgeschwulst über ihr Gehirn ausbreitet. Wie war die Frage noch mal?

TITANIC: Sie fordern einen neuen Hegel, der die Gedanken unserer Zeit zusammenfasst und mal bündig aufschreibt. Sehen Sie den schon am Horizont?

Gabriel: (lacht) Sagen wir mal so: Die Eule der Minerva ist gerade im Sturzflug Richtung Athen. Tatsache ist: Noch nie war die Philosophie in Deutschland so unbeliebt. Es hat sich eine Ökonomisierung eingeschlichen, wo die Leute nur mehr Börsenwerte hören wollen, statt wie früher täglich die Stimme Kants im Radio zu hören. Wo sehen wir sie denn, die Philosophen? Nur mehr in den großen Talkshows, in den Zeitungen und auf den angloamerikanischen „Social Media“! Wenn das so weitergeht, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Umwertung aller Werte zu fordern!

TITANIC: Vielfach geht die Klage, das westliche Wirtschafts- und Lebensmodell sei in der Corona-Krise endgültig an sein Ende gekommen. Wie beurteilen Sie das?

Gabriel: Sie sagen: Corona-KRISE. Krise kommt aber von griechisch krínein, was wieder ein ausländisches Fremdwort ist. Im chinesischen ist das Wort „Krise“ übrigens aus zwei Zeichen zusammengesetzt, die ebenfalls von niemandem hier verstanden werden. Bevor wir Corona heilen können, müssen wir überhaupt erst wieder in unserer Sprache sprechen lernen! Vorher ist mit einem neuen Hegel auch nicht zu rechnen, das prophezeie ich Ihnen hiermit gern ins Diktaphon!

TITANIC: Herr Professor Gabriel, wir danken Ihnen für das Interview.

Gabriel: (neckisch) Interview? Sie meinen wohl Befragosuchung! Passen Sie bitte künftig besser auf, bevor Sie unphilosophische Begriffe verwenden …

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Lernen im Wanderzirkus

Erstellt von Redaktion am 12. August 2020

Schule in Corona-Zeiten

Ein Schlagloch von Mathias Greffrath

Föderalistisches Chaos, steigende Ungleichheit: Die Bildungspolitik versagt gerade. Es wird Zeit, ein paar gute radikale Ideen wiederzuentdecken.

Nach einem halben Jahr Pandemie diagnostiziert das ifo-Institut desaströses Staatsversagen im Bildungssystem. Nur drei Zahlen aus der Studie: Die Bildungszeit der Schüler hat sich halbiert, die Zockzeit hat zugenommen; mehr als die Hälfte aller Kinder hatte weniger als einmal in der Woche Unterricht im Klassenverbund; fast ebenso viele kein einziges Einzelgespräch mit einem Lehrer oder einer Lehrerin. Kinder sind unsere Zukunft? Bildungsrepublik Deutschland? Vergesst es. Denn vorher sah es auch nicht viel besser aus: Schon Ende 2019 fehlten 26.000 Grundschullehrer, betrug die Investitionslücke bei den Schulen 44 Milliarden Euro, lagen die deutschen Bildungsausgaben unter dem OECD-Durchschnitt.

Zum Schulbeginn föderalistisches Chaos: Hier Regelunterricht ohne Masken in der Klasse, aber auf dem Gang; dort maskierter Präsenzunterricht ab Mittelstufe, hier ausschließlich Fernunterricht, andernorts Maskenpflicht im Unterricht aller Klassen. Beim Versuch, das Wirrwarr zu ordnen, fiel mir ein Text aus alten Zeiten ein. Er heißt „Plädoyer für den Hauslehrer. Ein bisschen Bildungspolitik“. Geschrieben hat ihn Hans Magnus Enzensberger im Jahre 1982.

Kurze Inhaltsangabe: Nach ausführlicher Rekapitulation der Verzweiflungsrufe und Seufzer von Lehrern, Schülern, Eltern vor der pädagogischen Klagemauer, steht der wunderschön poetische Satz – ich kann ihn auswendig: „Aus Gesagtem ergibt sich zwanglos die folgende Versuchsanordnung. Gegen halb neun Uhr morgens setzt sich Fräulein Zimmerle leise gähnend in ihren Volvo und fährt in die Siegfriedstraße. Unterwegs holt sie noch den kleinen Falk ab.“ Vier weitere Siebenjährige haben sich dort schon in der Wohnung von Familie Schneidewind versammelt. Fünf Schüler und die Lehrerin frühstücken und fangen mit der Arbeit an: lesen und schreiben können sie schon, denn „es handelt sich um Fähigkeiten, die jeder Mensch über vier in ein paar Wochen erwerben kann, es sei denn, er ginge in die Schule; dort dauert es, den Umständen entsprechende, mehrere Jahre.“

Auf zehn amüsanten Seiten entwickelt Enzensberger eine utopische Alternative zur institutionalisierten Grundschule: nomadischer Unterricht, ein „pädagogischer Wanderzirkus“ als „praktizierte Sozialkunde“ an wechselnden Orten statt in „betonierten Technokratenträumen“; gemeinsames Einkaufen, Kochen und Aufräumen statt Kantinenfraß. Fünfer- oder Siebenergruppen, eine kleine Schar, die anders als die übliche „dreißigköpfige Horde von schlechtgelaunten Trampeln“ in Rechenzentren, Gärtnereien, Museen, Fabriken, Werkstätten willkommen wäre; keine verstopften Autobahnen im Sommer, weil sich nur sieben Eltern und eine Lehrerin über Termine absprechen müssen. Und so weiter, und so weiter – der kleine Aufsatz bedenkt alle denkbaren Einwände und widerlegt sie einfallsreich, bis hin zu einer Lernrepublik, die keine Schulgebäude mehr brauchte – jedenfalls nicht für die ersten sechs Jahre.

Ich kann den Charme dieser verführerischen Vernunft­fantasie hier nicht annähernd wiedergeben, möchte sie aber zur Lektüre herzlich und dringend empfehlen („Politische Brosamen“, Suhrkamp).

Unterricht ist Beziehungssache

In „normalen“ Zeiten wirft man solche, von aufgeklärter Radikalität getragene Überlegungen sofort in die Schublade für vernünftige Vorschläge, die keine Chance haben. Aber: Die Krise ist eine Chance. Auch dieser Satz wurde in den Coronamonaten immer wieder vorgebetet. In der Pandemie hätte man die Notlage nutzen können, um das Konzept einer radikalen, dabei infektionsdämmenden Entinstitutionalisierung des Lernens zu testen. Wie starr und konventionell dagegen das meiste, was zur Schule in Coronazeiten öffentlich gedacht wurde. „Unterricht ist tatsächlich in hohem Maße Beziehungssache“ – so ein erstaunter Satz steht wie ein Fremdkörper inmitten all der Besorgnisse über informationstechnologische Infrastruktur, seuchensichere Toiletten, kontrollierte Sicherheitsabstände.

Quelle       :        TAZ       >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben       —     Offener Unterricht in einer Schulklasse

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Unten        —         Circus Amok Introduction

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Corona Impfung oder nicht ?

Erstellt von Redaktion am 12. August 2020

«Statt Impfen die Immunabwehr gezielt stärken»

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Quelle       :       INFOsperber CH.

Von John van Limburg Stirum / 11. Aug 2020 – 

Der auf das Immunsystem spezialisierte Klinikdirektor John van Limburg Stirum appelliert an die persönliche Verantwortung.

Red. In der Diskussion um das Coronavirus wurde zwar stets gesagt, dass vor allem Menschen mit Vorerkrankungen betroffen sind. Doch der persönliche Beitrag zur eigenen Immunabwehr kam wenig zur Sprache. Deshalb stellen wir hier die Sicht von John van Limburg Stirum  vor, der sich seit vielen Jahren mit der Stärkung der Immunabwehr beschäftigt. Allerdings ist er als Besitzer und Leiter der Firma Komstar AG am Verkauf der von ihm empfohlenen Nahrungsergänzungsmittel selber beteiligt.

Es bräuchte jahrelange klinische Tests

Zunächst: In einem Punkt gehe ich mit dem Bundesrat und dem Bundesamt für Gesundheit BAG einig: Das Corona-Virus gibt erst Ruhe, wenn wir die Herdenimmunität erreicht haben. Das BAG will dieses Ziel mit einem Impfstoff erreichen. Das ist meiner Meinung nach die erste von drei Fehlannahmen.

Das Erbmaterial des Corona-Virus besteht aus Ribonukleinsäure (RNA). Ein Impfstoff gegen ein RNA-Virus muss Bruchstücke eines RNA-Moleküls enthalten. Es besteht die Gefahr, dass dies zu genetischen Folgeschäden führt. Um das mit hinreichender Sicherheit auszuschliessen, bräuchte es jahrelange klinische Tests. Sollten schon nächstes Jahr hunderte Millionen Menschen mit solcher RNA-Partikeln geimpft werden, wäre das ein Schuss ins Dunkle, der sehr viel mehr Schaden anrichten könnte als das Corona-Virus selbst. Ich würde mich jedenfalls nicht impfen lassen. Das Zählen auf eine sichere Impfung ist der erste Fehler.

Der zweite Fehler: Eine Impfung soll die Immunität gegen ein Virus ohne wesentliche gesundheitliche Schäden erreichen. Dasselbe kann man ebenso erreichen, wenn man seine natürliche Immunabwehr gegen Viren und Mikroben aktiv unterstützt. Viele Patienten haben ein geschwächtes Immunsystem: Sei es, weil sie an Schlafmangel, Stress oder Übergewicht leiden, weil sie sich zu wenig an der frischen Luft bewegen, wegen der Nebenwirkung von Medikamenten, oder wegen einem Mangel an Vitamin- und Mineralstoffen.

Industrielle Ernährung und ungesunder Lebensstil schwächen das Immunsystem

Die Zusammenhänge zwischen einem ungesunden Lebensstil und einem entsprechend geschwächten Immunsystem sind bestens erforscht. Wir wissen auch, wie wir unser Immunsystem stärken können. Kurzfristig wirksame Hilfe bieten vor allem die Verbesserung von Essgewohnheiten und der Ausgleich von Nährstoffdefiziten. Wir leben heute vor allem von gebleichtem Brot, von antibiotika- und hormonhaltigem Fleisch, von allergieerzeugenden Milchprodukten und von einfachen Kohlenhydraten ohne Nährstoffe. Leider werden die meisten unserer Lebensmittel stark verarbeitet, wodurch die Nährstoffdichte abnimmt. Zum Beispiel müsste man 5’000 Kalorien pro Tag (meistens Fett) verbrauchen, um das empfohlene Minimum von 400 IE (Internationale Einheiten) Vitamin E zu erhalten, und 12’000 Kalorien pro Tag, um die minimale Menge an Chrom zu erreichen.

Infolgedessen sind 70 Prozent der Bevölkerung nicht ausreichend mit Magnesium versorgt, 65 Prozent fehlt es an Zink, 48 Prozent an Kalzium und 56 Prozent an Vitamin C. Gemäss Untersuchungen benötigen Menschen, die Alkohol trinken, möglicherweise zusätzlich Folsäure.

In unserer Klinik haben wir die Erfahrung gemacht, dass ältere und vorbelastete Patienten zusätzliche Nährstoffe nicht in genügendem Masse aufnehmen können. Sei es, weil ihr Verdauungsapparat nicht fit genug ist, sei es, weil Umweltgifte die Verdauung beeinträchtigen, weil falsche Lebensgewohnheiten das Immunsystem immer wieder schwächen. In diesem Falle braucht es umfangreiche Abklärungen und diese sind in erster Linie Sache des Hausarztes, der seine Patienten kennt.

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Das gilt auch für den Fall einer Corona-Ansteckung, denn gerade hier ist es wichtig, dass rechtzeitig die richtigen Massnahmen ergriffen werden. Der Zusammenhang zwischen Nährstoffdefiziten – insbesondere Vitamin D3 und Zink – und der Schwere des Verlaufs von Covid-19 ist inzwischen solide belegt. Deshalb empfehlen wir eine Kombination von täglich 3-5 Gramm Vitamin C Pulver (stündlich ein gestrichener Teelöffel in Wasser), Mindestens 5’000 IU (internationale Einheiten) Vitamin D 3 (je nach Blutspiegel), 1,5 Gramm Lysin, 600 bis 1800 Milligramm Cystein oder N-Acetyl-Cystein und 15 bis 90 mg Zink.

Verpasste Kampagne für eine gesündere Lebenshaltung

Einverstanden, es gibt keine doppelblinde klinische Studie, welche die Wirkung dieser – oder ähnlicher – Nährstoffkombinationen gegen Covid-19 abschliessend beweist. Entscheidend ist aber das generelle Nutzen-Schaden-Verhältnis. Ich weiss aus inzwischen 40-jähriger Erfahrung, dass ein Ausgleich von Nährstoffdefiziten keine negativen Nebenwirkungen hat, die Gesundheit nachhaltig verbessert und erst noch bezahlbar ist. Es ist mir deshalb schleierhaft, warum das Bundesamt für Gesundheit die Bevölkerung mit keinem Wort, auf keinem Plakat und mit keiner Kampagne darauf aufmerksam gemacht hat, dass man mit einer gesunden Lebensführung die Chance, Covid-19 schadlos zu überstehen, deutlich erhöhen kann. [RedZu einer gesunden Lebensführung gehören insbesondere genügend körperliche Bewegung sowie eine gesunde Ernährung.]

Das BAG hat damit eine wohl einmalige Chance verpasst, die Angst vor dem Virus zu nutzen, um den Gesundheitszustand der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern. Dasselbe gilt – soweit ich es überblicken kann – für die Gesundheitsbehörden der meisten Länder.

Folgen der sozialen Isolierung

Der dritte Fehler besteht darin, dass man nicht nur die ökonomischen, sondern auch die gesundheitlichen Gefahren des Lockdowns unterschätzt hat. Letzteres gilt insbesondere für die Länder, die auch noch Ausgangsperren verhängt und damit das Immunsystem der Betroffenen aktiv geschwächt haben. Doch auch in der Schweiz dürfte der gesundheitliche Schaden des Lockdowns den Nutzen übertreffen. Stress – etwa aus Angst um den Job – belastet sehr. Das Abstandhalten ist für viele zur sozialen Isolierung geworden, und diese führt zu psychischen Schäden und zu einer Schwächung des Immunsystems. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Das Miteinander, der soziale Austausch, ist ein Lebenselixier. Vor allem in Altersheimen konnte man förmlich zusehen, wie der Lebenswille, die Freude am Leben, geschwunden sind. Gewisse Senioren sind schon seit März in den Heimen eingeschlossen.

Vor allem aber haben wir mit der Schliessung von Schulen, Läden, Restaurants und Geschäften die Chance vertan, die Herdenimmunität dank einer sogenannten «differenzierten Durchseuchung» mit geringen gesundheitlichen Kosten zu erreichen, so wie dies auch der St. Galler Infektiologe Professor Pietro Vernazza empfiehlt. Anders als etwa die spanische Grippe, trifft Covid-19 vor allem die Alten. 54 Prozent der Hospitalisierten und rund 90 Prozent der Corona-Toten sind über 70 Jahre alt. Praktisch alle Verstorbenen und Hospitalisierten litten unter einer oder mehreren Vorerkrankungen, vor allem im Herz-Kreislaufbereich. Deshalb ist es richtig, dass die Alten und die Risikopatienten geschützt werden, etwa indem das Pflegpersonal in den Altenheimen laufend getestet und Erkrankte isoliert werden. Beziehungsweise, dass sich die Risikopatienten selbst schützen, indem sie Kontakte mit Unbekannten meiden.

Bei den meisten verläuft die Krankheit harmlos

Beim überwiegenden Teil der Schweizer Bevölkerung hingegen verläuft Covid-19 relativ harmlos. Gemäss den Zahlen des BAG mussten unter den Einwohnern im Alter von unter 40 Jahren nur 12 von 100’000 oder 0,12 Promille hospitalisiert werden und davon haben mehr als 95 Prozent überlebt. Auch bei den Einwohnern im Alter von 50 bis 59 betrug der Anteil der Hospitalisierten bloss 0,45 Promille. Dabei handelt es sich auch bei diesen jüngeren Semestern fast ausschliesslich um Patienten mit ernsthaften Vorerkrankungen und einem stark geschwächten Immunsystem.

Aus diesem Grund können wir dieses tiefe Risiko weiter senken. Dabei spielen die Hausärzte eine entscheidende Rolle. Sie wissen, welche ihrer Patienten gefährdet sind, und was diese tun können, um ihr Immunsystem zu unterstützen. Ferner wissen wir spätestens seit Mitte März, dass Covid-19 umso harmloser verläuft, je niedriger die Dosis ist, mit der man sich angesteckt hat. Es geht deshalb nicht die Ansteckung an sich, sondern vor allem darum, Ansteckungen mit hoher Dosis zu vermeiden.

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Um eine Herdenimmunität gegen ein Virus zu erreichen, müssen sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung angesteckt haben. Dabei sind gesundheitliche Schäden nicht ganz zu vermeiden. Das gilt aber erst recht für den Fall, dass wir die Immunität mit einer Massenimpfung erreichen wollen. In unserer Klinik haben wir es immer wieder mit Impfschäden zu tun. Und dabei geht es um Impfstoffe, die sich seit Jahrzehnten „bewährt“ haben. Bei einem neuen RNA-Impfstoff sind noch deutlich mehr Schäden denkbar.

Einverstanden: Auch eine „natürliche“ Herdenimmunität muss gezielt gesteuert und von einem konsequenten Schutz der gefährdeten Personen begleitet werden. Wichtig ist vor allem, dass die Hausärzte von Anfang an einbezogen werden, denn es hat sich gezeigt, dass Covid-19 vor allem in einem frühen Stadium erfolgreich bekämpft werden kann. Wird man ins Spital eingeliefert, ist es meist schon zu spät. Statistisch gesehen sind 40 Prozent der Hospitalisierten verstorben. Mit einem starken Immunsystem übersteht man nicht nur Covid-19 besser, sondern wird generell viel weniger krank.

«Le germe c’est rien, le terrain c’est tout.» Das sagte der Französischen Forscher und Mikrobiologe Claude Bernard schon vor 150 Jahren. „Der Keim ist nichts, das Immunsystem ist alles.“

Covid-19 wäre die Chance gewesen, sich an diese alte Wahrheit zu erinnern und unser Gesundheitssystem auf ein höheres Niveau zu bringen.

FREIE NUTZUNGSRECHTE

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Grafikquellen      :

Oben     —  CDC champions a One Health approach, encouraging collaborative efforts to achieve the best health for people, animals, and the environment. Photo credit: Awadh Mohammed Ba Saleh

2.) von Oben     —        A Japanese Encephalitis vaccination is now mandatory for active-duty Airmen stationed to or traveling for 30 days or more in the Republic of Korea or Japan. While the likelihood of contracting the disease is low, the Air Force Surgeon General mandated the vaccine as part of their continuing efforts to protect and defend Airmen and their families from public health threats. (U.S. Air Force photo by Tech. Sgt. James Stewart/Released)

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Unten      —         Coughs and Sneezes    –    Husten und Nießen (Ministerium für Gesundheit (Spahn)    —   Erziehung in der Öffentlichkeit

Central Council for Health Education (publisher/sponsor), Ministry of Health (publisher/sponsor), Bateman, Henry Mayo (artist), Chromoworks Ltd, Willesden, London (printer), Her Majesty’s Stationery Office (publisher/sponsor)http://media.iwm.org.uk/iwm/mediaLib//138/media-138605/large.jpg This is photograph Art.IWM PST 14158 from the collections of the Imperial War Museums.

  • Gemeinfrei
  • File:Coughs and Sneezes Spread Diseases Art.IWMPST14158.jpg
  • Erstellt: zwischen 1939 und 1945 date

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Zur Lage im Libanon

Erstellt von Redaktion am 12. August 2020

Libanon: Im Zangengriff der Krisen

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von Inga Hofmann

Die Corona-Pandemie trifft nahezu alle Länder weltweit hart, der Libanon aber droht unter ihrem Druck zu kollabieren. Denn der kleine Staat am östlichen Mittelmeer kämpft derzeit nicht nur gegen Corona, sondern auch gegen die wohl schwerste Wirtschaftskrise seiner Geschichte. Und weil die Regierung offenkundig weder willens noch fähig ist, diese beiden Krisen entschieden anzugehen, steht auch das politische System des Landes vor einer ernsten Bewährungsprobe.

Bereits vor der Coronakrise zählte der Libanon mit einer Staatsverschuldung von mehr als 170 Prozent des Bruttoinlandproduktes zu den meistverschuldeten Ländern der Welt. Es war daher wenig überraschend, dass die Regierung in Beirut Anfang März verkündete, dass sie bis auf weiteres keine Schulden gegenüber dem Ausland mehr begleichen könne; die aktuell anstehende Tilgung von über einer Mrd. US-Dollar könne der Staatshaushalt derzeit nicht verkraften. Seither verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der Bürger*innen mit jedem Tag; viele libanesische Banken stehen kurz vor dem Zusammenbruch.

Für den drohenden Wirtschaftskollaps sind jedoch weder die nunmehr seit Monaten andauernden landesweiten Proteste noch die Corona-Pandemie verantwortlich – auch wenn die Regierung diesen Eindruck allzu gerne erwecken möchte.[1] Vielmehr lässt sich die desolate Lage auf die jahrelange Misswirtschaft der Regierung zurückführen. Verantwortlich dafür ist vor allem das politische System im Libanon, das die Macht im Parlament proportional unter den einzelnen Konfessionen aufteilt. Auf diese Weise wurde das Land nach dem Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 zwar weitgehend befriedet. Zugleich aber konnten sich so dreißig Jahre lang weitgehend die gleichen Führungsfiguren an der Macht halten. Beharrlich verhindern sie jegliche Reformversuche und wirtschaften stattdessen in ihre eigenen Taschen.

Gegen die grassierende Korruption, Vettern- und Misswirtschaft gingen in den vergangenen Monaten rund ein Viertel der gut sechs Millionen Libanes*innen regelmäßig auf die Straße. Erstmals fordern landesweit Menschen unterschiedlicher Herkunft, Konfession und jeden Alters gemeinsam den Rücktritt der Führungselite. Und anders als bei Protesten in der Vergangenheit geben sie sich dieses Mal nicht mit vagen Reformversprechen zufrieden, sondern fordern nicht weniger als eine Revolution („Thawra!“). Ihr Zorn richtet sich dabei vor allem gegen Hassan Nasrallah, der der schiitischen Hisbollah vorsitzt, oder auch Nabih Berri von der schiitischen Amal-Partei, der seit nunmehr knapp dreißig Jahren als Parlamentssprecher amtiert.

Neue Regierung, mangelndes Krisenmanagement

Ungeachtet des wachsenden öffentlichen Drucks verharren diese wie auch die meisten anderen Politiker*innen jedoch auf ihren Posten. Lediglich der ehemalige Ministerpräsident Saad al-Hariri sah sich nach wochenlangen Protesten Ende Oktober 2019 gezwungen, mitsamt seinem Kabinett zurückzutreten. Daraufhin ernannte Präsident Michel Aoun den ehemaligen Bildungsminister Hassan Diab zum neuen Ministerpräsidenten und entschied sich damit einmal mehr für einen Mann aus der Elite und gegen eine Technokratenregierung aus Expert*innen. Deren Einsetzung hatten die Protestierenden gefordert, weil nur so der ökonomische Zusammenbruch noch abzuwenden sei.

Bevor sich Diab aber den wirtschaftlichen Problemen des Landes zuwenden konnte, musste er sich bereits wenige Wochen nach seinem Amtsantritt im Dezember 2019 voll und ganz der Corona-Pandemie widmen. Denn auch im Libanon verbreitete sich das Virus seit Ende Februar – mit zum Teil schon jetzt katastrophalen Folgen. Denn aufgrund massiver Einsparungen im Gesundheitssektor verfügen die meisten Krankenhäuser derzeit weder über ausreichende Medikamente noch über die nötige medizinische Grundausstattung, um Patient*innen mit Covid-19 zu behandeln. Hinzu kommt, dass viele Krankenhäuser privatisiert und ihre Dienste für die meisten Bürger*innen schlichtweg unbezahlbar sind. Aus diesem Grund erließ die Regierung frühzeitig Einschränkungen, um die Ausbreitung des Virus möglichst rasch einzudämmen: Anfang März wurde der Betrieb des Parlaments vorübergehend eingestellt; kurz darauf folgten die Schließungen öffentlicher Einrichtungen wie Theater, Kinos und Restaurants sowie der Schulen und Universitäten.

Trotz seines raschen Durchgreifens wurde Hassan Diab von breiten Teilen der Bevölkerung für sein Krisenmanagement kritisiert. Denn während Staaten wie Katar Flüge aus Risikoregionen frühzeitig gestrichen hatten, landeten noch bis Ende Februar, nicht zuletzt auf Betreiben der mit Iran verbündeten Hisbollah, Passagiermaschinen aus Teheran in der libanesischen Hauptstadt – obwohl dort die Pandemie grassierte und bereits zahlreiche Menschenleben gefordert hatte. Als sich bestätigte, dass tatsächlich Corona-Kranke aus dem Iran im Libanon eintrafen, überschlug sich die Kritik: Vor allem in den sozialen Medien wurde der libanesischen Regierung vorgeworfen, politische Interessen zu priorisieren und Passagiere, die aus Risikogebieten in den Libanon einreisten, nicht ausreichend auf eine Infektion zu testen.

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Zudem griffen Teile der Regierung auf höchst fragwürdige Methoden zurück, um die Zahl der Infizierten einzudämmen. So besprühten Mitglieder der Hisbollah sämtliche Autos und Straßen mit Desinfektionsmittel, obwohl Epidemiolog*innen dies als völlig wirkungslos kritisierten. Die mehr als zwei Millionen US-Dollar, die die Hisbollah dafür erhielt, hätte die Regierung – so die Kritik – besser den 220 000 libanesischen Bürger*innen zukommen lassen sollen, die seit Oktober ihre Arbeitsplätze verloren hatten.

Brennende Banken und steigende Inflation

Anders als die Regierung erkannte die Mehrheit der Libanes*innen frühzeitig den Ernst der Lage. Viele Menschen begaben sich anfangs freiwillig in Isolation, zugleich aber flammten im April die überregionalen Proteste, die auch wegen der landesweiten Ausgangsbeschränkungen vorübergehend zum Erliegen gekommen waren, wieder auf. Vom schiitisch geprägten Süden bis in den sunnitischen Norden des Landes prangerten die Menschen auf den Straßen und Plätzen die Versäumnisse der Regierung sowie die zunehmend desaströse Wirtschaftslage an. Um den nötigen Mindestabstand einhalten zu können, protestierten zahlreiche Libanes*innen in ihren Autos. Anstelle der ansonsten omnipräsenten Parteiflaggen schwenkten die Demonstrierenden vor allem die Zedernflagge – das Nationalsymbol des Libanon.

Quelle         :       Blätter       >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben      —      The smoke of the Beirut explosion spread over the sky of Lebanon

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Unten      —       Zerstörungen im Hafen von Beirut nach der Explosionskatastophe 2020

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Hartz-IV-Regelsätze:

Erstellt von Redaktion am 12. August 2020

Heil betreibt Verarmungspolitik

Sitzen die Lümmel nicht alle in einen Boot ? Wer alle treffen will, sollte nicht auf Einen mit Steinen werfen ?

Quelle      :    Scharf   —    Links

Von DIE LINKE

Hubertus Heil betreibt aktive Verarmungspolitik und setzt auf Vereinsamung der Armen

Von DIE LINKE

Das Kabinett behandelt am Mittwoch den Gesetzentwurf für die Hartz-IV-Regelsätze. Dazu erklärt Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE:

„Mit diesem Gesetzesentwurf betreibt Minister Heil aktive Verarmungspolitik.

Das Einkommen von Millionen Menschen im Land wird durch dieses Gesetz bestimmt, denn auch die Einkommen von Aufstockenden, Rentnerinnen im Grundsicherungsbezug, Asylbewerbern und Sozialhilfebeziehenden sowie Menschen mit Behinderung, deren Werkstatt-Entgelte aufgestockt werden, sind dadurch betroffen. Mit dieser Neuberechnung werden sie weiter in Armut gehalten.

Leider setzt Hubertus Heil die unsägliche Tradition aller bisherigen Sozialministerinnen und Minister fort und rechnet die Hartz-IV-Sätze klein. Dazu bedient er sich folgender Tricks:

  1. Er nimmt die Ausgaben einer Referenzgruppe, die so arm ist, dass ihr Ausgabeverhalten von Einschränkungen und Schulden geprägt ist. So entsteht ein Zirkelschluss der Verarmung. Dies ist gut an den Stromkosten zu sehen. Die Bezugshaushalte weisen unterdurchschnittliche Ausgaben aus, nämlich 35,71 Euro. Ein mittlerer Stromverbrauch für Alleinlebende lag 2019 jedoch bei 1.500 kWh pro Jahr und kostet durchschnittlich rund 46 Euro. Da die betreffenden Haushalte kaum über neue stromsparende Geräte verfügen, beruhen die niedrigen Ausgaben wahrscheinlich auf Stromschulden.

Dass die Referenzgruppe, die ärmsten 15 Prozent bei Alleinstehenden, nicht repräsentativ ist, zeigt zudem der Umstand, dass nur rund jeder Vierte (27%) in dieser Gruppe erwerbstätig ist.

  1. Aufstockende und verdeckt Arme werden nicht aus der Referenzgruppe herausgenommen. Ihr Ausgabeverhalten, das von Einschränkungen gezeichnet ist, ist dann ebenfalls Grundlage für die Regelsatzberechnung.
  2. Um allen die Krone aufzusetzen werden von den Ausgaben der Armen noch Abschläge vorgenommen: So meint Hubertus Heil, dass Sozialleistungsbeziehende und Aufstockende kein Recht haben auf beispielsweise:
  • eine Woche Campingurlaub mit der Familie,
  • die chemische Reinigung des Anzugs für ein Vorstellungsgespräch,
  • eine Kugel Eis für die Kinder an der Eisdiele,
  • Grabschmuck oder Weihnachtsbaum,
  • eine Tasse Kaffee im Vereinslokal oder ein Glas Cola beim Treffen mit Freunden in der Kneipe. Dass Cafébesuche zum sozialen Zusammenleben dazugehören, das ignoriert er.
  • Alle Ausgaben fürs Auto oder Motorrad sind gestrichen – selbst in ländlichen Gegenden, wo ohne Auto weder Jobsuche noch Freundschaftspflege realistisch möglich ist.
  • Ebenso sind Ausgaben für Schnittblumen gestrichen, weil den Betreffenden nicht mal zugestanden wird, bei einer Einladung zu einem runden Geburtstag einen Blumenstrauß mitzubringen.

File:Protest - "Hartz 4 macht nackig".JPG

Die Pflege von Freundschaften und Verwandtschaft ist für Heil ein Kürzungsposten. Für die Regierung gehören offensichtlich nur die zwischenmenschlichen Beziehungen, die komplett gratis stattfinden, zum Existenzminimum. Das steht in Konflikt mit der verfassungsrechtlichen Anforderung, dass die Regelsätze auch die „Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen“ sichern müssen, denn „der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen“ (BVerfG vom 9.2.2010).

Hubertus Heil setzt mit diesem Gesetzentwurf auf Vereinsamung der Armen.

DIE LINKE hingegen setzt dieser Politik der Verarmung und Vereinsamung energisch Widerstand entgegen. Wir stellen eigene Berechnungen an und kämpfen für höhere Regelsätze.“

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Grafikquellen      :

Oben       —     Unterzeichnung des Koalitionsvertrags am 12. März 2018 in Berlin.

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Schikane: „Racial Profiling“

Erstellt von Redaktion am 12. August 2020

Drei Betroffene berichten.

Von Carolina Schwarz

Die polizeiliche Praxis des Racial Profiling, also der gezielten Kontrolle nicht weißer Menschen, existiert laut Bundesinnenminister Horst Seehofer nicht. Die alltägliche Erfahrung spricht gegen diese Behauptung. Drei Betroffene berichten.

Lena Mariama Meinhold, 30 Jahre

Seitdem ich 18 Jahre alt bin und meinen Führerschein habe, gehört Racial Profiling zu meinem Alltag. Regelmäßig werde ich in Nürnberg angehalten, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin. Trotz normaler und regelkonformer Fahrweise.

Im Februar beispielsweise stand ich in der Innenstadt an einer roten Ampel. Es war früher Abend, ich kam gerade von einer Freundin, hatte nichts getrunken und wollte einfach nur nach Hause fahren. Auf der Linksabbiegerspur neben mir stand ein Polizeiauto. Die beiden Polizist:innen haben in mein Auto geguckt und sofort den Rückwärtsgang eingelegt. Sie sind dann hinter mein Auto gefahren und haben mich rausgezogen. Der Polizist, der dann an mein Fenster kam, hat mich direkt gefragt: Und welche Drogen haben wir heute konsumiert? Hat also versucht, dieses rassistische Klischee, dass Schwarze Menschen immer Drogen konsumieren, besitzen oder verkaufen, in einen Witz zu verpacken. Meine Erfahrungen haben mich gelehrt, auch auf solche Fragen nicht pampig zu reagieren, doch mein Blick scheint ihm schon vermittelt zu haben, dass seine Frage nicht witzig war.

Solche Situationen passieren mir immer wieder. Ich werde häufig von oben herab behandelt, meistens geht es um Drogen, die ich nicht konsumiert habe. Häufiger musste ich auch schon einen Alkoholtest machen, und selbst als dieser negativ auffiel, auf einer Linie laufen und mein Auto leer räumen. Das ist einfach reine Schikane.

Mir war schon immer bewusst dass ich als Schwarze Frau in Deutschland anders behandelt werde als weiße Menschen. Immer wieder habe ich Sprüche oder Blicke abbekommen, wenn ich beispielsweise mit meinem Afro durch die Straßen laufe oder fahre. Und trotzdem wurden meine Erfahrungen nicht ernst genommen. Weißen Freunden, denen ich davon erzählt habe, meinten dann: Ach, ich wurde auch schon einmal von der Polizei rausgezogen. Doch meine Mutter beispielsweise ist weiß, 68 Jahre alt und kam erst einmal in eine Verkehrskontrolle in ihrem Leben. Mir passiert das als Schwarze Frau viermal im Jahr.

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Anonym *

Früher bin ich viel Auto gefahren und wurde viel von der Polizei kontrolliert, es waren immer unangenehme Erfahrungen. Doch jetzt war einige Zeit vergangen und ich lebe mittlerweile vor Berlin. Also habe ich mir vor ungefähr anderthalb Jahren an einem frühen Winterabend in Berlin ein car2go gemietet.

Es war meine erste Fahrt in einem Smart. Ich war gerade aus der Park­lücke raus und erst wenige Meter vorangekommen, als ich schon von der Polizei rausgewinkt wurde. Ich hatte versehentlich nur das Standlicht an. Und da war er: der Anfangsverdacht.

Ich musste meinen Führerschein zeigen und wurde gefragt: „Trinken Sie Alkohol?“ Mir kam das seltsam vor und ich habe nachgefragt: „Generell oder heute?“ Der eine Beamte fing daraufhin an zu lachen, was mich noch mehr verunsicherte. Und ich bin immer nervös, wenn ich mit Polizistinnen im Gespräch bin. Ich sagte dann ehrlich, dass ich vor zwei Stunden ein Bier getrunken hatte.

Sie ließen mich trotzdem pusten, mit dem Ergebnis: 0 Promille. Dennoch begann ab dann ein Verfahren, was sich für mich wie ein Spiel anfühlte, das ich nicht verstand. Es war eine konstante sexistische und rassistische Grenzüberschreitung nach der anderen.

Zuerst wollten sie überprüfen, ob ich andere Drogen konsumiert hatte, und fragten, ob sie in mein Auge leuchten dürften. Der erste Kommentar daraufhin war: „Sie haben aber einen schönen Lidstrich.“

Es fühlte sich an wie eine Flirtsituation, nur dass sie für mich total unangenehm war. Allein im Winter in einer stockdunklen Straße mit nur männlichen Polizisten, die mir für meinen Lidstrich Komplimente machen. Doch ihr zweiter Kommentar war dann, nachdem sie mir mehrere Sekunden die Augen abgeleuchtet hatten: „Dieses Problem haben wir häufiger, wir können ihre Pupillen nicht überprüfen, ihre Augen sind zu dunkel.“

Im Nachhinein sind mir Tausende Dinge eingefallen, die ich daraufhin hätte sagen können, doch in dem Moment war ich sprachlos. Es folgten weitere „Experimente“ der Polizisten. Eines davon war, dass ich im Kopf 30 Sekunden abzählen sollte. Liegt man mehr als nur wenige daneben, soll das ein Indiz dafür sein, dass man Drogen konsumiert hat. Ich lag nervositätsbedingt natürlich daneben. Am Ende musste ich mit den Polizisten auf die Wache und einen Urintest machen. Das Ergebnis: Ich hatte keine Drogen konsumiert.

Mir ist bewusst, dass ich an diesem Abend noch ziemlich glimpflich davongekommen bin. Denn ich kenne die Geschichten, vor allem von männlichen Verwandten von mir, bei denen solche Kontrollen viel schlimmer und gewaltvoller ablaufen. Doch während der Tests liefen in meinem Kopf viele Filme ab: Was kommt als nächstes? Und wie komme ich hier heil wieder raus. Denn bei mir ist eine Grundangst gegenüber der Polizei da, durch die ganzen Erzählungen, die ich in meinem Kopf habe. Gerade im Verkehr hat die Polizei schnell einen Anfangsverdacht und kann dich kontrollieren. Seien es ein paar Stundenkilometer zu viel oder eben ein Standlicht. Ein Bier trinken und Stunden später Auto fahren? Würde ich nie wieder machen. Und überhaupt fahre ich jetzt nicht mehr nachts alleine mit dem Auto.

* Die Person ist der Redaktion bekannt

Quelle        :      TAZ       >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —       Deutsche Polizisten bewachen das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg nach Hinweisen auf einen Terroranschlag

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Unten        —       Ein Portrait zum Gedenken an George Floyd im Mauerpark in Berlin von einem Straßenkünstler, Mai 2020.

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DL – Tagesticker 12.08.2020

Erstellt von Redaktion am 12. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Wo Mutti am Morgen die Ladentür öffnet, lässt der Pförtner Abends die Rollgitter herunter.  Der Care-taker hat immer noch den Schlüssel für den Lieferanten-Eingang in seiner Tasche !

Seehofer sagte im Alleingang Nein zur Flüchtlingsaufnahme

1.) Flüchtlingsprogramme von Berlin und Thüringen

Der Innenminister hat Berlin und Thüringen die Aufnahme zusätzlicher Geflüchteter verboten. Ohne die heikle Frage im Kabinett zu besprechen. Das Bundesinnenministerium hat sein Verbot des Berliner Flüchtlingsaufnahmeprogramms nicht im Kabinett abgestimmt. „Die Erteilung des Einvernehmens“, so heißt es in der Antwort des Ministeriums an die Berliner Bundestagsabgeordnete Petra Pau (Linke), die dem Tagesspiegel vorliegt,  liege „in der alleinigen Ressortverantwortung“ des Innenressorts. „Eine Abstimmung der in dem Schreiben von Bundesinnenminister Horst Seehofer vom 8. Juli 2020 dargelegten Haltung des BMI mit anderen Ressorts ist deshalb nicht erfolgt.“ Der rot-rot-grüne Senat wollte 300 besonders verletzliche Menschen aus den Elendslagern auf den griechischen Ägäis-Inseln nach Berlin holen, vor allem Kinder und Jugendliche ohne Begleitung, Kranke und Traumatisierte. Der Senat hatte  Innenminister Horst Seehofer (CSU) deswegen Mitte Juni um seine Zustimmung dazu gebeten.

Tagesspiegel

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Explosion war Gestern! Ab Heute kommen die Schnäppchenjäger. Wir bieten ein Butterbrot um die Milliarden innerhalb der EU aufwerten zu können ! Mit Wem spricht er dort , wenn die gesamte Regierung zurückgetreten ist und Niemand vor einer freien Wahl weiß, wer denn der Nachfolger wird. ? A.-Löcher unter sich ?

Explosion in Beirut :

2.) Maas dringt auf Reformen im Libanon

Die umfangreichen Hilfen der Geberkonferenz seien laut Außenminister Maas an Reformen gekoppelt. Die libanesische Justizministerin hat ebenfalls ihr Amt niedergelegt. Nach der verheerenden Explosion in Beirut will Außenminister Heiko Maas am Mittwoch in die Stadt reisen und dabei auch auf Reformen im Libanon drängen. „Wir werden den Verantwortlichen sehr deutlich machen, dass wir bereit sind zu helfen, aber auch der Auffassung sind, dass dieses Land reformiert werden muss“, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Deswegen sei es auch richtig, dass bei der Geberkonferenz am Sonntag beschlossen worden sei, alle Wirtschafts- und Finanzhilfen über die Soforthilfen zur Bewältigung der Explosionskatastrophe hinaus an Reformen zu koppeln. Es gebe ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die dringend umgesetzt werden müssten, sagte Maas. Dabei gehe es um grundlegende Reformen der Regierungsführung, den Kampf gegen Misswirtschaft und Korruption, aber auch wirtschaftliche Reformen, damit der Libanon wieder interessant und rechtssicher für ausländische Firmen werde und Investitionen nicht im Sumpf versinken würden.

Zeit-online

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Das Heulen sprachloser Hunde, noch  bevor sie  auf die Schwänze getreten wurden?. Wie bei Corona wird es heißen: „Wir reinigen die Gosse, nachdem der Absaugwagen den Tatort verlassen hat ? Wie viele Politiker-Innen sind an Corona noch verstorben ? Nur ein Vogel ist aus Altersschwäche von der Stange gefallen.

Katja Kipping über Olaf Scholz:

3.) „Wir schenken der SPD nichts“

Linken-Chefin Katja Kipping will die SPD zwar weiter kritisieren, aber nicht für die Fehler der Vergangenheit. Sie strebt ein rot-rot-grünes Bündnis an.

taz: Frau Kipping, was halten Sie vom SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz?

Katja Kipping: Ich bin nicht die Zielgruppe, ich wähle die Linke und nicht die SPD. Mich muss er also nicht überzeugen, sondern potenzielle SPD-WählerInnen und am besten auch noch Wechselwähler von der CDU. Aber was ich beeindruckend finde, ist die Einigkeit, mit der SPD-Spitze und -Vorstand in diesen Prozess gegangen sind. Diese Einigkeit strahlt Entschiedenheit aus.

Wir hätten mehr Kritik erwartet. Ihre Partei, die Linke, ist die entschiedenste GegnerIn der Hartz-IV-Politik und Olaf Scholz steht wie kein anderer für die Politik der Agenda 2010 und war an dieser beteiligt.

TAZ 

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Warum können sich Großmäulige Politiker-Innen nicht  als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen ? Ist vielleicht das Misstrauen untereinander zu groß ?

Russland lässt Impfstoff gegen Corona zu –

4.) auch Putins Tochter geimpft

Russlands Präsident Wladimir Putin gibt die Zulassung einer ersten Corona-Impfung in Russland bekannt. Laut Russlands Präsident Wladimir Putin hat Russland als erstes Land der Welt eine Impfung gegen das Coronavirus entwickelt. Putin gab die Zulassung eines Corona-Impfstoffes am Dienstag (11.08.2020) bekannt: Die Impfung soll bereits am 1. Januar 2021 in Umlauf gebracht werden. Die Impfung sei an diesem Morgen in Russland zugelassen worden, sagte Putin während einer vom Fernsehen übertragenen Videokonferenz. „Ich weiß, dass sie wirksam ist, dass sie dauerhafte Immunität gibt“, fügte er hinzu. Corona-Test in Russland: Auch Putins Tochter bereits mit dem Stoff geimpft.

FR

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Hat den Weißen Teutonen nicht auch schon vor Adolf diese Welt gehört ? Es gab doch Fürsten, Könige und Kaiser, welche heute noch ihr Lametta verteilen. Es gibt sogar Mitbürger-innen denen es eine Ehre ist, des gleichen von den Nachfolgenden Schrott anzunehmen !

Namibia lehnt Entschädigungsangebot Deutschlands ab

5.) Bundesregierung hatte 10 Millionen Euro angeboten

Namibia hat ein Entschädigungsangebot Deutschlands bei den Verhandlungen zur Aufarbeitung der Kolonialzeit abgelehnt. Das Angebot der Bundesregierung, zehn Millionen Euro als Wiedergutmachung zu zahlen, sei für Präsident Hage Geingob weiter »nicht akzeptabel«, zitierte die Zeitung »The Namibian« am Dienstag den Berater des Präsidenten, Alfredo Hengari. Geingob selbst twitterte, er sei über den Stand der Gespräche informiert worden und habe empfohlen, die Verhandlungen fortzusetzen. »Wir bleiben beim Abschluss dieser Schlüsselmission konsequent«, schrieb er.

ND

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Erkennen wir hier die wahren Gründe, warum sich die selbst ernannten Demokratien hinter ihren Uniformierten verstecken?

Lukaschenko will den Protest von der Straße prügeln

6.) Wieder Gewalt in Belarus

Sicherheitskräfte schlagen willkürlich auf Demonstrierende ein, jagen sie in den Hinterhöfen von Minsk, feuern Blendgranaten ab: Die Gewalt in Belarus nimmt zu – und die Proteste halten an.  Zu zweit traktieren die Sicherheitskräfte einen am Boden liegenden Menschen: Der eine mit einem Schlagstock, der anderen tritt mit Füßen. „Schande“, rufen Bewohner des angrenzenden Wohnhauses oben von den Balkonen. Und: „Du hast eine Mutter, Kosmonaut.“ So nennen die Menschen die Omon-Sondereinsatzkräfte mit ihren Helmen und Schutzuniformen. Blendgranaten werden abgefeuert. Zu sehen ist all das auf einem Video, das aus der belarussischen Hauptstadt Minsk stammt, gepostet hat es die unabhängige Internetseite tut.by. Die Bilder, die Telegram-Kanäle und unabhängige Medien aus der dritten Nacht der Proteste veröffentlichen, zeigen noch mehr Gewalt als in den beiden Tagen zuvor. Der autoritäre Machthaber Alexander Lukaschenko scheint gewillt, die Demonstrationen im Land mit allen Mitteln zu brechen. Massiv setzen Sicherheitskräfte Schlagstöcke, Gummigeschosse, Blendgranaten und Tränengas gegen die Menschen ein. 5000 Menschen festgenommen

Spiegel-online

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Nach 3 Wahldebakeln mit Kanzlerkandidaten vom rechten Parteiflügel:

7.) SPD setzt zur Abwechslung auf Mann vom rechten Parteiflügel

Ist das das Rezept zum Erfolg? Nach drei bitteren Wahlniederlagen mit Kanzlerkandidaten vom rechten Parteiflügel Seeheimer Kreis versucht es die SPD nun zur Abwechslung mit einem Kanzlerkandidaten vom rechten Parteiflügel Seeheimer Kreis. Offenbar hoffen die Genossen, so endlich die Herzen der Wähler zurückzuerobern. „Zugegeben: Die letzten Bundestagswahlen mit den Seeheimern Frank-Walter Steinmeier im Jahr 2009, Peer Steinbrück im Jahr 2013 und Martin Schulz im Jahr 2017 waren Debakel historischer Ausmaße“, erklärt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. „Man hat ja fast Gefühl, die Wähler wollen niemanden aus einem Parteiflügel haben, der für Sozialabbau und Agendapolitik steht. Deshalb ist es jetzt Zeit für einen richtigen Macher vom Seeheimer Kreis, der die Wähler mit undogmatischer Politik überzeugen kann. Olaf Scholz ist unser Mann fürs Kanzleramt!“

Postillon

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Corona und Tunesien

Erstellt von Redaktion am 11. August 2020

Die unvollendete Revolution

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Von Henrik Meyer

In Tunesien ist die mühsam erkämpfte Demokratie nicht nur wegen der Coronakrise in Gefahr. Die alten Machtstrukturen bestehen weiter.

Tunesien, die ewige Ausnahme. Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als könne das nordafrikanische Land ein weiteres Mal diesem Titel gerecht werden. Während andere Länder im Chaos der Coronapandemie versanken, trauten die Tunesier beim täglichen Blick auf die Corona-Fallzahlen ihren Augen nicht. Nachdem am 22. März ein früher und strenger Lockdown verhängt worden war, wurden ab Anfang Mai über mehrere Monate nahezu keine Neuinfektionen registriert. Der erst kurz vor Beginn der Krise ins Amt gewählte Regierungschef Elyes Fakhfakh sonnte sich im Erfolg seines international gefeierten Krisenmanagements. Schon im Fastenmonat Ramadan nahm das Leben auf den Straßen Tunesiens wieder weitgehend seinen gewohnten Lauf.

Doch wenige Monate später hat sich das Blatt gewendet. Regierungschef Fakhfakh ist zurückgetreten, Staatspräsident Saied spricht offen von der Gefahr eines Staatsstreichs und Parlamentspräsident Rached Ghannouchi hat nur knapp ein Misstrauensvotum überstanden. Im Parlament flogen Beleidigungen und Stühle – und auch die Corona-Fallzahlen steigen wieder. Wie konnte es dazu kommen? Vordergründig begann die Staatskrise mit einem Fernsehinterview Fakhfakhs am 14. Juni. Auf die Konfrontation mit dem Vorwurf, er besitze Anteile an Firmen, die staatliche Aufträge erhalten hätten, reagierte Fakhfakh verunsichert und verständnislos. Der Sozialdemokrat zog sich zurück auf eine formaljuristische Verteidigung und verkannte die politische Munition, die dieses Thema seinen Gegnern bot. Schnell gelang es den Anhängern des gestürzten Autokraten Zine el-Abidine Ben Ali mit ihrer Parti Destourien Libre (PDL) ein Medientrommelfeuer zu entfachen, das einen Keil in die heterogene Regierungskoalition aus Islamisten, Sozialdemokraten und Panarabisten trieb. Insbesondere die selbst an der Regierung beteiligte islamische Ennahdha sah genüsslich dabei zu, wie der gegen ihren Willen vom Staatspräsidenten vorgeschlagene Regierungschef öffentlich demontiert wurde.

Was sich, angeführt von der PDL-Vorsitzenden Abir Moussi, anschließend ab dem 10. Juli im tunesischen Parlament zutrug, dürfte die kurioseste Episode des tunesischen Transformationsprozesses sein. Wochenlang blockierten PDL-Abgeordnete den Eingang zum Parlament, besetzten das Büro des Kabinettschefs und entfernten kurzerhand den Stuhl des Parlamentspräsidenten, um Sitzungen unmöglich zu machen.

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Die Tatsache, dass ein Korruptionsvorwurf gegen den Regierungschef und ein Streit um den Parlamentspräsidenten zu einer solch heftigen Explosion führt, verweist auf tieferliegende Konflikte. Die politischen Turbulenzen und Identitätskämpfe zwischen Säkularen, Religiösen und Populisten entstehen aus den Dysfunktionen eines auf Klientelismus und Patronage beruhenden Wirtschafts- und Politiksystems.

Zwar haben die wichtigsten Mitglieder des gestürzten Clans des Autokraten Ben Ali an Einfluss verloren. Die verbliebenen mächtigen Familien des tunesischen Establishments aber verfügen heute über noch mehr Machtressourcen als früher. Diese investierten sie in den vergangenen Jahren, um politische Akteure aller Couleur immer wieder dazu zu bewegen, sich zu „Einheitsregierungen“ zusammenzuschließen, zu Vielparteienkoalitionen, die über gewaltige parlamentarische Mehrheiten verfügten, aufgrund ihrer Heterogenität aber nahezu entscheidungsunfähig waren.

Quelle       :        TAZ          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben     —       Montage de diverses photos de Tunis (Tunisie) incluant les éléments suivants : Statue d’Ibn Khaldoun sur l’avenue Habib Bourguiba Pont Radès-La Goulette Planétarium de la Cité des sciences Minaret de la mosquée Zitouna Ruines de Carthage Avenue Habib Bourguiba Stade olympique de Radès Parc du Belvédère Siège de la municipalité Porte de France Allée d’un souk de la médina Théâtre municipal

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Unten       —     Hammamet-Sud (Tunisia): the beach

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Die Mafia in der Schweiz

Erstellt von Redaktion am 11. August 2020

Die Schweiz als Wohlfühloase der Mafia

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Quelle  :     INFOsperber CH.

Von Madeleine Rossi, swissinfo.ch / 10. Aug 2020 – 

Die ‚Ndrangheta hat auch in der Schweiz Wurzeln geschlagen. Die milden Strafen hierzulande sind wenig abschreckend.

Die Anti-Mafia-Operation «Imponimento», durchgeführt von schweizerischen und italienischen Sonderkommandos, hat die italienischen Mafia-Organisationen und ihre Präsenz in der Schweiz ins Rampenlicht gerückt. Insgesamt wurden 75 Personen verhaftet, eine davon im Kanton Aargau. Bereits 2016 wurden nach der Zerschlagung einer ‚Ndrangheta-Zelle im Kanton Thurgau drei von Italien gesuchte Männer im Wallis verhaftet.

In jüngerer Zeit hat die Schweizer Polizei zwei weitere Mitglieder der Mafia im Exil zu fassen gekriegt, den ersten im September 2019 bei Lugano und den zweiten Ende Juni im Kanton Bern. Zuletzt, am 21. Juli, wurde ein Mitglied der ‚Ndrangheta, die unter anderem für den Boss Rocco Anello in den Waffen- und Drogenhandel verwickelt war, in seinem Haus im Tessin verhaftet.

Diese Kadenz ist ein Indiz für die Präsenz mafiöser Gruppen in der Schweiz, aber auch ein guter Hinweis auf das Handeln des Bundes, der angesichts der organisierten Kriminalität offenbar die Samthandschuhe abgelegt hat. Sie widerspiegelt zudem die Bedeutung des italienisch-schweizerischen Austauschs auf Ebene Strafverfolgung.

Die Kenntnisse der italienischen Strafverfolger ermöglichen es uns, die «kriminelle» Bedeutung bestimmter Verhaltensweisen besser zu verstehen und Warnhinweise zu erkennen. Tatsächlich ist alles, was an mafiösen Aktivitäten in der Schweiz – oder allgemein im Ausland – geschieht, ableitbar aus dem Tun der Mafia in ihrer Heimat. Die gilt auch in Bezug auf Gewalt, Einschüchterung und auf die wirtschaftliche Mittel.

Zu wenig Ressourcen

Heute kann sich die Schweiz auf kompetente Ermittler und Analysten verlassen, aber es sind zu wenige und es fehlt an Ressourcen. Auf diese Schwäche hat erst kürzlich der ehemalige Polizist und Tessiner Nationalrat Giorgio Galusero hingewiesen. Er sagt, dass der Kampf gegen die Mafia vor allem durch Prävention, Überwachung und Informationen geführt wird.

Die Spezialeinheit der Tessiner Kantonspolizei, die neben anderen komplexen Aufgaben für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zuständig ist, verfügt aber nur über zwei Ermittler. Wie können diese gleichzeitig die Übersicht über das Territorium und die nachrichtendienstlichen Aktivitäten behalten und dazu die Ermittlungsarbeit bewältigen, zumal in einem Kanton, in dem die Dichte an Mafiagruppen hoch ist?

Herausfordernd dazu kommen die Strukturen der italienischen Mafia-Organisationen auf Schweizer Territorium, allen voran jene der ‚Ndrangheta, die seit langem in vielen Bereichen der Schweizer Wirtschaft und in allen Sprachregionen Fuss gefasst hat: Restaurants, Hotels, Baugewerbe. Tätig sind sie aber auch in Finanzberatungsfirmen und mittels Briefkastenfirmen, die sich etwa im Kanton Graubünden ausbreiten.

Die anderen italienischen Mafias, die Camorra, die Sacra Corona Unita und die Cosa Nostra, sind ebenfalls in der Schweiz präsent, jedoch in viel geringerem Ausmass als die mächtige kalabrische Organisation.

Wichtiger aber als die Zahl der Mafiosi, die auf Schweizer Territorium präsent sind, ist die Frage nach der sozialen und gesetzgeberischen Natur des Landes.

Soziale und juristische Defizite

Der soziale Aspekt ist von Bedeutung, weil es leicht ist, sich mit Diskretion an Orten niederzulassen, wo es kein Bewusstsein für das Phänomen gibt. Tatsächlich ist die Schweizer Bevölkerung im Allgemeinen wenig oder schlecht über das Thema informiert, ausser wenn eine gross angelegte Anti-Mafia-Operation stattfindet.

Gesetzgeberisch, weil Artikel 260ter des Schweizerischen Strafgesetzbuches nur von krimineller Organisation spricht, ohne spezifische Nennung der kriminellen Gruppe oder Bande. Der Hauptschwachpunkt dieser Bestimmung aber ist die Strafe: maximal fünf Jahre Gefängnis für ein mafiöses Vergehen. Es ist eine lächerliche Strafe, verglichen etwa mit der lebenslangen Haft, die in Italien riskiert wird.

Bereits im Januar 2014 hatte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats eine Initiative vorgelegt, die eine Revision dieses Artikels forderte. Sie war der Ansicht, dass «entgegen der ursprünglichen Absicht der Artikel in seiner jetzigen Fassung nicht ausreicht, um wirklich gefährliche Mafiaorganisationen erfolgreich zu verfolgen».

Die Rechtsprechung entwickelt sich

Bis heute ist das Gesetz trotz der Appelle vieler schweizerischer und italienischer Spezialisten noch nicht geändert worden. Vor allem italienische Experten werfen den anderen Ländern Europas vor, in Sachen Mafia eine gewisse juristische Laxheit an den Tag zu legen.

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In der Praxis hat sich die Situation in der Schweiz jedoch seit einem Urteil des Bundesstrafgerichts aus dem Jahr 2017 weiterentwickelt. Damals hatten die Richter die ‚Ndrangheta als kriminelle Organisation eingestuft.

Das Bundesgericht hat auch zweimal bestätigt, dass bestimmte Verhaltensweisen eindeutig als Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gewertet werden müssen. So etwas die Besetzung einer hierarchischen Position in der Organisation, die Herstellung von Kontakten und die Förderung von Treffen zwischen Mitgliedern, aber auch die Beteiligung an kriminellen Handlungen, die zu den Interessen und Zielen der Muttergesellschaft beitragen.

Auf der Grundlage dieser Auslegung sollte das Vorliegen einer konkreten Straftat nicht mehr, wie bisher, eine conditio sine qua non für eine Verurteilung sein.

Es bleibt aber noch einiges zu tun, bis die Schweiz von der Mafia nicht mehr als Oase der Ruhe wahrgenommen wird.

Dieser Beitrag ist zuerst auf swissinfo.ch erschienen. Swissinfo ist der internationale Service der SRG und erfüllt einen Informationsauftrag des Bundes fürs Ausland.

FREIE NUTZUNGSRECHTE

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Grafikquellen     :

Oben       —    satira sul processo La Svolta

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Unten      —       City limit sign of Solarino (SR), Italy

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Ruinen globaler Machtspiele

Erstellt von Redaktion am 11. August 2020

Einmischung aus dem Ausland hat viel dazu beigetragen.

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Von Simon Tisdall – Der Freitag

Während Beirut die Toten betrauert, zeigt sich einmal mehr, wie die gesamte Region ins Chaos gestürzt worden ist!

Die riesige Explosion, die einen Großteil der Beiruter Innenstadt zerstört hat, ist eine düstere Metapher für die Gefahren, die den gescheiterten Staaten im Nahen Osten drohen.

Seit Jahren gilt die Region als instabilste der Welt, als ein Pulverfass, das jeden Moment in die Luft gehen kann. Die schreckliche Tragödie der vergangenen Woche wirft die größere Frage auf, wie viele Schocks solche fragile, verletzliche Staaten verkraften können, bevor sie zerreißen, zusammenbrechen und auseinanderfliegen. Ist der ganze Nahe Osten dabei, zu explodieren?

Fast zehn Jahre, nachdem die Reformhoffnungen des Arabischen Frühlings in einem Sturm von Gewalt und Konterrevolution zerschlagen wurden, und zu einem Zeitpunkt, an dem die regionalen Spannungen erneut auf einen Höhepunkt zulaufen, steht möglicherweise ein Wendepunkt bevor.

Der Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am vergangenen Donnerstag und die globalen Hilfsangebote weisen darauf hin, dass die Welt der Region plötzlich wieder Aufmerksamkeit schenkt. Vielleicht führt das zu einem breiteren Anstoß für die fundamentalen Veränderungen, die viele im Libanon und seinen Nachbarländern so wütend fordern.

Schon lange ein gescheitereter Staat

In vielerlei Hinsicht befand sich die libanesische Republik, die 1943 mit dem Ende der französischen Mandatszeit gegründet wurde, bereits vor der Explosion in einer existenziellen Krise. Ein gescheiterter Staat ist laut Definition einer, der seine Bevölkerung nicht schützen, ernähren und in Arbeit bringen, seine Grenzen nicht schützen und seine Schulden nicht bezahlen kann. Auf den Libanon treffen alle diese Kriterien zu.

Die offizielle Fahrlässigkeit, die das Desaster am Dienstag vermutlich verursacht hat, ist ein typisches Ergebnis von Regierungssystemen, die von Parteigeist, Sektierertum, Korruption und fehlender demokratischer Verantwortlichkeit ausgehöhlt sind. Wieder lassen sich für die Regierung in Beirut in alle Kästchen ein Häkchen setzen. Und doch ist die Pest der Einmischung aus dem Ausland von all den Übeln vielleicht das schlimmste – und der Libanon ist ein Hauptopfer.

Der Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990 hinterließ ein Erbe der Teilung und territorialen Besatzung durch Israel und syrische Truppen. Zudem war der Libanon schlecht vorbereitet auf einen großen Zustrom von palästinensischen und syrischen Flüchtlingen. Sein ökonomisches Wohlergehen hängt vom Wohlwollen beziehungsweise dem Eigeninteresse von ausländischen Mächten ab. Dabei wählen die an der Macht beteiligten libanesischen Politiker eher konfessionell als professionell motiviert die Seite von Ländern wie den USA, Saudi-Arabien und dem Iran oder ihrem lokalen schiitischen Verbündeten, der Hisbollah.

Regelmäßig erlebt der Libanon kleinere Auseinandersetzungen zwischen den israelischen Streitkräften und islamistischen Milizen. Kein Wunder also, dass viele in Beirut anfangs annahmen, die Explosion am Dienstag sei von einem israelischen Luftangriff ausgelöst worden. 2017 wurde der sunnitische libanesische Premierminister Saad Hariri vom saudi-arabischen Regime entführt und zum Rücktritt gezwungen. Aktuell wird die libanesische Wirtschaft durch zwei Faktoren weiter geschwächt: auf Syrien zielende US-Sanktionen sowie die Verzögerung eines 20 Milliarden-US-Dollar-Rettungspakets des Internationalen Währungsfonds (IMF), das von einer ausländischen Agenda diktiert wird.

Streit im Vakuum

In den zehn Jahren nach dem Arabischen Frühling haben sich regionale Interventionen und die Beeinflussung durch verschiedene außenstehende Akteure verstärkt. Verrückterweise wurde dieser Prozess durch den schrittweisen Rückzug des größten Einmischers von allen verstärkt: Die USA haben ein Vakuum hinterlassen. Jetzt streiten sich andere darum, es zu füllen. Wenn der Libanon unter dem aktuellen Druck zerbricht oder in einem erneut ausbrechenden Bürgerkrieg verfällt, ist daran zu einem großen Teil Einmischung und Fäden-Ziehen aus dem Ausland schuld.

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Ein verstörend ähnliches Bild zeigt sich im Irak, wo der neue Premierminister Mustafa Al-Kadhimi damit kämpft, das Zwillingserbe von amerikanischer Militärintervention und regionalen Machtspielen zwischen dem Iran, der Türkei und den arabischen Golfstaaten abzuschütteln. Nach einer großen Protestwelle im vergangenen Jahr kündigte Kadhimi vorgezogene Neuwahlen an. Zahlreiche Iraker*innen waren, wie derzeit die Menschen im Libanon, auf die Straße gegangen und hatten eine grundlegende Veränderung des politischen Systems gefordert. Sektiererische Rivalitäten zwischen sunnitischen und schiitischen Parteien und mit ihnen verbundenen Milizen, Korruption und wirtschaftliche Not, im Falle Iraks verschärft durch sinkende Öl-Einkünfte und ausgebliebene Investitionen in Jobs und Infrastruktur, verstärken die Instabilität des Landes. Aber auch ausländische Staaten tragen ihren Teil bei.

Die vom Iran gestützte Kataib-Hisbollah-Miliz wird für jüngste Angriffe auf verbliebene, den IS bekämpfende US-Streitkräfte verantwortlich gemacht. Der Iran ist entschlossen, den beherrschenden Einfluss, den er während des Chaos’ in Folge der US-Invasion gewonnen hat, nicht wieder abzugeben.

Quelle       :        Der Freitag         >>>>>       weiterlesen

Simon Tisdall | The Guardian

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Grafikquellen      :

Oben       —       NASA’s ARIA team, in collaboration with the Earth Observatory of Singapore, used satellite data to map the extent of likely damage following a massive explosion in Beirut. Dark red pixels represent the most severe damage. Areas in orange are moderately damaged, and areas in yellow are likely to have sustained somewhat less damage. Each colored pixel represents an area of 30 meters (33 yards). The map contains modified Copernicus Sentinel data processed by ESA (European Space Agency) and analyzed by ARIA team scientists at NASA’s Jet Propulsion Laboratory, Caltech, and Earth Observatory of Singapore. Based in Pasadena, California, Caltech manages JPL for NASA.

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Unten        —            Zerstörungen in der City von Beirut nach der Explosionskatastophe 2020

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Umweltschutz in USA?

Erstellt von Redaktion am 11. August 2020

Trump versteht seine Umwelt nur auf Deutsch ?

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Nichts ist wichtiger wie eine Kanne Öl.

Quelle      :       Scharf  —  Links

Kommentar von Georg Korfmacher, München

Das Verhalten des aktuellen US-Präsidenten in Sachen Umwelt- und Klimaschutz ist weltweit hinlänglich bekannt und kritisiert. Für ihn ist Klimaschutz ein Klotz am Bein bei seiner „America First“ – Politik. Daher erst der Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen, dann die Abschaffung aller Klimaschutz-Programme in den USA, kassieren einer Verordnung für ein Verkaufsverbot von Glühbirnen und noch im Juni will er ein riesiges Meeresschutzgebiet für die Fischerei freigeben und damit seinem Vorgänger eins auswischen.

Jetzt plötzlich aber im Schlamassel der bevorstehenden Wahlen und seiner evidenten Erfolgs- und Hilflosigkeit sieht er eine großartige Chance, sein Image durch einen Akt aufzupolieren, den es – so vermutet er – seit Roosevelt nicht mehr gegeben hat. Es geht um den sog. Great American Outdoors Act (Großartiger Amerikanischer Freizeit-Akt) zur Förderung von Naturschutzprojekten, Erholungsgebieten und der Pflege von Nationalparks und ähnlicher öffentlicher Gelände, obwohl er eigentlich die Gelder für den Schutz von Nationalparks kürzen wollte.

Naturschutzparks sind im Westen nichts Neues und ihr Erhalt wird auch nicht infrage gestellt, weil sie jährlich zahllose Touristen anlocken und somit Geld ins Land bringen. Der großartige Akt am Dienstag dieser Woche stellt also keineswegs eine Kehrtwende in der Umweltpolitik des Präsidenten dar, sondern ist eher ein typisches Showbiz eines Erfolg heischenden aber jämmerlich versagenden Präsidenten. Und so beklagen Umweltschützer prompt, dass das mit dem großartigen Akt versprochene Geld nicht ausreicht, die anvisierten Outdoor-Objekte hinreichend zu finanzieren. Wer einmal im Yellowstone-Nationalpark und/oder im Rocky-Mountain-Nationalpark unterwegs war, kennt die überwältigende Schönheit dieser Landschaften und die Sorge der dort tätigen Ranger um deren immer wieder nötige Instandhaltung und Pflege.

Mit dem „Great American Outdoors Act“ will sich der aktuell 45. Präsident der USA offenbar nur in die Nähe des 26. Präsidenten der USA mogeln, um sich selbst mit dem Satz zu erhöhen: „Ich vermute, seit Teddy Roosevelt hat es so etwas nicht mehr gegeben“. Wie so oft ist seine Vermutung aber falsch. Es gibt zwar einen nach Roosevelt benannten Nationalpark und er war auch sonst im Gegensatz zum heutigen Präsidenten ein dezidierter Förderer der Natur, während der heutige z.B. in Schottland eine urtümliche Dünenlandschaft in einem Landschaftsschutzgebiet rücksichtslos in seinen privaten Golfplatz umgestaltete. Die heute in den USA bestehenden Nationalparks und Natur-Ressorts sind aber nicht ausschließlich das Werk von Roosevelt, und der Akt des heutigen Präsidenten ist ein Klacks im Vergleich zu dem, was vor ihm geleistet worden ist. Franzosen nennen das plastisch: péter plus haut que son cul (höher furzen als der eigene A…)

Das ist bei dem Immer-alles-besser-Wisser an sich nichts Neues, und nach diesem Großartigen Amerikanischen Freizeit-Akt kann man schon die Uhr stellen, wann die nächste große Tirade gegen Umwelt- und Klimaschutz abgezogen wird. Natürlich nur zur Förderung der “America First“-Politik, denn Umwelt- und Klimaschutz schaden doch der US-Wirtschaft.

Urheberrecht
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Grafikquelle      :      Plow throwing left

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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am 11. August 2020

Von Leuten aus Schwaben und Libanes-Innen,
die schon für ein bisschen Staat dankbar wären.

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Durch die Woche mit Stefan Schaaf

Im Libanon klagen die Menschen über den schwachen Staat. In Deutschland und den USA kann einigen der Kampf dagegen nicht schnell genug gehen.

Im Englischen gibt es die Redewendung – Winston Churchill soll sie über Stalins Russland gesagt haben –, etwas sei ein Rätsel, das in ein Geheimnis gehüllt ist, welches von einem Mysterium umgeben ist. Der Libanon ist seit dieser Woche ein Unglück, das von einer Katastrophe umhüllt ist, welche ganz tief im Schlamassel steckt. Da fliegt die halbe Hauptstadt in die Luft, während die dort Lebenden ohnehin schon nicht wissen, wie sie mit einer Pandemie, einer Wirtschaftskrise, einem Staatsversagen und einer Million Flüchtlinge aus dem vom Bürgerkrieg zerstörten Nachbarland Syrien fertig werden sollen.

Und das alles nur, weil ein alter Seelenverkäufer, der allenfalls für die Ostsee tauglich wäre, vor sieben Jahren mit einer Ladung hochgefährlicher Chemikalien vom Schwarzen Meer nach Mosambik schippern wollte, aber schon vor der libanesischen Küste außer Puste geriet und den Hafen von Beirut anlief.

Was dann geschah, liest sich wie das Drehbuch für einen billigen Agententhriller: Das Schiff hatte nicht die erforderlichen Papiere für seine Fahrt und wurde festgesetzt. Die Besatzung wurde vom Schiffseigner nicht weiter bezahlt, durfte aber lange nicht von Bord, weil dann niemand mehr für die Ladung verantwortlich gewesen wäre. Und der Eigner, ein russischer Geschäftsmann – was eindeutig eine beschönigende Beschreibung ist –, erklärte Insolvenz und antwortete nicht mehr auf Anfragen.

Er soll heute mit seiner Frau auf Zypern leben. Es ist nicht klar, ob das Foto einer sibirischen Zeitung, das ihn in Jeans und T-Shirt grinsend mit breiter Sonnenbrille auf einem fetten Motorrad zeigt, auf der Mittelmeerinsel entstanden ist. Wie ein Mensch mit schlechtem Gewissen sieht dieser Mann jedenfalls nicht aus.

Die Ladung jedenfalls wanderte vom Schiff in eine Lagerhalle am Kai des Beiruter Hafens und wurde dort neben einer größeren Menge Feuerwerkskörper aufgestapelt. Die Leute, die dann vor ein paar Tagen mit Schweißarbeiten an der Lagerhalle anfingen, wussten offenbar nicht, in welche Gefahr sie sich begaben.

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Beirut bezahlt den Preis. Auch wenn ich es selbst nie dorthin geschafft habe, erscheint mir die Stadt vertraut von so vielen Erzählungen von Kolleginnen und Kollegen, die in den vergangenen 40 Jahren dort tätig waren. Sie berichteten über die Jahre, in denen die PLO dort ihren Hauptsitz hatte, bis sie 1982 aus dem Libanon abziehen musste.

Richtig unter die Haut ging mir Beirut dann bei dem Massaker von Sabra und Schatila, als Milizen der christlichen Falangisten mehr als tausend Palästinenser:innen umbrachten. Ich weiß noch, wie mir der mit dem Libanon sehr vertraute taz-Sonderkorrespondent Reinhard Hesse seine Recherche per Telefon durchdiktierte. Es wurde eine Doppelseite, die genau rekonstruierte, wie der Hass der Falangisten in schiere Mordlust umgeschlagen war.

Quelle          :      TAZ          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben       —        Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 11.08.2020

Erstellt von Redaktion am 11. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Trump in Sicherheit gebracht ? Das kann eigentlich nur ein junges Partei-Greenhorn zu verantworten haben ! Wir sagen doch nicht umsonst: „Jeder soll die Suppe auslöffeln – welche er sich selber eingebrockt hat!“ Da kommt dann schon die Frage auf: „Was machen die Corona-Zwerge-Experten  demnächst, wenn sich die Spuren im weiten Nichts verlaufen haben und die Gelder vom Winde verweht wurden ?

Trump vor laufenden Kameras in Sicherheit gebracht

1.) Schüsse vor Weißem Haus

Dramatische Minuten im Weißen Haus. Wegen Schüssen vor seinem Amtssitz ist US-Präsident Donald Trump von Mitarbeitern des Secret Sercive in Sicherheit gebracht worden. Das ganze vor laufenden Kameras.Secret Service gab die Schüsse ab Recht schnell wurde bekannt, dass die Schüsse von einem Sicherheitsbeamten abgegeben wurden. Der Secret Service teilte dann in der Nacht zum Dienstag (11. August) mit, ein 51-jähriger Mann habe behauptet, eine Waffe zu haben, sei danach auf den Beamten zugerannt und habe mit einem Gegenstand in der Hand eine beim Schießen übliche Position eingenommen.

Express

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Kann sich überhaupt irgend jemand  vorstellen die Regierung von Schland würde wegen Unfähigkeit, Manipulationen, Hochstapelei oder eitler Selbstüberschätzung zurücktreten ? Kein Seehofer, Scheuer oder Alle mehr? Endlich ein Anlass die Banane aus der Flagge zu schneiden?

NACH EXPLOSIONSKATASTROPHE

2.) Regierung im Libanon tritt zurück

Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab hat nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut offiziell den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Das teilte Diab am Montagabend in einer Fernsehansprache mit. Die libanesische Regierung tritt nach der Explosionskatastrophe in Beirut vergangene Woche zurück. Das teilte Ministerpräsident Hassan Diab am Montag mit. Er erklärte ferner, man stehe geeint mit dem Volk im Ruf nach Gerechtigkeit für „dieses Verbrechen“. Die Regierung ist seit der Explosionskatastrophe von Beirut massiv unter Druck geraten, da viele Libanesen das Unglück als Beleg für das Versagen und die Korruption der politischen Führung sehen. Vor dem Rücktritt des gesamten Kabinetts hatte die Regierung bereits ein weiteres Mitglied verloren. Justizministerin Marie-Claude Najm erklärte am Montag ihren Rücktritt. Zuvor hatten bereits Informationsministerin Manal Abdel Samad und Umweltminister Kattar Demianos ihre Posten aufgegeben.

Welt

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Viele Köche verderben den Brei heißt es irgendwo . Nirgendwo  steht aber geschrieben wie ein Brei ohne Feuer gekocht werden kann

SPS sagt Wahlkampf 2021 ab

3.) Ende des linken Flügels

Der linke Flügel der SPD hat sich mit dem Ja zu Scholz selbst entmachtet. Mehr als eine sanfte Linkswende traut sich die Partei nicht zu. Dass Olaf Scholz SPD-Kanzlerkandidat wird, liegt politisch im Trend: Die Verwandlung der US-Demokraten und der britischen Labour Party in entschieden linkssozialdemokratische Parteien, die den Finanzkapitalismus nicht verwalten, sondern strikt reglementieren wollen, ist mit Corbyn und Sanders gescheitert. Die SPD-Basis, die in der Groko schlicht Atemnot bekam, hatte Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken an die Spitze gewählt. Das war der bundesdeutsche, moderate Weg nach links. Denn beide sind, anders als es viele mediale Zerrbilder suggerieren, keine Radikalen, sondern traditionelle SozialdemokratInnen. Und Realos, wie die Kür von Scholz nun zeigt. Esken und Walter-Borjans haben sich mit dem Ja zu Scholz selbst entmachtet. Ihre Interviewoffensive in den letzten Tagen für ein grün-rot-rotes Bündnis war kein donnerndes Aufbruchs-, sondern ein Abschiedssignal. An Scholz führte auch für diese Parteiführung nichts vorbei. Denn der linke Flügel hat personell nichts anzubieten – was einiges über dessen Zustand aussagt. Die SPD ist nun wieder im Normalmodus. Die Macht liegt von heute an bei Scholz.

TAZ

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Fridays for Future Houses ?

Pasing

4.) Tiny Houses in der Grauzone

Ganz am äußersten Zipfel einer alten Gleisinsel stehen zwei winzige Häuser. Mit ihrem Tiny-Pop-Up-Projekt wollen vier junge Leute die Aufmerksamkeit auf die ökologische Wohnformen im Miniformat lenken. Grund ist teuer in München. Mehr wohl als in jeder anderen deutschen Stadt scheint hier der Wohnraum geradezu hingemetert zu werden. Ein Maximum wird herausgeholt aus der Grundfläche, so entstehen Wohnregale – zum maximalen Preis, versteht sich. In Pasing lässt sich gerade besonders gut beobachten, wie Stadtentwicklung angesichts urbaner Dichte heute so läuft, aber auch, wie sie anders laufen könnte. Und das in kurioser, ungeahnter Nähe zueinander. Deshalb brauchten Besucher am Samstagabend schon eine detaillierte Wegbeschreibung, um sie zu finden: die beiden sogenannten Tiny Houses, die ein paar hundert Meter südlich eines riesigen Neubaugebietes im Pasinger Südosten entstanden sind. Ganz am äußersten Zipfel einer alten Gleisinsel. Für eine Podiumsdiskussion über alternative Wohnformen womöglich genau der passende Ort. Schon unterwegs dorthin also ein sehr sinnliches Erleben von Gegensätzen: Dort das nagelneue Quartier für dereinst an die 6000 Menschen, mit Innenhöfen, Schule, Kindergärten, Bürgerzentrum und einem großzügigen Park, in dem sich Landschaftsarchitekten sichtlich mit etwas mehr Experimentierfreude ausleben durften als anderswo. Von den Investoren gab es Geld für erstaunliche Spielgeräte, für einen reinen Basketball-Court und für schmucke Stadtmöbel längs der glatten Wege.

Sueddeutsche-Zeitung

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Wann und Wo hätte sich ein Wirtschafts-Laien-Quartett aus der Politik denn jemals Auseinander-Dividieren lassen`? Wäre es nicht das Ende aller Fehldeutungen ? Beispiel Merkel-Seehofer oder auch Scheuer und die Lobbyisten!

WIRECARD-SKANDAL

5.) Scholz hält an BaFin-Chef Hufeld fest

Für Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz wird Felix Hufeld zur heißen Kartoffel. Doch fallenlassen will er ihn (noch) nicht. Druck kommt aus dem Bundestag. Die vorgezogene Proklamation zum Kanzlerkandidaten der SPD bescherte Olaf Scholz am Montag wohltuende Glücksmomente. Doch die Probleme, mit denen sich der Bundesfinanzminister herumplagen muss, sind dadurch nicht geringer geworden. Am gefährlichsten könnte ihm, Stand jetzt, der Wirecard-Skandal werden, insbesondere warum die ihm unterstellte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Bilanztricksereien nicht erkannt hat und welche Rolle das Ministerium selbst dabei gespielt hat. Die Schlüsselperson bei der Aufarbeitung des behördlichen Versagens ist derzeit BaFin-Chef Felix Hufeld. Trotz dessen widersprüchlichen Aussagen vor dem Bundestag – manche Abgeordnete sprechen von Lügen – will Scholz aber an seinem Behördenchef festhalten. „Es gab keine Gespräche dieser Art vonseiten der Bundesregierung“, erklärte Scholz‘ Staatssekretärin Sarah Ryglewski auf die Frage, ob es in letzter Zeit Gespräche zur Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses von Hufeld gegeben habe. Gerüchte dazu kursieren im Bundesfinanzministerium, und die Frage stellte der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand (FDP).

WirtschaftsWoche

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Wäre ähnliches in Schland unmöglich gewesen?  Vielleicht hätte als Grund die Verbreitung von Verschwörungen aus der chinesischen Mafia schon ausgereicht ?

Festnahmen von Jimmy Lai und Agnes Chow

6.) Ein Anschlag auf das freie Wort in Hongkong

Was die Festnahmen des Verlegers Jimmy Lai und der Aktivistin Agnes Chow für Hongkong und seine Demokratiebewegung bedeuten. ie kamen am Vormittag, mehr als 200 Polizeibeamte, und was sie in dem Hongkonger Gebäude machten, ist ungewöhnlich gut dokumentiert. Denn die Beamten durchsuchten die Büros der Firma Next Digital, zu der auch die Redaktion der regierungskritischen Zeitung „Apple Daily“ gehört. ie Redakteure schossen Fotos und berichteten auf Social-Media über die Polizeiaktion, einer streamte den Beginn der stundenlangen Durchsuchung der Redaktionsräume live ins Internet, obwohl ihn ein Beamter aufforderte, damit aufzuhören. Als der festgenommene Medienmogul und Aktivist Jimmy Lai aus den Büroräumen herausgeführt wurde, versuchte der Journalist ein kurzes Interview mit ihm zu führen. Es war der bisher größte Schlag gegen die Demokratiebewegung in Hongkong. Neben Jimmy Lai wurden auch zwei seiner Söhne und sechs weitere Personen abgeführt. Am Nachmittag nahm die Polizei auch noch die Demokratieaktivistin Agnes Chow fest. Sie alle wurden wegen des Verdachts auf Verstöße gegen das neue Sicherheitsgesetz festgenommen.

Tagesspiegel

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7.) Wenig bekannte Fakten über den Mars

Der Mars ist der vierte Schokoriegel unseres Sonnensystems.
Obwohl der rote Planet seit den Zeiten von Karl Mars kommunistisch regiert wird, herrscht dort immer noch die freie Marswirtschaft.
Marsianer lieben Wortspiele selbst dann, wenn sie außerirdisch schlecht sind.
Die Hauptstadt des Mars ist Marseille, die Nationalhymne der Radetzky-Mars.
Marsianer sind überzeugt davon, dass die Erde von kleinen grünen Männchen bewohnt wird; so attraktiv wie Robert Habeck stellen sie sie sich aber nicht vor.
Das Lieblingsspiel marsianischer Kinder wird leider nur alle paar Jahre gespielt; Ziel ist die möglichst rasche, unbemerkte Zerstörung von Erkundungsfahrzeugen der NASA.
Die beiden Monde des Planeten heißen Phobos und Deimos, werden im Marsmund aber nur „Uschi und Franz“ genannt.
Auf einen Marswitz mit ’nem Toilettensymbol kommen Sie auch selbst!

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Streit um Corona-Politik

Erstellt von Redaktion am 10. August 2020

Astronomische Fehlrechnungen

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Ein Abacus aus den RKI ? – oder Spahns Zählwerk ?

Von Dr. med. Angela Spelsberg und Dr. med. Ulrich Keil

Die Politik hat sich bei den Maßnahmen gegen Corona auf den Rat von zu wenigen Fachleuten gestützt. Nötig ist ein breit aufgestelltes Expertengremium.

Große Teile der Bevölkerung in Deutschland stehen laut Umfragen hinter den Coronamaßnahmen der Regierung. Sie vertrauen den Aussagen, dass drastische Maßnahmen wie die Schließung von Kitas, Schulen und Universitäten oder das zeitweilige Schließen von Geschäften und Gastronomie die Coronapandemie eindämmen und eine sogenannte zweite Welle verhindern können.

Von der Mehrheit der Medien und großen Teilen der Bevölkerung wird die Tatsache, dass in Deutschland „nur“ knapp über 9.200 Covid-19-Todesfälle zu beklagen sind, den Lockdownmaßnahmen der Regierung zugutegehalten. Andere Erklärungen, etwa dass nicht allein ein Virus, sondern auch Faktoren wie die Kapazität und Qualität von Gesundheitssystemen und die sozioökonomischen Bedingungen einer Gesellschaft den Verlauf einer Pandemie bestimmen, werden hingegen kaum diskutiert.

Aus unserer Sicht haben sich Politik und öffentliche Meinung selten so sehr auf den Rat von nur wenigen Fachleuten gestützt wie jetzt in der Coronakrise. Und es stellt sich die Frage, ob die Expertengremien genügend interdisziplinär und ausgewogen zusammengesetzt sind, um die Politik in dieser Krise mit Gelassenheit und Augenmaß und ohne Interessenkonflikte beraten zu können.

Es geht ja nicht nur um die Beurteilung der Gefährlichkeit der Pandemie, sondern auch um die Abschätzung des tatsächlichen Nutzens der Maßnahmen für die Eindämmung der Pandemie; und nicht zuletzt geht es auch um die Beurteilung der durch die Maßnahmen möglicherweise verursachten Kollateralschäden – nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für Gesellschaft, Demokratie, Kultur, Bildung und Wirtschaft.

Bis heute sind im Wesentlichen nur zwei Fachrichtungen, Virologen und mathematische Modellierer, in den Medien und von der Politik gehört worden. Die anfänglichen Modellrechnungen insbesondere der Wissenschaftler des Imperial College in London waren maßgeblich für die politischen Entscheidungen zum Lockdown verantwortlich. Sie ergaben, dass es weltweit 40 Millionen Covid-19-Tote geben würde; für Deutschland wurden 1,1 Millionen Intensivpatienten prognostiziert.

Corona so tödlich wie eine normale Grippe?

Viele nun vorliegende Studien zeigen aber, dass die Infection Fatality Rate (IFR), der Anteil der Todesfälle an allen Corona-Infektionen, in einem Bereich von 0,1 bis 0,3 Prozent liegt, also dem einer normalen Grippe. In diesen Studien wurden repräsentative Zufallsstichproben von Bevölkerungsgruppen untersucht und die Infizierten durch serologische Antikörpertests identifiziert. Dabei stellte sich heraus, dass die Zahl der mit Sars-CoV-2 Infizierten viel größer ist als die der positiv getesteten Menschen mit Symptomen. Wenn die Covid-19-Todesfälle auf diesen größeren Nenner bezogen werden, errechnen sich deutlich geringere IFR-Zahlen als vom Robert-Koch-Institut (RKI) und der WHO angegeben. Mittlerweile haben wir verlässlichere Daten darüber, dass die Coronapandemie nicht so gefährlich ist wie ursprünglich angenommen.

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Die Regierung gehört auf das Narrenschiff ?

Die von der Politik als Entscheidungsgrundlage übernommenen Hochrechnungen gingen von der Grundannahme einiger Virologen aus, dass das Virus vollkommen neu sei und sich jeder, ungeachtet anderer Faktoren, infizieren könne, dass es also weltweit keine Immunität gegen das neue Virus gebe. Dem ist aber nicht so. Das Immunsystem vieler Menschen ist offenbar durch frühere Kontakte mit Viren aus der Coronagruppe mit deren und ähnlichen Antigenen vertraut – so bei der saisonalen Grippe, die ja durch einen Virencocktail, dem häufig auch Coronaviren angehören, hervorgerufen wird –, weshalb viele Menschen offenbar eine Immunität oder Teilimmunität gegen Sars-CoV-2 aufweisen. Eine Teilimmunität gegen Sars-CoV-2 erklärt auch die langen Inkubationszeiten – und warum sich nur vergleichsweise wenige Menschen infizieren, viele nicht sehr schwer erkranken oder ganz symptomlos bleiben.

Quelle         :        TAZ         >>>>>      weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —        100-bit machine with mouse

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Apple, Google & Co. :

Erstellt von Redaktion am 10. August 2020

Kommerz im Klassenzimmer

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Der Corona-Lockdown hat die Bildungskluft hierzulande deutlich offengelegt – nicht zuletzt wegen der fehlenden digitalen Ausstattung in den Schulen, kritisierte »Blätter«-Redakteurin Annett Mängel in der Juni-Ausgabe. Diese Kluft lasse sich jedoch nicht allein mit Tablets und Apps schließen, mahnen die Bildungsforscher Tim Engartner und Lisa-Marie Schröder.

Wenn nach den Sommerferien die Schule wieder losgeht, hoffen viele auf einen Schulalltag wie vor Corona-Zeiten. Doch noch immer ist Vorsicht geboten: Denn es ist weiterhin unklar, wie sehr Kinder und Jugendliche vor allem durch symptomlose Infizierungen zur Verbreitung des Coronavirus beitragen und wie sich das Infektionsgeschehen im Sommer entwickeln wird. Deshalb ist auch für das kommende Schuljahr nicht ausgeschlossen, dass es nur gelegentlichen Präsenzunterricht geben wird.

Damit aber wird der Druck auf die Schulen und vor allem die Lehrerinnen und Lehrer weiter steigen, verstärkt auch digitale Lernangebote zu machen. Doch das ist schneller gefordert als flächendeckend umgesetzt. Und zwar aus mehreren Gründen: Erstens ist auch trotz des Bundesprogramms „DigitalPakt Schule“ die technische Ausstattung vielerorts unzureichend, ganz zu schweigen davon, dass es den Schulen an technisch versiertem Personal zur Unterhaltung der notwendigen digitalen Infrastruktur fehlt. Zweitens fehlen vielen Schulen noch immer elaborierte medienpädagogische Konzepte und drittens mangelt es derzeit noch an entsprechenden Weiterbildungsangeboten für Lehrkräfte. Selbst Lehramtsstudierende lernen kaum, wie man digitale Medien sinnvoll und pädagogisch wertvoll einsetzen kann. Die Lehrerinnen und Lehrer wurden durch die coronabedingten Schulschließungen vielerorts ins kalte Wasser geworfen – und improvisieren mit Chatanbietern, Padlet-Angeboten oder regem E-Mail-Verkehr. Wie gerufen dürften da vielen die Angebote von Apple, Google & Co. kommen, die sich mit immer größerem Nachdruck darum bemühen, an den Schulen Fuß zu fassen. Mangels einer bildungspolitisch durchdachten Strategie rennen sie dabei offene Türen ein, ohne dass auf mögliche Nebenwirkungen geachtet würde.

„Seit 40 Jahren unterstützt Apple Lehrerinnen und Lehrer dabei, das kreative Potential jedes einzelnen Schülers freizusetzen. Heute tun wir das auf mehr Arten als je zuvor. […] auch mit Werkzeugen, Inspirationen und Programmen, die Lehrkräften dabei helfen, geradezu magische Lernerlebnisse zu schaffen.“[1] Mit diesen Worten wirbt der Digitalkonzern für die Schule der Zukunft. Unter dem Stichwort „Education Pricing“ bietet Apple nicht nur Studierenden, sondern auch Lehrkräften und Schülern Hardware zu „Bildungspreisen“ an. Selbstverständlich nicht uneigennützig: Kinder sollen vielmehr möglichst früh an Apple herangeführt werden, so dass sie später die aus der Schule vertrauten Produkte kaufen. Besondere Popularität genießt die „Classroom App“, die es Lernenden ermöglicht, Aufgaben in Einzel- oder Gruppenarbeit über entsprechende Apple-Endgeräte zu bearbeiten, während die Lehrkraft den Arbeitsfortschritt beobachten kann. Doch welche Informationen ziehen Konzerne wie Apple aus den Daten der Lernenden? Dass Apple mit Nutzerdaten nach hiesigem Datenschutzverständnis eher nachlässig umgeht, zeigt die „Entdeckungsreise mit Apple“.[2] Dabei hatte sich der Konzern das Recht vorbehalten, Fotos und Videomitschnitte der Lernenden für unternehmerische Zwecke zu verwerten. Und selbst wenn Apple nach einer Abmahnung durch den Verbraucherzentrale Bundesverband nun die Zustimmung der Eltern minderjähriger Schüler benötigt, dürfte das Unternehmen auch künftig Wege finden, den hiesigen Datenschutz zu unterlaufen.

»Die Schule wird als werbefreier Erfahrungs-, Schutz- und Sozialisationsraum zunehmend gefährdet.«

Auch Google drängt ins Klassenzimmer. Nahezu jeder zweite Lernende hierzulande schaut Videos auf YouTube, das weltweit mehr als 500 Mio. aktive User zählt. Erstaunliche 86 Prozent von ihnen nutzen es für schulisches Lernen.[3] Doch die Videoplattform schaltet vor immer mehr Clips einen Werbespot, so dass die Schule als werbefreier Erfahrungs-, Schutz- und Sozialisationsraum zunehmend gefährdet wird. In der „Google Zukunftswerkstatt“ wiederum werden neben Schulungen für Lehrkräfte auch Unterrichtsmaterialien angeboten. Letztere können unter anderem in Verbindung mit virtuellen Klassenreisen, sogenannten Google Expeditions, in den unteren Jahrgangsstufen genutzt werden. Die Plattform „Google for Education“ wurde sogar explizit eingerichtet, damit begeisterte Lehrende und Lernende ihre Bildungseinrichtung von einer Kooperation mit dem Konzern überzeugen. Auch mit dem Programm „Google Classroom“ zielt das kalifornische Unternehmen auf die Gestaltung virtueller Lernumgebungen im Sinne des Product Placements. Nicht ohne Grund bietet Google die Onlinekurse, die Trainings vor Ort, die virtuellen Klassenreisen sowie die Workshops für Lehrkräfte inklusive Materialien unentgeltlich an.

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Es kann nicht überraschen, wenn auf die Digitalisierung der Lebenswelten nun demnächst die Digitalisierung der Bildungswelten folgen wird. Doch was bedeutet es für die Lehrkraft, sich auf per App gesteuerte Lehr- und Lerntools zu stützen? Welche Folgen zeitigt es bei Lernenden, wenn sie den Werbeeinflüssen der Unternehmen und deren Unterrichtsmaterialien ausgesetzt sind? Diese Fragen sind bislang nur unzureichend beantwortet. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass sowohl in den Schul-, Kultus- und Bildungsministerien als auch in den Schulämtern das Bewusstsein dafür fehlt, dass der 5,5 Mrd. Euro schwere „DigitalPakt Schule“ auch das Ergebnis einer langjährigen Kampagne der führenden Hard- und Softwarehersteller ist. Dabei sind sich nicht nur Medienpädagogen einig, dass digitale Bildungsformate nur dann erfolgreich sein können, wenn die technische Aufrüstung der Schulen von pädagogischen Konzepten für digitalisierte Lehr- und Lerninhalte begleitet wird. Bleiben Fort- und Weiterbildungen aus, drohen Lehrkräfte und Schüler von der Digitalisierung überrannt zu werden.

»Apple, Google & Co. versprechen sich vor allem eines: Einfluss auf das Konsumverhalten der Lernenden zu nehmen.«

Denn wenn Apple, Google & Co. Schulen ihre Hard- und Software ermäßigt anbieten und damit werben, Lehrende und Lernende mit diesen vertraut zu machen, versprechen sie sich davon vor allem eines: Einfluss auf das Konsumverhalten der Lernenden zu nehmen. Wie weit die unternehmerische Einflussnahme bereits gediehen ist, zeigt exemplarisch der aktuelle Fortbildungskatalog der Bezirksregierung Köln, der unter anderem externes Unterrichtsmaterial des Softwareherstellers SAP bewirbt: „In einer Fortbildung lernt man den Calliope mini kennen […] und bekommt einen Überblick über verschiedene (kostenlose) Unterrichtsmaterialien.“[4] Für das Schulprojekt „Calliope“ macht sich auch die Professorin Gesche Joost stark, die zwischen 2014 und 2018 als „Internetbotschafterin der Bundesregierung“ fungierte. Sie erhielt vom Bundeswirtschaftsministerium jährlich 50 000 Euro für ihre Dienste. Obwohl sie laut Vertrag keine Aufgaben übernehmen durfte, die ihre Unabhängigkeit gefährden, zog sie 2015 in den Aufsichtsrat von SAP ein, das mit Calliope betraut ist – gegen eine Vergütung von „zuletzt fast 200 000 Euro im Jahr“.[5] Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum mehr, wenn sich Joost auf der Calliope-Webseite dafür ausspricht, „dass digitale Bildung ab der Grundschule als fester Baustein im Curriculum verankert und von den Ländern angemessen budgetiert“ werden soll.[6]

Das Beispiel illustriert, wie stark die unternehmerischen Initiativen von der Politik unterstützt werden. So lässt sich auch die rheinland-pfälzische Schulministerin Stefanie Hubig (SPD) mit Blick auf die Aktivitäten der – von 141 Unternehmen, Stiftungen und Hochschuleinrichtungen getragenen – Initiative „Wissensfabrik. Unternehmen für Deutschland“ in deren jüngstem Jahresbericht wie folgt zitieren: „Bildung in der digitalen Welt ist für uns ein zentrales Handlungsfeld. Wir bilden und erziehen zur digitalen Mündigkeit – und das setzt ein Verständnis der technologischen Hintergründe voraus. Das Wissensfabrik-Projekt ,IT2School‘ ergänzt unsere vielfältigen Maßnahmen an den Schulen dabei hervorragend.“[7]

Quelle       :       Blätter           >>>>>          weiterlesen

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Grafikquelle     :

Oben       —       Aulas Virtuales para la Enseñanza (AVE) ejecutado en el 2001, es un espacio externo con 10 computadores, utilizados para la integración TIC en las áreas curriculares por igual cantidad de alumnos. Desde sus inicios este espacio ha servido para la capacitación básica de los docentes en el uso del computador y otros recursos informáticos.

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Unten      —        Clase de informática de alumnos de 4º de Primaria.

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Frankfurt/M.-AWO-Skandal

Erstellt von Redaktion am 10. August 2020

Summer in the City

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Schon wieder oder immer noch Fasnacht in Hesse ?

Eine Kolumne von Thomas Fischer

Ein Ministerium teilt einem anderen mit, gegen einen Bediensteten bestehe kein Verdacht. Der Betroffene freut sich – zu früh, hofft die fachkundige Presse.

Sommerlich

Am 5. August habe ich bei DLF eine Rundfunk-Kolumne gehört, die sich mit dem Phänomen des sogenannten Sommerlochs befasste, und zwar unter dem Blickwinkel des Verschwindens desselben. Die Kolumnistin äußerte – ganz easy, versteht sich, und mit vorgetäuscht sicherem Abstand – Traurigkeit darüber, dass es dank der Modernität der modernen Medienwelt und des Universums als solchem so gar kein Sommerloch mehr gebe;  es ging um die Sehnsucht danach, Nachrichten über den plötzlichen und unerwarteten Tod eines Kätzchens in Neuendettelsau oder über einen Papageienrettungseinsatz der Feuerwehr von Bad Tölz zu lesen.  Ein bisschen Heimat im Nichts, ein wenig Vertrauen auf das Weiterleben der Hefeplunderstückchen, eine sanfte Hoffnung auf Blackbirds singing in the dead of night.

Da trifft es sich gut, dass diese Kolumne etwas Ähnliches will, zumindest aber eine aufrichtige Bewunderung für die Authentizität des echten Gefühls empfindet. „Nach all den Aufregungen der letzten Monate haben wir uns Ferien verdient“, formulierte es kürzlich ein anderer Rundfunkredakteur in schönem Durchhaltewillen. Dagegen kann man nichts sagen! Wir schauen uns also ganz entspannt um und suchen uns ein Thema, das keines ist, aber gerade deshalb ins System drängt, und das ein nicht vorhandenes Sommerloch anfüllt mit einer Exemplifizierung der real existierenden Reflexion über das pure Nichts. Das klingt massiv nach Luhmann und kann daher gar nicht falsch sein, sondern höchstens autopoietisch. Warten wir’s ab!

Vertraulich

Die Frankfurter Neue Presse (FNP) ist einer großen Sache auf der Spur. Es hat nämlich, so lasen wir am 5. August, der Oberbürgermeister der sogenannten Mainmetropole, Herr Feldmann, der interessierten Öffentlichkeit ein Schreiben zur Verfügung gestellt, in welchem das Hessische Justizministerium dem Innenministerium daselbst auf dessen Anfrage mitteilt, dass gegen Herrn Feldmann der Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit einer angeblich rechtswidrigen Eingruppierung seiner als Kitaleiterin tätigen Ehefrau nicht bestehe. Überhaupt, ergänzen andere Rechercheure, wird von der Staatsanwaltschaft gegen das Ehepaar Feldmann nicht ermittelt, was die Pressemedien der Metropolregion zwischen Nidda, Kelster und Riedgraben schon seit einem Jahr fortgesetzt irritiert.

Wenn man als durchschnittlich sensibler und mittelmäßig Panik-anfälliger Bürger sich einmal probeweise vorstellt (Achtung: Empathie!), wie es sich anfühlt (dito!), wenn man in der Presse monatelang als „mutmaßlicher“ Korruptions-Skandalist vorgeführt wird, könnte man auf die Idee kommen, die triumphierende Veröffentlichung eines dergestalt entlastenden Schreibens sei menschlich nahe liegend. Das gilt selbst dann, wenn man schon souveräner agierende Oberbürgermeister von Metropolen gesehen hat – wir denken hier kurz an Hamburg und Hannover, Köln und Duisburg, Berlin und Chemnitz.

Es ist nun aber so, dass ein Schreiben des Inhalts, gegen einen Politiker oder sonst skandalmäßig interessanten Menschen bestehe nach dem Stand der Erkenntnis kein Verdacht einer Straftat und daher auch kein Anhaltspunkt dafür, gegen ihn zu ermitteln (siehe § 160 Abs. 1 StPO), pressemäßig eine echte Enttäuschung ist. Das wiederum ist kein Naturgesetz der Kommunikation, eher ein Eigengesetz der Kommunikationskultur. Mag sein, dass das beliebte „bad news are good news“-Philosophenwort mitschwingt, einer der nebenwirkungsfreien Weihrauchglobuli der Branche. Konkret einflussreicher dürfte im vorliegenden Fall aber die beinahe ebenso tiefe Erkenntnis sein, es müsse, wo ein Rauch ist, auch ein Feuer sich finden lassen. Das ist allerdings eine Theorie, die von Rauchmeldern  ersonnen wurde. Damit sind wir wieder bei der FNP, welche die oben genannte Nachricht nicht, wie es vielleicht der Methode des Boulevards entsprochen hätte, unter der Schlagzeile „Feldmann unschuldig!“ oder zumindest „Feldmann doch nicht schuldig?“ gebracht hat, sondern unter „Feldmann macht vertrauliches Dokument öffentlich“ (5.8.). Interessant! Gespannt lesen wir weiter:

AWO-Skandal in Frankfurt: Oberbürgermeister Feldmann hat ein vertrauliches Schriftstück veröffentlicht. Das Schreiben des Hessischen Justizministeriums betrifft Ermittlungen gegen den OB und seine Frau.

So erzeugt man, so lernten wir es in Klasse 7 beim Thema Erlebnisaufsatz, beim Leser die notwendige Spannung: Das Wichtigste erst mal aufheben; langsam anrollen lassen. Oder? Merkwürdig, dass auch der zweite Absatz dahingeht, ohne dass wir erfahren, was denn drinsteht im Schriftstück. Stattdessen, dass es das Datum „9. Juli“ trage und am 3. August „vom Büro des OB an Frankfurter Medien verteilt“ worden sei. Aufregend!

Dann die Hauptsache: „Es trägt den Vermerk ‚vertrauliche Personalsache‘.“ Ja Wahnsinn! Geheimdienst, Spionage, Staatsschutz, GSG9! Generalbundesanwalt! OB in Handschellen: Hier versteckt er (61) sich hinter einem Aktendeckel! – Nein, bleiben Sie ruhig! So weit sind wir noch nicht. Wer versuchen vorerst mal herauszukriegen, was eine „Vertrauliche Personalsache“ ist. Eine Personalsache ist eine Sache, die das Personal betrifft. Eine Sache ist in diesem Zusammenhang nicht rechtstechnisch (körperlicher Gegenstand), sondern metaphorisch zu verstehen; Angelegenheit. Also: Personalangelegenheit. Damit haben wir schon mal herausgefunden, dass zwar das „Schriftstück“ eine Sache ist, aber an und für sich keine „Personalsache“, sondern ein Blatt Papier. Dasselbe gilt übrigens für den Briefumschlag und die auf ihm befindliche, hoffentlich abgestempelte Briefmarke. Der Stempel wiederum (Entwertungsstempel der Post AG) besteht zwar aus Sachen (Farbpigmenten), kann hier aber in seiner Haupteigenschaft als Urkunde vorgestellt werden: Verkörperte Gedankenerklärung, die einen Aussteller erkennen lässt, eine außerhalb ihrer selbst liegende Tatsache zumindest für Eingeweihte verständlich erklärt sowie geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. So lernen das Studenten in der Strafrechtsvorlesung. Keine Sorge: Das ist beim Poststempel ganz einfach. Wenn schon der „Strich auf dem Bierdeckel“ seit 200 Jahren als Urkunde durchgeht, tut es der Post-Datumsstempel mit Werbebanner allemal.

Wir haben somit herausgefunden, dass die Personalsache auf einem Stück Papier (Brief, Schriftstück) gedanklich behandelt wurde (Urkunde), das in einem gefalteten Briefumschlag (Sache) lag, dem ein Postwertzeichen (Wertzeichen, § 148 StGB) angeheftet war, welches mit einem Stempel (Urkunde, § 267 StGB) so überschrieben war, dass sich eine „Gesamturkunde“ ergab. Klingt etwas überdreht, ist aber sehr wichtig, wenn man die Anfängerübung im Strafrecht bestehen will.

Was ist mit „vertraulich“? Die genannten Sachen sind alle nicht vertraulich, oder? Kann ja auch gar nicht sein: „Vertraulichkeit“, d.h. eine Art Geheimhaltung, ist ein kommunikatives Etwas; auf Personen und Sachen schwer anwendbar, selbst wenn man „Heinzelmännchen von Köln“ oder „Geldkoffer Caymans“ assoziiert, also irgendwas im Umfeld von Ali Babas Höhle. „Vertraulich“ sind gedankliche Inhalte. Vertraulich bedeutet nicht, dass sie geheim sind, sondern dass sie geheim sein, werden oder bleiben sollen. Was ist „geheim“? Nicht jedermann bekannt, nicht für jedermann zugänglich. Etwas enger: Nur Berechtigten, Eingeweihten, Ausgewählten, Bestimmten bekannt. Nachts im Wald ein Loch zu graben und hineinzuflüstern: „Ich bin ein wunderbarer Mensch. Das ist aber vertraulich“, hat sozial wenig Sinn und allenfalls autosuggestive Heilwirkung. Anders ist es, wenn man den Satz auf ein Stück Papier schreibt, in einem verschlossenen Umschlag verbirgt und diesen einem Notar zur Aufbewahrung übergibt, auf dass dieser ihn nach dem Ableben des Schreibers öffentlich verlese. Das wäre ein klarer Fall der „Vertraulichkeit“.

Quelle       :         Spiegel-online        >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben         —       Peter Feldmann bei seiner Begrüßungsrede zur Verleihung des Ludwig-Börne-Preises an Souad Mekhennet, am 27. Mai 2018 in der Frankfurter Paulskirche.

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Unten          —       Thomas Fischer auf der re:publica 2016

Ot – Eigenes Werk

Thomas Fischer (Jurist)

CC-BY-SA 4.0
File:Thomas Fischer-Jurist-rebuliva16.JPG
Erstellt: 4. Mai 2016.

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Kommune selbst verwalten

Erstellt von Redaktion am 10. August 2020

Selbstermächtigung der Menschen auf kommunaler Ebene

File:Red Umbrella (18784873033).jpg

Quelle      :        Scharf  —   Links

Von Werner Szybalski

Die kommunale Wähler*innen-Vereinigung „Münster ist bunt!“ entstand auch, um den Menschen – zunächst in Münster und später auch darüber hinaus – die Verantwortung für ihr Leben ein Stück weit in ihre eigenen Hände zu legen. Logisch war deshalb der Zusammenschluss mit der „Internationalen Liste“ von Dr. Georgios Tsakalidis zur „Münster Liste – bunt und international“. Dies insbesondere auch, weil die kleine Gruppe um Georgios Tsakalidis als Liste „Gemeinsam“ bei der zeitgleich mit der Kommunalwahl am 13. September durchgeführten Wahl zum „Integrationsrat der Stadt Münster“ antritt. Der Schritt vieler Mitglieder der Liste „Gemeinsam“ auch bei den Bunten und Internationalen anzutreten, ist der Versuch von Menschen mit Migrationsvorgeschichte sich in Münster selbst zu ermächtigen, um am politisch-gesellschaftlichen Leben Teil haben zu können. So sind neben Dr. Georgios Tsakalidis (OB- und Spitzenkandidat der bunten und internationalen Ratsliste) auch Mónika Hemesath (Platz vier der Ratsliste) und Pavel Volodarsky (Platz neun der Ratsliste und Spitzenkandidat für die Bezirksvertretung Münster-Nord) sowie die bei der Kommunalwahl nicht wahlberechtigte Russin Larisa Volodarskaya im Bündnis „Münster Liste – bunt und international“ aktiv.

Selbstermächtigung ist Kern des Konzeptes „Kommune selbst verwaltet“

Die Selbstermächtigung der Münsteraner*innen zur eigenverantwortlichen solidarischen Verwaltung kommunaler Aufgaben ist der Kern des Konzeptes „Kommune selbst verwalten“. Durch Kommunalwahlen, die in der Regel alle fünf Jahre in Münster durchgeführt werden, geben die rund 315.000 Münsteraner*innen einen Auftrag an die Parteien, für sie in der Zeit bis zur nächsten Wahl ihre Interessen kommunalpolitisch zu vertreten. Am 13. September treten in Münster elf Parteien und eine lokale Wähler*innen-Vereinigung, die „Münster Liste – bunt und international“, an. Während die Parteien allesamt überregional aktiv sind, was sich insbesondere im Wahlkampf durch die kostenintensive Materialschlacht von SPD, Grünen, CDU, FDP, Linken und selbst der kleinen ÖDP und Volt bemerkbar macht, ist nur die „Münster Liste – bunt und international“ nahezu ausschließlich auf ihre Stadt und die lokale Politik ausgerichtet. Die staatliche Parteienfinanzierung greift allerdings massiv in den Kommunalwahlkampf ein, was es der Münster Liste schwer macht, ihre innovativen Ideen und Konzepte den Menschen in Münster bekannt zu machen. Hinzu kam die staatliche Hürde der Sammlung von Unterstützer*innen-Unterschriften, was in Corona-Zeiten trotz Reduzierung auf 60 Prozent der notwendigen Unterschriften ein gewaltiger, aber bewältigter Kraftakt war.

Kommunale Selbstverwaltung wird vorgegaukelt

Die kommunalen Angelegenheiten werden nicht wie durch die „Kommunale Selbstverwaltung“ vorgegaukelt von den Menschen in Münster organisiert oder verwaltet, sondern von der riesigen Stadtverwaltung, die selbst die Agenda der örtlichen im Bundes-, Landtag oder Europaparlament vertretenden Parteien dominiert. Wir, die „Münster Liste – bunt und international“, möchten diese Fremdbestimmung der Menschen und auch der „großen“ Lokalparteien durchbrechen. Dies mit dem Konzept „Kommune selbst verwaltet“. Es entzieht die Aufgabenfelder und deren Verwaltung der (Partei-)Politik und Zentralverwaltung und überträgt diese den in den jeweiligen Bereichen selbst organisierten Einwohner*innen.

Leicht verständlich kann das Konzept „Kommune selbst verwaltet“ an der freiwilligen kommunalen Aufgabe „Sportförderung“ verdeutlicht werden. Der organisierte Sport hat schon vor über 100 Jahren ein stadtweites Selbstverwaltungsgremium gegründet – den heutigen Stadtsportbund Münster (SSB). In ihm sind alle Sportvereine Münsters, die übrigens gemeinnützig sein müssen, also keine Gewinne erwirtschaften dürfen, zusammengeschlossen. Bei aller berechtigten Kritik am SSB, so fehlen zum Beispiel in der Funktionärsschicht der Organisation Menschen mit Migrationsvorgeschichte noch gänzlich, hat der Stadtsportbund und seine rund 200 Mitgliedsvereine die besten Voraussetzungen, um das Politikfeld „Sportförderung“ aus dem Parteiengezänk im Stadtrat und seinen Ausschüssen sowie der Dominanz durch die Führung der Stadtverwaltung Münsters zu entziehen.

Sportrat statt Sportausschuss

Die Sportler*innen, sofern sie den in gemeinnützigen, transparenten, allen Menschen offen stehenden Mitgliedsvereinen des SSB organisiert sind, sollten die städtischen Finanzmittel für die Sportförderung und auch die für den Er- und Unterhalt der Sportanlagen sowie der Schaffung neuer Sportmöglichkeiten durch den durch den vorhandenen „Pakt des Sports“ zwischen SSB und Stadt gesicherten Finanzrahmen eigenverantwortlich und ohne direkte Einflussnahme der Ratsfraktionen umsetzen können. Dazu ist der Sportausschuss des Rates durch das ständige Selbstverwaltungsgremium „Sportrat Münster“ zu ersetzen.

Dieser Sportrat, für den jede*r Münsteraner*in unabhängig von seinen Aufenthaltsstatus kandidieren kann, wird von der Mitgliederversammlung des Stadtsportbundes gewählt. Die Wahlen sind völlig unabhängig von den Kommunalwahlen, was einerseits die Parteien raus hält und andererseits die fachliche Qualifikation der Kandidat*innen in den Mittelpunkt rückt. Um als Selbstverwaltungsgremium innovativ zu bleiben, sollte jedes Jahr ein Drittel der Ratsmitglieder neu gewählt werden. Der Sportrat übernimmt die Aufgaben des bisherigen Sportausschusses des Rates der Stadt Münster im Sinne der Gemeindeordnung, wobei die Entscheidungen des Gremiums endgültig sind, insofern sie ausschließlich sportliche Angelegenheiten haben. Betreffen sie auch andere Politikfelder (Schule, Stadtplanung, Quartiersentwicklung, Kultur, etc.) oder die Kieze, Dörfe oder Stadtteile müssen deren Selbstverwaltungs- oder Ratsgremien in die Beratung einbezogen werden. Dies gilt natürlich auch im umgekehrten Fall. Dabei ist, wie auch heute schon, ein alle Seiten zufrieden stellendes Ergebnis anzustreben. Ist dies nicht möglich, muss der Rat der Stadt Münster endgültig entscheiden.

Um die Selbstverwaltung des Sports tatsächlich zu ermöglichen, sind möglichst alle Sportstätten in der Stadt an die sie überwiegend nutzenden Vereine zu übergeben. Diese Praxis der Überlassung wurde von der Stadt eine Zeit lang präferiert und durchgeführt. Allerdings nicht, um die Selbstverwaltung und Eigenverantwortlichkeit der Sportler*innen zu fördern, was aber ein positiver (Neben-)Effekt der Überlassung war und ist, sondern schlicht und einfach, um die kommunalen Finanzen zu Lasten der Sportvereine zu stärken.

Um die Selbstverwaltung des Sports in Münster komplett zu machen, ist das relativ kleine Sportamt der Stadt in einen Eigenbetrieb umzuwandeln. Duisburg hat – leider nicht in allen Bereichen vorbildlich – gezeigt, dass dies unproblematisch möglich ist. Dieser Eigenbetrieb „Sportverwaltung Münster“ ist dem weiterhin ehrenamtlich geleiteten Stadtsportbund Münster zu unterstellen.

So wäre zukünftig gewährleistet, dass der Sport in Münster für sich selbst verantwortlich ist, das übliche Parteiengezänk außen vor bliebe und die Sportler*innen direkten Einfluss auf und auch die Verantwortung für ihre Angelegenheiten bekommen. Natürlich wird es weiterhin ein Gerangel um die Prioritäten und auch die Konkurrenz zwischen den einzelnen Sportvereinen und -arten geben. Dies ist aber durchaus im Sinne des Konzeptes „Kommune selbst verwaltet“. Schließlich sollen die Menschen sich gemeinsam mit von ihnen selbst erarbeiteten Regeln um ihre Angelegenheiten kümmern können.

Keine neuen Institutionen

Im Politikfeld „Sport“ in Münster müssten zur Verwirklichung der Selbstverwaltung des Sports in der Stadt keine neuen Institutionen geschaffen werden oder grundlegende kommunale Regeln aus der Gemeindeordnung NRW verändert werden. Lediglich die Parteien würden ihre „Macht“ an die Menschen in den Sportvereinen übergeben.

Dieses Konzept ist auf viele kommunale Politikfelder direkt übertragbar. Allerdings sind nicht alle Bereiche schon so gut aufgestellt wie der Sport. Aber zum Beispiel der Heimatbund, der Stadtverband der Kleingärtner, der Kreuzbund, das Umweltforum oder auch der Integrationsrat der Stadt könnten kurzfristig ihre Angelegenheiten und deren Verwaltung im Rahmen des Konzeptes „Kommune selbst verwaltet“ eigenverantwortlich und selbstbestimmt übernehmen. Die anderen kommunalen Aufgaben, sofern sie nicht staatliche Aufgaben betreffen, könnten allesamt nach diesem Konzept durch die betroffenen und interessierten Menschen Münsters selbst verwaltet werden. Der Rat der Stadt Münster hätte neben der Aufgabe der Vermittlungsinstanz der Selbstverwaltungsgremien und Einrichtungen insbesondere die Verteilung der kommunalen Finanzen und die Organisation der staatlichen Aufgaben der Kommune zu koordinieren.

Mitglieder der Quartiers- und Dorfräte werden ausgelost

Das Konzept „Kommune selbst verwaltet“ greift natürlich nicht nur für inhaltliche Politikfelder, sondern ist auch für räumliche Politikbereiche wie Kieze, Stadtteile und Dörfer anwendbar. Dabei sind für die geografischen und sozialen Einheiten in der Stadt neue Selbstverwaltungsgremien zu schaffen. Diese sollten, müssen aber nicht, durch einen verbindlichen Zusammenschluss der Einwohner*innen begleitet sein, der die Aufgaben – vergleichbar mit dem oben angeführten Stadtsportbund – übernimmt. Wichtigstes Selbstverwaltungsorgan wäre zukünftig der „Dorfrat“ oder „Quartiersrat“. Die Größe des Gebietes hängt von den örtlichen Gegebenheiten und sozialen Beziehungen und vorhandenen Institutionen (zum Beispiel Kirchengemeinden) ab. In Münster kämen zum Beispiel Handorf, Hansa- und Hafenviertel, Roxel, Coerde, Uppenberg, Berg Fidel, Südviertel, Hiltrup oder Erpho für einen solchen Selbstverwaltungsrat in Frage.

Dieses örtliche Selbstverwaltungsgremium, das ebenfalls zu einem Drittel in jedem Jahr erneuert werden sollte, ist für alle örtlichen Angelegenheiten zuständig und muss mit den Fachräten und -gremien der „Selbst verwalteten Kommune“ eng zusammenarbeiten. Grundsätzlich fällt jeder die örtliche Gemeinschaft insgesamt betreffende Angelegenheit in die Zuständigkeit dieses Dorf- oder Quartiersrates. Um zu gewährleisten, dass diese Räte tatsächlich die Menschen im Dorf oder Quartier repräsentieren, sollte das Gremium nicht durch Wahlen sondern per Losentscheid zusammengesetzt werden. Die für das Quartier oder das Dorf zuständige Verwaltung, die eng mit der Fachverwaltung der kommunalen Aufgaben zusammenarbeiten muss, ist dem jeweiligen örtlichen Rat unterstellt. Der Rat der Stadt Münster entscheidet weiterhin über die Verteilung der Ressourcen auch für die Quartiers- und Dorfräte und ist die vermittelnde Instanz zwischen den einzelnen Selbstverwaltungsgremien der Kommune.

 http://szybalski.de/2020/08/06/kommune-selbst-verwalten/

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Grafikquelle      :        —    Red Umbrella

Source Red Umbrella
Author Sonny Abesamis

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DIE * WOCHE

Erstellt von Redaktion am 10. August 2020

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Die-Woche.png?uselang=de

Kolumne von Friedrich Küppersbusch

TikTok, Corona und Kevin Kühnert: FDP, sag doch nochmal was Lustiges ! Wirtschaftswissenschaften sind nur ein Ratespiel, und George Orwells gequältes Lächeln begegnet uns überall, ob nun in China oder in der USA.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Wehmütig erinnert man sich an Guido Westerwelles Chuzpe, als „Kanzlerkandidat der FDP“ anzutreten.

Und was wird besser in dieser?

SPD benennt Kanzlerkandidaten.

Spahn hat gesprochen. Wer ab sofort von Reisen in ein Risikogebiet zurückkehrt, muss sich auf Covid testen lassen. Allerdings kostenfrei. Gerecht so?

Ja. Der körperliche Eingriff ist minimal – Wattestäbchen, Speichelprobe. Drunter ist nur noch Anhauchen und „Können Sie mal pupsen, bitte“. Angenommen, Bill Gates würde die Bundesregierung veranlassen, gesetzlich vorzuschreiben, dass man bei Rot stehen und bei Grün gehen soll, gäbe ich uns derzeit drei Wochen, bis die ersten Querdenker mit dem heroischen Ruf „Nachdenken!“ bei Rot untern Laster hüpfen. Das frisch gedopte Infektionsschutzgesetz senst in die Versammlungsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, informationelle Selbstbestimmung, die Freizügigkeit – made in Eile und dringend zur Ausnüchterung empfohlen. Dagegen ist der Abstrich harmlos. Apropos „Wir müssen alle Abstriche machen“: Wer sehenden Auges in eines der gut 130 Risikoländer fährt, dem kann eine Schutzgebühr für den Test danach durchaus abverlangt werden.

Leichte Erholung der Wirtschaft meldet das Statistische Bundesamt. Die deutschen Exporte sind im Juni um beinahe 15 Prozent zum Vormonat gestiegen und übertreffen damit die Schätzungen. Wer kauft denn da schon wieder Autos?

Auch der Auftragseingang stieg um stattliche 27,9 Prozent. Und besonders interessant an diesen Zahlen scheint: Wenn man sie komplett falsch vorhergesagt hat, darf man sich „Analyst“ und „Wirtschaftswissenschaftler“ nennen. Lieber mal abwarten, ob die Karren uns aus dem Dreck ziehen oder Maschinenbau, Chemie, Datenverarbeitungsprodukte. Und genauer hingucken, welche Branchen hilfsbedürftig sind und welche es allein schaffen. „Kultur“ steht nicht unter den Top 15 deutscher Exportartikel. Schon vor Corona nicht.

US-Präsident Trump verbietet Geschäfte mit den chinesischen Firmen hinter Tiktok und WeChat. Offenbar will er erzwingen, das diese ihre beliebten sozialen Netzwerke in die USA verkaufen. Microsoft stünde bereit. Aber sollten die sich das wirklich antun?

Das kapitalistischste Land der Welt fuchtelt mit Staatseinmischung herum, um Privatfirmen aus dem kommunistischsten Land der Welt zu bändigen. Hallo FDP! Sag doch nochmal was Lustiges zum Staatsanteil bei VW, Commerzbank, Lufthansa! Oder bleib liegen. Jedenfalls: Microsoft hat kein „soziales Netzwerk“ im Angebot und diesen Markt verschlafen. Durch die Snowden-Enthüllungen wurde offenbar, dass die NSA Microsoft hackt, andere sagen auch: Microsoft „kooperiere“ und der Staat nutze diese „backdoors“. Fazit für User: Von welchem Staat möchten Sie lieber georwellt werden?

In Berlin hat die rot-rot-grüne Koalition in der Nacht zum Freitag Hunderte Polizeibeamte zu einer linken Kiezkneipe geschickt. Die wurde dann zugunsten eines undurchsichtigen Immobilienkonzerns geräumt. Macht es doch keinen Unterschied, wer regiert?

Quelle      :    TAZ      >>>>>        weiterlesen

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Urheber Unbekanntwikidata:Q4233718

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DL – Tagesticker 10.08.2020

Erstellt von Redaktion am 10. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Vielleicht hat die SPD nach den Wahlen allen Grund zum feiern, da sie die 5 % Hürde übersprungen hat ! Zu einer Regierung aus rot – grün – rot wird es nie kommen, da die CDU in einen solchen Fall immer mit der AFD paktieren wird.

SPD-Chefin schließt Bündnis unter grüner Kanzlerschaft nicht aus

1.) Saskia Esken

Saskia Esken hält ein Bündnis mit Linken und Grünen auch dann für möglich, wenn die Grünen den Kanzler stellen. Eitelkeit dürfe in dieser Frage nicht entscheidend sein.Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hält eine Koalition der SPD mit den Grünen nach der nächsten Bundestagswahl auch dann für möglich, wenn die Grünen in dem Bündnis den Kanzler oder die Kanzlerin stellen würden. Es gehe nicht um „Eitelkeit“, sondern darum, „gute Politik für die Menschen im Land zu machen“ – die SPD sei bereit, „in so eine Verantwortung“ zu gehen, sagte Esken im ARD-Sommerinterview. Zudem machte sie deutlich, dass sie ebenso wie ihr Co-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans auch offen für eine Koalition mit der Linkspartei sei. „Wir wollen ein klares Bild einer gerechteren Zukunft aufzeichnen, das großen Respekt vor dem Menschen ausstrahlt und vielen eine bessere Zukunft verspricht.“ Ihrer Auffassung nach brauche es dafür ein progressives Bündnis, sagte Esken. Die Zusammenarbeit mit der Linkspartei sei demnach „möglich und denkbar“. Sie sei sich sicher, dass es der SPD gelingen würde, „das Angebot an sehr, sehr viele Wählerinnen und Wähler zu machen“.

Zeit-online

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Gilt nicht schon das Tragen einer Uniform  als Zeichen für seinen Staat  jeglichen, inneren Schweinehund der menschlichen Moral überwinden zu wollen ? Oder was sollte eine Uniform anderes aussagen ?

Polizei geht brutal gegen Demonstranten vor

2.) Wahl in Belarus

Wasserwerfer, Gummigeschosse, Blendgranaten – nach der Wahl am Sonntag setzen Sicherheitskräfte im Umgang mit Demonstranten auf maximale Härte. Diese haben Zweifel am vermeintlich klaren Sieg von Amtsinhaber Lukaschenko. Niemand hatte daran gezweifelt, dass Alexander Lukaschenko als Sieger aus der Wahl hervorgehen würde. Erste Zahlen ergaben am Sonntag knapp 80 Prozent für den Amtsinhaber in Belarus. Zweifelhaft ist der Erfolg dennoch, Beobachter berichteten von zahlreichen Manipulationen. Offenbar ist sich das Regime seiner Sache selbst nicht sicher. In Minsk ließ der Präsident schon tagsüber das Militär auffahren und die Zugänge zur Stadt kontrollieren, Straßen und Plätze wurden gesperrt. Abends führte die Polizei Menschen in der Nähe von Wahllokalen ab, kurz nachdem diese geschlossen hatten. Der Andrang war so groß gewesen, dass mancherorts die Stimmzettel ausgingen. Die Warteschlangen waren so lang, dass es nicht alle Wähler bis Wahlschluss zur Urne schafften.

Sueddeutsche-Zeitung

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Wie recht die Kommentatorin doch hat ! Das System wurde genau für die Völker ausgesucht, welches sich noch an Wahlen beteiligen. Sie selbst bekennen sich als Eliten – wir bezeichnen sie als Nieten.  Gibt es Weltweit eine tiefere Verachtung für Politiker-Innen? Das alles wussten unsere Ahnen schon wenn sie sagten: „Alle in einen Sack und dann mit den Dicksten Knüppel drauf ! Niemand schlägt vorbei.

Angekündigte Neuwahlen im Libanon:

3.) Das System muss reformiert werden

Das Narrativ, der Libanon würde ohne die Aufteilung der Macht zerfallen, ist die Lebensader der Eliten. Tatsächlich muss genau dieses System enden.Die Ankündigung möglicher Neuwahlen bedeutet keinen politischen Wandel im Libanon. Ein neues Parlament und Kabinett allein würden nur die Weiterführung des religiös-konfessionellen Systems bedeuten, bei dem eine kleine Elite die Macht unter sich aufteilt. Dieses oligarchische System müsste durch einen Staat ersetzt werden, dessen politische Führung das Gemeinwohl im Blick hat. Seit Jahren wird im Libanon über politische Reformen gesprochen: Die nationale Elektrizitätsgesellschaft weist ein jährliches Defizit von fast 1,7 Milliarden Euro auf; die Staatsschulden betragen mehr als 80 Milliarden Euro. Reformen des öffentlichen Sektors aber bringen die Parteien nicht zustande, denn sie wären politischer Selbstmord. Das Narrativ, der Libanon würde ohne die Aufteilung der politischen Macht anhand sektiererischer Linien zerfallen, ist die Lebensader der Machthabenden. Seit dem Ende des Bürgerkriegs vor 30 Jahren ziehen ehemalige Warlords die Strippen im Land. Statt einen kollektiven Heilungsprozess anzustoßen, erließem sie eine kollektive Amnestie für Kriegsverbrecher. Es fand keine Aufarbeitung statt, und die Erinnerungen an Gewalt, Krieg und Märtyrer sind essenziell für die politisch-religiösen Parteien und die Identitätsbildung innerhalb ihrer Community.

TAZ

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War es den Politiker-Innen nicht schon immer vollkommen gleichgültig woran die Menschen letztendlich starben ? Sei es Coruna oder die Obdachlosigkeit, wobei wir auch den Hunger in der Rente auf unseren letzten Weg nicht vergessen. Was kümmert es den Politiker-innen bei denen nur die eigene Fettleibigkeit zählt ? Hauptsache die Alten gehen und sie sparen an den Renten ?

Armin Laschet bedient gern auch mal den rechten Rand

4.) NRW-MINISTERPRÄSIDENT

Bei Armin Laschet verbindet sich ein maßvoller Ton mit einem Handeln, das in weiten Teilen auch dem rechten Flügel der Union gefallen könnte. Ob ihm das im Kandidatenpoker nutzt? Armin Laschet strebt die Kanzlerkandidatur an. NRW-Ministerpräsident macht sich mit seinem Corona-Krisenmanagement vom Favoriten zum Außenseiter. aschet vergreift sich mitunter rechtsaußen-freundlich im Ton. Es dürfte in der CDU Leute geben, denen es schon nach dem ersten Googeln reicht. Armin Laschet, 59, hat mal für Rita Süssmuth gearbeitet! Das war die Christdemokratin, die schon vor 20 Jahren feststellte, was ein stramm rechter Unionist so gar nicht hören wollte: „Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland.“ Und noch „schlimmer“: Laschet wurde 2005 in Nordrhein-Westfalen Deutschlands erster Minister für Integration. Armin Laschet hat die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel verteidigt. So ein Mann war für die Rechten schon immer unwählbar, auch bevor er sich mit seinem Corona-Krisenmanagement vom Favoriten zum Außenseiter machte. Das passt zu dem Muster, nach dem das Rennen um den Parteivorsitz allgemein betrachtet wird: Laschet, der „Liberale“, gegen Friedrich Merz, den Mann vom rechten Flügel. Aber so einfach ist die Gemengelage dann doch nicht. Natürlich hat die Geschichte vom liberalen Laschet ihren wahren Kern. Er hat früh Kontakt zu den Grünen gesucht, und er hat 2015 die angeblich so liberale Flüchtlingspolitik der Kanzlerin Angela Merkel verteidigt. Armin Laschet besucht Moria – und macht schnell wieder kehrt.

FR

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Und kräht ein Hahn auf den Mist – es ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist.

Kommentare Ralf Krämer – Grundeinkommen

5.) Ohne Basis und meist Missverstanden

Ralf Krämer über Risiken und Nebenwirkungen einer wohlklingenden, aber meist missverstandenen Idee. Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) ist in der gesellschaftlichen Linken und in der Partei Die Linke gleichermaßen umstritten. Befürworter*innen argumentieren mit Meinungsumfragen, die meist eine knappe Mehrheit zugunsten von BGE-Forderungen ergeben, wobei unter eher links und sozial eingestellten Personen die Mehrheit deutlicher ausfällt. Politische Parteien, die die Forderung nach einem Grundeinkommen erhoben haben, konnten damit hierzulande allerdings keine Erfolge erzielen (Grundeinkommen-Partei, ÖDP, Piraten …). Auch bei einer Volksabstimmung in der Schweiz 2016 haben sich nur 23 Prozent für ein bedingungsloses Grundeinkommen ausgesprochen. Es zeigt sich immer wieder, dass große Unklarheit darüber herrscht, was die Forderung genau bedeutet und welche Auswirkungen damit verbunden wären. Das liegt zum einen daran, dass es sehr unterschiedliche Ideen eines Grundeinkommens gibt. Neoliberalen Modellen geht es darum, Arbeitnehmerrechte und den bisherigen Sozialstaat zugunsten eines Grundeinkommens auf Hartz-IV-Niveau zu schleifen. In sozial ausgerichteten, linken Modellen soll das BGE dagegen existenzsichernd sein und zusätzlich zu weiteren Sozialleistungen gezahlt werden.

ND

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Klopf auf Holz – Der Kandidat der 5 % Partei heißt Scholz  !

Olaf Scholz soll SPD-Kanzlerkandidat werden

6.) FINANZMINISTER UND VIZEKANZLER

Die Sozialdemokraten legen sich gut ein Jahr vor der Bundestagswahl fest: Vizekanzler Olaf Scholz soll SPD-Kanzlerkandidat werden. Das kündigte Parteichefin Saskia Esken auf Twitter an. Bundesfinanzminister Olaf Scholz soll für die SPD als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf ziehen. Auf Vorschlag der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hätten ihn Präsidium und Vorstand nominiert, teilte Scholz am Montag per Tweet mit.

Welt

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7.) So schützt Amazon seine Angestellten

Amazon versuchte Streiks auf seinen Betriebsparkplätzen gerichtlich zu unterbinden, weil man die Mitarbeiter vor „unnötigen Gefahrensituationen auf dem Parkplatz“ schützen wolle. Nun präsentiert der Online-Gigant weitere Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten:

Sehr schlechte Bezahlung
Das schützt vor unsinnigen oder gar gefährlichen Anschaffungen wie Alkohol, Zigaretten oder Bücher von Jutta Ditfurth.

Hohe Arbeitsbelastung
Wer zu viel Zeit hat, kommt auf dumme Ideen (Selbstmord oder Gewerkschaftsmitgliedschaft). Eine geschäftige Arbeitsbiene hat wiederum gar keine Gelegenheit für Kummer. Pausen schaffen bloß Raum für Traurigkeit!

Autoritärer Führungsstil
Wie sieht mein idealer Arbeitsplatz aus? Was könnte mir die Arbeit erleichtern? Soll ich nach fünf Stunden schon wieder um eine Klopause bitten? Lauter Fragen, die viel zu schwer für zarte Arbeitergemüter sind. „Wer nicht spurt, fliegt!“ – Diese Klarheit schützt vor Kopfzerbrechen!

Erlangung absoluter Monopolstellung
Heiserkeit durch Skandieren, Muskelkater vom Transpi-Halten, Hirnschlag durch zu heftiges Trillerpfeifenblasen – Arbeitskämpfe sind lebensgefährlich. Wenn Amazon den gesamten Güterverkehr unter Kontrolle hat, macht das jedes Auflehnen obsolet und die Gefahrenquelle Streik ist endlich Geschichte.

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Geflüchtete in Sachsen

Erstellt von Redaktion am 9. August 2020

Charmeoffensive in Freiberg

Altstadt von Freiberg.jpg

Ein Artikel von Sabine Seifert

Vor fünf Jahren nahmen Bewohner*innen der sächsischen Kreisstadt ankommende Geflüchtete mit Flaschenwürfen in Empfang. Wie ist die Stimmung heute?

Wer in Freiberg lebt, kennt sich – vom Grüßen, Sehen, manchmal auch vom Wegsehen. Sich aus dem Weg zu gehen, ist schwierig in dieser 41.000-Einwohner-Stadt, die nicht ganz klein ist, aber auch nicht groß, sondern irgendwas in der Mitte, aber sie liegt ja auch in der Mitte von Sachsen, zwischen Dresden und Chemnitz, von daher passt das. Durch die gepflegte Altstadt mit Wallanlagen und Schloss schlängeln sich mittelalterliche Gassen, über den Obermarkt wacht Otto der Reiche in Bronze, über den Untermarkt der Dom mit seiner wertvollen Silbermannorgel.

Amir Nikou ist einer der 80 Sängerinnen und Sänger des Domchors. Der ausgebildete Tenor ist 41 Jahre alt und stammt aus dem Iran. Er wirkt wie einer, der auf der Straße nicht wegsieht, sondern grüßt, und wenn er erzählt, was er alles so macht, strahlt seine Stimme sogar durchs Telefon: Er ist Mitbegründer der Bürgerbühne, singt zusätzlich zum Domchor im Gemeindechor Petri-Johannis, ist Dolmetscher für Geflüchtete und Asylbewerber und Teil der Kampagne #gesichtzeigen, mit der hundert Freiberger und Freibergerinnen für eine tolerante weltoffene Stadt werben.

Amir Nikou ist eins der wenigen Gesichter mit Migrationshintergrund. Er sagt: „Ich versuche, ein Vorbild zu sein.“ Denn Freiberg ist nicht ganz so weltoffen, wie es gerne wäre.

er in Freiberg lebt, kennt sich – vom Grüßen, Sehen, manchmal auch vom Wegsehen. Sich aus dem Weg zu gehen, ist schwierig in dieser 41.000-Einwohner-Stadt, die nicht ganz klein ist, aber auch nicht groß, sondern irgendwas in der Mitte, aber sie liegt ja auch in der Mitte von Sachsen, zwischen Dresden und Chemnitz, von daher passt das. Durch die gepflegte Altstadt mit Wallanlagen und Schloss schlängeln sich mittelalterliche Gassen, über den Obermarkt wacht Otto der Reiche in Bronze, über den Untermarkt der Dom mit seiner wertvollen Silbermannorgel.

Amir Nikou ist einer der 80 Sängerinnen und Sänger des Domchors. Der ausgebildete Tenor ist 41 Jahre alt und stammt aus dem Iran. Er wirkt wie einer, der auf der Straße nicht wegsieht, sondern grüßt, und wenn er erzählt, was er alles so macht, strahlt seine Stimme sogar durchs Telefon: Er ist Mitbegründer der Bürgerbühne, singt zusätzlich zum Domchor im Gemeindechor Petri-Johannis, ist Dolmetscher für Geflüchtete und Asylbewerber und Teil der Kampagne #gesichtzeigen, mit der hundert Freiberger und Freibergerinnen für eine tolerante weltoffene Stadt werben.

Amir Nikou ist eins der wenigen Gesichter mit Migrationshintergrund. Er sagt: „Ich versuche, ein Vorbild zu sein.“ Denn Freiberg ist nicht ganz so weltoffen, wie es gerne wäre.

Offizielle Bilanz: mehrere leicht verletzte Beamte, verschiedene Strafanzeigen – und ein großer Imageschaden für die Stadt. Der sächsische Justizminister wird ein Jahr später auf Anfrage der Grünen erklären, politisch motivierte Kriminalität habe es bei den Ausschreitungen nur in einem Fall gegeben, nämlich einen Hitlergruß.

Freiberg, Obermarkt, Westseite-20150729-003.jpg

Zum Zeitpunkt der Ausschreitungen wohnt Amir Nikou schon eineinhalb Jahre in Freiberg. Er fährt zufällig mit dem Rad am Bahnhof vorbei, wo einige Freunde aus der iranischen Gemeinde beim Unterstützerkomitee mitdemonstrieren. Sie fordern ihn auf, sich ihnen anzuschließen, aber er lehnt ab. Er habe gesagt: „Das ist euer Land“, erzählt er, nicht weil er sich Deutschland nicht verbunden fühlt, sondern weil er damals noch keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. „Ich fand, dass ich kein Recht dazu habe.“

Im Jahr 2012 hatte Nikou den Iran verlassen, um in Italien Gesang zu studieren. Während er in seiner Heimat als Christ zu einer verfolgten Minderheit gehört, die ihren Glauben nur im Geheimen praktizieren kann, entdeckt er in Italien, was es heißt, seine Religion offen ausleben zu können. Doch genau das wird schließlich zum Problem. Freunde warnen ihn vor einer Rückkehr, sein Studium kann er nicht fortsetzen, weil ihm die Papiere fehlen, er hängt in der Luft.

Er verbringt ein paar Monate bei Freunden in Hamburg, währenddessen werden Bekannte im Iran verhaftet, weil sie Christen sind. Nach sieben Monaten gibt er die Hoffnung auf, zurückkehren zu können, und entscheidet sich, einen Asylantrag zu stellen. Nach drei Wochen im Asylbewerberheim in Chemnitz landet er am 21. März 2014 in Freiberg.

Seither bereichert er das kulturelle Leben der Stadt. Er spielte schon den „Luther aus Teheran“, sang Schuberts „Winterreise“ und wird als nächstes Humboldt verkörpern. Obwohl er sein Studium nicht beenden konnte, wirkt er zufrieden. Seit einem Jahr macht Nikou eine Ausbildung zum Erzieher, auch dort kann er seine musischen Talente einbringen. „Ich versuche, positiv zu sein.“ Integration vormachen, vorleben, verkörpern.

Ja, es gebe „Unfreundlichkeit“ in Freiberg, formuliert er vorsichtig. Aber er habe vor allem Freundlichkeit und Unterstützung erfahren. Als ihm kurzfristig eine Abschiebung drohte, halfen ihm Menschen aus der Kirchengemeinde, jetzt will er etwas zurückgeben.

Ob er sich in Freiberg voll integriert fühlt? „Ich habe mich nie verletzen lassen“, sagt Nikou, „ich war immer selbstbewusst in mir.“ Vielleicht rührt diese innere Ruhe aus seinem Glauben. Vielleicht geht es aber auch gar nicht anders, wenn man in einer Stadt lebt, in einem Land, in dem viele Menschen gegen einen sind, weil man nicht von hier kommt, vielleicht sogar eine andere Hautfarbe hat. Ist Amir Nikous unerschütterlicher Optimismus, sein positives Denken seine Überlebensstrategie?

Bei den Kommunalwahlen 2019 wurde die AfD stärkste Kraft im Freiberger Stadtrat, gefolgt von der CDU und den Freien Wählern. Der parteilose Oberbürgermeister Sven Krüger regiert mit den Stimmen eines inoffiziellen Rechtsbündnisses, das neben der FDP und den Freien Wählern von einer CDU mitgetragen wird, die rechter ist als die CDU Sachsens. In den „Freiberger Thesen“ hatte der CDU-Ortsverband Ende 2017 die Bundeskanzlerin für ihre Asylpolitik kritisiert und sie sowie Generalsekretär Tauber zum Rücktritt aufgefordert. Der CDU-Ortsvorsitzende Holger Reuter schloss damals in einem MDR-Interview eine Koalition mit der AfD nicht aus.

Ebenfalls 2017 hatte OB Krüger publikumswirksam eine Rechnung über 736.200 Euro ans Bundeskanzleramt geschickt – so viel habe die Stadt die Integration der 1.700 anerkannten Geflüchteten und Asylbewerber im Jahr 2016 gekostet. Im Jahr 2018 verließ er seine Partei, die SPD, und verkündete via Facebook, er empfinde angesichts der Politik der Großen Koalition ein „Fremdschämen“. Im selben Jahr versuchte er, eine Zuzugssperre für Geflüchtete und Asylsuchende beim Landkreis zu erwirken – und scheiterte.

Zu verdanken ist das auch der Rechtsaufsichtsbeschwerde, die Jana Pinka erfolgreich bei der Landesdirektion einlegte. „Mein Lebenswerk“, sagt die Stadt- und Kreisrätin der Linken mit leichter Ironie und echtem Stolz, während sie im Café Momo einen frisch gebrühten orientalischen Mokka trinkt. „Der Antrag kam, als gar kein Zuzug mehr stattfand.“

„Die CDU ist verantwortlich, dass die AfD so erstarkt ist“

Bis 2019 saß die 56-Jährige für die Linke im sächsischen Landtag. Sie ist herzlich, direkt und der Typ hartnäckige Abgeordnete, „ich war schon immer die Querdenkerin“. Pinka hat zahlreiche Anfragen im Landtag gestellt, Beschwerden eingereicht zu dem, was auf die Ereignisse 2015 folgte. Beschimpfungen auf der Straße, Anfeindungen in den sozialen Netzwerken – sie ist froh, dass sie jetzt „wieder zum Fußvolk“ gehört. Es ist ruhiger geworden für sie.

„Die CDU ist dafür verantwortlich, dass die AfD so erstarkt ist“, sagt Pinka. „Jetzt sind sie die Getriebenen.“ Getrieben wie auch OB Krüger, von dem sie sagt, „er sollte ein bisschen mehr Rückgrat zeigen“. Sie klingt fast mitleidig. „Er war 2015 noch nicht lange im Amt und sicherlich von der Situation etwas überfordert.“ Doch das ist fünf Jahre her – seine Haltung hat sich eher versteift.

Muaiad Ibrahim, ein alter Bekannter von Pinka, kommt im lachsfarbenem Hemd auf einen Kaffee vorbei, er hat Urlaub. Der promovierte Jurist aus Syrien koordinierte 2015 in der Gesellschaft für Strukturentwicklung und Qualifizierung (GSQ) die Unterbringung der ankommenden Geflüchteten für den Landkreis Mittelsachsen. „Ich war froh, dass ich helfen konnte, den Neuankömmlingen die deutsche Kultur und ihre Werte entgegenzubringen“, sagt er. „In den Ämtern hier gibt es kaum Leute mit Migrationshintergrund.“

Freiberg Stadtmauer am Gelben Löwenturm.JPG

Heute arbeitet Ibrahim als Koordinator des Bunten Hauses, eines Mehrgenerationentreffs. Dort bieten sie Tandemsprachkurse, Volkstanzkurse, Nähkurse für Geflüchtete an. „Basisarbeit“, sagt Ibrahim. „Und die braucht wirklich Zeit.“ Er rechnet mit mindestens einer Generation, die älteste seiner vier Töchter hat gerade Abitur gemacht. Bei seiner Arbeit für die GSQ agierte er oft als Vermittler zwischen den Kulturen: „Wenn ich auf die Menschen zugehe, kann ich Ängste abbauen. Es stimmt nicht, dass alle Leute Ausländer hassen. Aber es gibt viel Propaganda.“

Ibrahims Job bei der GSQ endete im Jahr 2017. Im Februar 2016 begleitete er in einem Bus Geflüchtete nach Clausnitz, der von rechten Demonstrant*innen blockiert und attackiert wurde. „Es war schrecklich“, sagt Ibrahim, aber: „Dies war Clausnitz und nicht Freiberg.“ Ähnlich wie Amir Nikou sieht er sich dem Positiven und der Integration „von beiden Seiten“ verpflichtet. „Wenn wir über die Deutschen reden, dann dürfen wir sie auf keinen Fall als rechtes Pack darstellen“, sagt er. „Das entspricht nicht der Wahrheit. Mein Dank an dieser Stelle gebührt den vielen Ehrenamtlern aus Freiberg, die unsere Arbeit erleichtern. Schreiben Sie das!“

An Freibergs Stadtmauer hängt eine Aufschrift aus dem Jahr 1554: „Das Heil der Stadt ist die Eintracht der Bürger.“ Darunter gibt ein moderner Durchbruch den Blick auf ein innerstädtisches Parkhaus frei.

Außerhalb der Stadtmauer, in der Johannisvorstadt, eine Viertelstunde Gehzeit vom Zentrum entfernt, liegt das Gemeindehaus St. Johannis. Es ist Wohnort und Wirkungsstätte von Pfarrer Michael Stahl. Ein klassischer 20er-Jahre-Bau, in dessen Garten zu DDR-Zeiten ein Glockenturm gebaut wurde. Die Gemeinde führt das Sankt im Namen, weil das Gelände früher zu einem katholischen Stift gehörte. Der Gemeindesaal, von hundert auf zehn Stühle reduziert, wird gerade für das Seniorentreffen am Nachmittag hergerichtet. Licht fällt rechts und links durch moderne bleiverglaste Oberlichtfenster. Über der Eingangstür versteckt sich die silberne Orgel.

Quelle       :         TAZ       >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben       —         Blick auf die Altstadt Freibergs / Sachsen

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2.) von Oben         —      Freiberg, Obermarkt, Westseite

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Unten    —   Teil der Stadtmauer am Gelben Löwenturm (Schillerstraße) in Freiberg

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Proteste in Thailand

Erstellt von Redaktion am 9. August 2020

Der König, der nie da ist

Von Katrin Kuntz

In Thailand gibt es bei Demonstrationen erstmals öffentliche Kritik am König – obwohl hohe Haftstrafen drohen. Vor allem junge Thais haben genug von einem Monarchen, der sein Land in der Krise alleine lässt.

Die Studenten kamen in Harry-Potter Gewändern, um gegen die Übermacht in ihrem Land zu kämpfen. Einige der 200 Protestierenden verkleideten sich als Zauberer, während sie sich am sogenannten Demokratiedenkmal in der thailändischen Hauptstadt gegen die Herrschenden in Bangkok erhoben. Es wirkte, als wollten sie mit magischen Kräften einen Wandel beschwören.

Seit knapp zwei Wochen protestieren junge Thais nun fast täglich gegen das Establishment aus Militär und royalen Eliten. Sie beklagen, dass der ehemalige Anführer der Militärregierung und heutige Premier Prayut Chan-Ocha die Demokratie aushebelt. Dass er rigoros gegen Kritiker vorgeht und seine Macht während der Pandemie weiter ausbaut. Die Regierung wird immer unbeliebter. Der Premier solle abtreten, fordern die Demonstranten.

Neu war in dieser Woche, dass sechs Sprecher der Anti-Regierungsproteste in Bangkok öffentlich dazu aufriefen, auch die Macht des thailändischen Königs Maha Vajiralongkorn zu beschneiden. Sie forderten, jene Gesetze zu reformieren, die auch dem König in Thailand weitreichende Macht verleihen. Sie warfen dem Palast vor, tatenlos zuzusehen, wie die militärisch dominierte Regierung das Land unterwerfe. Einen solch offenen Studentenprotest gegen den König gab es in Thailand noch nie.

Gegenseitiger Schutz

Palast und Regierung sind in Thailand eng verbunden. Seitdem Vajiralongkorn 2016 den Thron bestiegen hat, hat der Monarch seine Macht noch weiter ausgebaut – und wird dabei von der Regierung unterstützt. Im Gegenzug profitiert die Regierung davon, dass der Palast den Einfluss des Militärs auf die Politik legitimiert. Viele junge Thais lehnen die daraus entstandene Scheindemokratie ab, in der in Wahrheit Militärs immer noch das Sagen haben.

Die jungen Thais haben auch wenig Verständnis für einen Monarchen, der kaum Zeit in seiner Heimat verbringt. Seine Abwesenheit wurde in der Coronakrise noch offensichtlicher, der König interessiere sich kaum für den Ausbruch in Thailand, kritisieren die Demonstranten.

Doch Kritik am König und Proteste wie in dieser Woche sind riskant. Nach dem sogenannten „lèse-majesté“ kann jede Kritik am Monarchen in Thailand mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Bemerkenswert ist, dass die Polizei anwesend war, aber niemanden verhaftet hat. Die Regierung teilte im Nachgang mit, die Polizei entscheide selbst, ob sie weiter gegen die Protestler vorgehen wolle. Die Machthaber nahmen eine beschwichtigende Haltung ein – wissend, dass der Zorn der Jugend wächst.

„Hass der Nation“

Thailands mächtiger Armeechef nannte den „Hass der Nation“ in dieser Woche eine größere Bedrohung als das Coronavirus. Das Virus könne geheilt werden. Die „Krankheit“, seine eigene Nation zu kritisieren, jedoch nicht.

Die Proteste gegen König und Regierung treffen Thailand in einer sensiblen Phase. Zwar gibt es mit rund 3300 Infizierten vergleichsweise wenige Corona-Fälle im Land. Doch die Wirtschaft liegt am Boden. Der Tourismus, eine der wichtigsten Einnahmequellen, ist weggebrochen. Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren. Zuletzt hatten thailändische Medien über eine Welle an Selbstmorden von verzweifelten Bürgern berichtet.

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„Eine größer werdende Zahl an Thailändern wollen echte Demokratie“, sagt Dr. Paul Chambers, Sonderberater für Internationale Angelegenheiten an der Naresuan Universität in Thailand. Der Palast habe eine „direktere Rolle in Bezug auf das Militär und andere administrative Einheiten der Regierung“ genommen, während er zeitgleich die „Erosion der Demokratie“ ignoriere. Gegen diesen Trend, bei dem Palast und Regierung sich gegenseitig in die Hände spielten, hätten sich die Protestierenden in dieser Woche getraut, aufzustehen.

Thailänder wollen mehr Demokratie

Der Wut vorangegangen waren mehrere herbe Rückschläge für die Demokratiebewegung im Land. „Alles begann im Februar 2020, als die Future Forward Partei, die von den meisten desillusionierten Jugendlichen unterstützt wurde, auf zweifelhaftem legalen Grund aufgelöst wurde“, so Chambers. Im März verhängte die Regierung während der Corona-Pandemie Notstandgesetze, die ihr „mehr Macht gaben, zu einer Zeit, in der immer mehr Thailänder sich aber mehr Demokratie wünschten.“

Quelle       :       Spiegel-online          >>>>>          weiterlesen

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Artikel vom 13. 04. 2020      –     

Thailands Monarch in Bayern

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Grafikquellen      :

Oben      —       Krönung im Mai 2019

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Philosophen gegen Bombe

Erstellt von Redaktion am 9. August 2020

Wie wir der herrschenden Apokalypsen-Blindheit trotzen

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von Hans-Peter Waldrich

n der Coronakrise scheint es die größte Sorge der Politiker zu sein, die Gesundheit der Menschen und vor allem die der Alten und Kranken zu schützen. Zugleich wird im Hintergrund eine unvergleichlich größere Bedrohung der gesamten Bevölkerung weitgehend ignoriert, nämlich die aktuelle Modernisierung der „nuklearen Teilhabe“ im Rahmen einer neuen Aufrüstung. Die Bundeswehr soll damit in ein Konzept eingebunden bleiben, das die Möglichkeit des atomaren Erstschlags innerhalb einer Verteidigungsstrategie für unabdingbar hält. Diese eigenartige Unverhältnismäßigkeit in der Wahrnehmung objektiver Gefahren blendet die beständig lauernde Menschheitsbedrohung der atomaren Vernichtung gänzlich aus. Man muss den Eindruck gewinnen, als seien Atomwaffen für eine breite Öffentlichkeit, abgesehen von einer kritischen Minderheit, zu einem zwar bedenklichen, aber durchaus alltäglichen Mittel politischen Kalküls geworden.[1]

Unmittelbar nach Erfindung und Einsatz der ersten Atombomben am 6. und 9. August 1945 über Hiroshima und Nagasaki war die Lage völlig anders. Damals, in der ersten Phase des Kalten Krieges, war die Nuklearbewaffnung eine, wenn nicht die zentrale Frage der intellektuellen Auseinandersetzung. Geht man die Stellungnahmen der großen Intellektuellen der damaligen Zeit durch – von Bertrand Russell und Günther Anders über Karl Jaspers und Carl Friedrich von Weizsäcker bis zu Albert Schweitzer, Albert Einstein und, aus dem kirchlichen Raum, Helmut Thielicke und Helmut Gollwitzer –, so stößt man zunächst auf einen unerwarteten Tatbestand, nämlich auf die überraschende Einheitlichkeit der Grundaussagen: Die Menschheit befinde sich in einer historisch gänzlich neuartigen Situation der totalen Existenzbedrohung. Diese radikal veränderte Weltlage verlange eine moralisch-politische Umkehr. Das Ziel müsse es sein, eine Art Weltregierung zu etablieren, die nicht nur Atomwaffen abschafft, sondern den Krieg überhaupt beseitigt.

Im angelsächsischen Raum vertrat diese Position vor allem Bertrand Russell. Der Mathematiker und Philosoph, zugleich Nobelpreisträger für Literatur und Aktivist, nahm immer wieder zu politischen Fragen Stellung. Russells Neigung galt dem Pazifismus, aber er war Pragmatiker genug, um während der Phase des US-amerikanischen Atommonopols zwischen 1945 und 1949 vorzuschlagen, man könne diese Waffe als Drohpotential nutzen, um die Sowjets zur Kooperation im Hinblick auf eine internationale öffentliche Kontrolle zu zwingen. Später, und in deutlicher Distanz zu seinen früheren Einlassungen, trat er insbesondere im Kampf gegen die nukleare Aufrüstung Englands hervor; während der Kubakrise 1962 wirkte er mäßigend sowohl auf US-Präsident John F. Kennedy als auch auf den sowjetischen Ministerpräsidenten Nikita Chruschtschow ein und rief immer wieder erfolgreich zur Zusammenarbeit nichtkommunistischer und kommunistischer Wissenschaftler auf, die der Atombewaffnung kritisch gegenüberstanden.[2] Die „simple, aber lebenswichtige Frage“, so formulierte Russell es 1961, lautet: „Kann eine wissenschaftliche Gesellschaft fortbestehen, oder muss eine solche Gesellschaft sich unbedingt selbst zerstören […] Ich weiß nicht, was für Gräuel uns erwarten mögen, aber es lässt sich nicht bezweifeln, dass der wissenschaftlich gerüstete Mensch, wenn nicht etwas Grundlegendes geschieht, eine zum Untergang verurteilte Spezies ist.“[3]

Aus der Schweiz meldete sich vor allem der Existenzphilosoph Karl Jaspers durch einen Rundfunkvortrag im Jahr 1957 und mit der 1958 folgenden umfangreichen Studie über „Die Atombombe und die Zukunft des Menschen“ zu Wort. Jaspers fand sich, vergleichbar mit Russell, in der schwierigen Lage, seine humanistische Ausrichtung mit der Realität des Kalten Krieges in Einklang bringen zu müssen. Da er den kommunistischen Totalitarismus als ebenso großes Verhängnis einstufte wie den Atomkrieg, plädierte er – im Sinne des damaligen deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer – für eine Politik der Stärke und wurde dementsprechend verbreitet als Kalter Krieger angesehen.[4] Doch ihm war ebenso klar wie Russell, dass jede Nutzung des Druck- und Abschreckungspotentials von Nuklearwaffen bestenfalls eine Interimslösung war. Sie erwirke eine zeitlich eng begrenzte Frist, die unter hohem Risiko sehr bald durch vollkommenen Verzicht auf Atomwaffen, ja auf Kriegswaffen überhaupt, genutzt werden müsse. Werde jedoch diese „Atempause“ zur „endgültige[n] Atempause“, so Jaspers, dann sei „wahrscheinlich das Leben der Menschheit verloren und die uns vorstellbare Geschichte zu Ende.“[5] Natürlich sei die Menschheit versucht, das Problem ohne grundlegende Änderung ihres Zusammenlebens in den Griff zu bekommen. Doch: „So billig ist der Ausweg aus dem Unheil nicht.“[6]

Wie sieht es heute damit aus? Leben wir noch immer in dieser Interimsphase einer Galgenfrist, jener Atempause des billigen Auswegs? Jedenfalls sollte erneut jene These geprüft werden, die vor allem Günther Anders, der unermüdliche Warner vor den Gefahren der Atomwaffe, damals vorgebracht hat. Demnach seien wir kaum in der Lage, die Konsequenzen dessen zu erfassen, was wir uns mit dem Besitz von Nuklearwaffen eingehandelt haben. Es gebe eine Art toten Winkel unserer Wahrnehmung, eine Unfähigkeit des gefühlsmäßigen Begreifens, der angemessenen Angst. In „eigentümliche Unsichtbarkeit“ gehüllt, scheine uns die Bedrohung gar nicht zu betreffen. Statt uns angesichts der Riesengefahr gegenseitig die Ohren vollzuschreien,[7] das Thema – wie auch Jaspers forderte – „nicht mehr zur Ruhe kommen zu lassen“,[8] verwendeten wir Nuklearwaffen, um mit ihnen weiterhin im alten Stil unsere Interessen und Parteiziele zu verfolgen.

Günther Anders sprach von unserer „Apokalypse-Blindheit“: „Vor dem Gedanken der Apokalypse streikt die Seele.“[9] Auch Russell nahm auf diese Diskrepanz Bezug. Atavistisch seien unsere Gefühle und politischen Verhaltensweisen an einer langen kriegerischen Vergangenheit orientiert, doch unsere technologischen Errungenschaften hätten uns in eine geschichtliche Situation katapultiert, in der sie keinerlei Sinn mehr machten.[10] Können wir also überhaupt jene Realitätseinsicht gewinnen, die angemessen wäre? Eher, so Karl Jaspers, neigen wir zu einer „Vergessenheit, weil es sonst unerträglich wäre“, so als sei der Untergang der Menschheit unmöglich. Aber: „Alles ist möglich.“[11] Was uns daher, so Anders, in „faszinierender Überdeutlichkeit vor Augen stehen müsste, steht umgekehrt gerade im Mittelpunkt unserer Vernachlässigung“. Von ihm „fortzusehen, fortzuhören, fortzuleben, ist das Geschäft unserer Epoche“. In völlige Unsichtbarkeit getaucht sei die Zukunft. Gerade im Hinblick auf die Nuklearwaffen müsse, wie etwa auch Albert Schweitzer in seinen damaligen Rundfunkvorträgen betonte, der „Faktor Zeit“ berücksichtigt werden.[12] Anders schlug deshalb vor, bereits an das Jahr 2500 zu denken.[13] Können wir, so die weiterhin hoch aktuelle Anfrage, ernsthaft glauben, dass bis dahin, ohne grundsätzliche Änderung unserer politischen Gepflogenheiten, keinerlei atomare Auseinandersetzung stattgefunden hat? Kann eine Atempause zum Dauerzustand werden? Ist die Katastrophe nach Ablauf der Galgenfrist im Grunde vorprogrammiert?

Der Nihilismus der Atombombe

Wie aber ist diese Situation moralisch zu beurteilen? Darf man Atomwaffen einsetzen, darf man mit ihnen drohen, ja darf man sie überhaupt besitzen? Wie sollen Menschen, die als technologische Heroen zugleich moralische Krüppel sind, solche Fragen beantworten? Stellen uns doch gerade die ethischen Paradoxien von Atomwaffen vor gewaltige Herausforderungen. Die wichtigste Paradoxie formulierte Carl Friedrich von Weizsäcker 1957 so: „Die großen Bomben erfüllen ihren Zweck, den Frieden und die Freiheit zu schützen, nur, wenn sie nie fallen. Sie erfüllen diesen Zweck auch nicht, wenn jedermann weiß, dass sie nie fallen werden. Eben deshalb besteht die Gefahr, dass sie eines Tages wirklich fallen werden.“[14] Dass dies auch auf die kleinen, die angeblich „taktischen“ Bomben zutrifft, überhaupt der bis heute gedachte „führbare Atomkrieg“ und die kalkulierte Begrenzung seiner Folgen eine Illusion ist, zeigen Studien über seine Auswirkungen. Daran wird deutlich: Die rationale Beziehung zwischen dem Mittel (der Waffe) und dem Zweck (der politischen Absicht) ist durch eine Art Aporie zerbrochen: Eine Politik mit Atomwaffen ist wirksam, weil das ungeheuerliche, unkalkulierbare Zerstörungspotential in die Kalkulation einbezogen ist, und aus genau dem gleichen Grund ist sie unwirksam. Bedeutet also eine wie auch immer interpretierte Atompolitik, dass die Katastrophe gegenwärtig verhindert wird, während sie in Zukunft um so sicherer eintritt, so stellt dies auch den politischen Entscheidern der Gegenwart ein schlechtes Zeugnis aus.

Damals war es nicht nur Günther Anders, der auf zwei kardinale Konsequenzen des Besitzes von Massenvernichtungsmitteln aufmerksam machte: Sie drohen erstens den Massenmord an, und sie sind zweitens totalitär. „Der atomare Untergang“ ist, so Anders, „kein Selbstmord, sondern eine Ermordung der Menschheit.“[15] Auch Bertrand Russell sprach ausdrücklich vom Massenmord, der zu unserem angeblichen Schutz geplant werde.[16] Ähnlich formulierte es der Theologe Helmut Gollwitzer, ein bekannter Aktivist in der damaligen deutschen Friedensbewegung:[17] „Denn nur in mörderischer Gesinnung kann man sie [die Bombe] herstellen und anwenden […] Wer sie besitzt, wird durch sie in die Gesinnung des Mörders gedrängt.“[18] Gollwitzer war sich mit anderen Kritikern darüber einig, dass – wie es Anders ausdrückte – nicht etwa nur der Einsatz, sondern bereits der Besitz solcher Waffen unmoralisch sei. Denn einerseits bilden sie ein permanentes Mittel der Erpressung, und andererseits sind im Ernstfall alle „Nichteigentümer als ‚liquidierbar’ anzusehen“.[19] Potentiell gehöre die gesamte Menschheit zur Liquidierungsmasse eines mit Nuklearwaffen ausgetragenen Konfliktes. Daraus leitet sich nach Anders auch der totalitäre Charakter von Nuklearwaffen ab. Bereits deren purer Besitz verwandle „die Erde in ein ausfluchtloses Konzentrationslager.“[20] „Grundsätzlich in den Händen von Inkompetente[n]“[21], von „Mediokren“, unter Umständen von „ausgesprochene[n] Verbrechern“,[22] halten Politiker und Militärs die Bevölkerung in einer Art Geiselhaft, der niemand im vollen Bewusstsein aller denkbarer Konsequenzen zugestimmt hat. Und auch wenn eine Zustimmung erfolgt wäre, würde sie rechtsstaatlich-demokratischen Prinzipien widersprechen, denn der Besitz von Atomwaffen negiert das Menschenrecht auf Leben, das keiner noch so qualifizierten Mehrheitsentscheidung unterworfen werden darf. So war etwa das Verhalten der Kennedy-Administration während der Kubakrise ein den Beteiligten klar bewusstes Spiel mit dem weltweiten Massensterben und das letztlich – wie Russell durchaus zutreffend urteilte –, „weil die von den Kubanern bevorzugte Regierung reichen Amerikanern […] nicht passt[e]“.[23] Das gilt umso mehr für die „Madman-Theorie“ des US-Präsidenten Richard Nixon im Hinblick auf den Vietnamkrieg, die den Massenmord ganz ausdrücklich als Drohung eines unberechenbar Verrückten strategisch zu nutzen versuchte.[24] Durch solche impliziten Verstöße gegen die Menschenrechte schlägt der Besitz von Nuklearwaffen also auch die Wertebasis des westlichen Demokratie in den Wind. Atomwaffen, so Anders, seien in diesem Sinne nihilistisch. „Nihilismus und Bombe“ bilden „einen einzigen Komplex“.[25] „Das Absurde ist also“, so Anders, „dass, wenn man das Gerät besitzt, Moralisch-sein objektiv unmöglich ist.[26]

Quelle      :     Blätter          >>>>>       weiterlesen

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Grafikquelle       :      This picture was taken at Mysuru, India in 2007.

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Neue Werte – neue Eliten

Erstellt von Redaktion am 9. August 2020

Westliche Werte als Rohrkrepierer

Quelle     :      Scharf  —   Links

Von Rüdiger Rauls

Seit Jahrzehnten missbraucht der Westen die Menschenrechte für seine politischen und wirtschaftlichen Interessen. Nun drohen gerade die sogenannten westlichen Werte, die eigenen Gesellschaften von innen aufzulösen.

Rückblick

Am 30.4.1975 endete der Vietnamkrieg mit dem Einmarsch des siegreichen Vietkong in Saigon. Die Amerikaner waren geschlagen und verließen fluchtartig das Land. Damit endete nicht nur der Indochina-Krieg. Etwa zur gleichen Zeit zerbrach auch das portugiesische Kolonialreich in Afrika Sein Zerfall brachte nicht nur sozialistisch orientierte Staaten hervor, sondern mit der Revolution der Nelken im portugiesischen Mutterland drohte erstmals ein westliches Land, sozialistisch zu werden.

Der Versuch, den Sozialismus militärisch zu besiegen, war gescheitert. Die Armen der Welt hatten keine Angst vor dem Kommunismus. Sie fürchteten viel mehr die Kriege derer, die vorgaben, sie vor dem Sozialismus schützen zu wollen. Mit diesen Niederlagen endete die westliche Strategie des Anti-Kommunismus, des militärischen Sieges über den Sozialismus. Es musste eine neue Strategie zu seiner Eindämmung gefunden werden.

Ende der 1970er Jahre entstand unter dem damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter in einer eigens dafür gegründeten Denkfabrik die Strategie der Menschenrechte. Sie war die Reaktion auf die  militärischen Niederlagen gegen die Befreiungsbewegungen, aber auch auf den Friedenswillen der Menschen weltweit(1). Diese Strategie war erfolgreicher. Sie war einer der Gründe für den Zusammenbruch des Sozialismus sowjetischer Prägung.

Die Neuordnung der Welt

Mit der Menschenrechtsstrategie war es dem Westen gelungen, aus einem politischen Konflikt einen moralischen zu machen, in dem er die Deutungshoheit hatte an sich reißen können. Er erklärte, wer zu den Guten gehörte und wer zu den SchurkenstaatenInteressen verschwanden immer mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung. Das Reich des Bösen, als das  der ehemalige US-Präsident Ronald Reagan die Sowjetunion bezeichnet hatte, war weiterhin Ziel westlicher Vernichtung, nun aber unter moralischen Gesichtspunkten, nicht mehr unter politischen.

Mit dem Untergang der UdSSR war der mächtigste politische Gegner des Westens von der Weltbühne verschwundenFortan stellte der Sozialismus stellte keine Gefahr mehr dar. Zwar wurde die chinesische Gesellschaft weiterhin von einer kommunistischen  Partei geführt, weil das Land sich  aber gerade im Öffnungsprozess für westliches Kapital befand, war der Westen milde gestimmt. Zudem hoffte man auf eine ähnliche Entwicklung wie im Osten Europas: Wandel durch Annäherung, Zusammenbruch durch Öffnung.

Da sich aber die Menschenrechtsstrategie bewährt hatte, wie das Beispiel der Sowjetunion gezeigt hatte, hielt man auch weiterhin daran fest. Denn die Umstände waren günstig, weitere Neuordnungen im eigenen wirtschaftlichen und politischen Interesse durchzusetzen. Es gab keinen Gegenspieler mehr, der hätte Widerstand leisten können und auf den man hätte Rücksicht nehmen müssen.

Menschenrechte als Kriegsgrund

Kriege gegen Jugoslawien, Afghanistan und den Irak folgten unter dem Vorwand, dort den Menschenrechten Geltung verschaffen zu wollen, ja zu müssen. Unliebsame Staatsmänner wurden als Diktatoren gestürzt. Dagegen genossen die willfährigen weiterhin den Schutz des Wertewestens – wenn auch unter den kritischen Appellen, die Menschenrechte zu achten.

Besonders in den Staaten des Nahen Ostens und den ehemaligen Sowjetrepubliken wurden gesellschaftliche Konflikte vorort genutzt, um im Namen der Menschenrechte jene Kräfte zu unterstützen, die für die westlichen Interessen genutzt werden konnten. In Libyen erhielten die Gegner Gaddafis, in Syrien diejenigen Assads alle erdenkliche Hilfe bis hin zu Waffenlieferungen und Unterstützung in Form von Luftüberwachung und militärischer Ausbildung.

Die Menschenrechtsstrategie war zu einem Mittel der Neuordnung der Welt im kapitalistischen Sinne geworden. Und selbst in den Hochburgen der Länder, die diese Strategie verfolgten, waren viele, die sich für fortschrittlich und kritisch hielten, Teil dieser Ideologie geworden.

Dabei was das Engagement einer breiten Öffentlichkeit für die Einhaltung der Menschenrechte ehrlich. Es war frei von Heuchelei oder Heimtücke. Die meisten Menschen wollen gut sein und sie wollen, dass es allen anderen auch gut geht, nicht nur ihnen allein und den eigenen Kindern. Deshalb verfing bei ihnen auch der ehrliche und ernstgemeinte Einsatz für die Menschenrechte, für das Wohlergehen aller.

Nach den großen Weltkriegen, den vielen regionalen Kriegen, angesichts der atomaren  Bedrohung zwischen Ost und West schien mit der Ausrufung der Menschenrechtspolitik ein Ende dieser Gefahren und Katastrophen greifbar. Das traf den Nerv der Zeit, denn die Menschen waren der Konflikte überdrüssig. Deshalb ließen sich viele vor einen Karren spannen, dessen Fahrtrichtung sie erst später erkennen sollten, einige auch nie.

Aber die Kriege endeten nicht. Es änderten sich nur die Gründe. Fortan wurden sie im Namen der Menschenrechte geführt, unterstützt von denen, die sich für die Menschenrechte einsetzten. Als ehemalige Anti-Kriegs-Partei trugen die Grünen in Deutschland den Überfall auf Jugoslawien und Serbien. Auch gegen den Afghanistan-Krieg hatten sie keine Einwände. Auch der immer häufigere Einsatz deutscher Truppen in Krisengebieten fand ihre Zustimmung. Es ging ja um die gute Sache.

Faschistoide Züge

In der Folge forderten prominente Vertreter der Grünen und sogenannte Menschenrechtsaktivisten gar den Einsatz deutscher Soldaten in Libyen und Syrien zum Schutze von Verfolgten. Die Risiken ihres Idealismus sollten aber nicht sie selbst tragen sondern diejenigen, die sie in den Kampf schicken wollten. Deren Menschenrechte schienen bei diesen Überlegungen im Kampf für das „Gute“ keine Rolle zu spielen. Waren das die Opfer, die für die gute Sache gebracht werden mussten?

Großzügig ging man auch über die Menschenrechte der Bewohner von Belgrad, Tripolis und Mossul hinweg, die im Bombenhagel westlicher Angriffe ihr Leben verloren. Sollten sie überhaupt um Befreiung gebeten haben, dann aber sicherlich nicht in dieser Form. Tausende verloren Leben und Besitz im Stahlgewitter derer, die vorgaben, im Interesse der Menschenrechte zu handeln. Aber galten diese nicht auch für die Opfer auf der Gegenseite? Oder ist deren Schutz nur begrenzt auf diejenigen, die der Westen als schützenswert ansieht?

Unter der westlichen Menschenrechtspolitik haben diese ihre universelle Geltung als Schutzrechte  verloren. Sie sind von einem allgemein gültigen Recht zu einem Auswahlverfahren geworden. Westliche Menschenrechtspolitik unterscheidet in ihrer Umsetzung zwischen schützenswertem Leben und solchem, dem nur unter bestimmten Bedingungen Schutz zusteht.

Damit aber nimmt diese Politik faschistoide Züge an. Sie stellt sich über die Menschenrechte und wertet das Lebensrecht unterschiedlich in ein höheres Lebensrecht für die eigenen Gefolgsleute und ein untergeordnetes für die anderen. Das universelle Menschenrecht wird dadurch zu einem Recht nach Interessenlage. Damit ist Menschenrechtsorientierung ideologisch nicht mehr weit vom Faschismus entfernt.

Dessen  psychologische Grundlage war neben seinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen die Vorstellung, einer Elite anzugehören und dadurch über eine höheres Lebensrecht zu verfügen, gemessen an dem anderer Menschen. Der Faschismus unterschied dieses Lebensrecht nach der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion oder Volksgruppe.

Dabei stützte er sich auf  angeblich wissenschaftliche Erkenntnisse. Wie so oft zeigte sich auch hier die Fragwürdigkeit von Wissenschaft(2). Jedes Elitedenken trägt in sich die Gefahr, sich früher oder später ein höheres Lebensrecht anzumaßen.

Neue Werte – neue Eliten

Auch die heutigen Eliten betrachten gerade die Wissenschaft als eine der Grundlagen, aus denen sich das Bewusstsein ihrer Überlegenheit nährt. Ihre Nähe zur Wissenschaft gibt ihr den Anschein von Moderne. Sie definieren sich nicht über rassische, ethnische oder religiöse Merkmale sondern über ihre Bildung und vor allem über Werte. Diese verordnen sie nicht sich selbst als Leitlinie für ihr Handeln und Denken sondern hauptsächlich dem Rest der Gesellschaft.

Klima-Aktivisten kämpfen gegen die schädliche Wirkung des Kohlendioxid, gestützt auf die Erkenntnisse der Wissenschaft. Dabei richtet sich ihr Kampf in erster Linie gegen das vom Menschen erzeugte CO2. Dass die Natur in wesentlich höherem Maße selbst diesen Stoff produziert, wird dabei trotz wissenschaftlicher Erkenntnis weitestgehend unter den Teppich gekehrt.

Der Protest gegen das menschengemachte Kohlendioxid richtet sich aber nur scheinbar gegen das Verhalten der Menschen allgemein. Unausgesprochen richtet er sich gegen jene, die nicht nach den moralisierenden Wertmaßstäben der Klima-Elite leben.

Denn diese stellt hauptsächlich Autofahrer an den Pranger, dabei besonders den Individualverkehr, ferner Fleischesser, dabei besonders die Konsumenten von sogenanntem Billigfleisch. Weitere Zielgruppen ihrer Kritik sind die Nutzer von Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen. Sie machen also all diese gesellschaftlichen Gruppen verantwortlich für den Klimawandel, zu denen sie selbst nicht gehören oder zu denen sie sich selbst nicht zählen.

Auch in der aktuellen Debatte um Corona und die Maßnahmen, die die meisten Regierungen zu seiner Bekämpfung ergriffen haben, berufen sich die Gegner dieser Maßnahmen auf Werte. Sie betrachten sich als die Kämpfer für die demokratischen Grundrechte und damit als ihre eigentlichen Vertreter.

Den Kampf gegen die Maske sehen sie nicht nur als Kampf gegen einen Maulkorb und für Meinungsfreiheit sondern auch im weiteren Sinne als einen Kampf gegen eine Verschwörung, die von nicht näher bestimmten Kräften ins Leben gerufen worden sein soll. Viele vermuten unterhalb der Ebene des offiziellen Staates das Wirken eines Tiefen Staats, der die bürgerlichen Werte beseitigen und die Menschen ihrer Rechte berauben will.

Dass an dieser Stelle die beiden letzten stärkeren gesellschaftlichen Bewegungen hervorgehoben wurden, liegt zum einen daran, dass die Klima- und die Corona-Proteste die neusten Entwicklungen darstellen. Zum anderen werden aber gerade an diesen beiden die Grundzüge der neuen Eliten deutlicher als je zuvor.

Grundlage ihres Denkens und Handelns ist einerseits die Inanspruchnahme der Menschenrechte als ihre Domäne, neuerlich ergänzt durch ihre spezielle Form der Bürgerrechte. Hinzu aber kommt auch ein Bild von sich selbst, dass man zu den wenigen gehört, die aufgrund der eigenen Bildung, ihrer wissenschaftlichen Orientierung und eines überlegenen Intellekts gesellschaftliche Vorgänge durchschaut, die der großen Masse der Unwissenden und Ahnungslosen verborgen bleiben.

Aus all dem nährt sich ein Gefühl und Bewusstsein von moralischer Überlegenheit. Aber man bezieht sich nicht nur auf Werte, man herrscht auch über sie. Diese Werte-Elite bestimmt ihre Definition und Anwendung der Werte, und sie stellt an den Pranger, wer dagegen verstößt. Die Werteorientierung, die gerade die westlichen Staaten und ihre gesellschaftlichen Führungskräfte zum Maßstab allen Handelns erhoben haben, verleiht ihnen dabei Rückendeckung.

Wachablösung

Lange war es im Westen gelungen, die Illusion der eigenen Bürger aufrecht zu erhalten, dass dem  Einsatz der Meinungsmacher das ehrliche Interesse an den Menschenrechten zu Grunde liegt.  Das galt sicherlich auch für viele. Aber mit jedem Kriegseinsatz, mit jeder Farbenrevolution, mit jeder Unterstützung für zweifelhafte Rebellen waren auch die Zweifel an der Glaubwürdigkeit westlicher Werteorientierung gewachsen.

Schon bei der Begründung des Afghanistan-Kriegs war die Skepsis in der Weltöffentlichkeit groß. Aber wer wollte sich schon gegen Bush Junior stellen und damit hinter die Taliban? Die Hinweise auf deren Schreckensregiment in Afghanistan erstickten jeden Widerspruch.

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Spätestens jedoch mit dem letzten Irak-Krieg war der Menschenrechtsorientierung des Westens die Maske heruntergerissen worden. Mit den erlogenen Kriegsgründen war aller Welt deutlich geworden, dass dieser Krieg nicht aus den idealistischen Gründen geführt wurde, mit denen die Bush-Regierung den Überfall auf den Irak zu rechtfertigen versucht hatte. Man wollte den Krieg, und da war jedes Mittel recht. Das war ganz offensichtlich und übersehen konnte das nur, wer es nicht wahrhaben wollte.

Je mehr jedoch die Führungskräfte der westlichen Welt an Glaubwürdigkeit einbüßten, um so mehr übernahmen gesellschaftliche Gruppen und Initiativen in den westlichen Staaten diese Rolle. Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) und sonstigen zivilgesellschaftlichen Gruppen setzten sich für die Ideale ein, die der Westen einmal vertreten hatte. Zunehmend verstanden sie sich als die Gralshüter jener Werte, und so traten viele auch in Diskussionen und der Öffentlichkeit auf.

Sie schreiben dem Rest der Gesellschaft Sprachregelungen vor und wollten gar auf den Speiseplan von Kantinen Einfluss nehmen. Sie legten fest, was rassistisch sei, sexistisch, frauenfeindlich, schwulenfeindlich, ausländerfeindlich und gegen sonstige gesellschaftliche Minderheiten gerichtet. Dabei urteilen sie immer mehr nach formalen Gesichtspunkten, nach der Wortwahl.

Ob die beanstandeten Äußerungen auch inhaltlich den Vorwürfen standhalten, die man in der Wortwahl zu erkennen glaubt, ist nebensächlich geworden. An gesellschaftliche Vorgänge und Diskussionen legt diese neue Werte-Elite die Messlatte ihrer Ideale – der eigenen Ideale. Diese bilden die Grundlage ihrer Argumentation, ihrer Forderungen und ihrer Weltsicht, aber nicht die Welt selbst.

Sie untersuchen nicht die Bedingungen, unter denen die Veränderungen in der Welt vonstatten gehen. Sie versuchen  nicht, die Vorgänge zu verstehen, die inneren Triebkräfte von Entwicklungen zu erkennen. Stattdessen verurteilen sie, was sie nicht verstehen oder nicht wahrhaben wollen, und übernehmen unkritisch, was das eigene Weltbild bestätigt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit anderen Sichtweisen findet kaum statt. Ein Interesse an Erkenntnis ist nicht feststellbar.

Waren ihre Vorgänger in der Verwaltung der westlichen Werte noch getrieben von Interessen, die sie hinter Idealen versteckten, so ist diese neue Elite getrieben von Idealen, die mit  missionarischem Eifer und unkritischem Bekennertum einhergehen. Aber ein Bewusstsein über gesellschaftliche Zusammenhänge ist nicht zu erkennen. Trotz der scheinbar politischen Forderungen ist diese Elite weitgehend unpolitisch. Für sie steht moralische Empörung im Vordergrund, verbunden mit emotionaler Aufgeregtheit.

Schwäche als treibende Kraft

Diese moderne Elite der Intellektuellen und Gebildeten schöpft ihre Kraft nicht aus innerer Stärke. Sie gewinnt nicht durch überzeugende Sichtweisen, die die Vorgänge in der Welt verständlicher machen. Sie besticht nicht durch eine Darstellung, die Entwicklungen deutlicher und nachvollziehbar werden lässt. Ihre Argumente sind nicht geprägt von kühler Sachlichkeit sondern von hitziger Empörung.

Ihre Vertreter überzeugen nicht, sondern machen unter dem Schwall ihrer Kenntnisse, Theorien und Vermutungen Andersdenkende mundtot, schüchtern ein durch moralische Entrüstung. Sie wollen nicht überzeugen, sie wollen Recht haben. Wissenschaft, auf die sie sich berufen, wird nur anerkannt, wenn sie die eigene Sichtweise bestätigt.

Andere Ansichten werden als Ausdruck von Dummheit angesehen. So kursiert im Netz unter der Melodie von Reinhard Meys „Über den Wolken“ die Abwandlung: „Hinter dem Masken muss die Dummheit wohl grenzenlos sein“.  Und der Autor Rüdiger Lenz meint gar, dass die in unserer Gesellschaft festzustellende „Verbildungsdichte nur von einer Minderheit begriffen, enttarnt und dann auch selbst verändert wird.“  Das bezeichnet treffend das elitäre, ja fast missionarische Bild, das man von sich selbst hat.

Aber trotz ihrer teilweise sehr überheblichen Einstellung hat diese Elite Zulauf. Das ist aber nicht auf die eigene Überzeugungskraft zurück zu führen, sondern hauptsächlich auf die argumentative Schwäche derer, die früher die öffentliche Meinung bestimmten: die Medien, Parteien und sonstige richtunggebende Führungskräfte der Gesellschaft.

Diesen ist die ideologische Überzeugungskraft verloren gegangen. Das muss nicht bedauert werden, weil auch sie sich weitgehend auf die Manipulation der Medienkonsumenten gestützt hatten und immer noch zu stützen versuchen. (3) Aber den Medienkonsumenten fehlt die Orientierung eines nachvollziehbaren Weltbildes, das früher von den Führungskräften der Gesellschaft ausging.

Besonders auffällig ist dieser ideologische Verfall bei den Parteien. Sie haben weitgehend ihre meinungsbildende und meinungsstiftende Bedeutung im gesellschaftlichen Rahmen verloren.  Ihre Rolle beschränkt sich immer mehr auf das Aufstellen von Forderungen, denen aber die Ableitung fehlt. Den meisten Beobachtern des politischen Geschehens erschließt sich nicht mehr, aus welchen politischen und gesellschaftlichen Erkenntnissen und Einschätzungen die vorgetragenen Forderungen erhoben werden.

Klima und Corona

Dieses Defizit soll an den bedeutenden gesellschaftlichen Bewegungen der letzten Zeit verdeutlicht werden. In der Klima-Debatte hatten sich besonders die konservativen Kräfte und Parteien weitgehend der kritischen Auseinandersetzung entzogen. Sie versuchten die Klima-Aktivisten zu  beschwichtigen oder ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie sich grüner gaben als die Klimaschützer selbst.

Damit aber ließen diejenigen ohne Argumente und überzeugende Sichtweisen allein, die die Meinungen der Klima-Aktivisten nicht teilten, Zweifel daran hatten und die Sachlichkeit ihrer Argumente infrage stellten. Ihnen fehlte das argumentative Rüstzeug, das sie gewohnt waren, von den Meinungsmachern zu erhalten und das es ihnen ermöglicht hätte, die inhaltliche Auseinandersetzung mit jenen zu führen. Statt ihre Anhänger zu stärken und diese in der Auseinandersetzung mit den selbsternannten Klimaschützern zu unterstützen, ließen die Konservativen ihre eigentliche gesellschaftliche Basis im Stich.

Auch in der Corona-Debatte sind die herrschenden Kräfte nicht in der Lage die Widersprüche zu erklären, die sich aus ihrem heutigen Handeln und früheren Aussagen zur Pandemie ergeben. Das wurde besonders an den Einstellungen zur Maske deutlich, die von den Meinungsmachern erst über Wochen abgelehnt worden war, nun aber als alternativlos gilt.

Statt zu diesen Fehleinschätzungen zu stehen, weichen die Verantwortlichen aus, verstecken sich hinter Dementis oder leugnen die Ereignisse der Vergangenheit. Sie stellen sich nicht kraftvoll der inhaltlichen Diskussion. Damit machen sie diejenigen stark, die diese Widersprüche deuten als Teil eines Planes, der andere Absichten verfolgt.

Diese alten Eliten haben keine Kraft mehr, von ihnen geht keine Frische mehr aus. Sie sind ausgelaugt. Es fehlt ihnen das Personal, das Zuversicht ausstrahlt und Begeisterung verbreiten könnte durch die Sichtweisen, die sie vertreten. Die alten Eliten verkörpern keinen Aufbruch mehr. Sie verwalten das Bestehende, dafür stehen sie in der Augen der Öffentlichkeit. Aber das genügt nicht für eine gesellschaftliche Erneuerung.

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In der Vermeidung gesellschaftlicher Diskussionen und Auseinandersetzungen, im Besänftigen von Konflikten haben sie Profil und Argumentationskraft verloren. Statt sich sachlich zu messen mit den Andersdenkenden, tapfer die Waffen der Argumente zu kreuzen, verkriechen sie sich hinter Beschwichtigungen und Beschimpfungen, wenn Beschwichtigungen nicht mehr helfen.

Es war ein Zeichen von ideologischer Schwäche, sich seinerzeit nicht den Anhängern von Pegida zu stellen, ihre Argumente zu hören, zu wiegen und ihnen mit überzeugenden Sichtweisen die Stirn zu bieten. Sie aus dem Hintergrund als Nazis in Nadelstreifen oder als Pack zu bezeichnen, hat an Ansehen und Glaubwürdigkeit gekostet, vermittelte den Eindruck von Feigheit.

Dieses unsachliche Auftreten hatte jene nicht überzeugt, die die politischen Auseinandersetzung in der Gesellschaft interessiert verfolgen. So hat auch die inflationäre Verwendung des Nazi- oder Anti-Semitismus-Vorwurfs eine Zunahme des Anti-Semitismus in der Gesellschaft nicht verhindern können. Hierin offenbart sich nur die Hilflosigkeit derer, die damit um sich schlagen.

Ausblick

Die alten Wertmaßstäbe verlieren ihre Aussagekraft und Gültigkeit. Der Westen stellt sich in seinen Handlungen immer weniger als eine Gemeinschaft dar, die tatsächlich von Werten getragen ist. Das erleben diejenigen immer öfter, die einmal daran glaubten und davon überzeugt waren. Sie bleiben ratlos zurück und wenden sich enttäuscht ab.

Andererseits kollidieren die Weltbilder der neuen Eliten zu oft mit der alltäglichen Wirklichkeit der meisten Gesellschaftsmitglieder. Denn die Weltsicht der ersteren ist geprägt von rigorosem Moralismus und  idealistischen Wertmaßstäben, die mit der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen wenig zu tun haben. Diesen erscheinen deren Ideale als weltfremd und gegen sie gerichtet. Sie bieten keinen Ausblick in eine freundliche Zukunft, auch wenn sie sich zukunftsweisend geben.

Im Spannungsfeld dieser Extreme löst sich der Zusammenhalt der westlichen Gesellschaften immer mehr auf, wie die zunehmenden Konflikte und Auseinandersetzungen zeigen. Die Werte, die diese Gesellschaften Jahrzehnte lang zusammenhielten, werden nun zum Spaltpilz. Sie befördern den Fäulnisprozess, der sich aus der Auflösung der Werte zu entwickeln scheint. Tatsächlich aber sind es nicht die Werte, die sich auflösen, sondern die Täuschung. Der Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit jedoch wird klarer.

1          Siehe dazu Rüdiger Rauls: Die Werte-Elite

2          Siehe dazu Rüdiger Rauls: Wirklichkeit belehrt Wissenschaft

3          Siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände

Rüdiger Rauls Buchveröffentlichungen:

            Krieg um Syrien Buchbeschreibung

•       Wie funktioniert Geld? Buchbeschreibung

•       Kolonie Konzern Krieg – Stationen kapitalistischer Entwicklung Buchbeschreibung

•       Zukunft Sozialismus oder die Grenzen des Kapitalismus Buchbeschreibung

•       Die Entwicklung der frühen Gesellschaften-Die Geschichte Afghanistans Buchbeschreibung

•       Was braucht mein Kind? Buchbeschreibung

•       Späte Wahrheit (Prosa) Buchbeschreibung

Herausgeber von:

•       Imre Szabo: Die Hintermänner ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung

•       Imre Szabo: Die Unsichtbaren ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung

Urheberrecht
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Grafikquellen      :

Oben      —        Thumbnails of the film footage showing the events just before and after the photograph was taken[12][13]

2.) von Oben       —       Thomas de Maizière als Verteidigungsminister (2012) beim Besuch der ISAF-Truppen im OP North

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3.) von Oben      —      Demonstration gegen die Sicherheitskonferenz 1.2.2014 – München

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Antisemitismus-Diskussion :

Erstellt von Redaktion am 9. August 2020

Felix Klein hat verstanden

Bamberg Maskerade 1837 img23.jpg

Von Ze’ev Avrahami

Statt Antisemitismus zu bekämpfen, wird diskutiert, was genau ihn ausmacht. Doch am Ende aller theoretischen Debatten stehen immer echte Menschen.

Einen Monat nachdem ich zur israelischen Armee eingezogen worden war, brach die erste Intifada aus. Statt Soldat zu sein, machte ich Polizeiarbeit, sagte den Menschen, wann sie zur Arbeit gehen konnten und wann sie ihre Läden schließen mussten, wann sie die Grenze passieren und wann sie schlafen konnten. Einen Monat nachdem ich aus der Armee entlassen worden war, ging ich auf Reisen. (In Israel sagen wir: Wir dienen drei Jahre und versuchen den Rest unseres Lebens, diese drei Jahre zu vergessen.) Auf meiner Reise begann ich Briefe an meine Freundin zu schreiben, die ich in Israel zurückgelassen hatte.

Ich schrieb ihr, wie schrecklich depressiv ich war und dass diese drei Jahre des Anweisungenbellens und Anderen-Menschen-Sagens, was sie zu tun haben, mich für immer verfolgen würden. Dass sie ein Teil dessen geworden waren, was ich bin. Ich erinnere mich, dass ich ihr schrieb, dass wir da rausmüssen – nicht nur für die Palästinenser, sondern wegen der furchtbaren und brutalen Auswirkungen, die all das auf uns, auf die israelische Gesellschaft haben würde. Sie schrieb zurück: „Du hast recht. Ich habe einen neuen Freund.“

Felix Klein wurde als Beauftragter der Bundesregierung berufen, um die Auswirkungen des zunehmenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft, in Deutschland, zu bekämpfen. Was nicht in seiner Jobbeschreibung steht, ist, dass er dabei unsere Gesellschaft heilen muss, jene Gesellschaft, die diese Form des Hasses reproduziert und schützt. Klein hat das begriffen.

Er versteht, dass man Krebs nicht mit einem Pflaster verarztet, er weiß, dass er das Bewusstsein der Deutschen schärfen und Diskussionen anstoßen muss. Er hat begriffen, dass das Problem nicht nur an den Rändern der Gesellschaft (bei den Rechten) liegt, sondern auch in ihrer Mitte. Dort, wo gebildete Menschen nicht einmal bemerken, dass das, was sie sagen und tun, antisemitisch ist. So wie sie es auch nicht merken, wenn sie rassistisch handeln. Er hat all das verstanden, und genau deshalb wollen einige, dass er seinen Posten räumt.

Mehr als 60 deutsche und israelische Intellektuelle haben letzte Woche in einem Brief an Kanzlerin Merkel darüber geklagt, dass der aktuelle „Gebrauch des Antisemitismusbegriffs“ darauf abziele, „legitime Kritik an der israelischen Regierungspolitik zu unterdrücken“, und Klein vorgeworfen, rechtspopulistische israelische Stimmen zu fördern.

Faszinierend an diesem offenen Brief ist, dass viele der Unterzeichneten keine Deutschen sind und auch nicht in Deutschland leben. Ich weiß nicht, woher sie – die meisten von ihnen sind Israelis – die Chuzpe haben, sich in eine innerdeutsche Angelegenheit einzumischen und zu fordern, eine Person zu entlassen, die von der Bundesregierung eingesetzt wurde. Die Hälfte der Unterzeichneten lebt nicht hier, von der anderen Hälfte sind viele keine Juden – somit sind die allermeisten von ihnen nicht direkt vom Antisemitismus in Deutschland betroffen. Wie also können sie diesen Brief unterschreiben? Und warum eigentlich haben so wenige Deutsche unterschrieben? Dazu komme ich gleich.

Debatte um Achille Mbembe

Hintergrund des Briefs war, dass Felix Klein gefordert hatte, den Philosophen Achille Mbembe nicht die Eröffnungsrede der Ruhrtriennale halten zu lassen. Als mit öffentlichen Mitteln gefördertes Event solle die Ruhrtriennale Mbembe wegen seiner Haltung zu Israels Existenzrecht, seiner Haltung zu BDS und der Art, wie er in einem seiner Werke den Holocaust relativiert, nicht einladen.

Mbembes Unterstützer sagen, keine dieser Anschuldigungen sei wahr. Fürs Protokoll: In meinen Augen unterstützt Mbembe sehr wohl BDS, er schrieb unter anderem das Vorwort zu „Apartheid Israel“ und fordert die komplette Isolation Israels. Ich glaube auch, wenn Mbembe schreibt, die israelische Besetzung sei der „größte moralische Skandal unserer Zeit“, zeigt das, dass sein moralischer und geografischer Kompass etwas schief ist.

Doch warum treibt die Debatte so viele Menschen um? Nun, zunächst gibt niemand gern auf, was ihm oder ihr selbstverständlich scheint. Über den gesamten politischen, sozialen, kulturellen, medialen und akademischen Sektor hinweg sind Menschen daran gewöhnt, so schlecht über Israel sprechen zu können, wie auch immer sie wollen.

Der Spiegel hat – vielleicht in Anlehnung an seine Relotius-Standards, Israel erst kürzlich eine Corona-Diktatur genannt. Fakten und Belege für diese Behauptung gab es nicht. Doch Millionen Deutsche haben es gelesen, und es wird natürlich haften bleiben. Faktenlage hin oder her. Der Spiegel und andere Medien haben dieses Spiel perfektioniert: Titel so zu drehen, dass sie Israel indirekt anklagen, die Idee zu streuen, der Mossad kon­trol­liere die deutsche Außenpolitik im Nahen Osten, und so fort. Doch sie stehen allesamt sofort auf den Hinterbeinen, wenn jemand es wagt, das Spiel beim Namen zu nennen: moderner Antisemitismus.

Angela Merkel porte de Brandebourg.JPG

Klein will dem entgegenwirken. Er versteht, dass antisemitische Attacken in Deutschland die Früchte solch falsch gezeichneter Bilder und eindimensionaler Narrative über Israel sind. Wenn er und andere versuchen, ein anderes Narrativ aufzuzeigen, wirft man ihnen Zensur vor: Wie können sie es wagen, das Geschäft der Anti-Israel-Propaganda zu stören?

Liebe Deutsche, wenn ihr reden wollt, lasst uns gern reden: über die Besetzung, über Bibi und alles, was schiefläuft. Aber dann lasst uns bitte auch darüber reden, wie deutsche Steuergelder Terrortunnel finanzieren. Erst vergangene Woche räumte die niederländische Regierung ein, dass Gelder an eine Landwirtschaftsorganisation in Ramallah geflossen seien, die damit teilweise die Gehälter zweier des Mordes an der 17-jährigen Israelin Rina Shnerb Verdächtiger gezahlt haben. Auch die Bundesregierung unterstützt diese Organisation, obwohl Kritiker schon lange vor Verbindungen zu Terroristen warnen.

Wir können uns also gerne unterhalten – aber im Dialog, nicht in Monologen. Denn Reden unter Menschen, die sich einig sind, ist nichts anderes als Impotenz.

Israelkritik als Eintrittskarte

Quelle       :     TAZ        >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben       —    Tafel 23 (Ein Wagen mit eppes Schacherjüden), aus: Die Große öffentliche Maskerade zu Pferde und zu Wagen in Bamberg am Fastnachts-Montage 1837. Bamberg, Lachmüller, (1837).

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Unten      —     Angela Merkel durant son discours à la manifestation contre l’antisémitisme à la porte de Brandebourg le 14 septembre 2014

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DL – Tagesticker 09.08.2020

Erstellt von Redaktion am 9. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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„Wir sind dankbar für ihren Zorn“ !  Nanu – Was würde die Mutti wohl sagen wenn eines ihrer Nicht-Kinder ihr diese Worte eines Tages ins Gesicht werfen würde ? Wären das schon die Anzeichen einer neuen Opposition aus der Fäkaliengrube ? Das Ende für manche der Uniformierten aus den Totschlagtruppen der Allmächtigkeit ? Der Beginn eines Rechtsstaat der Werte ? Vielleicht sollten Verantwortliche  endlich beginnen einmal darüber nachzudenken – statt immer mit der Kritik in die Ferne zu schweifen? 

Beirut – Libanon :

1.) „Wir sind dankbar für ihren Zorn“

In Beirut hat sich nach der Explosion die Verzweiflung der Menschen entladen. Sie wissen nicht, ob die Proteste etwas bewirken. Aber irgendwohin müssen sie mit ihrer Wut. Mustafa Dhaybe reibt sich mit einer rohen Zwiebel durch die Augen. Dann duckt er sich weg. Aus dem abendroten Himmel von Beirut geht die nächste Salve Tränengas nieder. Seit nachmittags um kurz nach vier feuern die libanesischen Sicherheitskräfte im Zentrum auf Demonstranten. Dichte, beißende Schwaden quellen aus den niedergehenden Geschossen. Tausende, eher Zehntausende, waren zuvor aus der ganzen Stadt und anderen Landesteilen auf den Märtyrerplatz geströmt, der seit Dienstagabend um kurz nach sechs von zerstörten Gebäuden umringt steht. Die Explosion im Hafen, bei der 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat detonierten, hat die halbe Stadt in Schutt und Scherben zerlegt. Und sie hat die Libanesen dazu gebracht, aufzubegehren. So viele Menschen wie an diesem Samstag hatte man zuletzt zur Thawra hier gesehen, der libanesischen Revolution im vergangenen Herbst.

Zeit-online

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Sehen so die Folgen der verfehlten Politik in einen Rechts – oder Drecks – Staat aus ? Einen Dank an die Lobby – Politik ! Menschen brauchen so etwas eher nicht und Wüten gegen die Politiker-Innen ? Ist das IMI Seehofer, – welcher da grüßen lässt ?

Eigenbedarf! Demenzkranke wird nach 40 Jahren aus ihrer Wohnung geklagt

2.) Richter ohne Mitleid – Eigenbedarf!

Eine hochbetagte Berliner Rentnerin muss nach einem Gerichtsurteil ihre Mietwohnung verlassen. Besonders dramatisch: Die Frau leidet an Demenz. Die Vermieterin hatte mit ihrer Eigenbedarfsklage Erfolg, deshalb muss die kranke Mieterin nach 40 Jahren die Wohnung räumen. Ihr Anwalt will vor den Bundesgerichtshof ziehen. Die Richter des Berliner Amtsgericht haben per Gerichtsentscheid der Räumungsklage gegen die 81-jährige Gisela Bolduan stattgegeben, wie der „Berliner Kurier“ berichtet. Danach versuchte die Vermieterin bereits seit dem Jahr 2016, die Wohnung für ihre Kinder zu bekommen. Rentnerin Bolduan muss nach 40 Jahren die Melchanthonstraße im Stadtteil Moabit verlassen.

Focus

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Was den Religionen und den Rundfunk samt Fernsehen Heilig ist, müsste der schreibenden Zunft an und für sich einen Teufel wert sein ? Wurden die Weichen der Abhängigkeit dafür nicht schon unter Adenauer nach Kriegsende gestellt, als dieser darauf beharrte, ohne Alt-Nazis keine Allzeit hörige und blindäugige  Behörden auf die Beine stellen zu können! Darauf baute sich dann ja auch der – Schäfer-Clan in Chile auf, wo Deutschen Flüchtlingen eine neue Nazi Heimat verkauft wurden?  Die Altväterliche CDU ist, so scheint es, auch in der Jungen-Union noch sehr präsent ?

Die deutsche Presse soll erstmals Fördermittel bekommen.

3.) Das schmutzige Geld vom Staat

Das galt bisher als Tabu, viele fürchten um die journalistische Unabhängigkeit. Aber diese Schlussfolgerung ist zu simpel.

So richtig begeistert schien niemand zu sein, dabei klang der Beschluss gar nicht schlecht. Mit 220 Millionen Euro soll in den kommenden Jahren die „digitale Transformation“ der Zeitungsverlage gefördert werden. Wie genau, ist bisher unklar, dieser Tage stellt das Wirtschaftsministerium den Verlegerverbänden ein erstes Konzept vor. Undurchsichtig sei das alles, hochgefährlich und ein Tabubruch, schrieben Beobachter, nachdem der Bundestag Anfang Juli in seinem zweiten Nachtragshaushalt beschlossen hatte, deutsche Presseverlage künftig mit staatlichen Mitteln zu unterstützen. Selbst die Zeitungsverleger vom BDZV ließen nur lapidar verlauten: „Der Verband erkennt das Bemühen der Regierung an“. Diese Zurückhaltung verwundert nicht – auch wenn die Branche seit Jahren über sinkende Auflagen und einbrechende Anzeigenerlöse klagt und finanzielle Hilfe vom Staat gut gebrauchen könnte. Aber die Verlage fürchten um ihre journalistische Glaubwürdigkeit. Denn der Schritt geht ins Ungewisse. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wird eine Regierung privaten Medienhäusern Geld zustecken. Und es stellt sich die Frage, was das mit der Presse als demokratischer Instanz macht. Mit der strikten Trennung von freier Presse und Staat, die unverhandelbar sein müsste.

TAZ

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Nun einmal Butter an die Fische : Kam das Corona-Virus dieser Wirtschaftlich  abgewrackten Bundesregierung mit ihren Diesel – und Abzocker – Skandalen  auch ganz ohne Fieberthermometer nicht so richtig gelegen ? Wann jemals zuvor  waren die Umstände günstiger, die Bürger-Innen zu animieren von ihren Balkonen aus, eine über viele Jahre versagenden Arbeitspolitik mit Beifall zu überschütten ? So ganz ohne Verschwörungen und Häme, – erntet nicht jeder genau das,was er einst gesät hat ?

Thomas Berthold als Redner bei Protest gegen Corona-Einschränkungen

4.) Stuttgart

Laut Polizeiangaben haben in Stuttgart mehrere Hundert Teilnehmer gegen die Corona-Einschränkungen protestiert. Auf ihren Plakaten stand: „Mit Maske – Ohne mich“ oder „Wir haben euch durchschaut“. Thomas Berthold, Fußball-Weltmeister 1990, gehörte zu den Rednern. Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen haben sich am Samstag zu einer „Querdenken“-Demo versammelt. Die Polizei sprach von mehreren Hundert Teilnehmern, die Veranstalter nannten die Zahl 5000. Zunächst hatten sich die Teilnehmer bei großer Hitze auf dem Marienplatz versammelt und zogen dann Richtung Innenstadt. Demonstranten zeigten Transparente mit Aufschriften wie „Mit Maske – Ohne mich“ oder „Wir haben euch durchschaut“. Sie skandierten „Freiheit, Freiheit“. Organisiert wurde die Demonstration von der Initiative Querdenken 711.

Welt

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Aber  – werden Historiker jetzt einwenden: „Was bleibt von der Deutschen-Geschichte über, wenn die Farbe heraus geschrieben wird ?“ Als erste Antwort müsste kommen: “ Dann wären Politiker-Innen gezwungen nur noch vorne zu schauen !“

Vom Versuch, die eigene Deutungshoheit aufzugeben.

5.) Im Gehäuse des Weißseins

Jede Definition von Weißsein bleibt notgedrungen widersprüchlich. In erster Linie ist damit nicht eine Hautfarbe gemeint, sondern eine kollektive soziale Position, hervorgebracht durch Jahrhunderte gewalttätiger Geschichte. Zugleich ist das individuelle Aussehen nicht unwichtig, denn eine offenkundig weiße Person wird in der Regel nicht Opfer von Rassismus. Betrachten wir Weißsein also als einen Begriff mit ausgezackten Rändern, nicht als Stempel, sondern als Instrument für Analyse und Selbsterkenntnis. Gerade Menschen, die sich als fortschrittlich betrachten, empfinden eine für sie selbst schwer durchschaubare Melange aus Schuld, Furcht, Abwehr und Überlegenheit, wenn sie auf ihr Weißsein angesprochen werden. Diese Gefühle zu ergründen, ist notwendig für jegliches emanzipatorische Handeln. Historisch war die Selbstdefinition als weiß stets ein Ausdruck von Macht und Privilegien, und wenn es nur die bescheidene Macht des kleinen Sklavenhalters in Virginia oder der armen britischen Kolonistin in Rhodesien war. Weiß trat immer nach unten. Im sozialen Gefüge der USA ist der Gegensatz von Besitz und Nicht-Besitz ererbter Privilegien heute noch eine schroffe Weiß-Schwarz-Kontur. In Europa, gerade in der heterogenen deutschen Einwanderungsgesellschaft, sind die Verhältnisse diffuser. Ein älterer Deutschtürke mag sich trotz rassistischer Demütigungen als weiß betrachten, während seine Tochter die Bezeichnung Person of Color wählt, als Signal einer politischen Position.

ND

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Müsste die Chefin ihren Horst-Wurst nicht einmal ihr zweites Ende zeigen – Das Rückgrat ? Oder wurde dieses lange dem Lobby-Proporz geopfert ?

Zwei Mal Nein zur Flüchtlingsaufnahme

6.) Muss Seehofer jetzt mit Klagen rechnen?

Der Innenminister hat auch Thüringens Flüchtlingsaufnahmeprogramm abgelehnt. Eine weitere Absage, vor allem an das eigene Lager, wäre politisch heikel. Er hat es wieder getan: Wie am Freitag bekannt wurde, hat nun auch Thüringen Post von Bundesinnenminister Horst Seehofer erhalten. Der CSU-Politiker teilte darin – eine Woche nach Bekanntwerden eines ähnlichen Schreibens an den Berliner Senat – der rot-rot-grünen Landesregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow mit, dass er auch Thüringens Flüchtlingsaufnahmeprogramm ablehnt. Das bedeutet zunächst das Aus für die Pläne beider Länder. Berlin wollte zunächst 300 Menschen aus den Elendslagern auf den griechischen Ägäisinseln übernehmen, Thüringen bis zum Jahr 2022 insgesamt 500, vor allem unbegleitete Minderjährige, allein reisende Frauen, Schwangere, alleinstehende Müttern mit ihren Kindern und alte, schwerkranke oder traumatisierte Menschen. Beide Landesregierungen berufen sich auf das „Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet“, kurz Aufenthaltsgesetz. Dort steht in Paragraf 23: „Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.“

Tagesspiegel

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Fahnder finden bei Cum-Ex-Razzia einen Joint

7.) Droht den Banken jetzt richtig Ärger?

Bislang kam es im Cum-Ex-Skandal, dem größten Steuer- und Bankenbetrug der Geschichte, zu keiner nennenswerten Strafverfolgung. Doch das könnte sich nun schlagartig ändern: Bei einer Razzia beim Bankenverband sind Fahnder der Polizei am Dienstag auf einen angerauchten Joint gestoßen. „Wir waren schockiert“, erklärte ein Polizeisprecher. „Im Cum-Ex-Skandal haben die Banken den Staat und damit den Steuerzahler ja lediglich um rund 31,8 Milliarden Euro betrogen. Eine Bagatelle also. Aber durch diesen Fund bekommt das Ganze eine völlig neue Dramatik.“ Gefunden wurde der Joint, der laut Analyse des Polizeilabors etwa 0,1 Gramm Marihuana enthalten habe, hinter einer Topfpflanze. „Dort hat ihn wohl irgendwer gebunkert, um das Beweismaterial zu einem günstigen Zeitpunkt zu vernichten.“

Postillon

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Ein gefährliches Schweigen

Erstellt von Redaktion am 8. August 2020

Klage vor dem Bundesverfassungsgericht

BVerfG Karlsruhe 2.JPG

Von Christian Rath

Minister Seehofer und die AfD warnten vor der „Herrschaft des Unrechts“ – wegen offener Grenzen für Flüchtlinge. Karlsruhe hätte widersprechen können.

Begeht die Regierung seit 2015 Rechtsbruch, weil sie Geflüchtete nicht an der Grenze zurückweist? Die AfD behauptet das bis heute. Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) erhebt den Vorwurf immer wieder. Eine juristische Klärung hat bisher nicht stattgefunden – weil das Bundesverfassungsgericht im entscheidenden Moment versagt hat.

Allein 2015 kamen eine Million Flüchtlinge nach Deutschland. Die Grenzen wurden für sie zwar nicht geöffnet, da in der EU die Binnengrenzen grundsätzlich offen sind. Die entscheidende Frage war, ob die Grenzen hätten geschlossen werden müssen.

Die Flüchtlingsgegner beriefen sich auf Paragraf 18 des Asylgesetzes. Danach müssen Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden, wenn sie über einen sicheren Drittstaat einreisen.

Dieser Paragraf steht zwar noch im Gesetz, ist aber längst durch vorrangiges EU-Recht überlagert. Nach der Dublin-III-Verordnung der EU müssen Flüchtlinge, die an der Grenze Asyl beantragen, zunächst einreisen können, damit in einem geordneten Verfahren das Land festgestellt wird, das für das Asylverfahren zuständig ist.

Abriegelung der Grenze

In der Bundesregierung musste der damalige Innenminister Thomas de Mazière (CDU) entscheiden, ob die Grenzen für Flüchtlinge geschlossen werden oder offen bleiben. In seinem Haus wurden beide Positionen vertreten. Dieter Romann, Chef der Bundespolizei, hatte bereits ein Konzept zur Abriegelung der Grenze nach Österreich ausgearbeitet. Doch de Maizière folgte den Hausjuristen Hans-Heinrich von Knobloch (Leiter der Abteilung Staats-, Verfassungs- und Verwaltungsrecht) und Christian Klos (Leiter des Referats für Ausländerrecht). Vor allem Letzterer hatte auf das vorrangige EU-Recht hingewiesen.

Faktisch kamen die Flüchtlinge dann nicht nur zur Klärung des zuständigen Dublin-Staates nach Deutschland, sondern erhielten in der Regel auch ihr Asylverfahren in Deutschland. Obwohl nach der Dublin-III-Verordnung in der Regel der Staat der Einreise (etwa Italien) zuständig gewesen wäre, übernahm Deutschland meist die Verfahren. Für die Flüchtlingsgegner war dies ein weiterer Beleg für ihre Rechtsbruch-These.

Die Dublin-Regeln gelten inzwischen als grob ungerecht und es wird seit Jahren über eine Reform verhandelt. Indem Deutschland also doch einen fairen Anteil der Flüchtlinge aufnahm, wurde das Land nicht übermäßig, sondern angemessen belastet. So gab es 2017 in der EU rund 647.000 Asylverfahren, davon 198.000 in Deutschland, also knapp ein Drittel. Ein derartiger Anteil wird wohl auch am Ende der Neuaushandlung der Dublin-Regeln herauskommmen.

Deutschland hat die Dublin-Regeln auch nicht verletzt, als es die Möglichkeit zur Überstellung der Flüchtlinge an den Einreisestaat nur begrenzt wahrnahm. Entweder machte Deutschland von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch oder man verpasste Dublin-Fristen für die Überstellung in den zuständigen Staat, was ebenfalls zu einer deutschen Zuständigkeit führte. Überstellungen nach Griechenland waren wegen der desolaten Zustände dort ohnehin gerichtlich verboten.

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Für die AfD wurde der Vorwurf des Rechtsbruchs schnell zu einem zentralen Agitationsinhalt, der auch gut zur Parteigeschichte passte. Schon bei ihrer Gründung 2013 stand für die AfD ein anderer vermeintlicher Rechtsbruch im Mittelpunkt: die Euro-Rettung durch die Europäische Zentralbank unter vermeintlichem Bruch des Verbots der Staatsfinanzierung.

Neuer Aufschwung für die AfD

Das Thema war im Sommer 2015 allerdings nicht mehr prominent, die AfD stand in Umfragen nur noch bei drei Prozent. Nachdem sie begann, die massenhafte Flüchtlingszuwanderung anzuprangern, erlebte sie einen neuen Aufschwung, der sie bei der Bundestagswahl 2017 mit 12,6 Prozent der Stimmen zur stärksten Oppositionsfraktion machte. Die These vom Rechtsbruch erleichterte auch das Zusammengehen von national-bürgerlichen Milieus, die eigentlich zu verfassungswidrigen Positionen Abstand halten wollten, mit offen rassistischen Kreisen. Es ging ja um die vermeintliche Verteidigung des deutschen Rechts.

Und die AfD stand nicht allein. Horst Seehofer, damals CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident, drohte der Bundesregierung Ende 2015 mit einer Verfassungsklage. Im Februar 2016 sprach er mit Blick auf die deutsche Flüchtlingspolitik sogar von einer „Herrschaft des Unrechts“. Er hat sich nie von dieser Formulierung distanziert.

Quelle      :       TAZ          >>>>>           weiterlesen

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Online-Tracking

Erstellt von Redaktion am 8. August 2020

Lebensverlängernde Maßnahmen für ein kaputtes Geschäftsmodell

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Quelle :  Netzpolitik ORG

VonTomas Rudl und Ingo Dachwitz

Die Welt der Online-Werbung ist kaputt. Seit Jahren weisen Daten- und Verbraucherschützer darauf hin, dass das allgegenwärtige Tracking im Netz in der heute praktizierten Form weitgehend illegal ist. Das Wirtschaftsministerium startet nun einen Versuch, das Geschäftsmodell zu retten, ohne wirklich etwas daran zu ändern.

Tracking ist die Grundlage weiter Teile der heutigen Online-Werbe-Welt und damit des Internets. Mit Hilfe von Cookies und anderen Methoden sammeln Werbetreibende über Websites und Geräte hinweg Informationen über Nutzer:innen, häufig unter Einbindung diverser Drittfirmen. Die so entstehenden individuellen Profile sollen die Werbewirksamkeit erhöhen, indem Werbung auf Persönlichkeits- und Nutzungsmuster von Menschen abgestimmt wird.

Im Streit um das Tracking sind die Fronten verhärtet: Werbetreibende können sich ein Internet ohne die Überwachungstechnik nicht vorstellen. Nutzer:innen wollen einen besseren Schutz gegen die Aufzeichnung ihres Surfverhaltens, sind aber von den allgegenwärtigen Cookie-Bannern genervt und klicken sie weg, weil diese ihnen meist ohnehin keine Auswahlmöglichkeit bieten. Den Datenschutzbehörden zufolge ist das Tracking in der heute überwiegend praktizierten Form schlicht illegal [PDF], doch bisher scheuen sie sich, diese Rechtsauffassung auch durchzusetzen.

Hauptschauplatz des jahrealten Streits ist nach wie vor die Jagd nach der Einwilligung. Denn im Kern geht es Online-Diensten darum, sich nur irgendwie eine Einwilligung der Betroffenen abzuholen, um die gesammelten Daten dann ungehindert verwerten zu können. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bringt nun frischen Wind in die Debatte und stellt sich schützend vor die Werbeindustrie.

Generalüberholung des Online-Datenschutzes

Dass die Einwilligungsthematik geregelt wird, ist längst überfällig. Denn trotz anders lautender EU-Vorgaben ist das website- und geräteübergreifende Tracking laut dem deutschen Telemediengesetz heute immer noch erlaubt, ohne die Einwilligung der Nutzer:innen einzuholen. Einzige Einschränkung: Die Profile dürfen nicht unter Klarnamen gespeichert werden, sondern unter einem Pseudonym. Nutzer:innen müssen der Datensammlung aktiv widersprechen – bei hunderten unbekannten Firmen.

Eigentlich hatte das BMWi bereits für den Herbst 2019 ein gesetzliches Update für das leidige Thema angekündigt. Nach einer EuGH-Entscheidung zur Sache hatte das Ministerium nun aber auch noch ein BGH-Urteil abgewartet. Die Gerichte hatten die Position der Nutzer:innen eindeutig gestärkt, indem sie klarstellten, dass Tracking mit Cookies oder anderen Identifiern einer informierten und bewussten Einwilligung der Betroffenen bedürfen. Sie haben zudem konkretisiert, dass entsprechende Kästchen in Cookie-Bannern nicht vorausgefüllt sein dürfen. Auch einfaches Weitersurfen gilt nicht als Einwilligung.

Die nun geplanten Neuregelungen finden sich in einem kürzlich geleakten Referentenentwurf mit dem etwas sperrigen Titel „Entwurf eines Gesetzes über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und bei Telemedien sowie zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes, des Telemediengesetzes und weiterer Gesetze“. Es ist der Versuch einer Generalüberholung der deutschen Datenschutzgesetze für den Online- und Telekommunikationsbereich (, die weit mehr Aspekte als die in diesem Artikel beleuchtete Einwilligungsthematik berührt).

Grundsätzlich sollen Bestimmungen, die derzeit über die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), das Telemedien- sowie das Telekommunikationsgesetz hinweg verstreut sind, in einem neuen Gesetz zusammengeführt werden. Zudem setzt die Regierung bestimmte Vorgaben der seit 2002 geltenden ePrivacy-Richtlinie der EU in deutsches Recht um. Diese Richtlinie soll eigentlich seit Jahren überholt und zu einer Verordnung weiterentwickelt werden, die den heftig umstrittenen Bereich des Online-Trackings neu regelt. Da das Vorhaben unter dem massiven Lobby-Druck der vereinten Werbeindustrie aber seit Jahren stagniert, geht das Wirtschaftsministerium nun eigene Schritte.

Auf Konfrontationskurs mit der DSGVO

Am Freitag soll der Entwurf offiziell vorgestellt werden. Allerdings fehlt noch der Segen des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV), mit dem das Haus von Peter Altmaier (CDU) im Dauerstreit über das Thema Online-Tracking steht. Dass das BMJV, das in der Bundesregierung immer wieder eine Art heimliches Datenschutzministerium darstellt, dem Vorschlag in der vorliegenden Form zustimmt, darf bezweifelt werden.

Denn die Vorgaben der Gerichte zur Einwilligung in das Online-Tracking will das Wirtschaftsministerium nur scheinbar umsetzen: Im Gesetzentwurf heißt es nämlich nicht, dass eine wirksame Einwilligung dann vorliege, wenn sie den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung entspreche. Stattdessen soll es als Einwilligung gelten, wenn die Nutzer:innen über die Datennutzung informiert werden und sie „mittels einer Funktion diese Information aktiv bestätigen“.

Was nach einer echten Einwilligung klingt, würde in der Praxis heißen, dass Werbetreibende das Wegklicken eines Cookie-Banners als Erlaubnis zum Tracking ansehen dürfen – ein klarer Widerspruch zu den Vorgaben der DSGVO und des EuGH, die eine aktive Entscheidung der Betroffenen zur Voraussetzung machen.

Am einfachsten wäre es freilich, wenn Nutzer:innen diese Entscheidung nicht für jede Website einzeln treffen und sich pausenlos durch Cookie-Banner klicken müssten. Nachdem die Werbeindustrie den zu diesem Zweck entwickelten Browser-Standard Do Not Track (DNT) in den 2010er-Jahren zu Tode ignoriert hatte, wollte die EU genau diese Möglichkeit im Rahmen der geplanten ePrivacy-Verordnung verpflichtend machen. Das BMWi greift diesen viel diskutierten Ansatz zwar auf, handelt ihn aber lediglich in einem Satz ab.

Statt explizit festzuschreiben, dass auch die Ablehnung von Tracking durch DNT oder andere Browsereinstellungen als verbindlich anzusehen ist, will das Ministerium lediglich klarstellen, dass Nutzer:innen über ihren Browser in die Aufzeichnung ihres Online-Verhaltens einwilligen können. Das hätte zur Folge, dass diejenigen, die über ihre Browser-Einstellungen keinen Blanko-Scheck zum umfassenden Tracking geben wollen, weiterhin permanent in Form von Cookie-Bannern um Erlaubnis gebeten würden.

Undurchschaubare Geschäftsmodelle

Stattdessen bringt das Bundeswirtschaftsministerium einen anderen Ansatz ins Spiel, der die Verwaltung der Einwilligungen vereinfachen soll. Künftig sollen sogenannte Personal Information Management Systems (PIMS) als Vermittler zwischen Datenlieferant:innen und Datenverwerter:innen fungieren können. Dem Ansatz zufolge sollen Nutzer:innen dann verhältnismäßig bequem an einer Stelle festlegen, welchem Dienst sie welche Informationen geben.

Im Gespräch sind solche Modelle schon seit Jahren. So weist etwa der Bundesverband der Verbraucherzentralen in einem Positionspapier von Anfang 2020 darauf hin, dass es bei den „heute dominierenden Massengeschäften und der Komplexität der Technologie und der Geschäftsmodelle“ für Betroffene nahezu unmöglich sei, tatsächlich informierte Einwilligungen in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu treffen. PIMS bergen demzufolge zwar das Risiko einer weiteren Ökonomisierung persönlicher Daten, bei richtiger Ausgestaltung könnten sie aber eine Rolle spielen, den Datenschutz verbraucherfreundlicher zu gestalten.

Daran versucht sich nun der vorgeschlagene Ansatz. Demnach könnten Nutzer:innen künftig einen solchen Dienstleiter nutzen, um ihre personenbezogenen Daten zu verwalten, inklusive Verkehrs-, Standort- und Tracking-Daten. Die PIMS selbst sollen „kein wirtschaftliches Eigeninteresse an den im Auftrag der Endnutzer verwalteten Daten haben“, heißt es im Gesetz. Zudem müsste der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit den Anbieter zunächst untersuchen und ihm seinen Segen geben. Eine regelmäßige Überprüfung sieht der Entwurf derzeit nicht vor.

„Das Ziel ist aus unserer Sicht, die Souveränität der Nutzer zu steigern“, sagt Thomas Jarzombek. Der CDU-Abgeordnete hatte daran mitgewirkt, den PIMS-Ansatz in den Entwurf zu hieven. Heute würden viele Nutzer die Cookie-Banner einfach wegklicken, und es falle schwer, differenzierte Einwilligungen vorzunehmen. In einem Gutachten habe die Datenethikkommission dem Einsatz von PIMS großes Potenzial bescheinigt, genauso wie Verbraucherschützer grundsätzlich positive Signale gesendet hätten.

Genau diese Debatte um die Potenziale und Tücken des PIMS-Ansatzes ignoriert der Gesetzentwurf jedoch weitgehend, sodass selbst grundlegende Fragen weitgehend ungeklärt bleiben. Ob die Dienstleister die Daten zentral speichern oder nur die Einwilligungen der Nutzer:innen verwalten etwa. Oder ob sie dabei auch autonom im Sinne der Nutzer:innen handeln dürfen, wie es unter dem Begriff des „Datentreuhänders“ seit einiger Zeit diskutiert wird. Oder ob sie lediglich eine Benutzeroberfläche anbieten sollen, die den Nutzer:innen die direkte Steuerung erleichtert. In einem einzigen Paragraphen will das Wirtschaftministerium diese hochkomplexe Debatte abkürzen.

Fairerweise sei hinzugefügt, dass es sich um einen ersten Aufschlag handelt. Der Entwurf befinde sich nun in der Ressortabstimmung, betont Jarzombek, „und selbstverständlich sind wir in diesem Prozess immer auch aufgeschlossen für gute Argumente und Ideen“.

Schongang für die Werbeindustrie

Zur Rettung des Trackings hat das Wirtschaftministerium aber ohnehin noch eine weitere Idee: Werbetreibende sollen sich die Erlaubnis für website- und geräteübergreifendes Tracking künftig auch in Form eines Vertrages zusichern lassen können. Soll heißen: Womöglich wäre das Lesen so mancher Nachrichtenseite ohne Account künftig gar nicht mehr möglich, und das Erstellen eines Account könnte an die Erteilung einer freizügigen Tracking-Erlaubnis gekoppelt sein.

Dies könnte dann etwa fester Bestandteil der vertraglichen Bedingungen von Accounts bei Online-Medien werden, und zwar in beide Richtungen: Wer den Account einmal angelegt hat, könnte dem Tracking dann nur noch durch dessen Löschung widersprechen. In den Regeln der EU zum Thema Tracking sind vertragliche Regelungen als Rechtsgrundlage aus gutem Grund nicht vorgesehen.

Ein weiteres Indiz dafür, wo die Prioritäten des Wirtschaftsministeriums im Streit um das leidige Online-Tracking liegen, ist der vorgesehene Strafrahmen bei Verstößen. Der Entwurf bezieht sich hier auf die DSGVO, die bei den Sanktionen zwei Abstufungen vorsieht: Für gravierende Verstöße, etwa gegen die Grundsätze des Datenschutzes oder mangelnde Rechtsgrundlagen, sind Sanktionen von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Umsatzes vorgesehen. Bei weniger gravierenden Vergehen wie der Missachtung von Dokumentationspflichten beträgt das maximale Bußgeld lediglich die Hälfte. Eigentlich würden die Verstöße gegen die Tracking-Regeln in die erstgenannte Kategorie fallen, weil sie sich auf Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung beziehen. Der Gesetzentwurf aber sieht vor, dass die Sanktion für die Werbeindustrie bei 10 Millionen Euro oder zwei Prozent des Umsatzes gedeckelt werden.

Alles in allem bleibt das Wirtschaftsministerium mit diesem Gesetzentwurf seiner Linie treu, aus falsch verstandener Standortpolitik die Interessen der Werbeindustrie – zu der in der Tracking-Frage auch die großen Presseverlage gehören – über die der Nutzer:innen zu stellen. Das sollte jedoch nicht als Selbstverständlichkeit hingenommen werden: Zum einen sind die Hauptprofiteure des Geschäfts mit der verhaltensbasierten Werbung immer noch Firmen, die ihre Gewinne hierzulande kaum versteuern. Zum anderen machen immer mehr Websites vor, dass Werbung auch ohne Tracking funktioniert – und sogar profitabler sein kann. Statt lebensverlängernder Maßnahmen für das Auslaufmodell bräuchte es den geförderten Übergang zu einer Werbewelt ohne kommerzielle Überwachung.

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LINKE-Reformer*innen

Erstellt von Redaktion am 8. August 2020

Strategiepapier der LINKE-Reformer*innen:
– Auf der Ersatzbank von SPD und Grünen

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Quelle      :       AKL 

Von Lucy Redler

Eine Reihe von Mitgliedern der LINKEN, die dem Reformerlager zugerechnet werden, haben am 4. August über den SPIEGEL ein Papier mit dem Titel „Für eine soziale, ökologische und digitale Gesellschaft – DIE LINKE muss sich entscheiden“ veröffentlicht. Das Papier ist erstaunlich wirtschaftsfreundlich, die wesentlichen Forderungen der LINKEN fehlen darin, es verliert sich langatmig und blutleer in Allgemeinplätzchen.

Es enthält fast keine konkreten Forderungen zur Verbesserung des Lebens der Arbeiter*innenklasse, aber jede Menge Überlegungen, wie man Teile der Kapitalist*innen (den Mittelstand) pampern kann, wie man die Digitalisierung als sozialpartnerschaftliche Aufgabe angehen sollte, warum die Entgrenzung von Arbeit gar nicht so schlecht ist („Alles, was vor, nach und neben der Produktion erledigt werden kann, kann auf feste Zeiten und eine feste Arbeitsstätte verzichten.“). Die Quintessenz ist erneut: DIE LINKE solle schnell in Debatten mit SPD und Grünen über eine Regierungsbeteiligung im Bund einsteigen, um vor den Bundestagswahlen 2021 Schnittmengen auszuloten; dabei solle sich aber bitte niemand (also auch nicht DIE LINKE) als kämpferischer Teil hervortun (sic!), denn es ginge nicht darum, wer in einem solchen Bündnis Koch und wer Kellner sei. Der Bundesparteitag solle eine Richtungsentscheidung herbeiführen, die Frage müsse zwingend im Leitantrag geklärt werden. Das Gute an dem Papier: Jetzt wissen wir, was der Reformerflügel beim Parteitag durchsetzen will.

Inhaltlich klüger wird man durch Lektüre des Papiers jedoch nicht: Auf 13 Seiten wird weder eine konkrete Analyse bisheriger Regierungsbeteiligungen der LINKEN vorgenommen, noch der Preis einer Regierungsbeteiligung der LINKEN mit SPD und Grünen im Bund erörtert. Das ist erstaunlich vor dem Hintergrund der realen Politik der SPD in der Bundesregierung und der realen Politik der Grünen in den Landesregierungen in Hessen, in Baden-Württemberg, in Hamburg….aber auch in Berlin, wo unter einer grünen Verkehrssenatorin aktuell der Betrieb der S-Bahn ausgeschrieben wird, der zur Privatisierung und Aufspaltung des S-Bahn-Betriebs führen kann – unter einer rot-grün-roten Landesregierung. Kein Wort davon, dass die Einführung des Mietendeckels nur auf Grundlage einer starken Mieter*innenbewegung und einer zugespitzten Debatte über die Enteignung von Immobilienkonzernen möglich wurde. Klassen und Klassengegensätze kommen in dem Papier nicht vor. Das im Papier genannte „stimmige Bild eines demokratischen Sozialismus“ bleibt völlig unklar. Was meinen sie damit? Ein bisschen mehr Demokratie, Staat und Sozialpartnerschaft im Rahmen der Marktwirtschaft? Ist es die Hoffnung, dass sich die SPD zurück auf den Sozialstaat besinnt und man auf der Grundlage schön zusammen arbeiten könne?

Wir stehen vor der global tiefsten Krise seit den 1930er Jahren, die in verschiedenen Ländern unterschiedlich verlaufen wird. Ohne Massenproteste oder gar (vor)-revolutionäre Bewegungen werden kapitalistische Regierungen die Arbeiter*innenklasse für die Krise bezahlen lassen. Frauen werden erneut das Nachsehen haben. Die milliardenschweren Stützungsaktionen der Bundesregierung für Lufthansa und andere Klimakiller wie die Automobilkonzerne geben einen Vorgeschmack darauf, dass die Krise zu Lasten des Klimaschutzes gehen wird, wenn sich dem nicht Millionen Menschen in den Weg stellen.

WAS MÜSSTE EINE LINKE REGIERUNG IN DIESEN ZEITEN TUN?

Sie müsste unmittelbar hohe Vermögen massiv besteuern, den Mindestlohn und die Löhne im öffentlichen Sektor qualitativ anheben, Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären, Leiharbeit einen Riegel vorschieben und eine Umverteilung von oben nach unten in Gang setzen. Die Kommunen müssten qualitativ besser ausgestattet werden. Die Arbeitszeit kann bei vollem Lohn- und Personalausgleich verkürzt werden, so dass alle Menschen nur noch vier Tage die Woche arbeiten müssten. Unternehmen, die Massenentlassungen durchführen, müssten in öffentliches Eigentum überführt werden.

Eine solche Regierung müsste das System der Fallpauschalen durch eine bedarfsgerechte Finanzierung, ein System der Selbstkostendeckung ersetzen, und Krankenhäuser rekommunalisieren. An der Seite der Mieter*innenbewegung kann eine solche Regierung das Vermieterrecht in ein Mieterrecht ändern und Immobilienkonzerne in öffentliches Eigentum überführen und umfassende Neubauprogramme preiswerter kommunaler Wohnungen auflegen.

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Eine solche linke Regierung, die diesen Namen auch verdient, würde auch in anderen Bereichen die Eigentumsfrage stellen wie aktuell in der Auto- und Flugindustrie und gegenüber den Energiekonzernen und Konversionsprogramme in sozial und ökologisch verträgliche Produkte starten.

Sie hätte angesichts von NSU 2.0 und strukturellem Rassismus bei der Polizei die Aufgabe repressive Einheiten aufzulösen, die Mittel der Polizei zu kürzen und diese Gelder sozialen Diensten, Gesundheit und Bildung umzuwidmen sowie die Polizei der demokratischen Kontrolle zu unterwerfen. Eine Bundesregierung müsste Geheimdienste wie das Bundesamt für „Verfassungsschutz“ auflösen, Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden, aus der NATO austreten, viel mehr Geflüchtete aufnehmen und dezentral unterbringen.

Ihre Aufgabe wäre die sofortige Abschaltung aller AKWs und einen schnellen Ausstieg aus der Kohle und das Ziel der Null-Emissionen von CO₂ ernsthaft und nachprüfbar zu verfolgen. Diese und weitere Maßnahmen – gestützt auf einer aktiven Unterstützung aus der Bevölkerung – könnten die Tür aufstoßen zu eine nicht-kapitalistischen, einer sozialistischen Gesellschaft, eine Gesellschaft ohne Kriege, Armut, Armeen und Polizei.

Nichts davon findet sich in dem Papier, wahrscheinlich weil klar ist, dass dies weder in der Gesamtheit noch zu einem Bruchteil mit SPD und Grünen und schon gar nicht ohne Massenproteste durchsetzbar ist.

Die Autor*innen führen nicht auf, was sie in einer Bundesregierung durchsetzen wollen. Selbst die einfachsten und grundlegenden Forderungen der LINKEN werden nicht angesprochen. Es geht um das Mitmachen. Regierungsbeteiligung ist der einzige strategische Ansatz, alles andere würde sich dann ergeben, das scheint die Vorstellung der Autor*innen zu sein.

Doch wenn DIE LINKE in 2021 Teil einer Bundesregierung mit SPD und Grünen werden würde, würde sie zum Feigenblatt von Kürzungspolitik im Zeichen der Krise werden. Am Kurs in der Außenpolitik würde sich nichts Qualitatives ändern. Man stelle sich vor, dass in solchen Zeiten, eine parlamentarische Opposition von links wegfallen würde. Eine solche Regierung würde früher oder später in knallharten Gegensatz zu Bewegungen und Streiks geraten. Die Erzählung der Kompatibilität von der Beteiligung an einer rot-grün-roten Bundesregierung und der Unterstützung von Bewegung ist schlichtweg falsch.

Gegen eine (erneute) Debatte über das Für und Wider von Regierungsbeteiligungen im Kapitalismus mit bürgerlichen Parteien oder das Eintreten für echte linke, sozialistische Regierungen ist nichts einzuwenden. Aber die zentralen strategische Debatten, die DIE LINKE jetzt führen muss, sind andere:

1.   Was ist unsere Perspektive des Verlaufs der Wirtschaftskrise global und in Deutschland? Mit welchen Angriffen zu Lasten der Arbeiter*innenklasse werden Kapitalvertreter*innen und Regierende wann reagieren? Mit welchem Mix aus Staatseingriffen und Austeritätspolitik rechnen wir? Werden SPD und Union im Bund versuchen, Kürzungspakete bis nach den Bundestagswahlen hinaus zu zögern und mit welchen Kürzungen, vor allem auf kommunaler Ebene, und Entlassungswellen ist vorher zu rechnen und wie bereitet sich DIE LINKE darauf vor? Welche Konferenzen, Proteste, Initiativen wollen wir ergreifen? Wie schärfen wir unser Programm? Aufgabe der LINKEN ist nicht, Bewusstsein, das man in Wahlumfragen ermittelt, zu reflektieren, sondern Bewusstsein über Markt und Kapitalismus und die Notwendigkeit diesen abzuschaffen, weiter zu entwickeln. Die Verfasser*innen des „Reformer-Papiers“ warnen vor einem Überbietungswettbewerb, wer schneller zum Sozialismus kommen wolle. Die zentrale Frage scheint mir zu sein: Was wird unter Sozialismus verstanden? Ich verstehe darunter eine demokratisch geplante Wirtschaftsweise im Interesse von Mensch und Natur und nicht ein bisschen weniger Markt, ein bisschen mehr Staat und mehr Mittelstandsförderung statt Großkonzerne-pimpen. Und ich meine, wir sollten heutige Kämpfe strategisch und politisch zuspitzen und konkret in diesen Kämpfen eine Vorstellung der Überlegenheit einer sozialistischen, demokratischen Gesellschaft schaffen und dafür selbstbewusst eintreten. Genoss*innen aus Hessen haben dazu ebenfalls Gedanken zu Papier gebracht: https://www.die-linke-hessen.de/images/Downloads/2020_aktuell/Strategie-Corona-end.pdf.

2.   Wie bringt sich die Partei in den Verteilungskampf im Rahmen der parallel stattfindenden Tarifrunden Öffentlicher Dienst Bund und Kommunen, Nahverkehr, Post und weiteren Bereiche ein? Verhandelt werden Entgelte und/oder Arbeitsbedingungen von den viel beklatschen systemrelevanten Held*innen während der Corona-Krise. Die „Arbeitgeber*innen“ deuten eine harte Haltung in der TVöD-Runde an. Möglicherweise kommt es nicht nur zu Warnstreiks, sondern zu Streiks. Wie kann DIE LINKE einen wirksamen Beitrag leisten, Solidarität aufzubauen, in einer Zeit, in der manche von der Corona-Krise gebeutelte Familie die Bestreikung von Kitas als erneute Belastung empfinden könnte? Aufgabe unserer Partei ist, den Schulterschluss zwischen den Beschäftigten und der Bevölkerung zu schaffen, zwischen den Kolleg*innen im Nahverkehr und den Klimaaktiven, und zu helfen, den Druck auf die Bundesregierung mit aufzubauen. Diese Tarifrunden sollten nicht als business as usual abgetan werden. Sie sind für die Arbeitgeber ein Testlauf, wie weit sie gehen können und die Gewerkschaften und politische Linke und LINKE sollte sie ebenso beantworten: nicht nur betrieblich- gewerkschaftlich, sondern auch politisch als gesellschaftliche Auseinandersetzung darum, wer in dieser Gesellschaft “systemrelevant” ist.

Saublöde Parolen gehören in den Schrott

3.   Wir müssen unsere Energie jetzt investieren, um die Proteste um die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) am 30. September in Berlin herum zu einem Erfolg zu machen. Der Parteivorstand stellt nach Diskussionen, an denen auch AKL-Mitglieder beteiligt waren, zu Recht vier Forderungen in den Mittelpunkt: Gehaltserhöhungen um 500 Euro als ersten Schritt, eine bedarfsgerechte Personalbemessung, die Abschaffung der Fallpauschalen und die Rekommunalisierung von Krankenhäusern. Der Vorstand ruft dazu auf, in zehn bis fünfzehn Städten am Samstag im Vorfeld der GMK, dem 26. September, Kolleg*innen und Unterstützer*innen bei Kundgebungen und Demos auf die Straße zu bringen. Wir sollten daran arbeiten, hierbei nicht Dutzende oder Hunderte, sondern Tausende auf die Straße zu bringen und innerhalb von ver.di dafür argumentieren, die Proteste mit Warnstreiks der Beschäftigten im Rahmen der TVöD-Runde zu verknüpfen. Denn es gibt JETZT ein Zeitfenster mit viel Sympathie in der Bevölkerung für die Systemheld*innen, um reale Verbesserungen zu erkämpfen. DIE LINKE sollte zudem diskutieren, an welchen Stellen wir Erfolge für eine Rekommunalisierung einer Klinik durchsetzen können, die eine bundesweite Ausstrahlung entwickeln und eine ermutigende Wirkung erzielen kann, ähnlich wie wir das in der Enteigungsdebatte von Immobilienkonzernen in Berlin bundesweit erlebt haben. Die geplante Pflegekonferenz für Gewerkschafter*innen und Parteimitglieder kann ein wichtiger Raum werden, um strategische Debatten zu vertiefen.

4.   In Zeiten großer antirassistischer Bewegungen, der Bedrohung durch NSU 2.0 und von Nazis, sollten wir einerseits eine Debatte über den Charakter dieses Staates und der Polizei führen und unser Verhältnis zur Polizei. Andererseits sollten gute Ansätze wie das bundesweite Treffen für Mitglieder mit Migrationshintergrund im Oktober in Hessen, ausgebaut werden, um uns stärker auszutauschen und mehr Mitglieder mit Migrationshintergrund zu gewinnen.

5. In einer Zeit, in der sich viele Jugendliche politisieren, zum Beispiel anhand der Klimafrage oder im Widerstand gegen Rassismus, in der viele Menschen, auch befeuert durch die Corona-Krise, sich mehr Fragen stellen, wie die Gesellschaft funktionieren soll, wäre es Aufgabe der LINKEN, an dieser neuen Radikalität anzuknüpfen und Wege zu diskutieren, wie das ganze System überwunden werden kann. Dazu gehört, eine antagonistische Haltung zu den Herrschenden und ihren Parteien einzunehmen. Wir werden diese Menschen nicht erreichen, wenn wir bei SPD und Grünen betteln, auf ihrer Ersatzbank sitzen zu dürfen.

Die Reformer*innen schlagen vor, dass sich die LINKE auf den Pfad der politischen Homöopathie begeben soll: Dem Kapitalismus sollen linke Globuli verabreicht werden und der Weg zur Heilung würde beschritten. Das funktioniert aber auch bei Kindern mit leichten Krankheiten nur, wenn alle ganz fest daran glauben. Das System lässt sich nicht mit linken Regierungs-Placebos davon abhalten, weiter in Richtung Klimakatastrophe und zunehmende Konfrontation zwischen Staaten und Blöcken zu driften.

Kommen die Reformer*innen mit diesem Plan beim Parteitag durch, würde das den Anfang vom Ende der LINKEN als widerständige und aktive Partei einläuten. Jedes Parteimitglied kann sich ein Bild machen, worum es geht. Und kann dafür kämpfen, diese Pläne zu stoppen und sich für einen alternativen Kurs einzusetzen.

Lucy Redler ist Mitglied des Parteivorstands DIE LINKE, eine von sieben Bundessprecher*innen der AKL und aktiv in der Sozialistischen Alternative (SAV)

akl - Antikapitalistische Linke

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Oben       —     Lucy Redler, * 17. awgusta 1979, Hann. Münden

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Verbiegen nach Wahrheiten

Erstellt von Redaktion am 8. August 2020

ARD-aktuell macht sich lächerlich

Ingo Zamperoni 2016 03.jpg

Quelle       :      Scharf  —  Links

Von     Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Ihre Tagesschau ist ein Schandfleck auf der ohnehin fadenscheinigen Demokratieweste unserer Gesellschaft.

„Die wollen uns wohl für dumm verkaufen“, meint Tantchen Trudi aus Berlin ärgerlich und beobachtet fasziniert, wie sich die 20-Uhr-Tagesschau am 1. August unglaubwürdig macht: „20 000 Menschen haben in Berlin gegen die Auflagen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie demonstriert“ (1), tönt es aus der Wunderlampe. Die ARD-aktuell-Redaktion bleibt mit solcher Kleinrederei auf ihrer regierungsfromm staatstragenden Linie. Statt mit informativen Angaben darüber aufzuwarten, was hierzulande Sache ist, berieselt sie ihr Publikum mit sensationell aufgemachten Corona-Trivialitäten aus dem Ausland: über einen debilen Präsidenten in Brasilien, über besoffene Mallorca-Urlauber, Maskenpflicht bei den Salzburger Festspielen, vermehrte Wilderei in Südafrika. Über die Schweinereien, die sich unsere Bundesregierung im Schatten der Pandemie-Bekämpfung leistet, berichtet sie kein Wort.

Nochmals kurz zu Tantchens Faszinosum: Das Hamburger Volksparkstadion fasst rund 60 000 Besucher. Die Zentralredaktion ARD-aktuell beim NDR in Hamburg hatte damit gleich nebenan eine konkrete Vergleichsgrundlage. Die Redakteure brauchten nur ihre Archivbilder vom vollbesetzten Stadion mit den aktuellen aus Berlin zu vergleichen, um sofort zu bemerken, dass dort eine vielfach größere Menschenmenge demonstrierend unterwegs war. Doch auch Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni blieb am besagten Abend bei der absurden behördlichen Falschinformation, es hätten nur „um die 20 000 Menschen“ in der Hauptstadt demonstriert. (2)

Fragen Sie sich selbst: Weshalb wohl liefert die Tagesschau statt all der statistischen Corona-Zahlenspielerei vonseiten der vielen damit beschäftigten bösen Finger in Politik und Pressestellen noch immer keine aussagekräftigen Soziogramme über die SARS-Cov-2-Erkrankten und -Toten? Warum sind keine Datensammlungen verfügbar, aufgeschlüsselt nach Infektionsort, Krankheitsgrad und -verlauf, Patientenalter, Geschlecht, Beruf, Wohnlage, Einkommen? Was wissen wir wirklich über die Situation unseres Landes in diesen Pandemiezeiten? Dienen die vielen bezugslosen „offiziellen“ Detailinformationen nicht vielmehr nur dazu, die schweren Fehleinschätzungen und Versäumnisse der Bundesregierung bei Ausbruch der Corona-Pandemie zu verkleistern? Jedenfalls trägt die Fülle der unsystematisch dargebotenen Einzelheiten dazu bei, vom Fortbestand der gravierenden Mängel unseres Gesundheitswesens abzulenken. (3) Die Tagesschau hakt aber nicht nach. Soziales hat für sie kaum journalistischen Kurswert.

Die Redaktion hat demnach auch kein Problem damit, eine der übelsten asozialen Bösartigkeiten dieser Tage komplett zu ignorieren: Die Vollstrecker gnadenloser deutscher Kleinkariertheit, die Hartz-IV-Aufpasser im Bundesarbeitsministerium und in der Bundesagentur für Arbeit, sind trotz pandemiebedingter Einschränkungen im Alltag wie gewohnt zugange. SPD-Minister Hubertus Heil, ganz der Sozialexperte unsres Gruselkabinetts, fand überhaupt nichts dabei, das im Frühjahr ausgesetzte Sanktionsregime wieder durchziehen zu lassen (4) – unbeschadet des Faktums, dass Amtsbesuche und dubiose Arbeitsplätze eine der größten Cov-2-Infektionsgefahren darstellen.

Zwangsmittel gegen die Armen

Hartz-IV-Empfänger müssen nämlich jetzt wieder mit Sanktionen rechnen, sollten sie gegen „Jobcenter“-Auflagen wie diese verstoßen: Sich regelmäßig beim Amt einfinden, auch wenn dort kein Stellenangebot wartet, an häufig äußerst fragwürdigen “Maßnahmen“ zur „Schulung“ teilnehmen, die Bereitschaft nachweisen, selbst die miesesten unterbezahlten Jobs anzunehmen, jederzeit und würdelos für den „Arbeitsmarkt“ verfügbar zu sein und sich der Allmacht von Jobcenter-Bürokraten preiszugeben.

Die Weisung zur Wiederaufnahme dieses Sanktionsregimes hatte die Bundesagentur für Arbeit in Absprache mit dem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil an ihr Vollzugspersonal herausgegeben. Anlass war die Wiederöffnung der Jobcenter für den Publikumsverkehr. Die Aussetzung der Sanktionen war ja nicht aus purem Realitätssinn und erst recht nicht aus Rücksicht oder gar Menschenliebe erfolgt; die Jobcenter waren bloß zur Vermeidung von quasi halbstaatlichen Infektionsexzessen für den Publikumsverkehr geschlossen worden. Für Arbeitslose ist die Ansteckungsgefahr jetzt aber garantiert vorbei, gelle? Die „zweite Welle“ wird im Bogen um sie herumschwappen.

Das Sanktionsregime ist, so hatte das Bundesverfassungsgericht am 5. November vorigen Jahres geurteilt, zumindest in seiner extremen Form grundgesetzwidrig. (5) Gemeint sind damit Kürzungen der Hartz-IV-Leistungen um mehr als 30 Prozent, weit unterm Existenzminimum. Sozialminister Silberzunge musste allerdings noch zwei Monate nach dem höchstrichterlichen Urteil vom Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, aufgefordert werden, endlich mit einem verfassungskonformen Sanktionskatalog in die Puschen zu kommen. (6) Hubertus Heil erklärte hernach großspurig, seine Gesetzesvorlage biete „Gelegenheit, in dieser Koalition das gesamte System bürgerfreundlicher zu machen und zu reformieren.“ (7) Mehr als diese Heißluftblase brachte der Sozialdemokrat bisher allerdings noch nicht zuwege. Corona hin, Arbeitslosigkeit her: Bürokratische Mitleidlosigkeit hat in Deutschland eine lange Tradition.

Dass sich die Balken biegen

Die Tagesschau berichtet aus ihrer selbstgewählten Position hochgradiger Ignoranz am 30. Juli:

„Weniger betroffen von der Corona-Krise ist bislang der Arbeitsmarkt. Die Kurzarbeit habe größeren Schaden abgewendet, erklärte die Nürnberger Bundesagentur. Laut ihren Zahlen waren im Juli 2 910 000 Menschen arbeitslos gemeldet,“ (8)

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Die Redaktion desinformierte also wie üblich, dass sich die Balken biegen. In Deutschland gibt es offiziell 5,6 Millionen Sozialhilfe- und knapp 3 Millionen Arbeitslosengeldbezieher. (9) Zusammen mit den statistisch nicht Erfassten – vulgo: Dunkelziffer – haben wir 9 Millionen Bedürftige im reichen Deutschland. Der Staat gewährt ihnen und ihren Kindern eine jährliche Netto-Sozialleistung von rund 25 Milliarden Euro. (10) Zum Vergleich: Die Unternehmerfamilie Reimann sitzt auf einem Geldsack von mehr als 30 Milliarden Euro (11).

Von Superreichen und Steuerbegünstigten dieser Sorte haben wir 114, Merkmale: deutscher Pass, Wohnsitze auch im Ausland. (12) Angesichts ihres Billionenvermögens wollen wir gar nicht erst davon reden, dass die Bundesregierung allein für die zumeist grundgesetzwidrigen Auslandseinsätze der Bundeswehr pro Jahr eine Milliarde Euro verpulvert. (13)

Der aktuelle Regelsatz für Arbeitslose beträgt monatlich 432 Euro. (14) Leben zwei Arbeitslose als Paar zusammen, dann bekommen sie als „Bedarfsgemeinschaft“ nur jeweils 389 Euro. Wenn zwei Arbeitslose sich eine Wohnung teilen, dann wird auch schon mal kontrolliert, ob sie Sex miteinander haben; gegebenenfalls bestünde nur Anspruch auf den niedrigeren Leistungssatz für eine „Bedarfsgemeinschaft“ und nicht auf zweimal vollen Regelsatz. Der Überwachungs- und Sanktionsstaat entfaltet seine ganze Großartigkeit im rigorosen Ausforschen der Armen: fürs staatlich geprüfte Soldatenmachen muss das Paar monatlich 86 Euro Leistungsminderung hinnehmen.

Latrinenparole und Realität

Das Hartz-IV-Überwachungsübel, einst von Ex-Kanzler Schröder und seinem SPD-Adlatus Frank-Walter Steinmeier trickreich durchgesetzt – Sie erinnern sich an die Latrinenparole Fördern und Fordern – zeigt die typische, hässliche bis schweinische Kehrseite des propagierten Glückseligkeits-Kapitalismus. Über die schweren Schlagschatten im Leben von lohnabhängigen Menschen zu informieren, hält die Tagesschau nicht für ihren Auftrag. Sie kümmert sich nur dann, wenn absolut unumgänglich, wenn ein Skandal schon zum Himmel stinkt. Den aber stellt sie dann wahrheitswidrig als Ausnahme hin und weigert sich, seine gesellschaftliche Ursache und Verwurzelung im System wahrzunehmen. Beispiel: die Sklavenarbeit in den Schlachthöfen und ihre Folgen.

Man versteht: Die gleichen Sozis und Unionschristen, die seinerzeit in schönster Harmonie die Arbeitswelt „deregulierten“ und Werksverträge, Ich-AGs, Leiharbeit, Fristverträge, Tagelöhnerei und 1-Euro-Jobs zur Norm machten, sitzen auch heute noch an den Hebeln der Macht. Mit denen legt sich ein Tagesschau-Schmock erst gar nicht an. Die ARD-aktuell ist Anführerin der Mainstream-Propagandakompanie. Sogar ihre monatlichen Meldungen über die Arbeitslosigkeit sind absichtliche, schiere Manipulation.

„Wer als arbeitslos gilt, ist eine Frage der Definition“ (15),

schreibt sie voller Zynismus auf tagesschau.de. Information für eine Minderheit von Lesern, nicht für das Gros der Zuschauer. Der Redaktion ist also absolut bewusst, dass sie gemeinsam mit Regierung und Arbeitsverwaltung die Öffentlichkeit mit statistischen Tricks betrügt.

Ignoranz und Unfähigkeit

Eine gefährliche Konsequenz dieses vollständigen Mangels an journalistischer Integrität und Souveränität ist das Fehlen von Nachrichten über die Folgen des Pandemie-Regimes für das ohnehin problemreiche Alltagsleben der sozial vollkommen Abgehängten und auch vieler Arbeitnehmer. Darüber schweigt die Tagesschau weitgehend und beweist damit nicht nur die Inkompetenz der Redaktion, sondern vor allem das Versagen der aufsichtführenden Rundfunkräte. Die bringen es einfach nicht, obwohl dort Gewerkschaften, Sozialverbände und Kirchen gut vertreten sind.

Ignoranz und Unfähigkeit der ARD-aktuell-Redaktion und des für sie zuständigen NDR-Rundfunkrats führen unter anderem auch dazu, dass das Interesse von Millionen Rentnern übergangen wird. Anno 2018 bekamen 9,4 Millionen Menschen eine Altersrente von weniger als 900 Euro brutto im Monat. Sie lebten also an oder unter der Armutsgrenze. (16) 58,6 Prozent der Altersrenten lagen unter 1.000 Euro monatlich, und wenn man die Grenze unterhalb von 1 200 Euro zieht, dann wurde sie gar von 70,8 Prozent aller Rentner nicht erreicht. Dennoch meinte die Merkel-Regierung, dass allein die Höhe der gesetzlichen Altersrente noch keinen Rückschluss auf Bedürftigkeit erlaube. Es gebe schließlich Ruheständler mit Einnahmen aus Kapital- und Grundvermögen. (17)

Das mag sein, gilt aber garantiert nur für eine Minderheit. Halbwegs sachgerechte Kommentare zur Altersarmut haben trotzdem bei der Tagesschau den gleichen Seltenheitswert wie die kritische und umfassende Berichterstattung über dieses finstere Thema; wenn überhaupt geboten, dann mit dick aufgestrichenem Lob für die Bundesregierung. (18)

Verfassungswidrige Doppelbesteuerung

Eine weitere Perfidie unserer Gesetzgeber: Die Besteuerung der Renten. Ebenfalls ein Tabu der ARD-aktuell. Von den rund 21 Millionen Empfängern gesetzlicher Rentenleistungen muss heute fast jeder Vierte Steuern zahlen. Infolge der regelmäßigen Rentenanpassung überschreiten immer mehr Rentenempfänger das „steuerfreie Existenzminimum“. Das lag im vorigen Jahr bei monatlich 764 Euro. (19) Nach der diesjährigen Rentenerhöhung werden mindestens weitere 48 000 Rentner einkommensteuerpflichtig, obwohl alle Betroffenen bereits während ihres Erwerbslebens Löhne bzw. Gehälter schon einmal voll versteuern mussten.

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Der Bundesfinanzgerichtshof wird noch in diesem Jahr darüber entscheiden, ob es sich um eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung handelt. (20) Das aber erfährt man nicht aus der Tagesschau, sondern allenfalls aus der Zeitung oder von der Linkspartei, die zu Recht über ungerechte Steuerlasten zu motzen wusste:

„Rentner zahlen sechsmal mehr Steuern als Erben.“ (21)

Wie wenig Deutschlands “soziale Baustellen” die Redaktion ARD-aktuell interessieren, zeigt das Fehlen einer kontinuierlichen Berichterstattung über die Arbeit der 989 Tafeln. Monatsberichte über sie gibt es nicht, wohl aber täglich Börsenberichte.

Die Tafeln wirken einer gigantischen Lebensmittelvernichtung entgegen und versorgen inzwischen mehr als 1,65 Millionen arme Menschen. Der Anteil der Rentner unter den Tafelkunden ist innerhalb eines Jahres um 20 Prozent auf 430 000 gestiegen, ein sichtbares Zeichen für die zunehmende Altersarmut im reichen Deutschland. (22) In der ersten Phase der Pandemiebekämpfung musste fast die Hälfte der Tafeln schließen. Nicht einmal diese schlimme Entwicklung nahm die Tagesschau zur Kenntnis.

Arme gelten in unserer Gesellschaft so wenig wie die „loser“ (Verlierer) in den USA. Armut ist selbstverschuldet. Mögen der Paritätische Wohlfahrtsverband und der DGB noch so laut nach Soforthilfe rufen (23): Die ARD-aktuell hört es nicht.

Die Gemeinschaft der Zyniker

Als Anfang Juni das “Konjunkturpaket” im Bundestag beschlossen wurde und erneut Gelegenheit bestand, über die Forderung nach sofortiger Unterstützung mit wenigstens 100 Euro monatlich zu berichten (24), wahrte ARD-aktuell Funkstille. Kein Wort fiel in der Tagesschau darüber, dass die Bunderegierung sich strikt weigert, die erheblichen zusätzlichen Belastungen der Hilfebedürftigen in Zeiten der Corona-Bekämpfung mit 100 Euro zu kompensieren, trotz stark gestiegener Lebensmittelpreise und des Zusatzbedarfs an Masken und Hygienemitteln. (25) Vom Zynismus der politisch Verantwortlichen (26) kam jedoch nichts rüber. Wenn Belange “derer da unten” in Rede stehen und ihre Vertreter im Parlament damit Schindluder treiben, praktiziert die ARD-aktuell freiwillige Nachrichtensperre.

Desgleichen verlor unser führendes TV-Nachrichteninstitut nicht eine Sendesekunde darüber, dass sich trotz Corona-Krise an den miesen sozialen Strukturen in der Arbeitswelt bisher nichts, rein gar nichts geändert hat. Auch nicht für „Systemrelevante“, die man vormals stehend beklatschte und deren Ausbeutung man weiter tatenlos zusieht. Für die im Pflegebereich Tätigen gab es eine einmalige Sonderzahlung. Das war´s dann. Die Ausbeutung bleibt.

Deutsche Krankenpfleger müssen im Schnitt 13 Patienten betreuen, doppelt (!) so viele wie ihre Kollegen in den Niederlanden. (27) Politiker, Gewerkschafter und Journalisten beobachten das – und machen keinen Finger krumm.

„Wumms“ statt Nachdenken

Wohl aber ging am 4. Juni folgender Stuss über die ARD-Sender:

“Neben der Breite ihrer Wirkung hat die Senkung der Mehrwertsteuer zwei Vorteile. Zum einen gewährt sie auch Menschen mit sehr niedrigen Einkommen, die gar keine Einkommensteuer bezahlen, einen kräftigen Anreiz zu mehr Konsum. Weil ja jeder die Mehrwertsteuer bezahlt.” (28)

Na schön, das war die Meinung eines vom Bayerischen Rundfunk gestellten Kommentators im „Ersten“. Zwei Monate später, am 3. August, meldete die Tagesschau Fehlanzeige:

„Gesenkte Mehrwertsteuer: Bisher nicht der erhoffte ‚Wumms‘“. (29)

Erbarmen. Dieser ARD-aktuell ist nicht mehr zu raten. Sie kann und wird nicht zugeben, dass sie im Dienst unserer Parteienoligarchie steht und auf Kriegsfuß mit dem demokratiesichernden Auftrag unserer Verfassung. Sie redet der ultimativen Freiheit des Kapitals das Wort und schützt das Interesse von Superreichen, die bereits mit ihrer bloßen Existenz alle Versuche aussichtslos machen, unseren Staat gerecht und sozial zu gestalten.

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„Die Wirtschaft sei zu schützen: Das ist nur eine andere Art zu sagen, das Prinzip des Privateigentums sei zu schützen. Es gibt hungernde Menschen, und es gibt Nahrung, und doch wird die Nahrung nicht an die Hungrigen geliefert, weil sie kein Geld haben und weil Nahrung als Ware und nicht als Recht behandelt wird. Regierungen ziehen es vor, den gesellschaftlichen Reichtum zu nutzen, um Militär- und Polizeikräfte anzuheuern, die die Menschen von der Nahrung fernhalten, ein sicheres Zeichen dafür, dass das System eine ausgetrocknete Seele hat“ (30),

schreibt der indische Historiker und Journalist Vijay Prashad. Solche Töne wird man von keinem Tagesschau-Kommentator zu hören kriegen.

Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-38363.html

(2) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-7673.html

(3) https://www.taublog.de/200803liebling-covidiot

(4) https://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/wieder-sanktionen-fuer-hartz-vier-empfaenger-100.html

(5) https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2019/11/ls20191105_1bvl000716.html

(6) https://www.gegen-hartz.de/news/ba-chef-fordert-neues-hartz-iv-sanktionsgesetz

(7) https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fpolitik%2Fdeutschland%2F2019-12%2Fsozialreformen-hartz-iv-malu-dreyer-spd

(8) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-38335.html

(9) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1376/umfrage/anzahl-der-erwerbstaetigen-mit-wohnort-in-deutschland/

(10) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/165616/umfrage/ausgaben-fuer-sozialhilfe-in-deutschland-seit-2005/

(11) https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/familie-reimann-die-reimanns-sind-nahezu-unbekannt/11532124-2.html

(12) https://www.forbes.at/artikel/die-reichsten-deutschen-2019.html

(13) https://www.dw.com/de/auslandseinsätze-viel-teurer-als-geplant/a-48521527

(14) https://www.hartziv.org/regelbedarf.html

(15) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/hg-arbeitslosenzahlen-101.html

(16) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/510/umfrage/einstufung-in-arm-und-reich-fuer-singles-und-paare/

(17) https://www.versicherungsbote.de/id/4882569/Rente-Jeder-Ruhestaendler-weniger-als-900-Euro-im-Monat/

(18) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-724225.html

(19) https://taxfix.de/steuertipps/was-ist-der-grundfreibetrag-wie-hoch/

(20) https://www.fr.de/wirtschaft/rente-umstrittene-rentenbesteuerung-noch-2020-will-bundesfinanzhof-entscheiden-90008500.html

(21) https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/rentner-zahlen-sechs-mal-so-viel-steuern-wie-erben/

(22) https://www.presseportal.de/pm/58964/4461446

(23) https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/aufruf-100-euro-mehr-sofort-solidarisch-fuer-sozialen-zusammenhalt-und-gegen-die-krise/

(24) https://www.labournet.de/politik/erwerbslos/alosalltag/mindestens-bevorratungszuschuss-zum-hartz-iv-als-soforthilfe/

(26) https://aktuelle-sozialpolitik.de/2020/05/12/der-gesetzentwurf-zum-zweiten-sozialschutz-paket/

(25) https://www.der-paritaetische.de/presse/sozialschutzpaket-ii-paritaetischer-kritisiert-soziale-schieflage-der-staatlichen-hilfsmassnahmen-in/

(27) https://de.statista.com/infografik/16676/patientenzahl-pro-pflegekraft-im-internationalen-vergleich/

(28) https://www.tagesschau.de/kommentar/koalitionsausschuss-konjunkturpaket-105.html

(29) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/debatte-niedrige-mwst-101.html

(30) Englischer Originaltext: https://consortiumnews.com/2020/07/16/covid-19-rot-exposed-by-pandemic-augurs-a-future-of-fear/

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Urheberrecht
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Grafikquellen       :

Oben       —       Ingo Zamperoni bei einem Fototermin in Hamburg

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Die SPD im Umfragetief

Erstellt von Redaktion am 8. August 2020

Verwalter des Status quo

2019-09-10 SPD Regionalkonferenz Olaf Scholz by OlafKosinsky MG 2566.jpg

Von Pascal Beucker

Die SPD verharrt im Umfragetief. Das liegt weniger an dem Duo an der Spitze, sondern an der Rolle als Juniorpartnerin. Olaf Scholz wird wenig helfen können.

Dem Morgenrot entgegen? Irgendwie will es für die SPD damit einfach nicht klappen. So sehr sich Scholz, Heil, Giffey & Co auch abmühen: In den Umfragen profitiert bislang nur die Union vom Corona­krisenmanagement der Bundesregierung. Die Sozialdemokrat:innen dümpeln hingegen weiter vor sich hin. Das erscheint auf den ersten Blick ungerecht. Aber verwunderlich ist es nicht.

Liegt es an der Parteiführung? Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ist es bislang nicht gelungen, die SPD aus dem Elendstal zu führen, in dem sie die Partei im vergangenen Dezember übernommen haben. Aber diese Erwartung war ohnehin unter den gegebenen Bedingungen überambitioniert, mögen die beiden auch selbst daran geglaubt haben. Dafür war ihr Spielraum von Anfang zu gering. Durch die Coronakrise ist er nochmals kleiner geworden.

Esken und Walter-Borjans – und mit ihnen Noch-Juso-Chef Kevin Kühnert, der sie maßgeblich ins Amt gebracht hat – hegten die Vorstellung einer Arbeitsteilung, bei der die sozialdemokratische Minister:innenriege für den trüben Regierungsalltag an der Seite der Union zuständig ist, während die Parteiführung die Hoffnung auf eine bessere Zukunft jenseits der großkoalitionären Tristesse verkörpert. Was in der Theorie pfiffig klingt, stößt in der Praxis auf nur schwer lösbare Probleme. Denn in der Konsequenz müsste eine solche Strategie die SPD-Spitze immer wieder in einen offenem Konflikt mit dem Koalitionspartner bringen, was ohne ernsthafte Exit-Option schwer durchhaltbar ist – zumal, wenn das eigene Regierungspersonal nicht mitspielt, sondern im Zweifel der Parteiführung in den Rücken zu fallen droht. Der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit sozialdemokratischer Politik lässt sich so nicht wie erhofft produktiv in eine Stimmung für neue Mehrheiten transformieren.

Skulptur Wilhelmstraße 140 (Kreuz) SPD Würfel.jpg

Auf welche Seite bleibt der Würfel liegen ?

Obsolet war das ursprüngliche Kalkül von Esken, Walter-Borjans und Kühnert ohnehin mit der Corona­pandemie. Eine derartige Ausnahmesituation erfordert gemeinsames besonnenes wie entschlossenes Handeln in der Exekutive. In den Augen der allermeisten Bundesbürger:innen haben das die Bundesregierung wie auch die Landesregierungen jeglicher politischer Couleur – von Schwarz-Gelb bis Rot-Rot-Grün – bislang gut gemeistert. Davon profitiert in den Umfragen vor allem der jeweils größere und damit entscheidende Koalitionspartner. Dass unter der Ägide von CDU-Kanzlerin Angela Merkel die SPD-Minister:innen ihren Job gut gemacht haben, ist daher nichts, das auf das Konto der SPD einzahlt.

Quelle        :       TAZ          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben       —         Olaf Scholz bei der SPD Regionalkonferenz zur Wahl des SPD-Vorsitzes am 10. September 2019 in Nieder-Olm.

  • CC BY-SA 3.0 de
  • File:2019-09-10 SPD Regionalkonferenz Olaf Scholz by OlafKosinsky MG 2566.jpg
  • Created: 2019-09-10 18:54:29

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Unten       —       Sculpture, SPD Würfel, Wilhelmstraße 140, Berlin-Kreuzberg, Germany

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DL – Tagesticker 08.08.2020

Erstellt von Redaktion am 8. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Warum sollten sie ? Einen größeren Loser können sie doch gar nicht finden, zumal die alles schaffende Mutti  ja nicht mehr kandidiert ! Alles Verschwörungstheorien des US-Geheimdienst ?

Will China die Wiederwahl von Trump verhindern?

2.) US-Geheimdienste warnen vor Einmischung in Wahl

Die US-Präsidentenwahl könnte aus dem Ausland beeinflusst werden. Laut US-Spionageabwehr will Russland Biden und China Trump verlieren sehen. US-Präsident Donald Trumps Herausforderer Joe Biden bekommt im Wahlkampf nach Erkenntnissen von US-Geheimdiensten gezielt Gegenwind aus Russland. Das Land bemühe sich, den designierten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten zu „verunglimpfen“, erklärte das Büro des Geheimdienstkoordinators (DNI) am Freitag (Ortszeit).China und Iran wiederum wollten Trumps Wiederwahl verhindern, hieß es. Man sei „besorgt über die anhaltenden und potenziellen Aktivitäten“ jener drei Länder, hieß es weiter. Russland nutze „eine Reihe von Maßnahmen“, um den früheren Vizepräsidenten Biden zu untergraben. Als Beispiele nannte das DNI unter anderem Aussagen von Politikern, die die Glaubwürdigkeit Bidens durch angebliche Korruptionsvorwürfe beschädigen wollten. Kreml-nahe Akteure nutzten zudem soziale Medien, um die Kampagne des Republikaners Trump zu unterstützen, hieß es.

Tagesspiegel

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Wie sang Curd Jürgens einst : “ 60 Jahre und kein bisschen Weise – aus Erfahrung leider nichts gelernt. 60 Jahre auf dem Weg zum Greise …“  Und der gute Curd wurde nicht dadurch bekannt in der ehemaligen DDR aufgewachsen zu sein. Was sagt uns die Geschichte: Auch aus einer Demokratischen Republik lässt sich nicht über Nacht mittels Verbote ein Rechtsstaat machen ! So viele braune Uniformen gibt es nicht mehr.

Über 1000 Demonstranten bei Räumung von linker Kneipe

2.) Hunderte Polizisten im Einsatz

Über 1000 Menschen haben am Freitag in Berlin gegen die Räumung der linken Kiezkneipe „Syndikat“ demonstriert. Dabei flogen auch Steine und Flaschen, sechs Polizisten wurden verletzt. Nach der Räumung der umkämpften linken Kiezkneipe „Syndikat“ in Berlin-Neukölln hat es am Freitagabend erneut Protest gegeben. Die Polizei sei vor Ort, sagte ein Sprecher. Berlin: Räumung von Kiezkneipe – sechs verletzte Polizisten Zu der Demonstration sei spontan aufgerufen worden. Laut „Tagesspiegel“ kam es am späteren Abend zu Rangeleien zwischen Aktivisten und Einsatzkräften. Aktivisten hätten Pyrotechnik gezündet und Steine auf die Polizei geworfen, diese habe Pfefferspray eingesetzt. Ein Sprecher des Polizei-Lagezentrums äußerte sich dazu auf Anfrage nicht. Der Berliner „Tagesspiegel“ berichtet, beim Einsatz seien sechs Polizisten verletzt worden. Die Beamten hatten am späten Abend mehrere hundert Demonstranten eingekesselt und zum Gehen aufgefordert. Von außerhalb der Polizeikette sei es dann mehrfach zum Versuch gekommen, die Linie zu durchbrechen.

Focus-online

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Erklären Staaten nicht das Wie- und Warum und schicken statt dessen  ihre Uniformen. Die Politik hat sich an ihrer Aufgabe, für Recht und Ordnung zu sorgen – übernommen. Mit Verstand lässt sich vieles Regel – Mit Gewalt nichts. Aber das war auch nie die Absicht der politischen Schnösel, da sie Herr-In im Haus des Volkes bleiben  muss.

Räumung des Syndikat in Berlin:

3.) Eine Kneipe zum Verlieben

Der Prototyp der verwurzelten linken Kiezkneipe wurde in Berlin geräumt. Der Protest dagegen und die Solidarität für den Erhalt waren sagenhaft. Bei aller Wut und Trauer über die symbolträchtige Räumung der Berliner Kneipeninstitution Syndikat bleibt am Ende der 35-jährigen Geschichte nur ein ganz unironisches Gefühl: Liebe. Für einen vierzehnstündigen Protestmarathon gegen eine martialisch auftretende Polizei, die mit über 1.000 Polizist:innen, Helikopter und einer Sperrzone eine mittelgroße Kiezspelunke räumen ließ und für einen fast zwei Jahre andauernden juristischen und politischen Existenzkampf, bei dem die linke Kneipe nebenbei noch ein Briefkastengeflecht und Immobilienimperium der britischen Milliardärsfamilie Pears aufdeckte. Die Kneipe enttarnte dabei einmal mehr eine halbseidene Welt von Großeigentümern, die alle Schlupflöcher ausnutzen, um ihre Interessen schamlos durchzusetzen. Denn dass diese Räumung in Berlin selbst unter einer mietendeckelnden rot-rot-grünen Landesregierung stattfinden konnte, zeigt, wie kaputt der Immobilienmarkt ist.

TAZ

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Oder in Lindners Großmaul-Jargon vielleicht auch: Rind gegen Küchenmaus ? „Nur Einer kann das Sagen haben. Nur ein DR. mimt den großen Zwerg – so kommt er langsam übern Berg?“

In dieser Intrige liegt auch eine Chance

4.) Lindner gegen Teuteberg

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg bekommt viel Kritik und erhält keine Rückendeckung von ihrem Parteichef. Möglicherweise steckt dahinter eine Intrige – die für die Partei letztlich aber auch eine Chance sein könnte. Die Generalsekretärin der FDP muss einiges einstecken. Seit Wochen prasseln Vorwürfe auf Linda Teuteberg ein, sie mache ihren Job nicht gut, sei sogar mitverantwortlich für die tiefe Krise, in der die Partei steckt. Öffentlich wird darüber spekuliert, ob Parteichef Christian Lindner sie fallen lässt. Eigentlich ist sie bis zum Frühjahr gewählt. Doch die Berichterstattung der vergangenen Wochen konnte den Eindruck erwecken, dass beim kommenden Parteitag am 19. September für sie Schluss ist. Dabei könnte es ganz anders kommen.

ntv

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Wer sich einmal den Lobbyisten unterworfen hat, verirrt sich schnell  in einen un legalen Grenzbereich ?

Peng! Kollektiv

5.) Bei Anruf Verstaatlichung

Eine Website, die amtlich aussieht – wie die eines Bundesamtes –, eine Perücke mit der Frisur von Christine Lagarde, Ex-IWF-Chefin und derzeit Präsidentin der Europäischen Zentralbank, sowie bei Anruf das Versprechen eines fetten Konjunkturprogramms: Das reichte schon aus, damit sich deutsche Wirtschaftsbosse auf ernsthafte Gespräche über Klimaschutz, weniger Wachstum und in Einzelfällen sogar Rekommunalisierung einließen. Ermöglicht wurden diese Diskussionen allerdings nicht durch einen von Parteien oder Ministerien organisierten Thinktank, sondern durch eine Guerillaaktion der Künstlergruppe Peng!-Kollektiv. Tom Mustroph sprach mit einer der am »Klingelstreich beim Kapitalismus« beteiligten Künstler*innen, die sich Anja de Vries nennt, über die Systemfrage.

Sie sind Anja de Vries, die die Gespräche für das Bundesamt für Krisenschutz und Wirtschaftshilfe geführt hat?

ND

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Ja, wer braucht sie nicht, von  den Egomanen der Pseudo-Prominenz, – die welche sich gleich Prostituierte in der Öffentlichkeit verkaufen müssen, um im Gespräch zu bleiben! Was den Klamauk-Schwestern-Brüdern, den  Sportler-Innen, oder auch den Pseudo-Promis  das Dschungeln-Camp, sind den Politiker-Innen ihre Talk-Shows. Ganz egal ob sie nun Matthäus, Becker, Kahn oder auch Gabriel, Habeck, Wagenknecht, Gauland, Söder, Scholz, Lindner oder Spahn heißen! Kleine Hirne – große Mäuler?

Erste Tränen, Flirts und ein Coming-out

6.) „Promi Big Brother“

Erste Tränen, Flirts und ein Coming-out. Der Anfang ist gemacht: Mit einer großen Show und vier Live-Einzügen ist die neue „Promi Big Brother“-Staffel gestartet. Die Bewohner des Märchenwalds hielten bereits einige Überraschungen für die Zuschauer bereit – darunter erste Tränen und ein öffentliches Coming-out. Deutschlands prominenteste Promi-WG hat neue Bewohner: Am Freitag (7. August) ist die achte und auch längste Staffel von „Promi Big Brother“ mit einer großen Live-Show gestartet. Vier Kandidaten sind in der Sendung in den dauerüberwachten TV-Container gezogen, während sich seit den vergangenen zwei Tagen bereits zwölf weitere Kandidaten im Märchenwald einrichten durften – begrüßt wurden die Neuen alles andere als märchenhaft. Geschlafen wird in den nächsten drei Wochen auf dem Boden, ein Tümpel wird zur wenig luxuriösen Pool-Alternative und eine kleine Holzhütte mit Sitzecke und Felldecken sorgt lediglich für einen Hauch Gemütlichkeit in „Märchenhaft“.

Bunte-online

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7.) Prominente zur Katastrophe von Beirut

„Jetzt sind diese Feministinnen endgültig zu weit gegangen!“
Birgit Kelle, besonnene Stimme

„Schade um das schöne Ammoniumnitrat! Das hätte man als Corona-Gegenmittel testen können!“
Donald Trump, Faktenchecker

„Armes Beirut! Erst platzen die Wagner-Festspiele und jetzt das!“
Katharina Wagner, Kulturnudel

„Die Frage ist doch: War es wirklich Ammoniumnitrat, oder hatte der Mossad seine Finger im Spiel? Wie kam es, dass Israel als erster Hilfe zusagen konnte, womöglich bevor die Explosion überhaupt stattgefunden hatte? Ich stelle nur Fragen. Ziemlich bekloppte, ja. Aber verboten ist das nicht!“
Tilo Jung, kritischer Journalist

„Das Wichtigste ist, dass jetzt keine neue Debatte ums Böllerverbot losgeht.“
Ronny M., Dynamo Ultras

„Ich will nicht sagen, dass das eine Entschädigung für den verschobenen ‚Black Widow‘-Blockbuster war, aber unsere Fans müssen derzeit nehmen, was sie kriegen können …“
Kevin Feige, Marvel-Typ 

„Die Ersthelfer tragen ja Merkel-Maulkörbe … Traurig, diese Marionetten! In Wirklichkeit war es wahrscheinlich keine Explosion, sondern eine Implosion. Und die fand auch nicht in Beirut statt, sondern in meinem Gehirn!“
Xavier Naidoo, außerirdischer Messias

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Israel: Wut vor Disziplin

Erstellt von Redaktion am 7. August 2020

Massendemos in Israel fordern:

Aus Jerusalem von Marina Klimchuk

Benjamin Netanjahu soll zurück­treten. Er konnte eine zweite Coronawelle nicht verhindern – und steckt tief in Korruptions­­skandalen.

chande! Schande! Schande!“ Vor Heiserkeit bricht ihre Stimme beinahe ab. Aber es ist nicht die richtige Zeit zu verstummen. Seit Stunden hat sich eine Traube von Demonstrant*innen um die Residenz von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Jerusalem gebildet. Die glühende Sommerhitze ist abgeflaut, stattdessen schwitzt man vom Gedränge, vom Lärm der Parolen und Trommeln, von der Atemlosigkeit. Hunderte Polizisten laufen um die Protestierenden herum, jeden Moment kann es zur Eskalation kommen. Der Adrenalinrausch trägt sie weiter, von Tag zu Tag, von Demo zu Demo, von Tel Aviv nach Jerusalem und wieder zurück. Wochenlang, ohne Pause.

„Vielleicht denkst du, ich bin zu optimistisch. Aber ich glaube, es wird nicht mehr lange dauern!“ sagt Emma Maghen-Tokatly. „Es“, damit ist der Rücktritt Netanjahus, genannt Bibi, gemeint. In ihrer Forderung ist die 36-Jährige aus Tel Aviv kompromisslos. „Ich demonstriere schon seit Jahren gegen Bibi und für Demokratie und Gerechtigkeit. Damit haben wir den Grundstein für alle Proteste gelegt, die das Land jetzt erlebt. Corona und die Wirtschaftskrise sind wie ein Katalysator für einen Prozess, der sehr tiefe Wurzeln hat.“

Seit Wochen ist Israel im Ausnahmezustand. Seit dem Ausbruch einer zweiten Coronawelle protestieren die Menschen im ganzen Land. Korruption, intransparente politische Entscheidungsprozesse, Existenzängste, Polizeigewalt, die Besatzungspolitik der palästinensischen Gebiete – unterschiedlich motivierte Proteste befeuern sich gegenseitig. Demonstriert wird in allen größeren Städten, auf Autobahnbrücken und Straßenkreuzungen im ganzen Land. Überall schwingen die Protestierende ihre Fahnen. Voldemort, die finstere Figur aus den Harry-Potter-Romanen, „würde es besser machen!“, wird auf einem selbst gebastelten Plakat über Netanjahu gespottet. Straßen werden blockiert, Mülltonnen brennen, die Atmosphäre ist eine Mischung aus Festival und Revolte. Eine zentrale Führungsriege oder Reden von Poli­ti­ke­r*in­nen gibt es in den Protesten jedoch nicht: Jede Demonstration wird spontan von den Teilnehmenden choreografiert.

Die Polizei geht zum Teil mit Gewalt, mit Wasserwerfern und Festnahmen im Würgegriff gegen die Demonstrant*innen vor, die aber in der Regel nach einigen Stunden wieder freigelassen werden. Die Wut der israelischen Bürger*innen kulminiert in einer Zeit, in der vergangene Woche mit über 2.000 Corona-Neuerkrankungen am Tag Rekordwerte erreicht wurden, die es seit Ausbruch der Pandemie noch nicht gegeben hat. Seitdem steigen die Zahlen etwas langsamer, besiegt ist die zweite Welle aber noch längst nicht. Jeder Fünfte im Land ist arbeitslos, viele haben kein Geld für Lebensmittel. Die Situation ist außer Kontrolle. „Uns Israelis hält so etwas wie ein patriotischer Klebstoff zusammen“, sagt Maghen-Tokatly. Die Vorstellung, die eigene Regierung zu stürzen, fühle sich für viele an, als ob man sich gegen die eigene Familie richten würde. Dass es so weit gekommen ist, zeige nur, „dass in diesem Land politisch untragbare Sachen passieren und die Menschen verzweifelt sind“, sagt die Mutter zweier Kinder.

Als die WHO im März Covid-19 als globale Pandemie einstufte, handelte Netanjahu unverzüglich. Als eines der ersten Länder machte Israel seine Grenzen für Touristen dicht, schloss Schulen und Kindergärten und verbot Festivals und Veranstaltungen. Die israelische Öffentlichkeit ist an Krisensituationen gewöhnt und passte sich schnell an die massiven Einschränkungen der Bewegungsfreiheit an. Die Kurve flachte ab und die Zahl der nachgewiesenen Infektionen und Corona-Todesfälle blieb im internationalen Vergleich niedrig. Israel wurde für die musterhafte Virusbekämpfung gelobt.

Gleichzeitig sah sich das Land innerhalb weniger Wochen mit der höchsten Arbeitslosenquote in seiner Geschichte konfrontiert. Über eine Million der knapp neun Millionen Israelis verloren ihren Arbeitsplatz – dabei besteht bis zu sechs Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld, Frei­be­ruf­le­r*in­nen gehen leer aus. Die von Netanjahu hastig angekündigten Einmalzahlungen zwischen 180 und 500 Euro, die alle israelischen Bürger*innen kommende Woche erhalten sollen, wirken dagegen wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Vor der Krise organisierte Emma Maghen-Tokatly gemeinsam mit ihrem Ehemann freiberuflich Festivals und Partys. Tel Aviv, die Stadt die niemals schläft, ist internationalen bekannt für ihre elektronische Musik. Aus der ganzen Welt reisen DJs an, um in der Party-Hauptstadt des Nahen Ostens aufzulegen. „Wir hatten lauter DJs aus dem Berghain hier“, sagt Maghen-Tokatly und meint den berühmten Club in Berlin. „Tel Avivs Partyszene kann mit allen Metropolen mithalten. In diesem Frühling sollte der ganz große Boom kommen“.

Stattdessen zog Corona ihr den Boden unter den Füßen weg. Was morgen sein werde, oder in zwei Wochen? Auf diese Frage schüttelt sie nur den Kopf, daran könne sie jetzt nicht denken. Stattdessen müssen die Kinder aus dem Kindergarten abgeholt, die Aktivist*innen auf Whatsapp vernetzt, Anfragen von Medien beantwortet werden.

Mit Beginn der Krise im März beschloss die Regierung Eingriffe in die Bürgerrechte: der Inlandsgeheimdienst begann, Handy- und Kreditkartendaten aller Bürger*innen zu überwachen, um sie mit Bewegungsdaten von Corona-Infizierten abzugleichen. Beinahe zeitgleich wurde das Zusammenkommen des Parlaments ausgesetzt. Netanjahus Krisenmanagement traf bei Israelis nicht auf Gegenliebe: Protestierende riefen die Bewegung „Schwarze Flagge“ ins Leben, die vor Aushöhlung der Demokratie unter Netanjahu und seiner im März neu gebildeten nationalen Notstandsregierung warnt. Während der Ausgangssperre fuhren Hunderte von Autos als Konvoi zur Knesset. Weil sie sich nicht versammeln und Parolen rufen durften, hielten die Demonstranten stattdessen schwarze Fahnen hoch und hupten laut. Maghen-Tokatly war eine von ihnen.

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Trotz der Wirtschaftskrise und obwohl Netanjahu sich wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue vor Gericht verantworten muss, schossen seine Beliebtheitswerte nach der anfänglichen Krisenbewältigung in die Höhe. King Bibi, wie manche Israelis Netanjahu nennen, rief schon den Sieg gegen Corona aus, indem er die Bevölkerung öffentlich aufforderte, Kaffee oder Bier trinken zu gehen.

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Fragen an – nach Corona

Erstellt von Redaktion am 7. August 2020

Wie wird das ‘New Normal’ aussehen und wer gestaltet es?

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Quelle          :     Berliner-Gazette

Von Nora S. Stampfl

Nach der Corona-Zwangspause soll es Schritt für Schritt wieder zurück in die alte Normalität gehen. Doch ein Zurück zu „business as usual“ wäre eine vertane Chance für einen Neuanfang. Kann die Krise nicht ein Weckruf sein? Zukunftsforscherin und Berliner Gazette-Autorin Nora S. Stampfl sucht Antworten.

*

Wochenlang herrschte ein dystopischer Zustand, wie man ihn allerhöchstens im Kino zu erleben für möglich hielt. Ein Virus versetzte die Welt in eine Ausnahmesituation und brachte das gesamte öffentliche Leben zum Stillstand. Die Pandemiebekämpfung beherrschte die gesellschaftliche Debatte genauso wie überhaupt alle Aspekte des Lebens unversehens dem Ziel „flatten the curve“ untergeordnet waren.

Die zur Eindämmung von SARS-CoV-2 beschlossenen Maßnahmen betrafen das Leben jedes Einzelnen: Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen ließen die Menschen mit sich allein. Da aber, glaubt man Blaise Pascal, das ganze Unglück der Menschen daher rühre, „dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können“, kann es nicht überraschen, dass die ersten Anzeichen eines Abflachens der Kurve umgehend Rufe nach der Rückkehr zur Normalität nach sich zogen.

Aber was heißt schon normal? Hygienevorschriften und Abstandsregeln, ausgiebiges Testen und Kontaktnachverfolgung sowie auch immer wieder lokale, befristete Shutdowns – all dies wird uns noch auf absehbare Zeit begleiten. Auch wenn die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen sein wird, verschwunden ist das Virus deswegen dann noch nicht. Solange Herdenimmunität nicht erreicht, ein Impfstoff nicht verfügbar ist, wird die Seuche immer wieder an verschiedenen Orten und innerhalb bestimmter Gruppen aufflackern und entsprechende Gegenmaßnahmen erfordern. Wie normal also kann eine Normalität sein, in der Ereignisse und Situationen, die eine große Anzahl von Menschen zusammenbringen und somit das Infektionsrisiko erhöhen, stets in den Krisenmodus zurückschalten lassen?

Welche Normalität soll das sein, wenn Konzerte, Festivals und Demonstrationen stets unter dem Damoklesschwert des immensen Ausbruchsrisikos stehen? Wenn jede Familienfeier, jeder Abend im Kino oder im Restaurant, jeder Besuch im Pflegeheim unter dem Zeichen des Infektionsrisikos steht? Die gesamte Gesellschaft wird in Alarmbereitschaft bleiben müssen, kleinere oder größere Krankheitsausbrüche wird es immer wieder geben und somit wird immer wieder auch das, was wir Normalität nennen, ausgesetzt sein und der Ausnahmezustand für bestimmte Personengruppen immer auch wieder Realität sein.

Einmal Ausnahmezustand und zurück

Was also ist es, was wir uns als normalen Alltag zurückwünschen? Das Widersprüchliche des momentanen Herbeisehnens des alten Alltags tritt schon begrifflich zutage. Der „graue Alltag“, dem wir gewöhnlich zu „entfliehen“ suchen, der bestimmt ist von Routine und einem Abspulen der immer gleichen Muster steht ja nicht gerade im allerbesten Leumund. Positiv gewendet ist es dann wohl das Vertraute und Selbstverständliche, was in den Coronazeiten zu kurz kommt und entsprechend herbeigewünscht wird, unser unhinterfragter Platz in der Welt, all das, was gewohnt ist und wie geschmiert läuft und nicht weiter problematisiert, erklärt und entschieden zu werden braucht.

Selbstredend stellt sich diese Frage nach der Normalität nicht für alle in gleicher Weise. Denn Normalität ist schwerlich mit objektiv messbaren Maßstäben in den Griff zu bekommen, stets ist sie auch Ausdruck von Gefühlslagen und letztlich vielleicht sogar Ansichtssache. Als kleinsten gemeinsamen Nenner könnte man nun freilich Normalität schlicht als Kehrseite der Krise fassen. Und tatsächlich wird ja Normalität immer erst dann zum Thema, wenn sich die Dinge grundlegend ändern.

Aus dieser Sichtweise ergibt sich freilich sogleich eine weitere Frage: Wie viel Abweichung vom Gewohnten verträgt Normalität und ab wann beginnt der krisenhafte Ausnahmezustand? Während sich ansonsten das Umschlagen von erlebter Normalität in Krisenzustand wohl eher in individuellen Fällen bemerkbar macht, so erfahren wir in diesen Tagen einen kollektiven Verlust von „Normalität“. Wir erleben, wie urplötzlich ein Bruch unsere Lebenswelt durchzieht und im Handumdrehen das Fraglose fraglich und das Unproblematische problematisch erscheinen lässt. Wenn uns der die Husserlsche Lebenswelt kennzeichnende „selbstverständliche, unbefragte Boden alltäglichen Handelns und Denkens“ nun aber unter den Füßen weggezogen wird, dann verlieren Handeln und Denken ihre Orientierung.

Denn grundsätzlich vertraut der Mensch darauf, dass die vertraute Wirklichkeit weiter so bleiben wird, wie sie einem bislang begegnet ist und dass darum erfolgreiches Handeln wiederholbar ist. Mit dieser Idealität des „Und So Weiter“, wie Edmund Husserl die Annahme einer konstanten Weltstruktur innerhalb unserer Lebenswelt nennt, räumt nun allerdings das Virus grundlegend auf. Ein Bruch wie dieser bringt bewährte Erfahrungen und Handlungspraktiken ins Wanken und lässt fraglich erscheinen, ob ein schlichtes „Zurück auf Start“ plausibel ist. Ist der Ausnahmezustand ein bloßer Übergangszustand oder hat dieser nicht vielmehr die Vorzeichen unseres Lebens nicht nur vorübergehend drastisch, sondern bleibend verändert?

Ist es also überhaupt möglich, jenen Zustand, wie er uns aus prä-Corona-Zeiten in Erinnerung ist, wieder zu erlangen? Immerhin leben wir bereits eine gute Weile mit dem Virus und dies unter recht „unnormalen“ Bedingungen. Das Leben der meisten Menschen hat sich radikal verändert. Bis hin zur globalen Ebene haben soziale und wirtschaftliche Beziehungen einen tiefgreifenden Wandel erfahren, wie er allenfalls mit Kriegszeiten Vergleiche findet. Ist dann nicht anzunehmen, dass jene Normalität, nach deren Rückkehr sich nun kollektiv gesehnt wird, zur Illusion geworden ist? Weil unsere Normen sich längst verschoben haben und die Realität unsere Vorstellung von dem, was „normal“ und alltäglich war, überholt hat?

Denn die Herausforderung, die SARS-CoV-2 brachte, ist nicht in die gesellschaftliche Normalität zu integrieren und daher auch mit der gesellschaftlichen Kontinuität nicht zu vereinbaren. Insofern der Umgang mit der Pandemie auf die Wahrnehmung derselben Einfluss hat, verbreiten sich entsprechende Praktiken und Einstellungen, die nun unter den neuen Bedingungen für angebracht gelten.

Erst einmal verinnerlicht, sind neue Normen dann nicht länger auf den Kontext des Ausnahmezustandes limitiert. Normalität ist also keineswegs etwas Naturgegebenes. Sie wird gesellschaftlich konstruiert, weswegen sich sogleich die Frage aufdrängt: Welche Normalität wollen wir eigentlich? Der Weg in die Zeit nach Corona führt also darüber, an einer neuen Normalität zu basteln, die mehr ist als ein Rückfall in alte Zeiten. Eine Normalität, die gute Ausgangsbedingungen schafft, um, gestärkt durch die Erfolge, die Krise überwunden zu haben, mit einem Gefühl dafür, was alles „geht“, und einer Gesellschaft, die sich ein Stück weit besser kennengelernt hat, die liegengebliebenen Probleme in Angriff zu nehmen.

Neue Normalität gesucht

Nochmals gefragt: Kann es also eine Rückkehr zur Normalität geben? Ja, schon, aber die neue Normalität wird eine andere sein als die alte. Zum Schlechten muss dies freilich nicht sein! Denn es wäre ja weitaus übertrieben, stellte man heute im Rückblick fest, dass alles zum Besten gestanden hätte vor Corona – nur weil die Pandemie die großen Probleme dieser Welt aus den täglichen Nachrichten verdrängte. Waren da nicht eben noch die Massen von Jugendlichen, die für die Rettung des Klimas auf die Straße gingen? Wurde uns nicht eben noch weisgemacht, dass Roboter uns die Arbeitsplätze wegnähmen und die Arbeitswelt sich radikal wandeln müsse? Wer denkt noch an Kriege und ihre Flüchtlinge? Erinnern wir uns noch an die Manipulation der öffentlichen Meinung durch Fake News mit allen damit zusammenhängenden Gefährdungen für die Demokratie? Und ganz zu schweigen von Problemen im Gesundheitswesen, auf die Corona nun höchstselbst ein Schlaglicht warf, wie etwa eine mangelhafte Krankenhausfinanzierung und ein sich ausweitender Pflegenotstand, der nun in der Krise virulent wurde. Seien wir also ehrlich: Ist das Gewohnte tatsächlich immer auch das Gewünschte?

Weil sie Anlass zu neuen Weichenstellungen gaben, zogen Krisen immer schon über ihre jeweiligen unmittelbaren Folgen hinaus gesellschaftliche Umbrüche nach sich. Nicht anders als historische Seuchen – von der „Attischen Pest“ bis zur „Spanischen Grippe“ – wird auch Corona Auslöser gesellschaftlicher Strukturveränderungen sein. Wie aber gelingt es, diesen Prozess nicht einfach dem Zufall zu überlassen, sondern ihn aktiv zu gestalten? Wie gelangt man nicht bloß zurück zum Gewohnten, sondern zum Gewünschten? Die erzwungene Langsamkeit während der Wochen des Lockdowns haben zu Verunsicherung und Unzufriedenheit und viele an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geführt. Menschen wurden aus ihren gewohnten Bahnen geworfen, Arbeit und Alltag gaben nicht mehr den Takt vor, die gewohnten Gemeinschaften gaben keinen Halt mehr. Aber gerade weil das Individuum in dieser Zeit der Beschränkung und Isolation auf sich selbst zurückgeworfen ist, eröffnen sich auch neue Freiräume, über die Welt nachzudenken. Die unser Leben bestimmende Steigerungslogik des „Höher – Weiter – Schneller – Mehr“ lässt ja üblicherweise keinen Raum für Vorstellungen vom guten Leben.

Derart eingespannt ist der moderne Mensch in die Zwänge und Notwendigkeiten des Alltags, dass es kein Rasten und keine Muße gibt. Doch nun, da das Hamsterrad plötzlich stillsteht, ein kollektives Runterkommen einen neuen Ton anschlägt, stellt sich die Frage, ob sich nicht auch einige Lehren ziehen lassen aus der Corona-Zeit. Weniger pendeln und mehr Zeit für Partner, Kinder und Muße, ein selbstbestimmter Tagesablauf, mehr Ruhe, weniger Verkehr – lässt sich nicht so manches auch in die post-Coronazeit hinüberretten, was unser Leben insgesamt reicher machen könnte? Denn neben all dem Frust und den Belastungen ist doch auch zu spüren, dass die der Pandemie geschuldeten Beschränkungen unseres Lebens an vielen Stellen auch freier machen, weil sie Optionen verringern, die ansonsten in Stress versetzen.

„Das Virus ist der radikalste Entschleuniger, den wir in den letzten 200 Jahren erlebt haben“, fasst der Soziologe Hartmut Rosa den Bruch zusammen, der eine Zeitenwende sein könnte: von der Ära der Beschleunigung und des Immer-Mehr zu einer neuen Ära der Entschleunigung und des Weniger. Der aristotelischen Idee vom guten Leben folgend, suchten wir unser Glück nicht länger im Ansammeln von Habseligkeiten und Erreichen materieller Reichtümer. Das Streben nach Glückseligkeit bestimmte unsere Lebensführung. Und der Weg dorthin führt, wollen wir Aristoteles glauben, über ein bewusstes Handeln, das entfaltet, was der Mensch als Ziel schon in sich selbst trägt. Selbstverwirklichung, so würden wir heute sagen, wäre das Rezept für ein glückliches, gelungenes Leben. Ein Leben, das der aristotelischen Glückskonzeption folgt, durchbricht die Steigerungsspirale des Immer-Mehr, denn wer das gute Leben verwirklicht, meint der antike Philosoph, dessen Streben gelangt an ein Ende. Glückseligkeit genügt sich selbst.

Vor der Krise war auch schon Krise

Daher wäre zu fragen: Kamen wir nicht auch ganz gut zurecht ohne Shopping als Freizeitvergnügen? Ohne Konsum, der über das Nötige hinausgeht? Denn in der Zeit des Ausnahmezustandes war der Mensch ja nicht nur auf sich selbst zurückgeworfen, sondern auch auf die untersten Ebenen der Bedürfnispyramide: Im Angesicht der Gesundheitsgefährdung, zeitweise leergefegter Supermarktregale und eingeschränkter Sozialkontakte gewannen die Maslowschen Grund- und Sicherheitsbedürfnisse blitzartig eine hervorragende Bedeutung, wie ihnen in unserer Konsumgesellschaft ansonsten nicht zuteilwird.

Auch der Konsum pausierte: Internetshopping stellte sich in vielen Fällen doch nicht als zufriedenstellender Ersatz für das geschlossene Ladengeschäft heraus und demonstrativer Konsum verfehlte angesichts des stillstehenden Soziallebens ohnehin seine Zweckbestimmung. Schafft es die Coronakrise also, ein Schlaglicht auf unser Konsumverhalten zu werfen und etwas vom Minimalismus der vergangenen Tage zur neuen Normalität werden lassen? Wird Alternativen jenseits von Massenkonsum und Wachstumsdruck eine Chance eingeräumt oder werden sich die alten Reflexe durchsetzen, die nichts anderes kennen, als mit allerlei Kaufanreizen die Wirtschaft „anzukurbeln“ sowie Konsum zum Rettungsanker zu stilisieren und zum Dienst an der Gemeinschaft umzudeuten?

Die Krise hat eine Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft losgetreten und gezeigt, dass es auch in einer derart individualisierten Gesellschaft wie der unsrigen möglich ist, an einem Strang zu ziehen. Wie gelingt es über die Krisentage hinaus, zwischen Gemeinsinn und Eigensinn zu vermitteln? Das gute Leben war für Aristoteles keine Privatsache, sondern eine politische Angelegenheit. Weil Glück für den griechischen Philosophen nur in der Gemeinschaft zu erreichen ist, kann das Streben nach Glückseligkeit kein individuelles, „egoistisches“ Interesse sein.

Nun da das Schlimmste überwunden scheint und ein Wettlauf um Lockerung der einschränkenden Maßnahmen entbrannte, steht zu befürchten, dass die Solidarität abebbt, dass die Durchsetzung partikularer Interessen in den Vordergrund tritt. Wie können wir in einer Zeit, in der Unmengen an Staatshilfen ausgeschüttet werden eine gesunde Balance zwischen Sozialstaatsidee und Eigenverantwortung halten? Vielleicht ist es Zeit, neuerlich Anlauf zu nehmen und der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens neuen Schwung zu verleihen? Immerhin könnte das Konzept nicht nur der Masse an Menschen, die Corona in existenzielle Krisen stürzte eine Perspektive bieten, sondern wäre auch eine passende Form der Grundsicherung für eine Gesellschaft, die es ernst meint mit dem entschleunigten, selbstbestimmten Leben.

Eine neue Form der Grundsicherung könnte auch der Diskussion rund um die Zukunft der Arbeit neue Impulse verleihen. Denn es sind nicht zuletzt Solo-Selbständige, die seit Jahren als Speerspitze einer neuen Arbeitswelt gelten, denen die Krise nun gewaltig zusetzt. Gerade solchen Arbeitenden aber würde ein bedingungsloses Grundeinkommen eine gänzlich neue Ausgangsposition bieten: mehr Sicherheit und gleichzeitig mehr Raum für Kreativität. Das kommt nicht nur dem Einzelnen zugute, sondern bedeutete für die Gesellschaft als Ganzes eine Investition in Erfindungsgeist und Innovationskraft.

Kinderbetreuung und Home Office

Corona schuf ein Experimentierfeld für neue Arbeitsformen. Seit Jahren wird über die Zukunft der Arbeit debattiert – quasi über Nacht sind die neuen Arbeitsformen für viele Wirklichkeit geworden – von Home Office über neue Formen der Onlinekollaboration bis zu flexiblen Arbeitszeiten. Ist es nun nicht an der Zeit, ernsthaft über die „Arbeit der Zukunft“ nachzudenken und das Thema von hippen Konferenzen in die praktische Wirklichkeit der Arbeitswelt zu führen? Was hat sich bewährt und was nicht? Vielleicht kommen wir ja zu dem Schluss, dass die Wahrheit irgendwo zwischen Stempeluhrmentalität und gesetzlichem Anspruch auf Home Office liegt? Dass Heimarbeit durchaus seine Reize und Vorteile hat, aber eben auch jede Menge Nachteile und Schwierigkeiten mit sich bringt.

Weil der Gang ins Büro für viele eine verlässliche Struktur bietet sowie ein soziales Umfeld, ohne das sich nur schwer leben lässt. Und vielleicht sehen wir ein, dass Kinderbetreuung und Home Office doch nicht so leicht unter einen Hut zu bringen sind und es eine Illusion bleiben muss, die Karriere von zu Hause aus zu machen. Vielleicht also bringt der eremitische Arbeitsalltag der Coronazeit einen Neustart, Arbeit neu zu denken? Und zwar braucht es Nachdenken nicht nur dahingehend, wie wir arbeiten möchten, sondern auch: Was verstehen wir denn überhaupt unter Arbeit? Denn die Herausforderung der Kinderbetreuung hat ja das alte Problem der unbezahlten, zumeist an Frauen hängenbleibenden Care-Arbeit höchst akut werden lassen. Plötzlich wurde unsichtbare Arbeit höchst sichtbar und dies könnte der längst fällige Anlass sein, neu zu definieren, was wir unter Arbeit verstehen, wofür wir Anerkennung zollen und welche Tätigkeiten auf welche Weise entlohnt werden sollten.

Dass ein großer Anteil der Arbeitenden in Heimarbeit tätig war, wirft auch ein neues Licht auf Digitalisierung und ihre Möglichkeiten. Welche neuen Formen und Mittel des Arbeitens werden – ist das Virus erst einmal Geschichte – den Krisenmodus überstehen und dauerhaft in Unternehmen Einzug halten? Wird die Krisenerfahrung Klarheit darüber verschaffen, welche Aktivitäten sinnhaft online vollbracht werden können und wann persönliche Interaktionen angebracht sind? Wir werden also lernen müssen, bei welchen Gelegenheiten Technologie wertvolle Dienste erweisen kann, indem soziale Netzwerke virtuell reproduziert werden und wann hingegen der persönliche Kontakt, das direkte Gespräch und das Auf-Tuchfühlung-Gehen mit Anderen nicht zu ersetzen sind. Der staatlich verordnete Lockdown hat enorme Energie freigesetzt, das soziale Leben im virtuellen Raum nachzubilden – von privaten infektionsfreien Treffen in Chaträumen über kulturelle Veranstaltungen im Cyberspace bis hin zu Seminaren auf Lernplattformen und dem digitalen Büroarbeitsplatz.

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Zwar ist all dies immer schon selbstverständlicher Teil des Lebens einer wachsenden Gruppe von Menschen, nichtsdestotrotz ist der digital divide nach wie vor Realität. Gesellschaftliche Ungleichverteilungen rühren in der digitalen Gesellschaft nicht zuletzt von den gegebenen Unterschieden im Zugang zu und der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie her. Doch können die digitalen Infrastrukturen nur dann zur Stärkung von solidarischen Beziehungsgefügen beitragen, wenn sie nicht schon von vornherein durch eine übergroße digitale Kluft exkludierend wirken.

Flugzeuge am Boden

Vielleicht auch, das ist zu hoffen, gibt das notgedrungene Experimentieren mit technologischen Mitteln der vergangenen Wochen Anlass zu einem nüchterneren, realistischeren Blick auf Technologie. Weil viele mit neuen technologischen Mitteln in Berührung kamen, wurden vielleicht Schwellenängste überkommen und wird das Neue weniger verteufelt. Gleichzeitig aber wird uns das Virus möglicherweise anders auf einen von Allmachtphantasien befeuerten technologischem Solutionismus blicken lassen, wie Evgeny Morozov jenes unbändige Vertrauen in die Lösungskräfte von Technologie für komplexe soziale Probleme nannte. Werden wir nicht vielmehr demütiger werden müssen angesichts eines winzig kleinen Virus, das die Welt aus den Angeln hebt?

Man muss nicht dem Narrativ von der zurückschlagenden Natur folgen, um zu dem Schluss zu kommen, dass es eben doch einiges gibt, das sich der Mensch nicht ganz so einfach untertan machen kann. Wenn die Coronakrise eines gebracht haben wird, dann sicherlich dies: Die Einsicht, dass es Geschehnisse gibt, die zu Einschnitten ins Gewohnte führen, die uns auf ganz neue Art herausfordern, weil sie uns die Kontrolle verlieren lassen und Spontaneität erfordern. Dass wir schlagartig Herausforderungen gegenüberstehen, für die es keine Versicherung gibt und auch keine App.

Doch ist dies kein Grund für Fatalismus: Denn die Krise zeigt auch, welch unvergleichliche Geschwindigkeit und Durchsetzungskraft im Politischen möglich ist. Dass Flugzeuge am Boden, Geschäfte geschlossen bleiben und die Regierung ins Privateste hineinregiert und dass Menschen sich all dem solidarisch fügen, dies war bis noch vor kurzem unvorstellbar. Heute wissen wir, welche Kraft der gemeinsame Wille entfalten kann, um ein höheres Gut zu verwirklichen.

Daher – so abgedroschen es auch klingen mag – was bliebe anderes zu tun, als die Krise als Chance zu begreifen? Es geht eben nicht darum, einfach nur so schnell wie möglich das Heft des Handelns zurück in die Hand zu bekommen, „die Verfügbarkeit krampfhaft wiederherzustellen“, wie Hartmut Rosa die gegenwärtigen – erwartbaren – gesellschaftlichen Versuche, mit der Krise fertigzuwerden beschreibt. Auch geht es nicht darum, bloß die verfügten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie so weit zurückzudrehen bis der gewohnte Alltag wieder erlangt ist. Bietet nicht vielmehr der momentane erzwungene Stillstand die Chance zu einem einmaligen Experiment: Die Zwangspause zu nutzen zu kollektivem Innehalten, um die gewohnten Handlungspraktiken und -logiken auf den Prüfstand zu heben, verkrustete Strukturen zu überdenken, Abschied zu nehmen von unheilvollem Gewohnten und planvoll gestalterisch eine neue wünschbare Zukunft, eine neue Normalität zu errichten? Wenn die Normalität dann eine bessere sein sollte als die alte, wäre es nicht zum Unglück der Menschen gewesen, dass wir alle einfach einmal ruhig in unseren Zimmern geblieben sind.

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Unten    —        Army Chief of Staff Gen. George W. Casey Jr. celebrates the Army’s 234th Birthday with children of Fort Detrick’s Forest Glen Annex Child Development Center in Maryland. See more at www.army.mil Gen. Casey reads ‚Sam the Army Dog‘ to Army kids

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QAnon – Verschörungen

Erstellt von Redaktion am 7. August 2020

Verschwörungs-Ideologie zum Mitmachen

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Eliten, die Kinder aufessen? Auf der Berliner Corona-Demo waren teils abstruse Erzählungen zu hören. Sie gehören zur derzeit erfolgreichsten Verschwörungsideologie im Netz: QAnon. Der Spott fällt leicht – ist aber falsch.

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 72 Prozent finden Sie in Ihrer Wohnung eine Erklärung dafür, dass immer mehr Menschen glauben, es gäbe eine Elite, die Kinder frisst. Gut, dieser Satz ist einigermaßen erklärungsbedürftig, und dazu muss man etwas ausholen.

Am ersten Augustwochenende 2020 fand in Berlin eine Demonstration statt. Zwischen 17.000 und 20.000 Menschen protestierten unter dem Motto „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“. Eine bunte bis wüste Mischung ging auf die Straße: Friedensmahner, Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, Nazis, Esoteriker, Impfgegner, sich in ihren Grundrechten durch Masken eingeschränkt Fühlende. Corona ist zwar der Anlass, aber inhaltlich eint die Menschen eine größere Welthaltung zwischen Hass auf klassische Medien und Zweifel an fast allem außer an sich selbst.

Am Ende ließ sich das Demopublikum politisch in zwei Gruppen einteilen: Rechtsextreme und Leute, die gemeinsam mit Rechtsextremen demonstrieren. SPIEGEL TV war mit einem Team vor Ort und schaffte es, Stimmen von Teilnehmenden einzufangen. Jubel und Sprechchöre zeigten, dass es sich nicht um Einzelmeinungen handelt.

SPIEGEL TV: „Glauben Sie denn, dass es eine Elite gibt, die Kinder entführt?“
Teilnehmer: „Ja natürlich gibt es die … Unicef holt die Kinder und bringt sie den Eliten.“
SPIEGEL TV: „Und was machen die dann damit?“
Teilnehmer: „Essen. Essen, quälen die, trinken das Blut, wenn sie es vorher gequält haben, lassen Kinder gegeneinander kämpfen, der Verlierer wird gefressen. Also, warum wisst Ihr davon nichts?“

Was sich für durchschnittliche Ohren anhört wie ein düsteres Amalgam aus Fiebertraum, schlechter Satire und Wahn, ist die derzeit erfolgreichste und bedrohlichste Verschwörungsideologie im Netz: QAnon.

Die strukturell antisemitische Basis ähnelt vielen anderen Verschwörungserzählungen, eine Elite beherrsche die Welt und wolle die Menschheit versklaven, die Medien seien Handlanger der Mächtigen. Das uralte judenfeindliche Motiv der Kindstötung ist bei QAnon modern aufgeladen. Die Eliten würden weltweit Kinder nicht nur sexuell missbrauchen, sondern auch quälen, weil durch die Folter bestimmte Inhaltsstoffe in ihrem Blut freigesetzt würden. Damit wiederum ließe sich das Leben verlängern – wenn man das Kinderblut trinke. Oder eben die Kinder esse.

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 72 Prozent haben Sie ein IKEA-Möbelstück zu Hause und meine Theorie ist, dass darin der Schlüssel zum unwahrscheinlichen Erfolg von QAnon verborgen liegt. Die Verhaltensökonomie hat 2009 den sogenannten IKEA-Effekt entdeckt. Dabei halten Menschen ein Möbelstück für wertvoller und besser, wenn sie selbst daran mitgebaut haben. Sie sind dann auch bereit, über offensichtliche Mängel hinwegzusehen. Dazu muss man nicht einmal besonders umfassend mitgearbeitet haben, wer Billy-Regale zusammenschraubt, ist dadurch ja nicht sofort Möbeldesigner auf dem schöpferischen Höhepunkt.

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Der IKEA-Effekt beruht unter anderem auf dem psychologischen Mechanismus der Aufwandsrechtfertigung: Wer viel Energie in eine Angelegenheit steckt, will, dass die Entscheidung richtig und gut war.

Das Geheimnis liegt in der eigenen Rechercheleistung

Das Internet ist ohnehin wie geschaffen für die Entstehung und Verbreitung von Verschwörungstheorien. Aber die gesamte QAnon-Erzählung ist vor allem mithilfe des IKEA-Effekts perfekt auf Überzeugung in sozialen Medien zugeschnitten. Denn die wichtigste Zutat bei QAnon ist die eigene Mitarbeit an der Verschwörungsideologie. Das zeigen auch verschiedene Äußerungen im SPIEGEL-TV-Film:

„Stell Dir diese Fragen und schau selber im Internet nach.“
„Was Q heißt, könnt ihr mal nachgooglen.“
„Da gibt es Bilder. Kann jeder nachgucken. Auf der ganzen Welt. Ganz schlimm.“
„Man muss sich halt selber informieren.“

Quelle        :      Spiegel          >>>>>         weiterlesen

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Oben      —        US-Vizepräsident Mike Pence mit Mitgliedern des Broward County SWAT-Teams am 30. November 2018 in Florida; Der Mann links zeigt einen rot-schwarzen „Q“-Aufnäher, ein Symbol von QAnon.

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Nun auch in Österreich ?

Erstellt von Redaktion am 7. August 2020

Bündnis fordert Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt

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Allzu viele Köpfe auf den Uniformen der Staaten werden nie begreifen warum sie in den Augen einer großen Öffentlichkeit nur als Ärsche im letzten Glied gesehen werden.

Quelle     :       Scharf  —  Links

Von epicenter works

Die nächsten Monate sind eine historische Chance für die Regierung, die Polizei in Österreich zu modernisieren und menschenrechtsfreundlicher zu gestalten. Ein breites Bündnis von 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Expert*innen – von renommierten Verfassungsjurist*innen über Beratungsstellen wie die Rechtshilfe Rapid bis hin zu Bewegungen wie Black Movement Austria – fordern in einem offenen Brief Innenminister Nehammer, Justizministerin Zadi? sowie die Nationalratsabgeordneten Mahrer und Bürstmayer auf, eine wirksame und unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstelle zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamt*innen einzurichten. Damit diese Stelle auch das Vertrauen der Bevölkerung hat, muss sie umfassende Funktionen erhalten und partnerschaftlich mit der Zivilgesellschaft entwickelt werden, fordern die Unterzeichner*innen. Der Brief wurde von Amnesty International Österreich und epicenter.works initiiert.

„Alle profitieren von einer Polizei, die professionell und transparent arbeitet – auch die Polizist*innen selbst. Dazu gehört die Errichtung einer unabhängigen Ermittlungs- und Beschwerdestelle von Polizeigewalt. Positiv ist, dass so eine Stelle nun auch im Regierungsprogramm geplant ist. Wichtig ist jetzt aber in den nächsten Monaten, dass diese Stelle auch konsequent, menschenrechtskonform und partnerschaftlich mit der Zivilgesellschaft umgesetzt wird. Dadurch wird sichergestellt, dass diese Ermittlungs- und Beschwerdestelle von Beginn an auf eine breite Basis gestellt wird und das Vertrauen der Bevölkerung hat. Betroffene von Polizeigewalt in Österreich müssen die Möglichkeit haben, dass Vorfälle rasch, unabhängig und umfassend aufgeklärt werden“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.

„Das institutionelle Design der Ermittlungs- und Beschwerdestelle wird wesentlich dafür sein, dass sie wirksam ist. Ihre Ermittlungen müssen umfassend und unabhängig geführt werden. Auch die Kennzeichnungspflicht der Polizeibeamt*innen ist für eine wirkungsvolle Absicherung von Grundrechten notwendig, damit Ermittlungen zu Ergebnissen führen. Dies hilft Opfern und Betroffenen, aber es verhindert auch Falschanschuldigungen gegen Polizeibeamt*innen“, sagt Juristin Lisa Seidl von epicenter.works. Die Organisationen fordern, dass bei der geplanten Polizeireform

  • internationale Standards als Mindestvorgaben eingehalten werden,
  • umfassende Funktionen der unabhängigen Ermittlungs- und Beschwerdestelle sichergestellt werden,
  • die Kennzeichnungspflicht für Polizist*innen eingeführt wird,
  • die Zivilgesellschaft für eine breite Unterstützung der Reform eingebunden wird.

Die wirksame Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen ist wichtig für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen der Polizei und den Menschen im Land. In Bezug auf Menschenrechte hat es in den vergangenen Jahrzehnten positive Entwicklungen in Österreich gegeben – auch dank des Austauschs der Polizei mit der Zivilgesellschaft und der Einbindung menschenrechtlicher Aspekte in die Ausbildung. Dennoch gibt es immer wieder Vorfälle von Polizeigewalt in Österreich. Das genaue Ausmaß ist nicht bekannt, u. a. weil es keine unabhängige Untersuchung gibt. Die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerde- und Ermittlungsstelle zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamt*innen könnte dazu beitragen, das Vertrauen zwischen der Bevölkerung und der Polizei zu stärken und Polizeigewalt zu verhindern.

Den Brief finden Sie im Wortlaut zum Download hier.

Urheberrecht
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Grafikquelle      :       Aktivisten aus dem Sonderzug werden am Bahnhof Büren festgehalten und müssen sich ausweisen.

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Aus dem Finanzkasino

Erstellt von Redaktion am 7. August 2020

Betrug braucht gute Storys

2017-09-04 BSPC Hamburg Opening by Olaf Kosinsky-2.jpg

Die Hand schützt das Kinn?

Von Ulrike Herrmann

Fälle wie Wirecard wird es immer geben. Schlimm ist das nicht. Gefährlicher wird es, wenn alle Banken gleichzeitig auf den gleichen Unsinn wetten.

Die Pleite von Wirecard ist mehr als nur gigantischer Betrug – sie ist auch eine gute Geschichte. Vor allem Ex-Finanzvorstand Jan Marsalek gibt viel her: Offenbar hat er mehrere hundert Millionen Euro beiseitegeschafft und besitzt beste Kontakte zu russischen Geheimdiensten. Jetzt hält er sich wohl in Moskau auf, nachdem er seine Flucht verschleiert hat, indem er eine Einreise auf die Philippinen fingierte. So wild geht es selten zu in Deutschland.

Am ehesten erinnert Wirecard an die Pleite des Baulöwen Jürgen Schneider, der 1994 einen Schuldenberg von 6,7 Milliarden D-Mark hinterließ. Schneider hatte seine Immobilien finanziert, indem er die Banken über die Quadratmeterzahl seiner Neubauten täuschte. Als der Schwindel aufflog, floh Schneider nach Florida.

Die Pleiten von Wirecard und Schneider ähneln sich auch insofern, als sie an den Finanzmärkten spurlos vorbeigingen. Der Aktienkurs von Wirecard ist natürlich ins Bodenlose abgestürzt, aber ansonsten blieb es ruhig an den deutschen Börsen. Auch Schneider löste 1994 keine Finanz- oder Immobilienkrise aus – stattdessen schrieben die Banken zähneknirschend ihre Verluste ab. Fertig.

Wie Wirecard und Schneider zudem zeigen, ist systematischer Betrug nur möglich, wenn man eine überzeugende „Story“ hat. Schneider konnte ständig neue Kredite akquirieren, weil die Banken nach der Wende allzu lange einen „Einheitsboom“ kommen sahen. Wirecard wiederum flossen Milliarden zu, weil viele Anleger dringend an die Story glauben wollten, dass der DAX-Konzern einzigartige Finanzdienstleistungen im Internet anbiete. Wie das angebliche Geschäft in Asien laufen sollte, verstand zwar niemand – aber dieses Rätselraten schien zu bestätigen, dass es sich um ein ganz neuartiges Gewerbe handeln müsse.

Ein markanter Unterschied zeigt sich jedoch bei Wirecard und Schneider: Die Politik reagiert diesmal völlig anders. 1994 kam niemand auf die Idee, einen Untersuchungsausschuss zu fordern – oder dem damaligen Finanzminister Theo Waigel vorzuwerfen, dass er Schneiders Umtriebe nicht zeitig unterbunden hätte. Jetzt hingegen findet es die Opposition selbstverständlich, dass die Regierung schon früh hätte ahnen müssen, dass bei Wirecard betrogen werde.

Die Bezeichnung „Anstalt“ sagt alles aus ! Politiker Blödsinn ?

Das Argument: Die Financial Times hätte bereits ab Januar 2019 berichtet, dass es bei der Wire­card-Tochter in Singapur nicht mit rechten Dingen zugehe. Das stimmt, diese Artikel gab es. Aber diese Enthüllungen haben niemanden beirrt. Die Banken vergaben weiterhin Kredite an Wirecard, der Aktienkurs war weiterhin stattlich, und die Wirtschaftsprüfer von EY verteilten weiterhin ein einwandfreies Testat. Warum also sollte ausgerechnet die Regierung Betrug wittern? Das ist abwegig. Die Kanzlerin ist nicht die Kindergärtnerin der Finanzanleger.

Die Opposition weiß, dass es schwierig wird, der Regierung Versagen nachzuweisen. Aber zum Glück gibt es ja noch die Finanzaufsicht Bafin, die dem Finanzministerium direkt untersteht. Es ist nicht zu leugnen: Die Bafin hat beim Thema Wire­card keine glückliche Figur abgegeben. Zum Teil ist sie daran schuldlos, denn ihr fehlten die gesetzlichen Möglichkeiten, um einem Betrug forensisch nachzuspüren. Trotzdem ist es peinlich, dass die Bafin ausgerechnet gegen die Journalisten der Financial Times vorging – und sie wegen „Marktmanipulation“ bei der Staatsanwaltschaft München anzeigte.

Quelle      :         TAZ        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —      BSPC 26 in Hamburg: 4.9.2017 Opening

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DL – Tagesticker 07.08.2020

Erstellt von Redaktion am 7. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Dem Chaos folgen auf dem Fuss die Heilung bringenden Politiker-Innen. Lassen Merkel und Maas auch schon die Düsen ihrer Flieger warmlaufen ? Was für das Volk die Katastrophe bringt der die Politik Gewinne. Wenn alles nicht hilft: Kommt Scholz ! 

Besuch in Beirut

1.) Macron erlebt den Zorn der Libanesen

Als erster hochrangiger ausländischer Besucher ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach Libanon gereist – im Gepäck Hilfszusagen, aber auch eine klare politische Botschaft. In der weiten, marmorgekachelten Halle vor den Besprechungsräumen des libanesischen Präsidenten Michel Aoun gibt er ein kurzes Statement ab, nach einer Stunde hinter verschlossenen Türen. Die Spitzenpolitiker des Landes stehen hinter dem Gast aufgereiht wie Schuljungen und hören Macron zu wie bei einer Strafpredigt. Keiner von ihnen ergreift selbst das Wort, so wie sich bisher auch keiner von ihnen in den Straßen Beiruts der Wut der Bürger gestellt hat. Macron hingegen hatte zuvor nach seinem Besuch an der Explosionsstelle einen scheinbar spontanen Abstecher in das christlich geprägte Szeneviertel Gemayzeh gemacht, war binnen Minuten von wütenden Libanesen umringt, die „den Sturz des Systems“ und „Vive la France“ schrien – und mit diesem Jubel für die alte Mandatsmacht Frankreich zeigten, wie sehr sie ihre Regierung verachten. Im weißen, bald durchgeschwitzten Hemd stellte sich Macron den Tiraden der Bürger, ließ Umarmungen über sich ergehen, die seine Bodyguards und die wenigen libanesischen Sicherheitskräfte sichtlich nervös machten. Eine junge Frau sprach direkt zu Macron und sagte: „Bitte geben Sie unserer korrupten Regierung kein Geld mehr.“ Macron antwortet unter seiner Gesichtsmaske: „Machen Sie sich keine Sorgen.“

Sueddeutsche-Zeitung

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Kommt nun die große Einsicht aus der Politik, indem sie zeigt, wer warum und wo, dieser oder jener Posten nach den Parteienproporz so und nicht anders besetzet werden musste, um Dieser/m seine persönliche Unfähigkeit nach zu weisen ?

Koppers greift gegen Oberstaatsanwalt F. durch –

2.) Der Neukölln-Komplex was ist da los?

Berlins Generalstaatsanwältin übernimmt das Verfahren zu rechtsextremistischen Anschlägen, der Senator stützt sie. Ermittler sind fassungslos. Eine Spurensuche. Es ist Tag eins nach der Entscheidung von Generalstaatsanwältin Margarete Koppers, die Verfahren zur rechtsextremistischen Anschlagsserie in Neukölln an sich zu ziehen – zwei Staatsanwälte, die mit den Ermittlungen betraut waren, wurden versetzt. Ein ungewöhnlicher Vorgang, manche sprechen von einem Beben, das durch die Behörde geht. „So etwas haben wir noch nicht erlebt“, sagt ein Beamter. Wen man auch fragt, es herrscht Fassungslosigkeit, Unglaube. Dieser Eingriff sei einmalig. Von einem Bauernopfer ist die Rede, von einem Anlass, um politisch unliebsame Ermittler, die gegen Linksextremisten vorgehen, loszuwerden. Koppers richte die Behörde auf die politische Linie von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) aus. Koppers begründet ihr Vorgehen mit dem Verdacht, dass der Leiter der Staatsschutzabteilung, F., befangen sein könnte. Es gebe zwar keine Beweise dafür, sondern nur Eindrücke. Aber der Verdacht, dass in Moabit nicht neutral ermittelt werden könnte, wiege so schwer, dass sie sich dazu gezwungen gesehen habe – zum Schutz der Ermittlungen, aus Rücksicht auf die Opfer.

Tagesspiegel

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Hat die Gesellschaft erst einmal realisiert wieviel  Uniformen sich auch im Zweifelfall den unfähigen Politikern in Sklavenähnelnder Haltung, schützen den Weg freihalten, wird ein Aufschrei über das Land wehen. Wo die Argumente fehlen müssen härtere Strafen greifen. Das war bei Scheuer so und ist bei Spahn nicht anders. Warum musste die SED untergehen? Hatte Merkel die Fahnen zu schnell gewechselt ? 

Lahme Ermittlungen bei den Polizeischüssen von Trudering

3.) Vorfall im März 2019

Im März 2019 schoss in Trudering ein Polizeibeamter auf ein Auto. Ob das rechtmäßig war, wird seitdem geprüft.  Mehr als 16 Monate liegt ein Polizeieinsatz zurück, der in Trudering für große Aufregung gesorgt hat und eine Diskussion entfachte, ob er verhältnismäßig war. Ein Polizeibeamter (damals 41) in Zivil hatte mittags an der Truderinger Straße drei Mal auf ein Auto geschossen, mit dem ein mutmaßlicher Komplize eines Betrügers flüchtete. Auch wenn niemand verletzt wurde – unbestritten dürfte sein, dass die Schüsse eine Gefahr für Passanten darstellten. Noch keine Entscheidung über Schusswaffengebrauch gefallen. Ob der polizeiliche Schusswaffengebrauch rechtmäßig war oder nicht – darüber ist noch immer nicht abschließend entschieden. Bis vor wenigen Tagen lag der Fall bei der Mordkommission zur internen Prüfung. Nun wurde der Vorgang der Staatsanwaltschaft übergeben, die ihn wiederum prüft.

Abend-Zeitung

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Hm. – Befinden wir uns nicht mehr im CDU-Land des Ronaldinho und seiner Widergeburt mit den Namen Volker ? 

Ausschuss zu Justizskandal in Hessen:

4.) Neues aus dem Problem Bundesland

Hessen kommt nicht zur Ruhe: Ein Korruptionsskandal erschüttert das Land. Verhaftet wurde unter anderem ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. ie sei „entsetzt und fassungslos“, sagte am Donnerstag vor dem Rechtsausschuss des Landtags die Landesjustizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) und sprach von einem „beispiellosen Fall“. Ausgerechnet der landesweit für die Bekämpfung von Korruption und Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen zuständige Staatsanwalt hat offenbar „die Seiten gewechselt“ und seine Kompetenz genutzt, um privat abzukassieren. Seit dem 23. Juli sitzt Oberstaatsanwalt Alexander B. nun wegen des Verdachts der Bestechlichkeit in Untersuchungshaft. Nach bisherigen Ermittlungen hat er allein im Zeitraum nach 2015 rund 300.000 Euro „Schmiergelder“ eingestrichen, davor habe es illegale Einnahmen in ähnlicher Größenordnung gegeben, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde. Alle Kontrollmechanismen hätten offenbar versagt, beklagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Günter Rudolph und forderte die Ministerin auf, die politische Verantwortung für den Skandal zu übernehmen. Auch der offizielle Geschäftsführer einer GmbH, über die Alexander B. abkassiert haben soll, sitzt in Haft; bislang gebe es insgesamt fünf Beschuldigte, so die Behörde. Weder die Innenrevision noch die Dienstaufsicht ist auf den schwerwiegenden Korrup­tionsfall aufmerksam geworden. Es war eine Strafanzeige aus dem „persönlichen Umfeld“ des Beschuldigten, die im August 2019 verdeckte Ermittlungen auslöste.

TAZ

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Vielleicht bleibt der Harzer als Weichkäse ganz dort – mit Verspätung  vom runden Tisch ? Lustig ist das Präsidenten-Leben, faria, faria, ho

Ganz ohne Abstand und ohne Maske

5.) Steinmeier im Südtirol-Urlaub

SFrank-Walter Steinmeier erhob erst am Montag den mahnenden Zeigefinger: Wer keinen Mund-Nasen-Schutz trage, gefährde die Gesundheit vieler. Jetzt kursiert ein Foto aus seinem Südtirol-Urlaub, das den Bundespräsidenten ohne Schutz zeigt. Das Foto zieht gerade im Internet Kreise: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Südtirol-Urlaub bei einem Treffen mit dem dortigen Landeshauptmann Arno Kompatscher und einer Gruppe Musikerinnen. Die Aufnahme ist schon mehr als zwei Wochen alt, sie stammt vom 22. Juli. Trotzdem sorgt sie jetzt für Aufregung – vor allem bei Kritikern der Corona-Politik der Bundesregierung. Hintergrund: Steinmeier – und alle anderen Personen auf dem Foto – halten weder Abstand zueinander ein, noch tragen sie Mund-Nasen-Bedeckungen, trotz grassierender Corona-Pandemie und anhaltender Mahnungen der Politiker ans Volk, sich an die Hygieneregeln zu halten.

Welt

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Politiker-Innen sind noch nie ohne Masken gelaufen! Sonst wären sie doch viel seltener an ihren Zielorten angekommen !

„Los ging es mit Maskenpflicht“

6.) Unionsvize vergleicht Deutschland mit DDR

Es ist eine Wortwahl, wie man sie eigentlich nur aus Reihen der AfD kennt – und sie kommt ausgerechnet vom Vize der Unionsfraktion. Arnold Vaatz vergleicht in einem Gastbeitrag die Bundesrepublik mit der DDR, ja sogar einen Vergleich mit der Nazi-Diktatur stellt er an. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Arnold Vaatz, hat die Bundesrepublik mit der DDR und die Berliner Polizei mit der Volkspolizei der SED-Diktatur verglichen. In einem Gastbeitrag für das rechte Meinungsmagazin „Tichys Einblick“ schreibt Vaatz unter Verweis auf die „Black Lives Matter“-Proteste: „Die Kernfrage ist, warum bei gleicher Gefahrenlage die BLM-Demonstration gegen Rassismus allgemein gelobt und toleriert und die Demonstration vom 1. August allgemein verflucht wurde.“ Am 1. August hatten rund 20.000 Menschen an einer Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen demonstriert. Eine Kundgebung am Brandenburger Tor wurde von der Polizei aufgelöst, weil die Hygieneregeln nicht eingehalten worden waren.

ntv

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Zweite Welle noch nicht da, weil sonst überall Klopapier ausverkauft wäre

7.) Wissenschaftler beruhigen Politiker

Ganz Deutschland zittert vor der Möglichkeit einer zweiten Coronawelle. Doch nun geben namhafte Wissenschaftler zumindest vorerst Entwarnung: Von einer zweiten Welle könne keine Rede sein, solange die Klopapierregale in den Supermärkten noch voll sind. „Während der ersten Coronawelle haben sich die Ladenbestände von handelsüblichem Toilettenpapier als verlässlichster Indikator für das Infektionsgeschehen erwiesen“, erklärt Dr. Gundula Reinhold von der Berliner Charité.

Postillon

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Gesundheitssystem Kamerun

Erstellt von Redaktion am 6. August 2020

Ein Fanal namens Monique

Hopital Laquintinie a Douala.JPG

Afrobeat von Domonic Johnson

Vor vier Jahren stirbt in Kamerun eine Hochschwangere. Ihr skandalöser Tod hat die Debatte über eine gerechtere Gesundheitspolitik in Afrika befeuert.

Monique Koumatekel trug nicht das Coronavirus in sich, als sie starb. Die junge Kamerunerin war einfach hochschwanger, als ihre Familie sie am 12. März 2016 ins Laquintinie-Krankenhaus in Kameruns größter Stadt Douala brachte. Sie war schon stundenlang unterwegs gewesen. Im Krankenhaus begann eine tödliche Odyssee. Auf der Entbindungsstation wurde die Familie abgewiesen: Die Frau sei schon tot. An der Leichenhalle hieß es, ohne Totenschein könne man nichts machen und außerdem bewege sich doch noch der Fötus, sie gehöre zurück auf die Entbindungsstation. Ein Pfleger dort, der das untersuchen wollte, wurde von einer Kollegin gestoppt. Monique blieb vor der verschlossenen Tür liegen.

Die verzweifelten Angehörigen wussten sich keinen anderen Ausweg, als am Krankenhauskiosk ein Skalpell zu kaufen und zu versuchen, das Baby selbst zu retten, per Kaiserschnitt auf dem Fußboden. Es war zu spät. Moniques Nichte Rose Tacke öffnete zwar den Bauch, aber die Zwillinge, die sie heraushob, waren tot. Das Krankenhauspersonal schaute dem blutigen Geschehen ungerührt zu, manche amüsierten sich und filmten es auf ihren Handys.

Die Horror-OP auf dem Krankenhausboden wurde zum Skandal, denn das kaum erträgliche Video machte sofort in sozialen Netzwerken die Runde. Wie einige Jahre zuvor beim Tod des jungen Tunesiers Mohamed Bouazizi, dessen öffentliche Selbstverbrennung zum Fanal des Arabischen Frühlings wurde, verwandelte sich Monique Koumatekel durch ihren Tod und den ihrer ungeborenen Kinder in eine Ikone. „Wir sind alle Monique Koumatekel“ stand auf handgemalten Protestplakaten bei Frauendemonstrationen.

Kameruns autoritärer Staat reagierte, wie er es immer tut. Er verhaftete die Angehörigen wegen „Störung der Totenruhe“ und auch das Personal der Entbindungsstation. Oppositionelle eilten der Familie zu Hilfe, der Krankenhausleiter wurde abgesetzt – um ein Jahr später als Gesundheitschef der gesamten Provinz wiederaufzutauchen. Zugleich gingen die Behörden gegen soziale Medien vor, als Vehikel des Protests. Die Affäre Monique Koumatekel wurde zu einer der vielen Initialzündungen der Revolte, die den Westen Kameruns in einen blutigen Bürgerkrieg gestürzt hat, von dem sehr wenig nach außen dringt. Auf der Liste der vergessenen Konflikte der Welt hält Kamerun regelmäßig den ersten Platz.

Postkoloniale Gewaltherrschaft

International ist dieser Aufstand tribal einsortiert: die englischsprachige Minderheit gegen den französischsprachigen Staat. Aber Kamerun insgesamt steht für Kontinuität kolonialer und postkolonialer Gewaltherrschaft in Afrika. Wut gibt es überall; Gelegenheiten, sie zu äußern, sind selten und müssen erkämpft werden. „Die gesellschaftliche Wirkung des Todes von Monique zeigt, dass es nicht um ein persönliches Problem geht, sondern um ein größeres gesellschaftliches Übel“, analysieren die kamerunischen Sozialwissenschaftler Jacquineau Azétsop, Christophe Tchawa und Sylvestre Omgba Essomba in einem Essay: „Die koloniale und postkoloniale Unterdrückung hat eine Atmosphäre der Angst und eine Kultur des Schweigens geschaffen, innerhalb der ohne Erlaubnis des Staates keine Geschichte erzählt und keine Erinnerung bewahrt werden darf.“

Bonanjo douala.jpg

Das Krankenhaus Laquintinie in Douala entstand 1931 als erstes Krankenhaus der damaligen französischen Kolonialmacht für Kameruns Schwarze – davor gab es bloß das aus der deutschen Kolonialherrschaft stammende „Nachtigal-Krankenhaus“, ein elegantes Gebäude mit europäischem Komfort nur für Weiße, wogegen das „Hôpital indigène“, wie es anfangs hieß, als „eine Art großer Hangar mit Wellblechdach“ beschrieben wird, mit 30 Holzpritschen und in der Mitte einem öffentlichen Behandlungstisch. Später ausgebaut, wurde es nach der Unabhängigkeit zu einem Hospital erster Klasse.

Quelle    :        TAZ       >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben       —      This is a photo of a monument in Cameroon identified by the ID

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Für Autos ist immer Zeit

Erstellt von Redaktion am 6. August 2020

Die unheimliche Macht der Autoindustrie

Angela Merkel and Automotive Managers.JPG

Wer gut schmiert – der gut fährt

Quelle        :      INFOsperber

Felix Schindler / 05. Aug 2020  

Fast überall auf der Welt ist ein Tempolimit auf Autobahnen eine Selbstverständlichkeit. Warum nicht in Deutschland?

Angriffe gab es schon viele, aber jeder einzelne wurde abgewehrt.

Seit bald 70 Jahren dürfen Autofahrer auf deutschen Autobahnen so schnell fahren, wie sie wollen. 1953 wurden alle Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgehoben – 17 Jahre später erreichte das Land einen traurigen Höhepunkt: Jeden Tag starben 60 Menschen bei Verkehrsunfällen, über 21’000 in einem Jahr.

Die Anatomie eines Glaubenskriegs

In Deutschland wird seit den 1970ern impulsiv über ein Tempolimit auf Autobahnen gestritten. Jetzt haben die Grünen angekündigt, eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen durchzusetzen, sollten sie es in die Regierung schaffen. Und inzwischen mehren sich die Zeichen, dass der Widerstand gegen die Vernunft zusammenbricht. Diese Debatte reflektiert letztlich auch unser eigenes Verhältnis zum Auto, das viel mehr von Emotionen als durch die Vernunft gesteuert ist. Deshalb gehen wir dem Glaubenskrieg ums Gaspedal in drei Teilen auf den Grund.

Teil I: Die Anatomie eines Glaubenskriegs
Wir zeigen, mit welchen Strategien die Gegner eines Autolimits die Vernunft besiegten und wie gross der Einfluss eines strengeren Gesetzes auf die Verkehrssicherheit und das Klima wäre.

Teil II: Die letzte Freiheit
Ein Tempolimit wäre ein unangemessener Eingriff in die persönliche Freiheit, sagen die Gegner. Wir fragen uns: Was würde John Stuart Mill, der Begründer des modernen Liberalismus, dazu sagen? Ausserdem unternehmen wir einen kleinen Exkurs in die Geschichte des Schweizer Tempolimits.

Teil III: Die unheimliche Macht der Autoindustrie
Im letzten Teil gehen wir der Frage nach, warum Deutschland in dieser Frage so anders tickt als der Rest der Welt – und warum das Recht auf Rasen in absehbarer Zukunft trotzdem fallen könnte.

Inzwischen ist das Strassenverkehrsgesetz mehrmals verschärft worden, Gurtanlegepflicht, Promillegrenzen und eben Tempolimits – ausser auf 70 Prozent der deutschen Autobahnen. Das wollten schon viele ändern – aber jeder Angriff wurde abgewehrt.

Bevölkerung vs. Politiker

Schon seit Jahren wächst die Zahl der Deutschen, die ein Tempolimit wollen. Laufend werden repräsentative Umfragen durchgeführt, immer klarer zeichnet sich ab: 130 km/h ist mehrheitsfähig. Umso erstaunlicher ist es, dass die Verhältnisse im Bundestag völlig anders liegen. Im vergangenen Oktober stimmten die Abgeordneten zuletzt über ein Tempolimit ab – 498 stimmten dagegen, 126 dafür – 80 Prozent der Abgeordneten waren dagegen. Die SPD – eigentlich schon seit 2007 für ein Tempolimit – stimmte aus Loyalität mit der Koalition ebenfalls dagegen. Doch selbst wenn sie anders gestimmt hätte: Drei von fünf Abgeordneten ist der Fahrspass wichtiger als das Klima und die Verkehrssicherheit.

Warum bloss?

Das Land der schnellen Autos

Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbeschränkung gibt es in keinem anderen Land Europas, in der Schweiz ist selbst Tempo 130 absolut chancenlos (siehe «Die letzte Freiheit»). Warum ticken die Deutschen so völlig anders als der Rest Europas? Wir fragen Maria Limbourg, emeritierte Professorin für Bildungswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen. In den letzten 45 Jahren publizierte sie über 100 Arbeiten vorwiegend zum Thema Verkehr.

Infosperber: Warum tut sich Deutschland so schwer mit dem Tempolimit?
Maria Limbourg: «Wir haben in Deutschland nicht nur eine starke Autolobby, sondern auch eine, die besonders schnelle Autos verkauft. BMW, Mercedes, Audi, Porsche, das alles sind Hersteller, die schnelle Autos bauen und diese Eigenschaft gezielt vermarkten. Seit 50 Jahren kultivieren sie das Image, dass sie in einem Land gebaut werden, in denen man auch richtig schnell fahren kann.»

Die Automobilindustrie ist der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Deutschland. Die Unternehmen der Branche erwirtschafteten 2019 435 Milliarden Euro und beschäftigten mehr als 833’000 Personen. Diese Branche steht vor einer ungewissen Zukunft: Während immer mehr Hersteller und Kunden das Potential von Elektromotoren erkennen, lebt ein riesiger Teil der deutschen Industrie von der Herstellung von Verbrennungsmotoren. Es kann nicht erstaunen, dass die wirtschaftsfreundlichen Parteien ihre schützende Hand über diese Branche legen wollen. Laut Limbourg war es selbst für die SPD lange schwierig, ein Tempolimit zu unterstützen, aus Sorge um die Arbeitsplätze. Seit 2007 befürwortet die SPD offiziell ein Tempolimit – doch das hindert sie, wie oben erwähnt, nicht daran, gegen das eigene Programm zu stimmen.

Vom Verkehrsminister zum Autolobbyist

Gerade daran erkenne man den Einfluss der Autoindustrie, sagt Limbourg. Die Verflechtungen von Politik und Autoindustrie sind eng und weitreichend. Der frühere Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) übernahm nach seinem Rücktritt das Präsidium des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und wurde damit zum höchsten Autolobbyist des Landes. Diplomat Martin Jäger (CDU) wechselte vom Außenministerium zu Daimler und dann wieder zurück zum Finanzministerium. Der Staatsminister im Bundeskanzleramt ging zu Daimler, der Regierungssprecher zu VW, der Europaminister zu Opel. Und, und, und.

Während die Politiker in die Autoindustrie wechseln, fliesst das Geld in die entgegengesetzte Richtung. Bis 2018 überwies Daimler der CDU und der SPD jeweils 100’000 Euro pro Jahr, 2019 wurden die Zahlungen gestoppt. Die Geschwister und BMW-Grossaktionäre Susanne Klatten und Stefan Quandt spenden der CDU jedes Jahr je 50’000 Euro, 2018 legten sie noch je 75’000 Euro obendrauf. In fünf Jahren sind das immerhin 650’000 Euro. Grosszügiger ist die Metallindustrie – die in Deutschland direkt von der Autoindustrie abhängig ist. Alleine im Jahr 2018 flossen 1,3 Millionen Euro von drei Verbänden der Metall- und Elektroindustrie in die Parteikassen – allerdings auch in jene der Grünen [1]. Unbekannt sind Geldflüsse etwa für Sponsoring von Anlässen. Laut Lobbycontrol soll Volkswagen von 2014 bis 2017 insgesamt 650’000 Euro für Parteisponsoring ausgegeben haben [2].

Ob ein Tempolimit der Autoindustrie tatsächlich schaden könnte, ist eine unbelegte Hypothese. Maserati, Ferrari, Lamborghini und Pagani positionieren sich noch viel deutlicher als Autos für extreme Geschwindigkeitsexzesse – und werden in einem Land gebaut, in dem man nirgends schneller als 130 fahren darf.

Welchen Einfluss die Autoindustrie auf die Politik tatsächlich hat, lässt sich nur erahnen. 2013 brachte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine CO2-Regulierung zu Fall, die das EU-Parlament, Kommission und Vertretern der Mitgliedstaaten fertig ausgehandelt hatten – angeblich unter Druck der Autoindustrie.

Electromobility Summit Berlin 2013.jpg

Seht mal wie sie kichert – Hauptsache Allianz versichert ?

Auch in Sachen Tempolimit gibt es Zweifel, wie unabhängig der Staat agiert – mindestens legt das ein Papier des Verkehrsclubs Deutschland VCD nahe [VCD]. Demnach forderte das Umweltbundesamt vom Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) schon seit Jahren, Daten über die Umweltbelastung auf Autobahnen zu sammeln. 2010 richtete das Bast Messstellen ein, stellte die Messungen 2014 aber wieder ein. Die Resultate wurden fünf Jahre lang unter Verschluss gehalten. Erst auf Druck der Medien wurde der Bericht 2019 veröffentlicht – und das nur stillschweigend auf der Internetseite des Bast, wo ihn nur findet, wer explizit danach sucht.

Selbst Autofans wollen ein Tempolimit

Trotz des Einflusses der Autoindustrie und trotz Politik und Verwaltung, die grosszügig deren Interessen vertreten: Es hat sich etwas geändert in Deutschland. Ein Tempolimit wird heute gestützt durch den Zeitgeist – die Klimabewegung hat längst auch Deutschland erfasst und viele, vor allem Junge für Umweltanliegen sensibilisiert. Ein Tempolimit wird auch gestützt durch viele grosse Medientitel, die sich immer deutlicher dafür aussprechen. Und schliesslich wird ein Tempolimit auch gestützt durch die Bevölkerung. Selbst der Automobilclub ADAC gab dieses Jahr seinen Kampf gegen ein generelles Tempolimit auf, weil 47 Prozent der 21 Millionen Mitglieder dafür sind – das sind über 9,9 Millionen Deutsche, denen das Autofahren wichtig ist.

Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis der Widerstand gegen die Vernunft in sich zusammenbricht.

[1] Parteienfinanzierung, Deutscher Bundestag.

[2] «Parteispenden: Verdeckte Geldflüsse in Millionenhöhe», Lobbycontrol.de, 28. Mai 2018.

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Grafikquellen      :

Oben       —        Angela Merkel and Automotive Industry Managers

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Eine Autoritäre Entwicklung

Erstellt von Redaktion am 6. August 2020

in Corona-Deutschland – Oder:
Die Scheuklappen des Antifaschismus

Quelle      :       NachDenkSeiten

Von Rudolf Bauer

Wenn am Samstag in Berlin ein Bündnis von Kritikern der „Corona-Maßnahmen“ auf die Straße geht, wird ein anderes, sich selbst als „antifaschistisch“ verstehendes, Bündnis zu einer Gegendemonstration aufrufen. Antifaschisten demonstrieren gegen Demonstranten, die gegen autoritäre Maßnahmen des Staates demonstrieren. Der klassische Antifaschismus verliert damit aus dem Blick, dass mit den staatlichen Corona-Maßnahmen die Gefahr autoritärer Verhältnisse in Politik und Gesellschaft einhergeht. Dem Soziologen Rudolph Bauer ist dieser Widerspruch aufgefallen, den er für die NachDenkSeiten in einem ausführlichen Aufsatz analysiert.

Ausgangslage und Fragestellung

Die aus Anlass des Corona-Virus und seiner Auswirkungen auf die Gesundheit und das Gesundheitssystem verordneten Maßnahmen der Regierungen zur Außerkraftsetzung von Grundrechten riefen vielerorts Proteste hervor. Die Demonstrierenden sahen die Demokratie in Gefahr. Sie warnten vor der autoritären Verfestigung des Corona-Regimes.

Ein Großteil der Medien und die sich als „antifaschistisch“ verstehende Gegenbewegung der Antifa protestierten ebenfalls: allerdings nicht aufgrund der herrschenden Politik, sondern wegen der dagegen Demonstrierenden. Deren „Corona-Demos“[1] seien „von rechts unterwandert“ durch „Antisemiten, Rechtsradikale, Verschwörungsgläubige“[2].

Es standen und stehen sich zwei Lager gegenüber: Das letztere bezeichnet sich als antifaschistisch und befürwortet die von der Regierung verfügten Verbote; das erstgenannte übt Kritik an den Maßregel-Erlassen und nimmt für sich in Anspruch, gegen antidemokratische Entwicklungstendenzen Widerstand zu leisten.

Der folgende Beitrag nimmt diesen Widerspruch zum Anlass, um in einem ersten Teil die deutsche Geschichte vor 1933 und bis 1945 in Erinnerung zu rufen. Aus der historischen Rückblende lässt sich die Erkenntnis gewinnen, dass der Faschismusbegriff der Antifa zu kurz greift. Hingegen sollte die Sorge vor autoritären Verfestigungen ernstgenommen werden. Im zweiten Teil wird deshalb untersucht, ob und welche Gründe es gibt, im Zuge der Corona-Maßnahmen auf autoritäre Phänomene aufmerksam zu machen. Der abschließende dritte Teil übt Kritik am offiziellen Faschismusverständnis in der Bundesrepublik und am Antifa-Antifaschismus.

Kriterien des NS-Faschismus aus historischer Sicht

Der Faschismus, wie er sich bereits zum Ende des Ersten Weltkriegs abzeichnete[3] und nach 1933 charakteristisch für das NS-Regime war[4], stützte sich auf gesellschaftliche Strukturen und Institutionen, die schon zuvor Bestand hatten; nämlich u. a. auf die Universitäten und Forschungseinrichtungen, das Unternehmertum sowie elitäre Standesorganisationen im Gesundheits-, Justiz- und Militärwesen.

Der gesellschaftlich dominierende Militarismus und der hochgerüstete Gewaltapparat des Militärs waren fundamental für die Entstehung und Manifestation des NS-Faschismus. Das Militär war Hort von Traditionskult, Nationalismus, Elitedenken, unterwerfungsbereitem Gehorsam und Heldenmythos. Die Militarisierung der Gesellschaft war umfassend und erstreckte sich sowohl auf den Polizei- und Sicherheitsapparat als auch auf das Schulwesen[5], Jugendarbeit[6], Familie[7] und Universitäten[8], nicht zuletzt auf das Arbeitsleben und die Fabrikdisziplin[9].

Damit einher ging ein Freund-/Feind-Denken, das sowohl innen- als auch außenpolitisch eine bedeutende Rolle spielte. Nach innen grenzte es Minderheiten aus (Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas). Einzelne Bevölkerungsgruppen wurden total entrechtet und auf bestimmte Weise vor aller Augen sichtbar gekennzeichnet, in Arbeits- und Vernichtungslager deportiert, zu Tode geschunden oder umgebracht. In überheblicher Arroganz erfolgte nach außen die nationalistische Abgrenzung gegenüber den Nachbarn: dem „russischen Bolschewismus“, dem „französischen Erbfeind“, dem „perfiden Albion“ der Briten.

Politische Gegner (kommunistische und sozialdemokratische Partei- und Gewerkschaftsaktive) wurden auf vielfältige Weise unterdrückt, gefangen genommen, mit dem Tode bedroht und ermordet. Widerstand wurde ausgeschaltet, die große Mehrheit gleichgeschaltet. Politische, weltanschauliche, künstlerische, literarische und wissenschaftliche Meinungsvielfalt wurde ausgelöscht. Eine „kämpferische Moral“ und der „Wille zur Macht“ bestimmten das Welt- und das Menschenbild.

Die feindliche Aus- und Abgrenzung wurde rassenideologisch mit einem biologistisch-sozialdarwinistischen Menschenverständnis begründet. Dieses bildete das Fundament der Kolonialisierung[10] sowohl des Körpers des Einzelnen – des Mannes wie der Frau – als auch des gesamten „Volkskörpers“, nicht zuletzt der militärisch besetzten Länder. Es herrschte „Die Pflicht zur Gesundheit“[11]. Hygiene („Reinlichkeit“), Desinfektion und das Abstandsgebot mussten beachtet werden. Es galt der Rat, „dass man hüstelnden Lungenkranken aus dem Wege geht“[12].

Der gesunde „reinrassige“ und „erbgesunde“ Mensch erscheint als „edler“ Teil einer kollektiven Manövriermasse, die als formierte Volksgemeinschaft inszeniert wurde – z. B. bei Paraden und Massenkundgebungen – und die sich widerstandslos den herrschenden politischen, ökonomischen und militärischen Interessen unterworfen hat bzw. unterwerfen musste.

Die gesamte Bevölkerung in den Städten und auf dem Land erwies sich in hohem Maße als folgebereit. Die Deutschen wurden „willige Vollstrecker“ (Goldhagen[13]). Abweichungen wurden durch polizeiliche Überwachung sowie ein Spitzel- und Denunzianten-System weitestgehend unmöglich gemacht.

Im Zeichen der irrationalen Volksgemeinschafts-Ideologie und des Mythos einer germanisch-arischen Rasse auf der einen Seite dienten dem System auf der anderen Seite rational geschulte Experten und Fachleute, nicht zuletzt solche der Statistik, der Eugenik, des Ingenieurwesens sowie der Natur- und Materialwissenschaften.

Sie hatten innerhalb der Regimegrenzen freie Hand, etwa in Fragen der Bevölkerungspolitik[14], bei Tötungen und Menschenversuchen im Medizinwesen[15] sowie bei Entwicklungen und Experimenten im Bereich der (Militär-)Technik[16], des Raketen-, Flugzeug- und Autobaus, der Architektur und des Bauwesens, der Chemie und Pharmazie, der Autobahnen und des Tourismus.

In diesem Zusammenhang wird auch das sozio-ökonomische Substrat des Faschismus deutlich erkennbar. Als wirksam erwies es sich vor allem in Gestalt der Großindustrie und der Banken. Die Struktur und Dynamik des kapitalistischen Wirtschaftssystems, seiner Interessen ebenso wie seiner Krisen, Entwicklungsbrüche und Veränderungspotenziale sind dem NS-Faschismus inhärent[17]. Umgekehrt sind sie – wie wir im dritten Teil sehen werden – dem verbreiteten Faschismus-Begriff weitgehend äußerlich.

Gefahr autoritärer Verfestigung durch Corona-Verbote

Die sozialsanitäre Schock[18]-Politik der Bundesregierung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes[19] und des mit Wirkung vom 28. März 2020 erlassenen Verordnungs-Gesetzes[20] ist nicht ohne historische Vorläufer. Sie steht in der Tradition jener staatlichen Maßnahmen zur Volkskörpergesundheit, die kennzeichnend waren für den Wilhelminischen Obrigkeitsstaat und die nazifaschistische Führerdiktatur.

Zettel „Wollt ihr die totale Hygiene?“.jpg

Die geschichtlichen Verbindungslinien zu autoritären Strukturen, Denkmustern und Handlungsweisen der Vergangenheit sind einerseits institutioneller Art. Sie betreffen nicht zuletzt auch die Forschungstradition und das Personal. Andererseits zeigen sie sich bei der Interpretation und Implementation der Corona-Verbote.

Historische Bezüge institutioneller Art: das RKI

Seit dem 28. März 2020 koordiniert das Robert Koch-Institut (RKI) [21] im Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Zusammenarbeit zwischen den Ländern sowie zwischen diesen und dem Bund sowie weiteren beteiligten Behörden und Stellen.

Die Geschichte des RKI ist nicht neu. Sie begann im Kaiserreich des 19. Jahrhunderts. 1891 erfolgte die Gründung in Berlin unter dem Namen „Königlich Preußisches Institut für Infektionskrankheiten“[22]. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Institut umbenannt in „Preußisches Institut für Infektionskrankheiten Robert Koch“.

1933 wurden zwei Drittel aller Wissenschaftler des Instituts aus rassistischen Gründen entlassen.[23] 1935 wurde das Institut dem Reichsgesundheitsamt angegliedert. Zu Letzterem gehörte die „Rassenhygienische und bevölkerungsbiologische Forschungsstelle“[24] unter Leitung des „Zigeunerexperten“ Robert Ritter[25]. 1942 erhielt die Experimentelle Abteilung des Instituts den Status einer selbständigen Reichsanstalt.

Während der Zeit der NS-Diktatur führten Mitarbeiter des RKI in Psychiatrischen Anstalten und Heilstätten sowie in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Buchenwald Menschenversuche durch. In Buchenwald wurden Fleckfieberimpfstoffe getestet. Im KZ Dachau hat man Insassen mit Malaria infiziert, um Impfstoffe zu erproben. Erforscht wurden vor allem Infektionskrankheiten, die die militärische Schlagkraft zu mindern drohten.

Nach 1945 erlangte das Institut einen Sonderstatus im Rahmen der Westberliner Gesundheitsverwaltung. 1952 wurde es Bestandteil des Bundesgesundheitsamts der BRD, das seinerseits in der Tradition des Reichsgesundheitsamtes stand.[26] Über die Arbeit des Letzteren in der Zeit von 1933 bis 1945 „ist bis heute wenig bekannt“[27]. 1960 nahm das Institut die Produktion des einzigen in Deutschland von der Weltgesundheitsorganisation WHO lizensierten Gelbfieber-Impfstoffs auf.

1991 wurden mehrere ehemalige DDR-Behörden angegliedert, nicht so das nach der Hongkong-Grippe[28] 1972 gegründete DDR-„Institut für Virologie und Impfstoffe“[29]. Nach der Auflösung des Bundesgesundheitsamts im Jahr 1994 wurde das Robert Koch-Institut zu einer Bundesoberbehörde[30] im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Es firmiert als Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten. Seit 2001 ist das RKI zudem zentrale Stelle für die Erkennung und Bewältigung bioterroristischer Gefahrenlagen.[31]

Die Geschichte des RKI zeigt, dass die sozialsanitäre Politik in der Bundesrepublik in institutioneller Hinsicht belastet ist durch ihre Vorläufer-Organisation während des NS-Faschismus. Sowohl die Entlassung der jüdischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche ebenfalls bei der Leopoldina vollzogen wurde[32], als auch die menschenverachtenden, pseudo-medizinischen Menschenversuche in den Konzentrationslagern sind historisch belastende Faktoren.

Obwohl das RKI in der Corona-Politik einen zentrale Rolle wahrnimmt, wurde an seine NS-Vorgeschichte bisher weder seitens der Politik (etwa durch die parlamentarische Opposition) noch durch journalistische Recherchen erinnert. Auch die Aktivisten der Antifa haben nicht zur Kenntnis genommen, dass ihre Parteinahme für die Corona-Verbote der Regierungen in einem institutionellen Kontext erfolgt, der rassistisch und antisemitisch vorbelastet ist.

In einem Umfeld, in dem die Entwicklung von Tests und die Erprobung von neuen Impfstoffen auf der Tagesordnung stehen, ist die historische Tatsache der Durchführung von Menschenversuchen durch Mitarbeitende des früheren RKI äußerst irritierend. Merkwürdig ist auch, dass die Leitung des Instituts, das für die Virus-Politik als fachlich zuständig zeichnet, nicht einem wissenschaftlichen Vertreter / einer wissenschaftlichen Vertreterin aus der Virologie oder Epidemiologie anvertraut ist, sondern einem Veterinär.

Das Wissen über die Vorgeschichte des RKI, seine Forschungstradition und sein Personal hätte die Öffentlichkeit zumindest ein wenig dafür zu sensibilisieren vermocht, dass das sozialsanitäre Regierungshandeln kein harmloser Vorgang ist, sondern der kritischen Begleitung und Kontrolle durch die Öffentlichkeit und das Parlament bzw. einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss bedurft hätte. Blinde Gefolgschaft allein öffnet Tür und Tor für autoritäre Verfestigungen.

Weitere Tendenzen autoritärer Verfestigung

Für die offizielle Begründung der Corona-Maßnahmen hat die scheinbar voraussetzungslose Erhaltung menschlichen Lebens höchste Priorität. Die Bevölkerung soll vor einer Virus-Infektion bestens geschützt werden. „Jedes Leben ist wertvoll“, verkündeten im Juni 2020 die Plakate und Werbespots einer Firma für vegetarische Fruchtgummis und Lakritz. Auf den Werbeflächen ist eine ältere Frau zu sehen, die zur Covid-19-Risikogruppe der alten Menschen gehört. Unter dem Hashtag #achtetaufeinander ruft das Plakat zu mehr Rücksichtnahme auf – ganz im Sinne der Regierungspolitik.

Die Regierenden und das RKI erklärten den Schutz des Lebens generell zum vorrangigen Ziel ihres Handelns. Besonders war ihnen an der Fürsorge für die Lebenserhaltung von älteren Menschen gelegen. Enkel sollten daher ihre Großeltern nicht mehr treffen, Seniorenheim-Bewohner keine Besucher/innen empfangen dürfen. Schulkinder galten als Gefahr für die älteren Unterrichtenden des Lehrpersonals.

Die Regierungspolitik appellierte an „Solidarität“, warb um gegenseitige Rücksichtnahme aller beim Befolgen der Quarantäne-Vorschriften und beim Beachten der Besuchsverbote. Es galten Anweisungen zum Händewaschen, zum Abstandhalten und zum Tragen von Mundschutzmasken. Devisen wie „Wir bleiben zu Hause“, „Wir gemeinsam“ (beispielsweise auf den Seiten des Weser-Kurier und der Bremer Nachrichten) und „Stark durch die Krise“ (in der Werbung der Allianz Versicherung) wurden propagiert, in Anzeigen und über die Medien verbreitet.

Ein gesellschaftliches „Wir“ übernahm die Rolle der obersten Instanz – das Wir der durch Corona bedrohten Bevölkerung, das Wir der sich gegen Corona „solidarisierenden“ Betroffenen.

Tägliche Sondersendungen beim Rundfunk und im Fernsehen wurden ausgestrahlt, Corona-Rubriken in den Zeitungen und Sozialen Medien machten auf Infektionsgefahren aufmerksam. Tägliche Pressekonferenzen des RKI, NDR-Podcasts mit dem Virologie-Professor Drosten, Ansprachen der Bundeskanzlerin, Sondersendungen bei ARD und ZDF, Talk-Shows zum Thema.

Allerdings, wer Zweifel an der medizinischen Vorsorge und an den Zahlen, den Statistiken, der Berechtigung der beschlossenen Maßnahmen, der Verbote und der Außerkraftsetzung der Grundrechte äußerte, der wurde ausgegrenzt und diffamiert. Abweichende Meinungen bekamen kein Publikum. In der Öffentlichkeit herrschte ein autoritäres Meinungsdiktat.

Zur Beschreibung des Virus wurden Attribute wie „neuartig“, „neu“, „gefährlich“, „lebensbedrohlich“ oder „Wuhan-Virus“ verwendet. Letzteres, weil man die Herkunft mit der Millionenstadt Wuhan in der Volksrepublik China in Verbindung brachte, mit einem dortigen Großhandelsmarkt für Wildtiere, mit Schuppentieren, Fledermäusen, Marderhunden.

Die Entdeckung des Virus sei in China zunächst vertuscht worden, hieß es, der Entdecker habe sich selbst infiziert und sei daran gestorben. „Corona-Virus: Made in China” titelte Der Spiegel in seiner Ausgabe vom 1. Februar 2020.[33] [34] Wuhan, so wurde berichtet, sei mehr als zwei Monate lang bis Anfang April abgeriegelt worden, die Bevölkerung in Quarantäne versetzt.

Spätestens an dieser Stelle der Schilderung dürfte es die Lesenden erstaunen, dass die Maßnahmen, welche angesichts von Corona ergriffen wurden, im Falle Chinas anders bewertet wurden und werden als vergleichbare Maßnahmen hierzulande: nämlich als undemokratisch, einer autoritären Diktatur gemäß und charakteristisch für das chinesische „Einparteiensystem“ unter dem „Führungsanspruch der Kommunistischen Partei“ – so die als „Politisches Profil“ der Volksrepublik veröffentlichte Darstellung Chinas durch das Auswärtige Amt der Bundesrepublik.[35]

Wenn China nach hiesigem Verständnis als autoritäre Diktatur gilt, stellt sich die Frage, ob das Corona-Maßregelpaket hierzulande (oder in den anderen Ländern des Westens) nicht ebenfalls als autoritär einzustufen ist.

Wie bekannt, mussten Einzelhandelsgeschäfte schließen. Ebenso Kinos, Theater, Konzerthäuser. Kein Präsenzunterricht an den Schulen. Kitabetreuung nur in Ausnahmefällen. Hochschulseminare und Vorlesungen ausschließlich am Computer. Fußballspiele fanden vor leeren Tribünen statt. Versammlungen waren verboten oder durften nur unter strengen Auflagen durchgeführt werden. Die Grundrechte der Verfassung waren außer Kraft gesetzt.

Um Infektionsketten zu erkennen, wurde für die Nutzung von Tracing-Apps geworben. Das Mitführen eines entsprechenden Handys wurde zum Zeichen des pflichtbewussten Mitbürgers und Kollegen. Nach wie vor sollen in der Öffentlichkeit so genannte Alltagsmasken getragen werden, zwingend beim Einkaufen und im Öffentlichen Nahverkehr.

Innergesellschaftlich erfolgte eine soziale Aufspaltung. Wer sich nicht an die Vorschriften hielt, galt als „fahrlässig“, als „Corona-Leugner“ und „-Verharmloser“, als „Gefährder“. Ihm oder ihr drohten Denunziation, Polizeieinsätze, Festnahmen und Strafen. Nicht mehr die Infektion durch das Virus bedeutete ein Risiko, sondern der Mitmensch wurde zum Risiko erklärt.

Tendenziell standen alle anderen unter Verdacht, Infektionsquelle zu sein und sich „gemeinschaftsschädlich“ zu verhalten. Die Angst fungierte als autoritärer Herrschaftsmechanismus und Instrument der sozialen Spaltung.[36]

Zwar wurden kritische Organisationen nicht verboten und außerparlamentarisch-oppositionelle Kundgebungen nicht abgeschafft. Ihre Wortführer landeten nicht hinter Gittern. Aber Demonstrationen wie die von Fridays for Future oder gegen die Macron’sche Rentenpolitik in Frankreich wurden durch die Virus-Panik-Politik verunmöglicht. An Ostern demonstrierten keine Friedensfreunde. Am 1. Mai fanden keine öffentlichen Kundgebungen der Gewerkschaften statt.

Das „neuartige Virus“ selbst stellte eine Art Feindbild dar. Nach außen legitimierte es sowohl die territoriale Abschottung (nicht zuletzt auch gegen die Flüchtlinge an Europas Grenzen) sowie eine kollektive Abgrenzungsbereitschaft gegenüber den europäischen Nachbarn: Die Grenzen wurden geschlossen, Heimkehrende in Quarantäne geschickt, Arbeitskräfte aus dem Ausland als Arbeitssklaven und wie Feinde behandelt.

Innerhalb der EU wurden die nationalen Grenzregime wiederentdeckt. Die globalen Ein- und Ausreisemöglichkeiten wurden verboten, eingeschränkt oder ausgehebelt. Die Metapher vom Virus als „Feind“ und seiner Bekämpfung durch „Krieg“ (Emmanuel Macron) fand ihre außen-, geo- und militärpolitische Entsprechung im US- und Nato-Großmanöver Defender Europe 2020.[37] Truppen und Kriegsgeräte wurden an die Grenze zur Russischen Föderation verlegt.

Unlängst hat die deutsche Bundesregierung Beschlüsse zur Rüstungsbeschaffung im Wert von 9,3 Milliarden Euro durch den Bundestag gebracht. In den beiden Sitzungen vor der Sommerpause wurde zum Beispiel beschlossen: vier Mehrzweckkampfschiffe MKS 180 für rund 5,5 Milliarden Euro und ein neues Radarsystem für den Eurofighter, wobei der deutsche Anteil 2,85 Milliarden Euro beträgt.[38] Die Militarisierung[39] kennt kein Virus und kein Ende.

Für die Zeit nach der Sommerpause sind weitere Beschlussvorlagen in Vorbereitung, um die Bundeswehr mit Eurodrohnen, Flugkörpern für die Korvetten K 130 und mit Lenkbomben für den Eurofighter auszustatten.[40] Auch im Corona-Nachtragshaushalt sind rund 700 Millionen Euro für Militärzwecke vorgesehen[41], darunter 70 Millionen Euro für ein Digitalisierungs- und Technologieforschungszentrum der Bundeswehr.

Kurz und abschließend zur Frage nach Tendenzen einer autoritären Verfestigung im Gefolge der Corona-Panik-Politik: Die Regierenden sahen die Stunde der Exekutive als gekommen. Bürokratie (nicht zuletzt die der Gesundheitsämter), Polizei und Militär wurden aufgewertet. Der Einzelne wurde zur bloßen Attrappe eines gesellschaftlichen „Wir“, welches die autoritären Züge einer Art Volksgemeinschaft angenommen hatte. Gesundheit und die Erhaltung der bloßen Lebensexistenz im biologischen Sinn – nicht das gesellschaftliche Wohlergehen und das wirtschaftliche Überleben – wurden zum Maßstab einer „verantwortungsvollen“ Politik des Neo-Autoritarismus.

Die Scheuklappen des Antifaschismus

Der Antifaschismus der Antifa ist ebenso wie der offizielle nicht bereit, die aktuellen autoritären Tendenzen zu erkennen. An den Schulen, bei Gedenkstunden, in Museen und durch die Medien (Filme, Berichte, Dokumentationen) wird in der Erinnerung ein unvollständiges Bild der NS-Zeit vermittelt.

Phänotypisch erscheinen die Jahre 1933 bis 1945 als eine Art Sündenfall in schwieriger Zeit (aufgrund der Weltwirtschaftskrise und der Massenarbeitslosigkeit). An den Außengrenzen sei das deutsche Volk von Feinden umgeben gewesen, kolonialistisch benachteiligt, geführt – und „verführt“ – durch Hitler und die NSDAP.

Das offiziell überlieferte Bild des autoritären NS-Regimes fokussiert im Wesentlichen auf handelnde Personen (v. a. auf Hitler und Eichmann), auf den autoritären Charakter der Deutschen[42], auf den Antisemitismus und den Rassismus sowie auf das Kriegsende als „Befreiung“ durch die westlichen Alliierten[43]. Das diktatorische Unterdrückungssystem und sein militärischer Gewalt- und Zerstörungsapparat werden de-thematisiert und historisch vernebelt.

Die Erinnerung an den NS-Faschismus trägt Scheuklappen. Dadurch ist das historische Blickfeld weitgehend eingeengt auf den Antisemitismus und die Vernichtung der Juden. Jährlich wird der Pogromnacht gedacht, wird an die zerstörten Geschäfte und brennenden Synagogen erinnert. Zum Pflichtprogramm für Schüler/innen gehört der Besuch eines Konzentrationslagers. Wenn Angehörige der politischen Klasse nach Israel reisen, ist der Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem obligatorisch. Der Bund und die meisten Länder beschäftigen Antisemitismusbeauftragte.

All dies macht zwar einen Sinn. Es hat aber zur Folge, dass sich der offizielle Antifaschismus – und damit auch der Bedeutungskern des autoritären Faschismus – besonders auf „das größte Menschheitsverbrechen“ und dessen „Singularität“ konzentriert. Die NS-Herrschaft wird in hohem Maße nur noch in Verbindung mit Holocaust und Shoa wahrgenommen und erörtert.

Die Rolle von Militär und Polizei, Unternehmertum und Industrie, Medizin und Justiz, Verwaltung, Sport und Medien, Religion und Bildungswesen wird ausgeblendet. Der „deutsche Sündenstolz“, von dem der Philosoph Hermann Lübbe sprach[44], deckt zu, dass die totalitären Verbrechen des autoritären Faschismus, um nicht wiederholt zu werden, eine Gesamtschau erforderlich machen würden.

Am 18. Januar 2020 hat der Deutsche Bundestag – noch im Vorfeld der mit Corona begründeten Aushebelung von Verfassungsgrundsätzen – einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen[45] beschlossen. Die parlamentarische Resolution besagt, dass der „Antisemitismus entschlossen bekämpft“ werden soll. „Jede Form von Judenfeindlichkeit“ wird verurteilt. Die Verurteilung umfasse auch alle Äußerungen und Übergriffe, die als „vermeintliche Kritik“ an der Politik des Staates Israel formuliert werden.

Der Antisemitismus wird damit nicht nur zum Inbegriff des Faschismus. Durch seine Erweiterung auf die Kritik an Israels Besatzungspolitik und Unterdrückung des palästinensischen Volkes wird die Okkupations- und Repressionspolitik des faschistischen Deutschland „erinnerungskulturell“ gleichsam rehabilitiert.

Zeitgleich erleben wir, dass bei Schülerinnen und Schülern jede/r vierte ein „neutrales Bild vom Nationalsozialismus“ hat. Einer Studie zufolge, über die Der Spiegel am 27. Juni 2012 berichtet hatte[46], führe das “Gedenkstättenhopping” auf Klassenfahrten oder an Wandertagen zu einem “Durcheinander im Kopf”.

Ein großes Problem seien die fehlenden historischen Grundlagen. Oft würden die Themen, die den historischen Kontext der Gedenkstätten erläutern, erst Monate nach einer Besichtigung im Unterricht behandelt. Dies führe dazu, dass Schüler den Besuch an einem Denkmal für die ermordeten Juden Europas eher als Informationsballast statt als Lerneffekt wahrnähmen.

Am 28. April 2020 berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland von einer Umfrage mit dem Ergebnis, dass nur noch für 53 Prozent der Deutschen die „Beschäftigung mit der NS-Zeit weiter wichtig“ sei.[47] Die Deutsche Welle (DW) beauftragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap mit der Durchführung einer repräsentativen Studie unter dem Titel „75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz“. Am 24. Januar 2020 berichtete die DW[48]: Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) empfinde den gesellschaftlichen Umgang mit der Erinnerungskultur als angemessen. „Drei von vier der Befragten plädierten dafür, dass der Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtender Teil des Schulunterrichts sein solle.“

DW zufolge lautete daher das Fazit der Studie für den dabei federführend verantwortlichen Meinungsforscher Roberto Heinrich: „Es gibt insgesamt eine klare Mehrheit, die sagt, dass wir uns weiter mit der Thematik des Nationalsozialismus beschäftigen müssen.“ Das Zitat ist aufschlussreich, weil sich die darin angesprochene „Beschäftigung“ mit der „Thematik des Nationalsozialismus“ in verkürzender Weise nur auf den Anlass der Befragung („75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz“) bezieht. Der NS-Faschismus wird auf Auschwitz als ein anderes Synonym für den Antisemitismus reduziert.

Diese weit verbreitete Sichtweise bestimmt auch die Antifa-Vorstellungswelt über ihren Gegner: „den Faschismus“ (vorwiegend in Gestalt der AfD). Daraus erklärt sich zum Beispiel auch, weshalb sich die Antifa nicht gegen deutsche Kriegseinsätze im Ausland positioniert, nicht gegen die Rüstungsindustrie, nicht gegen Korruption und Betrug, Banken und Autoindustrie, nicht gegen die Umweltzerstörung, nicht gegen Hartz IV und Kinderarmut.

Sie bewertet Infektionen aus rein biologistisch-virologischer Sicht, nicht auch im Zusammenhang sozialer und ökonomischer Verhältnisse. Ohne deren Argumente überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, erklären sie gereizt und unpolitisch all diejenigen zu ihren Feinden, die sich den Verboten nicht widerspruchslos unterwerfen.

Die Disziplinierungs-Affinität der Antifa erinnert an herrschaftliche Verhaltensmuster, die aus der NS-Zeit bekannt sind (bzw. bekannt sein sollten). Der lautstarke Antifa-Antifaschismus kommt daher wie eine Phrase, die Faschistisches perpetuiert, indem sie es negiert. Die uniformierten, gewaltmilitanten Auftritte wirken rituell und kleinbürgerlich.

Der Faschismus ist nach Ansicht dieser „Antifaschisten“ in den Köpfen angesiedelt, aus denen er zu vertreiben („herauszuprügeln“) sei. Oder sie skandieren: „Keinen Fußbreit den Faschisten“ – als ob die Fußbreite ein Maßstab für das Platzgreifen des Faschismus sei. Sexistisch aufgeladen und triebfeindlich wirken die von der Antifa vertriebenen Aufkleber „FCK AFD“.

Dass der Faschismus sich auch einer materiellen, sozio-ökonomischen Basis verdankt, ist der Antifa nicht bekannt. Eine Analyse, die den autoritären Faschismus mit Struktur und Dynamik des Kapitalismus in Verbindung bringt, ist ihren Anhängern fremd. Sie sind – wie ehedem die deutsche Professorenschaft Mitte der 1960er Jahre[49] – blind „gegenüber der Abhängigkeit der gesamten Gesellschaft von einem unkontrollierten, ausschließlich vom Kapitalprofit gesteuerten ökonomischen Prozess, … (blind) gegenüber Arbeiterfeindlichkeit und Massenelend“[50].

In anmaßender Selbstgerechtigkeit sind sie nicht empfänglich für die Erkenntnis, dass jede Art der gesellschaftlichen Disziplinierung durch den Staat Herrschaftsinteressen begünstigt und die Demokratie bedroht. „Aspekte struktureller Identität oder Kontinuität von Faschismus und Bundesrepublik werden derart dem Bewusstsein entzogen.“[51]

So wiederholt sich in neuer Variante, was Antonia Grunenberg in ihrem Essay „Antifaschismus – ein deutscher Mythos“ als historische Erfahrung wie folgt zusammengefasst hat: „Der klassische Anti-Faschist war Antiparlamentarist. Der Anti-Faschist war antipluralistisch und kompromissunfähig oder -unwillig. Er war abgrenzungssüchtig. Er sehnte sich nach Aufgehobenheit in der Gemeinschaft, nach Heldenvorbildern, nach Unterordnung und Heimat. Der Anti-Faschist war im Grunde ein unpolitischer Mensch.“[52]

***

Bleibt nachzutragen, wie es um die AfD bestellt ist und um andere Organisationen aus deren Umfeld. Liegt dort nicht die ‚eigentliche‘ faschistische Gefahr? Vor Corona waren sie, die NPD, Pegida & Co., usw. eines der hauptsächlichen Angriffsziele der Antifa. Die Regierungsparteien, der Verfassungsschutz, das Militär, die Polizei und die Medien grenzen sich ihnen gegenüber ab: von ihren Äußerungen, ihrem Auftreten, ihren Methoden, ihren Symbolen. AfD und Konsorten gelten als rechtsextrem, rechtsradikal, rechtspopulistisch, neonazistisch, fremdenfeindlich, rassistisch, von völkischer Gesinnung, EU-Skeptiker, nationalistisch, usw.

All das ist zutreffend. Zugleich jedoch dienen die genannte Partei sowie die Organisationen in deren Dunstkreis – vorerst jedenfalls, so lange sie sich nicht dem herrschenden System anverwandelt haben, worauf ihre gegenwärtige Kampagne, sich demokratisch zu ummanteln[53], hindeutet – einerseits dazu, dass die Regierenden nicht selbst in den Verdacht autoritärer Absichten geraten, wenn sie im legitimen „Kampf gegen rechts“ neue Methoden der Meinungssteuerung, Überwachung und politischen Kontrolle[54] anschaffen, installieren und nutzen.

Andererseits bilden „die Rechten“ eine Zielscheibe, um abzulenken von den eigenen autoritären Ambitionen der Regierenden (und zum Großteil auch der Opposition), wie sie hier beschrieben wurden. Die „ewig gestrigen“ Anhänger des Hakenkreuz-Faschismus werden deshalb auch nur auf smarte Weise „bekämpft“. Sie lenken die Aufmerksamkeit vieler von denen, welche sich der hiesigen Demokratie verpflichtet fühlen, davon ab, dass fast unbemerkt eine neue Variante der autoritären Gesellschaft Fuß zu fassen droht: der globale Digitalfaschismus, The Age of Surveillance Capitalism[55].

Titelbild: Alexandros Michailidis/shutterstock.com


[«1] Auch die Bezeichnung „Hygiene-Demos“ war im Umlauf, vgl. de.wikipedia.org/wiki/Proteste_w%C3%A4hrend_der_COVID-19-Pandemie_in_Deutschland#Berlin – abgerufen am 07.07.20.

[«2] „Antisemiten, Rechtsradikale, Verschwörungsgläubige: Wie die Corona-Demos von rechts unterwandert werden“, Tagesspiegel Online, 21. Juni 2020.

[«3] Ich verweise auf die Rolle der rechten Freikorps und der Generalität bei der militärischen Niederschlagung sowohl der revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte 1919 als auch der Republikretter gegen den Kapp-Putsch 1920.

[«4] Karl Dietrich Bracher: Die deutsche Diktatur. Entstehung, Struktur, Folgen des Nationalsozialismus. Köln, Berlin 1970. – Alfred Sohn-Rethel: Ökonomie und Klassenstruktur des deutschen Faschismus. Frankfurt/M. 1973. – Franz Neumann: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944, hrsg. von Gert Schäfer. Köln, Frankfurt/M. 1977.

[«5] Christa Berg, Sieglind Ellger-Rüttgardt (Hrsg.): „Du bist nichts, Dein Volk ist alles“. Forschungen zum Verhältnis von Pädagogik und Nationalsozialismus. Weinheim 1991. – Wolfgang Keim: Erziehung unter der Nazi-Diktatur. Bd. II: Kriegsvorbereitung, Krieg und Holocaust – Harald Scholz: Nationalsozialistische Ausleseschulen. Internatsschulen als Herrschaftsmittel des Führerstaates. Göttingen 1973.

[«6] Manfred Kappeler: Der schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen. Rassenhygiene und Eugenik in der Sozialen Arbeit. Marburg 2000.

[«7] Carola Sachse: Siemens, der Nationalsozialismus und die moderne Familie. Eine Untersuchung zur sozialen Rationalisierung in Deutschland im 20. Jahrhundert. Hamburg 1990.

[«8] Hans-Peter Bleuel, Ernst Klinnert: Deutsche Studenten auf dem Weg ins Dritte Reich. Ideologien, Programme, Aktionen 1918-1935. Gütersloh 1967.

[«9] Marc Buggeln, Michael Wildt (Hrsg.): Arbeit im Nationalsozialismus. München 2014.Militär

[«10] Siehe Südlink 176 (Themenheft „Körper und Politik. Einverleibte Macht und gelebte Widerstände“), Juni 2016.

[«11] Siehe die Dokumente 50 („Gesundsein ist PFLICHT“, von Prof. Dr. Heinrich Nelson), 51 („Gesundsein ist Pflicht“, von Karl-Heinrich Franke) und 52 („Der Wille zur Gesundheit“, aus: Gesundes Volk). Faksimiles in: Walter Wuttke-Groneberg: Medizin im Nationalsozialismus. Tübingen 1980, S. 89 ff.,, 92 ff. und 95 f.

[«12] Heinrich Ihde, Dr. Roßner. Alfred Stockfisch: Gesundheitspflege und Rassenhygiene. Langensalza, Berlin, Leipzig 1939, S. 112.

[«13] Daniel Jonah Goldhagen: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust. Berlin 1998

[«14] Heidrun Kaupen-Haas (Hrsg.): Der Griff nach der Bevölkerung. Aktualität und Kontinuität nazistischer Bevölkerungspolitik. Nördlingen 1986.

[«15] Im Zusammenhang mit dem Corona-Virus ist es angezeigt, besonders auf jene Studien und Veröffentlichungen hinzuweisen, in denen die Rolle der Medizin im NS-Faschismus Thema ist: Gerhard Baader, Ulrich Schultz (Hrsg.): Medizin und Nationalsozialismus. Tabuisierte Vergangenheit. Ungebrochene Tradition. Berlin 1980. – Fachschaft Medizin der Philipps-Universität Marburg (Hrsg.): „Bis endlich der langersehnte Umschwung kam …“ Von der Verantwortung der Medizin unter dem Nationalsozialismus. Marburg 1991. – Heidrun Kaupen-Haas, Christiane Rothmaler (Hrsg.): Naturwissenschaften und Eugenik. Sozialhygiene und Public Health. Frankfurt/M. 1994. – Robert Jay Lifton: Ärzte im Dritten Reich. Stuttgart 1988. – Asmus Nitschke: Die ‚Erbpolizei‘ im Nationalsozialismus. Zur Alltagsgeschichte der Gesundheitsämter im Dritten Reich. Wiesbaden 1999. – Walter Wuttke-Groneberg: Medizin im Nationalsozialismus. Ein Arbeitsbuch. Tübingen 1980.

[«16] Florian Schmaltz: Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie. Göttingen 2017.

[«17] Siehe: Otto Bauer, Herbert Marcuse, Arthur Rosenberg u. a.; Faschismus und Kapitalismus. Theorien über die sozialen Ursprünge und die Funktion des Faschismus, herausgegeben von Wolfgang Abendroth. Frankfurt/M., Wien 1967. – Helmut Dubiel und Alfons Söllner (Hrsg.): Wirtschaft, Recht und Staat im Nationalsozialismus. Analysen des Instituts für Sozialforschung 1939-1942. Frankfurt/M. 1981

[«18] Naomi Klein: Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus. Frankfurt/M. 2007.

[«19de.wikipedia.org/wiki/Infektionsschutzgesetz – abgerufen am 10.07.20.

[«20de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_zum_Schutz_der_Bev%C3%B6lkerung_bei_einer_epidemischen_Lage_von_nationaler_Tragweite – abgerufen am 10.07.20.

[«21de.wikipedia.org/wiki/Robert_Koch-Institut – abgerufen am 07.07.20.

[«22de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fisches_Institut_f%C3%BCr_Infektionskrankheiten – abgerufen am 07.07.20.

[«23] Gleiches trifft zu für die Leopoldina (seit 2008 mit vollem Namen „Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften“); jüdische Mitglieder wurden „gestrichen“. Siehe: de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Akademie_der_Naturforscher_Leopoldina – abgerufen am 08.07.20. – Die Leopoldina hatte vier Stellungnahmen zur Coronavirus-Pandemie vorgelegt: am 21. März, 3. April, 13. April und 27. Mai 2020.; siehe leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2020_05_27_Leopoldina-Stellungnahmen_Coronavirus.pdf – abgerufen am 13.07.20. Diese sollten wesentliche Entscheidungsgrundlagen für die Gestaltung weiterer Maßnahmen gegen die COVID-19-Verbreitung in Deutschland bilden. Aus nicht öffentlich kommunizierten Gründen wurden sie im politischen Entscheidungsprozess dann aber ignoriert.

[«24de.wikipedia.org/wiki/Rassenhygienische_Forschungsstelle – abgerufen am 07.07.20; jewiki.net/wiki/Rassenhygienische_Forschungsstelle – abgerufen am 07.07.20.

[«25de.wikipedia.org/wiki/Robert_Ritter – abgerufen am 07.07.20.

[«26] Das Bundesgesundheitsamt (BGA) war die zentrale staatliche Forschungseinrichtung der BRD auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit. Es hatte den Auftrag, Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier früh zu erkennen, diese zu bewerten und im Rahmen seiner gesetzlichen Kompetenzen einzudämmen. Die Regierung Kohl löste das BGA am 30. Juni 1994 auf, nachdem infolge HIV-verseuchter Blutpräparate fast 600 Patienten gestorben waren. Aus der Auflösung gingen neben dem RKI noch zwei weitere eigenständige Einrichtungen hervor: das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)) und das 2002 aufgelöste Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin. Siehe de.wikipedia.org/wiki/Bundesgesundheitsamt – abgerufen am 08.07.20.

[«27] Siehe edoc.rki.de/handle/176904/160 – abgerufen am 07.07.20.

[«28de.wikipedia.org/wiki/Hongkong-Grippe – abgerufen am 07.07.20.

[«29] Hinweis von Gregor Gysi, geäußert bei einer Anhörung der Linksfraktion des Bundestages, nachzulesen unter de.sputniknews.com/deutschland/20200703327450787-medien-drosten-lockdown-missbilligt/ – abgerufen am 07.07.20.

[«30] Bundesoberbehörden, auch Obere Bundesbehörden genannt, werden im Bereich des Bundes oft auch Bundesamt oder Bundesanstalt genannt. Sie gelten als eine aus dem vorgeordneten Ministerium ausgegliederte Fachbehörde.

[«31] Zum aktuellen Leitbild des RKI siehe rki.de/DE/Content/Institut/Leitbild/Leitbild_node.html – abgerufen am 08.07.20.

[«32] Siehe Fußnote 23.

[«33] Siehe magazin.spiegel.de/EpubDelivery/image/title/SP/2020/6/180 – abgerufen am 14.07.20. – Vgl. de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie – abgerufen am 10.07.20. – spiegel.de/nachrichtenarchiv/artikel-01.02.2020.html – abgerufen am 14.07.20.

[«34] In der Zwischenzeit zeigte sich, „dass nicht alle frühen COVID-19-Fälle mit dem Markt in Verbindung gebracht werden können und die Historie des Ausbruchs wohl komplizierter ist als ursprünglich angenommen“, zitiert nach de.wikipedia.org/wiki/SARS-CoV-2#cite_note-SciTechDaily:UoS-28 – abgerufen am 10.07.20. – Siehe auch Wolfram Elsner: Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders. Frankfurt/M. 2020, S. 58-68.

[«35auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/china-node/politisches-portraet/200846 – abgerufen am 10.07.20.

[«36] Vgl. Carola Sachse u. a.: Angst, Belohnung, Zucht und Ordnung. Herrschaftsmechanismen im Nationalsozialismus. Opladen 1982.

[«37imi-online.de/download/IMI-Standpunkt2019-55-Defender-Web.pdf – abgerufen am 11.07.20.

[«38imi-online.de/2020/07/02/corona-ruestungswelle/ – abgerufen am 11.07.20.

[«39] Rudolph Bauer: „Die Militarisierung der Gesellschaft“; in: Ossietzky vom 25. 10. 2014, Heft 22 / 17. Jg., S. 748-752.

[«40imi-online.de/2020/07/02/ein-diskreter-dammbruch-der-ruestungsforschung/ – abgerufen am 11.07.20.

[«41] Siehe „Digitalisierung im Konjunkturpaket“: imi-online.de/2020/07/02/ein-diskreter-dammbruch-der-ruestungsforschung/ – abgerufen am 11.07.20.

[«42] Theodor W. Adorno u. a.: The Authoritarian Personality. New York 1950. – Michaela von Freyhold: Autoritarismus und politische Apathie. Analyse einer Skala zur Ermittlung autoritätsgebundener Verhaltensweisen. Frankfurt/M. 1971.

[«43] Vgl. Jürgen Pelzer: „Zurechtgelegte Geschichte. Eine Analyse jüngster Gedenkreden zeigt, dass deutsche Politiker auch 75 Jahre nach Kriegsende keine echten Lehren aus der Vergangenheit ziehen“; in: junge Welt Nr. 138 vom 16.06.20. S. 12 f.

[«44de.wikipedia.org/wiki/Vergangenheitsbew%C3%A4ltigung – abgerufen am 12.07.20.

[«45dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/004/1900444.pdf – abgerufen am 12.07.20.

[«46spiegel.de/lebenundlernen/schule/schueler-wissen-wenig-ueber-ddr-und-nationalsozialismus-a-841157.html – abgerufen am 11.07.20.

[«47rnd.de/politik/umfrage-deutsche-finden-beschaftigung-mit-ns-zeit-weiter-wichtig-FQYKSCJH66J3M55ZCQJE5EIJNU.html – abgerufen am 11.07.20.

[«48dw.com/de/holocaust-gedenken-meinungsumfrage-von-infratest-dimap-im-auftrag-der-dw/a-52133933 – abgerufen am 11.07.20.

[«49] Wolfgang Fritz Haug: Der hilflose Antifaschismus. Zur Kritik der Vorlesungsreihen über Wissenschaft und NS an deutschen Universitäten. Frankfurt/M. 1967.

[«50] A. a. O., S. 103.

[«51] A. a. O., S. 104.

[«52] Antonia Grunenberg: Antifaschismus – ein deutscher Mythos. Reinbek bei Hamburg 1993, S. 86.

[«53] So ist es wohl auch zu deuten, wenn sich Rechte bei den Grundgesetz-Kundgebungen einbringen und dort politischen Boden zu gewinnen versuchen.

[«54] Olaf Arndt (Hrsg.): TROIA. Technologien politischer Kontrolle. München 2005.

[«55] (In deutscher Übersetzung:) Shoshana Zuboff: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus (englisch mit dem Untertitel: The Fight for a Human Future at the New Frontier of Power). Frankfurt/M., New York 2002.

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Sorry für die Verspätung, aber ich musste noch die Genehmigung von Herrn Bauer einholen. Die liegt nun vor. Sie können den Artikel also übernehmen. Die einzige Voraussetzung ist, dass Sie die Quelle gut sichtbar nennen.
 Beste Grüße
Jens Berger

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Grafikquellen       :

Oben         —       Fahrradprotest der Initiative #LeaveNoOneBehind in Berlin

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Neues vom Hunde-Paddler

Erstellt von Redaktion am 6. August 2020

Wenn ein Präsident ins Schwimmen gerät

Trump vs. CNN.jpg

Als Wüstenspringer im Trockendock

Quelle      :       Scharf  —   Links

Kommentar von Georg Korfmacher, München

Es ist schon erstaunlich, dass und wie der Präsident der größten Volkswirtschaft ins Schwimmen gerät, wenn ihm tumbe Phrasen und noch so viel Geld bei seiner Aufgabe – oder sollte man sagen Geschäft – nicht weiterhelfen. Seit der Covid-19-Pandemie herrscht in den USA Chaos, verstärkt durch seit langem schwelende innenpolitische Unruhen, die jetzt gnadenlos ausbrechen.

Manifest ist, dass der aktuelle Präsident der USA nicht stressfest ist. Seine stereotypen Reden und Antworten sind erschreckend nichtssagend bis falsch. Alles, was er nicht kennt oder versteht ist „fake news“. Nur er macht alles richtig und weiß alles besser. So auch wieder kürzlich in einem Interview des Nachrichtenportals Axios zu Fragen der Zeit.

Nach einem zähen Hin und Her über das mangelhafte Management der Corona-Pandemie bemerkte der Präsident flapsig: „Ja, richtig, sie sterben. Und Sie – es ist wie es ist“. Und schließlich: „Es ist unter Kontrolle soweit man es kontrollieren kann“, um dann mit der Aussage zu prahlen: „Die USA sind die niedrigsten in zahlreichen Kategorien. Wir sind niedriger als die Welt. Niedriger als Europa“. Auf die Entgegenhaltung, dass die USA viel schlechter dastünden als Deutschland und Südkorea, kam die stupende Antwort: “You can’t do that.” (das können Sie doch nicht machen). Vor zwei Wochen hatte er nämlich in einem Fox-Interview geprahlt: „Das glaube ich nicht, und wissen Sie warum? Weil ich wahrscheinlich mehr als alle anderen recht hatte“. Während er den Corona-Experten des Weissen Hauses, Dr. Anthony Fauci, einen Panikmacher (alarmist) nennt, meint er zu den täglichen Sterberaten zynisch: “It is what it is.” (so ist es nun mal).

Da ist die Feststellung zu den jüngsten Rassen-Protesten nicht mehr überraschend: „Ich habe für die schwarze Bevölkerung mehr getan als jeder andere, mit Ausnahme vielleicht von Abraham Lincoln, ob Ihnen das passt oder nicht“. (‘I did more for the black community than anybody with a possible exception of Abraham Lincoln, whether you like it or not.’)

Bei so viel Chuzpe verschlägt es einem schier den Atem. Der Mensch muss in seiner eigenen Welt leben, in der es immer nur um „deals“ geht. Probleme von Menschen oder gar einer ganzen Bevölkerung lösen kann er nicht. Er versucht es nicht einmal. Und wenn es doch einmal einen Erfolg gibt, ist es sein Erfolg. Er hat ja immer recht. Gleichwohl gibt er zu Corona oder dem Rassismus nie eine konkrete, geschweige denn konstruktive Antwort oder Empfehlung. Nur immer wieder Dekrete mit protzig gekritzelter Signatur vor dem Hintergrund getreuer aber oft wechselnder Berater.

Und auch international schwimmt der Präsident der USA wie ein Kind im Plantschbecken. Patscht rechts und links, dass es nur so spritzt, ohne jede Rücksicht auf langjährige Vereinbarungen und feierlich eingegangene Verpflichtungen. Da fragt man sich schon, ob und wie lange eine Volkswirtschaft unter einer solchen Führung gefahrlos für die Welt überleben kann.

Sein ehemaliger Berater Bolton hält den aktuellen Präsidenten für geistig überfordert und seine Nichte meint, er sei der gefährlichste Mann der Welt. Da muss man mit allem rechnen. Hoffentlich mit einem Neuen im November, der besser schwimmen kann.

Urheberrecht
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Grafikquelle      :     Donald Trump vs. CNN

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Die Mendel’schen Regel 3

Erstellt von Redaktion am 6. August 2020

In Deutschland werden nicht einfach Vorträge, sondern gleich Karrieren gecancelt

Von Meron Mendel

Es gibt ja Streit darüber, ob die vielbeschworene „Cancel Culture“ wirklich existiert. In den USA ist ein Kulturkampf um die Frage entbrannt. Sind Ausladungsforderungen an umstrittene Redner*innen in Social Media Teil einer neuen Verbotskultur – oder nicht doch ganz normale Politik, nur über Twitter und Co.?

Sollte die These stimmen, dass es sich bei „Cancel Culture“ um einen US-Import handelt, hat sie sich binnen Kurzem an deutsche Tradition und Sitte angepasst: preußische Kanzellierungs-Kultur. Wo sie in den USA die Gesellschaft bewegt, wendet sie sich gut preußisch an die Bürokratie: Ziel sind Be­am­t*in­nen und Funktionär*innen. Damit es spannender ist, ist der Einsatz höher: Wo in den USA nur Vorträge verhindert werden, muss in Deutschland die gesamte Laufbahn einer Person beerdigt werden.

Wie sind die Spielregeln?

1. Such dir eine Person im öffentlichen Dienst, die dir missfällt.

2. Such ihren Namen bei Google in Kombination mit einigen Schlagwörtern (Extremismus, Antisemitismus, Islam, Verfassungsschutz …).

3. Mache dir eine Liste von Zitaten, die genug Interpretationsspielraum bieten.

4. Schreib einen Protestbrief an Merkel, Maas, Seehofer oder Papst Franziskus, in dem du den Rücktritt der Person forderst.

5. Mobilisiere deine „Freun­d*in­nen“ und „Fol­lower*innen“ in den sozialen Medien.

6. Nun ist die Gegenseite dran und kann ihrerseits einen Rücktritt fordern – vielleicht sogar deinen. Immerhin hast du gerade versucht, jemanden zu canceln! Klingt paradox, ist aber ein legitimer Spielzug.

Gewonnen hat der*die Spieler*in, der*die als erste*r den Rücktritt erzwungen hat. Freude am Spiel haben anscheinend alle: Linke, Rechte, Konservative, Liberale, Parteilose, Lobbyisten und Briefmarkensammler.

Zwei aktuelle Beispiele: die Rücktrittsforderungen an den Antisemitismusbeauftragten Felix Klein und an die Vizepräsidentin des Zentralrats der Muslime Nurhan Soykan nach ihrer Berufung zur Beraterin im Auswärtigen Amt. Auch wenn die Fälle sehr unterschiedlich sind, kommt in beiden die gleiche Ausschlusslogik zum Zug. Im Fall Felix Klein wandten sich sechzig „besorgte“ Wissenschaftler*innen aus Deutschland und Israel mit einem offenen Brief an Merkel – weil Klein es regelmäßig wagt, israelbezogenen Antisemitismus zu thematisieren. Peinlich, wie anerkannte Professor*innen sich bei der Dienstherrin eines Beamten beschweren – und dabei so tun, als sei ausgerechnet der Antisemitismusbeauftragte die Ursache von Judenhass in Deutschland.

Die gleiche Gruppe hatte sich schon Anfang Mai in einem offenen Brief (was sonst?) an Seehofer auf die Seite des umstrittenen Historikers Achille Mbembe gestellt. Ich persönlich vermisse unter den Unterzeichner*innen einen Sprachphilosophen, der sich wissenschaftlich mit dem Paradox befasst, wie man glaubwürdig im Namen der Meinungsfreiheit ein Sprechverbot für Herrn Klein erlassen soll.

Wieso fiel mir eigentlich Frau Soykan nie auf ?

Quelle          :        TAZ         >>>>>        weiterlesen

Zur gleichen Thematik :

Die Mendel’schen Regeln 2

Streit ums Jüdische Museum

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Grafikquellen       :

Oben          —       Meron Mendel 2018

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Unten      —      Gedenkstele an Anne Franks Geburtshaus

 

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DL – Tagesticker 06.08.2020

Erstellt von Redaktion am 6. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Beirut in Schland unmöglich? Würden sich die Nachlassverwalter der Basta-SPD einmal genauer im eigenen Land umsehen ? Zum Beispiel in Leverkusen ?

US-Atombomben in Deutschland

1.) Waffen, die viele gerne los wären

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich will, dass die USA ihre Atombomben aus Deutschland abziehen. Doch sein Vorschlag wirft viele Fragen auf. Rolf Mützenich lässt nicht locker. Kurz vor dem Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki wiederholte der SPD-Fraktionschef am Wochenende seine Forderung, alle US-Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen. Schon im Mai hatte der SPD-Politiker aus Köln die Union und den eigenen, sozialdemokratischen Außenminister Heiko Maas aufgeschreckt, als er im Tagesspiegel zudem vorschlug, Deutschland solle künftig auf jene Bundeswehrkampfjets verzichten, welche im Ernstfall die US-Atomwaffen ins Ziel tragen. Er fühle sich durch die Debatte bestätigt, sagte Mützenich nun im rbb Inforadio und verwies wieder auf Planungen der USA unter Präsident Donald Trump, nicht nur auf nukleare Abschreckung zu setzen, sondern in Konflikten kleinere Atomwaffen einzusetzen. Er sei optimistisch, dass die SPD seine Forderung im Bundestagswahlprogramm 2021 bekräftigen werde, erklärte er.

Tagesspiegel

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Nein, ich war es nicht. Obwohl sich nun zeigt – ich bin noch nicht wieder der Alte – wohl aber Älter. Vielleicht kommen auch bei mir die Ideen eines Tages wieder.

Kölner Wähler nimmt für wichtige Botschaft sogar Straftat in Kauf

2.) Irre Plakat-Aktion

Diese Themen gehen alle Kölner etwas an. Andreas Langheim (60) aus Riehl will die Menschen auf die Corona-Pandemie und die anstehenden Kommunalwahlen aufmerksam machen. Dafür hat er sogar eine Straftat begangen. Mit einem Pinsel und etwas blauer Farbe. Die Wahlplakate der Kölner Kandidaten jeglicher Parteien für die Kommunalwahlen am 13. September hängen erst seit wenigen Tagen. Schon wurde eins des CDU-Kandidaten Markus Schmolz (24), der für den Wahlkreis Nippes I antritt, beschmiert. Der Kölner Kommunikationspsychologe Andreas Langheim bekennt sich offen zu der Aktion.

Express

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Vielleicht sollte er mit seiner Werbung besser bei den Religionen starten. Denn dort sitzen die größten Verschwörungstheoretiker seid Menschengedenken. So könnte es den Völkern vielleicht sogar gelingen das gesamte politische Pack hinter den Wolken verschwinden zu lassen?

Firma bei Darmstadt unterstützt Corona-Leugner –

3.) Unternehmenschef verrät Details

Erst war er nicht zu erreichen, jetzt hat er sich aber doch noch geäußert. Dirk Koke, der Geschäftsführer der Koke GmbH mit Sitz im südhessischen Pfungstadt bei Darmstadt, hat Recherchen der „Frankfurter Rundschau“ bestätigt, dass Koke-Technik bereits mehrfach bei Demonstrationen der Gruppierung „Querdenken“ zum Einsatz gekommen ist.Nachdem der Unternehmenschef weder am Dienstag (04.08.2020) noch am Mittwoch (05.08.2020) auf telefonische Anfragen der „Frankfurter Rundschau“ reagiert hatte, äußerte er nun in einem am Mittwochabend veröffentlichten Interview mit dem „Darmstädter Echo“, er habe bereits vor einiger Zeit von sich aus Kontakt zum Initiator der „Querdenken“ -Demonstrationen in Stuttgart gesucht und diesem vorgeschlagen, LED-Wände einzusetzen, um Abstände einzuhalten. Initiator des Stuttgarter Bündnisses „Querdenken 711“, das auch die Demo in Berlin organisiert hatte, ist Michael Ballweg.  Unternehmer aus Pfungstadt bei Darmstadt organisierte Technik für Proteste in Stuttgart, Mannheim und Darmstadt.

FR

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Zeigt  sich Beirut nicht überall dort – wo die Politik versagt ?

Folgen der Katastrophe in Beirut:

4.) Nicht die letzte Erschütterung

Wenn sich die Trauer der Libanesen in Wut verwandelt, werden sehr wahrscheinlich starke politische und so­ziale Erschütterungen folgen. Der Begriff „grob fahrlässig“ lässt sich eigentlich nicht steigern. Aber im Fall der Explosion, die weite Teile Beiruts erschüttert und im Hafen und dessen benachbartem Viertel Verwüstung angerichtet hat, müsste eigentlich eine noch gröbere Bezeichnung erfunden werden, um die Handlungen der Verantwortlichen zu beschreiben. Bei einem der blutigsten Anschläge in der US-Geschichte vor 9/11 auf das Gebäude einer US-Bundesbehörde 1995 in Oklahoma waren 168 Menschen ums Leben gekommen. Die beiden Attentäter benutzten für ihre Bombe eine Mixtur mit Ammoniumnitrat. Am Ort der Explosion, im Hafen von Beirut, waren über 2.700 Tonnen dieses Stoffes gelagert. Die Chemikalie kann bei Hitze Gase bilden und sich bei Verunreinigung, etwa mit Öl, selbst entzünden. Das Ammoniumnitrat war jahrelang vollkommen unsachgemäß gelagert worden. Inkompetenz und wahrscheinlich Korruption wurden gestern in Beirut zum Massenmörder.

TAZ

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Sind  dieses nicht die eigentlichen Leuchtfeuer der Politik, zumindest für die meisten derjenigen, welche sich in den Parlamenten bewegen ? Was Rechts geklaut wurde wandert in die Linke Tasche. Genauso aber auch Umgekehrt !!

Martin Kröger sieht die Linke nach dem Rücktritt in einer schwierigen Lage

5.) Lompschers Scherbenhaufen

Wer die Wohnungs- und Mietenwende in der Stadt voranbringen will, muss selbst eine blütenweiße Weste vorweisen können. Schließlich sind die Diskussionen in diesem Bereich besonders konfliktbehaftet – wie nicht zuletzt die harten Auseinandersetzungen mit der Immobilienlobby um den Mietendeckel gezeigt haben. Mit Katrins Lompschers Steuervergehen, die jetzt offenbar wurden, galt das für die Linke-Politikerin nicht mehr. Würde die Bausenatorin im Amt bleiben, wäre künftig jede politische Debatte zur Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik von ihren persönlichen Angelegenheiten überlagert worden. Schrittmacherin oder Schrittmacher einer fortschrittlichen Politik, wie sie Rot-Rot-Grün versprochen hat, kann man so kaum sein. Das war seinerzeit auch die Erkenntnis beim Rücktritt von Lompschers erstem Wohnen-Staatssekretär Andrej Holm, der 2017 nach Stasi-Vorwürfen seinen Hut nahm.

ND

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Viele es schon unter Verschwörungstheorien wenn irgend  jemand schreiben würde: „Mutmaßlich in Söders und Scheuers Keller ?“

Hisbollah lagerte Ammoniumnitrat in Deutschland

6.) Material für Bombenbau?

Die Explosionen in Beirut sollen durch Tausende Tonnen Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein. Wie nun bekannt wird: Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah hatte dieselbe Chemikalie auch in Süddeutschland eingelagert – bis die Behörden Wind davon bekamen. Fast 3000 Tonnen Ammoniumnitrat sollen die gewaltige Detonation ausgelöst haben, die am Dienstagabend die libanesische Hauptstadt Beirut erschüttert hatte. Bei der Chemikalie handelt es sich um ein Salz aus Ammoniak und Salpetersäure. Es wird sowohl in der Düngerherstellung verwendet als auch zur Produktion von Sprengstoff. Nun wurde bekannt: Die im Libanon ansässige Schiitenmiliz Hisbollah hatte in Deutschland ebenfalls Zugriff auf Ammoniumnitrat. Der RTL-Terrorismusexperte Michael Ortmann kann nach eignen Informationen bestätigen, dass es in Süddeutschland Funde von Ammoniumnitrat gegeben hat. Es soll sich dabei um mehrere Hundert Kilogramm handeln. Die Behörden hätten „diesen Fund entdeckt und entsprechend auch zerstört“, so Ortmann. Bereits Anfang Mai hatte „The Times of Israel“ berichtet, dass Anhänger der radikal-islamischen Hisbollah in Lagerhäusern in Süddeutschland Ammoniumnitrat aufbewahrt hätten.

ntv

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Moritz Postheimer auf dem Frankfurter Opernplatz:

7.) „Schütt das Bier rein und renn!“

Opernplatz. Dort erlebten sie Trauer und Zerstörung, aber nicht zuletzt auch unerschütterliche Hoffnung. Für einen kurzen Moment scheint der Frieden zurückgekehrt zu sein. Nach der Stuttgarter Krawallnacht von Frankfurt im Juli liegt der Opernplatz wie ein verwundeter Vogel vor uns. Die Stimmung wirkt surreal angesichts dieses stoischen Versuches einer Normalität, die keine ist. Die Stille ist gespenstisch, die Menschen sind traumatisiert. Kaum einer will mit uns sprechen. Selbst für ein erfahrenes Reporterteam, welches nicht selten in hochgefährlichen Situationen tätig wurde und unermessliches Leid aus nächster Nähe beobachten musste, ist dies kein leichter Einsatz. Immer wieder schallen die Schreie derer, die sich überhaupt noch hierher trauen, durch die angrenzenden Häuserschluchten, die von den Auswirkungen der Schicksalsnacht verschont blieben.“Schütt das Bier rein und renn!“ Als Zeichen des unermüdlichen Willens zum Weitermachen hat man sich hier in Frankfurt entschieden, die Alte Oper auch weiterhin zu beleuchten. Vielen Menschen gibt dies Hoffnung und Kraft. Trotz allem versuchen die Menschen, sich ein kleines Stück Realität zurückzuerobern. Die Aktionsformen hier sind vielfältig. Immer wieder gelingt es den Aufständischen, hier und da ein Bier zu genießen – und das trotz Alkoholverbot und einer übermächtigen Polizei. Müde führen einige immer wieder warmen Aperol Sprizz zum Mund. Viele halten sich an selbst mitgebrachten Getränken fest. Es scheint, als sei dies für die jungen Menschen hier ein letzter Gruß an ein Leben, das sie längst verloren haben.

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Einheimische Migranten?

Erstellt von Redaktion am 5. August 2020

Aber: Schon die Frage ist verkehrt

Bundesarchiv Bild 183-1990-0509-421, Berlin, Rumänische Asylanten.jpg

Von Jens Schneider

Nach Ausschreitungen wie in Frankfurt oder Stuttgart wird die Frage nach der Herkunft der jungen Leute aufgeworfen. Aber: Schon die Frage ist verkehrt.

Waren die Attentäter von Halle und Hanau „schlecht integriert“? Oder die Kinderschänder von Lügde und Bergisch-Gladbach? Haben die Pegida-Mitläufer*innen „Integrationsprobleme“? Offenkundig haben diese Leute Defizite in Bezug auf Grundwerte dieser Gesellschaft, aber niemand spricht von „Integration“ – weil die Täter ja „Deutsche“ sind und sich daher die Frage der „Integration“ nicht stellt? Nun stellt man fest, dass bei den Ausschreitungen in Frankfurt am Main und in Stuttgart ein nicht geringer Teil der jungen Leute einen „Migrationshintergrund“ hat – und schon geht es reflexartig um „Integration“. Es bringt uns in der Erklärung der Vorgänge nicht weiter, offenbart aber, dass die gesellschaftliche Wahrnehmung von Polizei, Medien und Politik in der Integrationsdebatte der 1990er Jahre steckengeblieben ist.

Damals waren in der Tat noch die meisten jungen Erwachsenen „mit Migrationshintergrund“ selbst zugewandert und sie waren nur eine Minderheit unter den jungen Erwachsenen in ihrer Altersgruppe. Das ist heute völlig anders: Bei den unter 21-Jährigen in Frankfurt und Stuttgart (und vielen weiteren süddeutschen Städten) hat deutlich mehr als die Hälfte einen „Migrationshintergrund“, es wäre also allein schon demografisch seltsam, wenn sie bei den Feiern nicht oder kaum dabei gewesen wären. Ebenso reflexartig meint man „gewaltbereite Geflüchtete“ zu erkennen, dabei ist der weit überwiegende Teil dieser jungen Leute – achtzig bis neunzig Prozent! – in Deutschland geboren, sie haben möglicherweise nur ein Großelternteil, das aus dem Ausland nach Deutschland gekommen ist – was übrigens auch aus der Schweiz sein kann.

Die Zuschreibung „Migrationshintergrund“ erklärt sehr wenig, sie überbetont aber das „Andere“ und „Fremde“ in Bezug auf junge Menschen, die so einheimisch sind, dass man ihnen nicht erklären muss, wie das so läuft in Deutschland und in Hessen oder dem Schwabenlande. Und spricht die Tatsache, dass auch für diese Jugendlichen der Alkohol zum Ausgehen und Feiern dazugehört, nicht gerade für „gelungene Integration“ (zumindest in den Teil der „Leitkultur“, der eine gute Party vor allem an der Menge des konsumierten Alkohols misst)?

DBP 1994 1725 Miteinander Leben.jpg

Sie verstellt aber auch den Blick auf möglicherweise tatsächlich relevante Erklärungen für die Ereignisse von Stuttgart und Frankfurt: Für Menschen mit einem nichtdeutsch klingenden Namen und/oder „nichtweißen“ Aussehen sind „Othering“-Erlebnisse, in denen sie also als „anders“ und „fremd“ gekennzeichnet werden, zu jeder Zeit und überall möglich. Sie beginnen in der Schule und reichen von der Wohnungssuche über das Ausgehen (wie viele Diskotheken in Frankfurt und Stuttgart lassen prinzipiell keine „arabischen“ und „afrikanischen“ Gäste rein?) bis zur Bedrohung von Gesundheit und Leben – Hanau ist potenziell überall. Anders als früher erleben aber heute auch die nicht als „migrantisch“ etikettierten Jugendlichen diesen Rassismus mit: Es sind ihre Freunde, die in die Disko nicht eingelassen werden oder der Polizei ihre Papiere zeigen müssen, während sie danebenstehen und dies nicht erleiden müssen – einfach nur, weil sie anders aussehen. Es mag sein, dass Corona die Frustration noch erhöht hat – sicher ist, dass es viel Wut gibt und die Polizei kein gutes Standing hat unter jungen Menschen in größeren Städten.

Quelle       :           TAZ       >>>>>           weiterlesen

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Grafikquelle       :

Oben          —        For documentary purposes the German Federal Archive often retained the original image captions, which may be erroneous, biased, obsolete or politically extremeBerlin, Rumänische Asylanten Berlin: Rumänische Arbeiter Spärlich ist die Behausung – aber es ist eine erste Unterkunft für 600 Rumänische Bürger, die in der DDR Asyl suchen. Seit Monaten campierten sie auf dem Lichtenberger Bahnhof unter unmenschlichen Bedingungen und zum Leidwesen de Fahrgäste. Nun ist ein Teil der Frauen, Männer und Kinder in der ehemaligen NVA-Kaserne in Berlin Kaulsdorf untergekommen. Hier erhalten sie wenigstens eine Bleibe für die Nacht und drei kostenlose Mahlzeiten täglich. Sie kamen als Touristen, deren Ziel der Westen war, um sich dort eine Existenz fern von Hunger und Nöten aufzubauen. Dort schob man sie aber als unerwünscht ab. Nun sind sie wieder in Ostberlin – auf der Suche nach Arbeit und einem menschenwürdigerem Leben.

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Venedig geht unter

Erstellt von Redaktion am 5. August 2020

Der Massentourismus zerstört seine Ziele

File:Navire de croisière dans le canal de la Giudecca (Venise) (6156556391).jpg

Christopher de Bellaigue |

Wegen Corona liegt die Branche derzeit am Boden, doch wie vorher darf es nicht weitergehen

Von allem Unheil, das Touristen beim Ausbruch des Coronavirus erlebten, wirkte die Ansteckungsgefahr auf einem Kreuzfahrtschiff besonders dramatisch. Vergnügungspaläste verwandelten sich in kolossale Gefängnisse, auf denen sich zwischen übel riechenden Kabinen via WhatsApp Gerüchte über Infektionen an Bord verbreiteten. Während ein Hafen nach dem anderen ihnen die Landung verweigerte, waren die Touristen auf engstem Raum gefangen, gleichzeitig Opfer und möglicher Ansteckungsherd.

Zu Beginn wirkte die tödliche Falle auf See für viele noch wie der absurde Auswuchs eines chinesischen Problems. Das erste Schiff, auf dem es zu einem größeren Ausbruch kam, war die Diamond Princess. Bis Mitte Februar gab es 355 bestätigte Fälle an Bord, das Schiff wurde im Hafen der japanischen Stadt Yokohama unter Quarantäne gestellt. Zu diesem Zeitpunkt machten die positiv Getesteten auf dem Schiff mehr als die Hälfte der außerhalb Chinas bekannten Fälle aus. 14 von ihnen starben an dem Virus.

Unterdessen ist der Albtraum auf See nicht vorbei. Zwar durften die Passagiere von mehr als 30 betroffenen Kreuzfahrtschiffen an Land gehen, kamen in Krankenhäuser, Quarantäne-Hotels oder durften Charterflüge nach Hause nehmen. Aber geschätzte 100.000 Mitarbeiter blieben auf See gefangen. Einige waren in Quarantäne. Andere erhielten keine Erlaubnis, an Land zu gehen, bis ihre Chefs die Weiterreise organisiert hatten. Dieses zweite Drama führte zu einem Hungerstreik einer rumänischen Crew, die im Limbo vor der Küste von Florida gelandet war – und es führte zu einem Polizeieinsatz wegen Unruhen auf einem Schiff, das im Hafen von Cuxhaven in Quarantäne lag. Noch am 1. Juni forderten Besatzung und Mitarbeiter von mehr als 20 Kreuzfahrtschiffen in der Bucht von Manila, an Land gehen zu dürfen.

Kreuzfahrten sind zu einem Symbol der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Tourismus geworden. Ein Sektor, der bis Januar nach eigenen Angaben 150 Milliarden Dollar wert war, entlässt Mitarbeiter, nimmt Schulden auf und lockt mit Preisnachlässen, um überhaupt zu überleben. Doch auch vor dieser Krise stand die Kreuzschifffahrt symptomatisch für die durch den Tourismus verursachten Schäden.

Als Branche ist der Tourismus besonders, weil er finanziellen Profit aus Werten zieht, die ihm nicht gehören – seien es eine Aussicht, ein Riff oder eine Kathedrale. Dabei tragen die wichtigsten Kreuzfahrtunternehmen der Welt – Carnival, Royal Caribbean und Norwegian – wenig zur Erhaltung der öffentlichen Güter bei, von denen sie leben. Zudem haben sie sich in Steuerparadiesen mit geringen Umwelt- und Arbeitsrechtsgesetzen angesiedelt – genauer: Panama, Liberia und Bermuda. Dadurch zahlen die großen drei, die drei Viertel des Marktes ausmachen, niedrige Steuern und vermeiden unliebsame Regulierungen, bringen Millionen von Menschen in malerische Anlaufhäfen, die den Ansturm kaum verkraften, während Luft und Meer verschmutzen und Küsten erodieren.

Was auf Kreuzfahrten zutrifft, lässt sich auf einen Großteil der Reisebranche übertragen. Seit Jahrzehnten versuchen einige wenige ökologisch eingestellte Reformer in der Branche, nachhaltigen Tourismus zu entwickeln, der langfristige Arbeitsplätze schafft und die Schäden gering hält. Aber die meisten Hotelgruppen, Reiseveranstalter und nationalen Tourismusbehörden – wie auch immer ihre offizielle Aussagen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus lauten – setzen weiter auf Skaleneffekte.

Das bedeutet mehr Touristen, die weniger Geld zahlen, und es bedeutet wachsenden Druck auf die touristischen Attraktionen. Vor der Pandemie gingen Branchenexperten davon aus, dass internationale Reisen im Jahr 2020 um drei bis vier Prozent zunehmen würden. Prognostiziert wurde, dass Reisende aus China, die die größte und am schnellsten wachsende Gruppe im Welttourismus sind, 160 Millionen Auslandsreisen machen würden – 27 Prozent mehr als im Jahr 2015.

Corona hat uns ein erschreckendes und zugleich schönes Bild von einer Welt ohne Tourismus beschert. Wir sehen jetzt, was mit öffentlichen Gütern passiert, wenn sich an bestimmten Orten keine Massen tummeln. Die Küsten erleben eine Pause von der Erosion, die durch die Kreuzfahrtschiffe verursacht wird. Wanderer, die zu Hause festsitzen, können keinen Müll in den Bergen hinterlassen. Wenig könnte die Auswirkungen des Tourismus so gut illus-trieren wie die derzeitige Auszeit davon.

Gleichzeitig erschütterte das Coronavirus das blinde Vertrauen in den Tourismus. Es zeigte auf brutale Weise, was passiert, wenn eine Branche zusammenbricht, auf die sich eine ganze Gemeinschaft stützt und dabei andere Wirtschaftsbereiche vernachlässigt. Am 7. Mai prognostizierte die UN-Welttourismusorganisation, dass die Einkünfte aus dem internationalen Tourismus in diesem Jahr um 80 Prozent niedriger ausfallen könnten als im Vorjahr, als sie bei 1,7 Billionen US-Dollar lagen. Zudem könnten 120 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. Da der Tourismus auf der gleichen Mobilität basiert, die die Krankheit verbreitet, und daher mit den schärfsten und anhaltendsten Restriktionen leben muss, wird er wahrscheinlich mehr als jede andere Wirtschaftsaktivität leiden.

Mit dem zunehmenden Einfluss des Tourismus auf die Welt ist die globale Wirtschaft von ihm abhängig geworden. Noch vor sechs Monaten war ein derartiges Einfrieren von Auslandsreisen unvorstellbar. Jetzt beschert es uns die Gelegenheit, uns diesem destruktiven Kreislauf zu entziehen und anders an die Dinge heranzugehen.

Viel Geld, wenig lokaler Ertrag
Der Unternehmer Lelei Lelaulu bezeichnete den Tourismus im Jahr 2007 als „den größten freiwilligen Geldtransfer von den Reichen zu den Armen in der Geschichte“. Selbst wenn viel „versickert“, weil ein Großteil des Touristengeldes nicht im Zielland bleibt, sondern an ausländische Reiseveranstalter, Fluggesellschaften und Hotelketten geht, ist nicht zu leugnen, dass Australier in Bali, Amerikaner in Cancún und Chinesen in Bangkok viel Geld gelassen haben.

Ende Januar brach die Zahl der chinesischen Touristen nach Europa ein. Damals erhielt die Gründerin der US-Reiseagentur Indagare Melissa Biggs Bradley Anrufe von italienischen Kollegen, die warnten: „Rom ist leer. Du kannst dir nicht vorstellen, wie katastrophal das wird.“ In den frühen Tagen der Krise zogen Branchenanalysten beruhigende Vergleichsfälle heran. Im Jahr 2009 war die Zahl der internationalen Touristen wegen der globalen Finanzkrise um vier Prozent zurückgegangen. Aber im Folgejahr kam die Branche mit einem Wachstum von 6,7 Prozent erfolgreich zurück. Nach einer Reihe terroristischer Angriffe in der Türkei 2016 blieben die Touristen ebenfalls weg, aber zu Spaniens Vorteil, wo die Touristenzahl an der Costa Blanca stieg.

Schnell war klar, dass solche Vergleiche nur wenig helfen, eine globale Krankheit ohne Heilmittel zu verstehen. Ende März musste die Research-Firma Bernstein den Investoren gegenüber einräumen, dass ihre düstere Prognose für die Hotelbranche noch viel zu positiv gewesen war: „Noch vor zwei Wochen stuften wir einen Gewinnrückgang um 80 Prozent als ‚höchst unwahrscheinlich’ ein. Jetzt ist das die Basisannahme. Wie naiv wir waren!“ Und zu diesem Zeitpunkt hatte die Zimmerauslastung in Spanien und Italien den Tiefstand von fünf Prozent noch nicht erreicht.

Dem Vorwurf der Verschmutzung des Planeten begegnet die Tourismusindustrie regelmäßig mit einem ökonomischen Argument: Einer von zehn Arbeitsplätzen auf der Welt hängt von ihm ab. Auch Regierungen sehen Tourismus tendenziell positiv, weil er schon im Vorfeld der Eröffnung eines Hotels neue Arbeitsplätze schafft – und viel ausländisches Geld ins Land bringt.

Der Tourismus macht 15 Prozent des spanischen und rund 13 Prozent des italienischen BIPs aus. Aber so schmerzhaft der Verlust für die meisten diversifizierten Wirtschaften in Südeuropa ist, so lebensbedrohlich ist er für touristische Gebiete wie die Malediven, wo der Tourismus rund ein Drittel des BIP ausmacht, oder aufstrebende Tourismusziele wie Georgien, wo sich die Besucherzahlen im vergangenen Jahrzehnt vervierfacht haben.

Jamaika bringt der Tourismus normalerweise mehr als 50 Prozent der ausländischen Devisen. Im April beklagte der jamaikanische Tourismus-Minister Edmund Bartlett „null Einreisen am Flughafen Montego Bay, null Einreisen am Flughafen von Kingston und null Gäste in den Hotels. Zusätzlich sind 300.000 Menschen in der Transportbranche ohne Arbeit. Außerdem können Bauern, die für den Tourismus produzieren, ihre Produkte nicht verkaufen, wenn die Touristenattraktionen fehlen.“

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Der Tourismus bringt also zwar viel Geld, wird aber andererseits häufig mit der Verzerrung der lokalen Entwicklung erkauft. Bauern verkaufen ihr Land an Hotelketten. Dann erleben sie, dass Produkte, die sie früher angebaut haben, für sie unerschwinglich werden. Wasser wird zum Golfplatz umgeleitet, während die Anwohner unter Wassermangel leiden. Die Straße wird bis zum Themenpark asphaltiert, nicht bis zur Schule. Die Abhängigkeit vom Tourismus mit ihrer Unterordnung der Wirtschaft unter einen mächtigen und unberechenbaren externen Motor ähnelt der Abhängigkeit von Entwicklungshilfe, die ich als Reporter nach der Invasion von 2001 in Afghanistan beobachtete. In beiden Fällen ist die schlimmste Gefahr die Möglichkeit des plötzlichen Wegbrechens.

Biggs Bradley nannte als Beispiel für derart bedrohte Orte die Inseln im Pazifik, die durch Tauchreise-Veranstalter beliebt wurden. „Erschlossen wurden sie durch den enormen Anstieg an neuen Flugrouten in den vergangenen Jahren“, sagte sie. Jetzt kommen die Flugzeuge nicht mehr. Zurück bleiben: Schulden und Arbeitslosigkeit.

Auch die Reiseagentur Traffic Travel von Tsotne Japaridze, die Abenteuerurlaub in Georgien, Aserbaidschan und Armenien organisiert, ist durch das Virus in eine existenzielle Notlage geraten – ebenso wie viele, die an ihr daran hängen. Japaridze hat drei festangestellte Mitarbeiter und beschäftigt während der Sommersaison weitere 15 Fremdenführer und Fahrer. Er organisiert Gruppenreisen durch rund 30 Weingüter, Pensionen und private Unterkünfte. Sein Unternehmen sorgte so für Einkommen, von dem hunderte Menschen lebten. Als die Krise hereinbrach, schickte Japaridze seine Angestellten in unbezahlten Urlaub. „Es war eine schwierige Entscheidung, aber ich hatte keine Wahl“, sagte er. Während der Tourismus lahm liegt, ist die Nachfrage nach Dienstleistungen gestiegen, durch die Kunden zu Hause bleiben können. Einer seiner früheren Tour-Guides, der Gruppen durch die schöne georgische Region Svaneti geführt hatte, fährt jetzt Essen mit seinem Motorrad aus.

Ein Nachteil der Abhängigkeit vom Tourismus besteht freilich darin, dass die Touristen ausbleiben können. Stärker verbreitet ist dagegen das Problem des Touristen-Ansturms auf Reiseziele, die so etwas nicht verkraften. Zum Höhepunkt der Pandemie in Norditalien sprach ich via Zoom mit Jane da Mosto von der NGO „Siamo Qui Venezia“, die will, dass der berüchtigste Touristenort der Welt lebenswert bleibt.

Während sie Gemüse fürs Abendessen schnippelte, erzählte da Mosto vom zwiespältigen Gefühl, einerseits die Apokalypse in italienischen Krankenhäusern und andererseits die Ruhe beim Blick aus ihrem Fenster zu sehen. Die Brücken sind leer, während im Canal Grande Seepferdchen schwimmen und Verkäufer von phallus-förmigen Nudeln durch Lieferanten abgelöst sind, die den Einwohnern der Stadt per Boot hausgemachte Tortellini bringen.

Als da Mosto aus dem Bild verschwand, um sich um ihre Kartoffeln zu kümmern, nahm ihr 19-jähriger Sohn Pierangelo ihren Platz ein. Seit dem ersten Tag hinter dem Lenkrad des Bootes seines Vaters ist das Wasser sein Leben. Er arbeitet als Schreiner und restauriert die berühmten kiellosen Boote der Stadt. Außerdem zeigt er Touristen auf einem Elektroboot „Venedig aus einer venezianischen Perspektive“.

Pierangelo ist einer der Bewohner der Stadt, die die Bedeutung des Tourismus einräumen, aber sich wünschen, dass sich sein Griff lockert. Mit Freunden – Designern, Studierenden, Schreinerkollegen – hat er über ein mögliches Leben nach dem Virus diskutiert. Weniger Touristen bedeuten weniger Geld und die Notwendigkeit, diesen Ausfall durch Geschäfte mit Venezianern ausgleichen zu müssen. Wie er sich fühlt, wenn er auf dem Giudecca-Kanal entlanggleitet und hinter sich ein Kreuzfahrtschiff aufragen sieht? „Klein“, lächelt Pierangelo. „Sehr klein.“

Ohne den Tourismus wäre ein Großteil von Venedigs gotischem Charme schon seit Jahren abgebröckelt oder durch Neubauten ersetzt. Gleichzeitig wurden Investoren in Hotels, Restaurants und Boote immer mächtiger, für sie ist Venedig nichts weiter als ein Geschäftsmodell. Bis heute nicht vergessen haben die Venezianer, wie am 15. Juli 1989 die internationale Musikindustrie das Kommando in der Stadt übernahm. 200.000 Menschen aus ganz Europa drängten auf die Piazza San Marco, dem spirituellen und ästhetischen Zentrum der Stadt, um das kostenlose Pink-Floyd-Welttour-Abschlusskonzert mitzuerleben, manche auch von Booten auf dem Wasser aus.

Panik schiebende Stadträte stritten fast bis zu den Eröffnungsklängen des ersten Songs Shine On You Crazy Diamond darüber, ob das Konzert wirklich stattfinden sollte. Schließlich stimmten Pink Floyd zu, die Dezibelzahlen zu senken und weniger Lieder zu spielen, während die Geschäftsleute rund um den Platz warmes Bier zum dreifachen Preis an jene Fans verkauften, die zu spät bemerkten, dass die Behörden keine einzige Toilette bereitgestellt hatten. Am folgenden Morgen waren die berühmten alten Steinplatten von Bierdosen, Zigarettenstummeln und Urinlachen übersät.

Quelle        :     Der Freitag          >>>>>        weiterlesen

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

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Grafikquellen        :

Oben       —       Navire de croisière dans le canal de la Giudecca (Venise)

Author dalbera from Paris, France

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2.) von Oben        —     Wüste Gobi

Bayanzag

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Der Fall Sarrazin

Erstellt von Redaktion am 5. August 2020

Wie die SPD ihren Rassismus besiegte

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Quelle       :        untergrund-blättle. CH.

von      Bafta / lcm

In der SPD ist man stolz. Hochrangige Funktionär*innen selbst des konservativen Parteiflügels feierten sich auf Twitter, tausende griffen zum Like-Button, denn endlich ist Thilo Sarrazin nicht mehr in der SPD.

10 Jahre nach seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“, 30 Jahre nach der Treuhand, 46 Jahre nach seiner Dissertation, in der er schreibt, die Sklaverei in den Südstaaten habe den N****sklaven die nötige Produktivität verschafft. Er stimme mit den Grundwerten der Partei nicht überein, hat man nun beschlossen.

 Hut ab für die schnelle Reaktion!

 Doch die Krux an der Sache ist: Sarrazin ist nicht der berühmt-berüchtigte „Einzelfall“ eines Ausnahmerassisten und Sozialchauvinisten, er ist ein stinknormaler Liberaler, der seine eigene Ideologie konsequent zu Ende gedacht hat. Zwischen seinem Rassismus und seiner Wirtschaftspolitik besteht ein Wesenszusammenhang. Jede Kapitalismus braucht Rassismus, um Rechte zu untergraben und Überausbeutung ideologisch zu legitimieren, es ist ein Stabilisator für die gesellschaftlichen Verhältnisse, die Klassengesellschaft.

 Sarrazin war kein Fremdkörper in der SPD, schliesslich ist sie die Partei, die Hartz IV einführte und den grössten Niedriglohnsektor Europas schuf.

 Ich muss sagen, besonders perfide finde ich, dass unter Anderem sein antimuslimischer Rassismus als Begründung für seinen Ausschluss aufgeführt wird. Das vor dem Hintergrund, dass sich Deutschland auf Antrag des damaligen Bundeskanzlers Schröder am imperialistische Krieg in Afghanistan beteiligte und bis heute beteiligt. Der antimuslimische Rassismus und die Rhetorik des Kulturkampfes zwischen Okzident und Orient in westlichen Staaten floriert vor dem Hintergrund eben dieser imperialistischen Kriege.

 Und nicht zuletzt der frühere SPD-Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln Heinz Buschkowsky tourte durch die deutschen Talkshows mit sarrazinesken Thesen über die Probleme der Integration der Migrant*innen in Neukölln. Die Shishabar-Razzien und die Kriminalisierung migrantischer Geschäfte im Kontext der rassistischen Clandebatte wird von seinem SPD-Nachfolger Hikel unbeirrt weiterbetrieben. Sie haben damit unter anderen Tatorte vormarkiert, die Menschen wie der Attentäter von Hanau zum Anlass genommen haben, um eben einen Schritt weiter zu gehen.

 Sarrazins Rauswurf findet dazu zufällig auch vor den Hintergrund der #NOlaf Kampagne statt, bei der linke Sozialdemokrat*innen ihre Kritik an Olaf „Polizeigewalt hat es nie gegeben“ Scholz üben und ihn als möglichen Bundeskanzlerkandidaten zurückweisen. Auf diesen Hashtag wurde von der (linken) Parteiführung mit heftiger Zurückweisung an der Ablehnung des rechten Kollegen reagiert. Der viel beschworene „Linksruck“ in der SPD ist eben doch eine Farce, die keine substanzielle Veränderung bringt, sonst gäbe es mindestens verbale Distanzierung von dem Mann der 2001 als Hamburger Innensenator die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln gegen mutmassliche Drogendealer einführte und sich auch nach dem Tod von Achidi John weiter zu dieser Praxis bekannte.

 Die SPD empört sich über Menschen wie Sarrazin, weil er die Praxis der SPD explizit in Worte fasst. Aber die faktische Abschaffung des Asylrechts, das europäische Grenzregime, rassistische Polizeikontrollen, die nicht selten in tödlicher Gewalt enden, Hartz IV-Sanktionen, die Werkverträge die Ausbeutungsbedingungen wie die in der Fleischindustrie möglich machen sind – alles Produkt der Politik der SPD.

 Herzlichen Glückwunsch liebe SPD, ihr könnt eure Menschenverachtung, euren Rassismus, euren Armenhass jetzt auf die Praxis reduzieren, ohne den lästigen imageschädigenden Diskurs um Sarrazins offensichtlichen Rassismus.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Source Thilo Sarrazin-9436
Author Franz Johann Morgenbesser from Vienna, Austria

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Blei: Kinder klagen an

Erstellt von Redaktion am 5. August 2020

800 Million Kinder klagen an

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Quelle        :     Scharf  —   Links

Kommentar von Georg Korfmacher, München

An sich kennen wir das Problem seit der Römischen Antike, aber immer wieder gehen wir darüber ebenso arrogant wie ignorant hinweg: Blei. Und wieder leidet eins von drei Kindern weltweit unter einer gesundheitsbedrohenden Bleibelastung (Unicef).  Heute sind aber weniger verbleite Wasserrohre die Bedrohung, sondern High-Tech-Produkte insbesondere in den Bereichen Batterien und Elektronik.

Mit großem Pomp und Trara wird die Elektromobilität propagiert und gefördert, jedoch keiner spricht von den Folgelasten dieser hochgepriesenen Technik. Nur 78 von 193 UN-Mitgliedsstaaten kennen mehr oder weniger verbindliche Regeln für e-Schrott, und die werden nicht immer konsequent umgesetzt. Das Umweltbundesamt stellt gar kleinlaut fest, dass „das Recycling mit möglichst hoher Prozesseffizienz angestrebt“ wird. Kein Wunder also, dass die Quote der Neuzulassungen von e-Mobilen trotz gigantischer Zuschüsse nur unter 4% liegt.

Wenn Menschen in der Dritten Welt mit Hammer und Meißel Batterien aller Art traktieren, um an das darin enthaltene Blei zu kommen, muss das zu Schäden für die Gesundheit insbesondere der Kinder führen, die im Umfeld solcher Arbeiten spielen und leben. Aber auch unkontrolliertes „Recycling“ bei uns führt zu skandalösen Verunreinigungen von Luft, Boden und Wasser. Und jetzt wird bei Berlin unter Vernichtung von Wald und Natur eine neues e-Mobil-Werk gebaut, dessen Besitzer es für eine gute Idee hält, den Mars für ein erdähnliches Klima mit Atombomben zu beschießen, um so die Polkappen dort zum Schmelzen zu bringen. Unternehmern mit einer solchen Einstellung darf man nicht die unkontrollierte Nutzung neuester Technologien überlassen. Art. 151 (1) der Bayerische Verfassung z.B. setzt da ganz andere Maßstäbe: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesonders der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle…“ Egozentrische bis verantwortungslose Unternehmerfantasien haben da keinen Platz. Es darf also nicht sein, dass ein vielfach auf den Markt gebrachtes Produkt bei seiner Entsorgung dem Gemeinwohl schweren Schaden zufügen kann bzw. bei der Konzeption eines solchen Produktes seine schadenlose Nutzung und Entsorgung nicht berücksichtigt sind.

Das gilt selbstverständlich auch für die Berge von jährlich wachsendem e-Schrott aller Art, von dem allenfalls 20% ordentlich recycelt werden. Das ist schlichtweg ein böswilliger, menschengemachter globaler Skandal. Beim heutigen Stand der Technik sind wir in der Lage, Produkte zu bauen, die eine lange Lebensdauer haben, reparierbar und sogar wiederverwendbar sind. Eine sorglose Wegwerfpraxis zur Ankurbelung nur immer wieder neuen Konsums um des Konsums willen, müssen wir radikal beenden, wenn wir Gesundheit und Leben der Menschen nicht aufs Spiel setzen wollen. Natürlich müssen solche Eigenschaften ordentlich eingepreist und von denen bezahlt werden, die diese Produkte nutzen.

Heute klagen 800 Million Kinder mit ihren manifesten Gesundheitsschädigungen diesen Skandal an. Hersteller und Verbraucher müssen auch nur bei dem geringsten Maß an Menschlichkeit darauf hören und e-Produkte nur auf den Markt bringen bzw. kaufen, wenn sie konsequent gemeinwohlorientiert durchdacht und gebaut sind.

Urheberrecht
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Grafikquelle       :         Illustration for Safety signs and signals: The Health and Safety (Safety Signs and Signals) Regulations 1996
Toxic material

Source Safety signs and signals. The Health and Safety (Safety Signs and Signals) Regulations 1996
Author Health and Safety Executive

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Blamage in Bamako

Erstellt von Redaktion am 5. August 2020

Bundeswehr stützt antidemokratische Staatsführung

Ein Schlagloch von Charlotte Wiedemann

In Mali ist das Desaster europäischer Politik komplett. Entwicklungshilfe und Bundeswehr stützen eine antidemokratische Staatsführung.

Eine Regierung lässt auf eine unbewaffnete Opposition schießen, verhaftet ihre Sprecher, schickt gegen Jugendliche, die Barrikaden bauen, eine Anti-Terror-Einheit auf die Straßen der Hauptstadt. Zurück bleibt ein Dutzend Tote, ein Vielfaches an Verletzten.

Hieße der Schauplatz Iran, wären die Reaktionen im Westen eindeutig. Doch dies ist Bamako, Mali: besagte Regierung finanziell wie militärisch von der Europäischen Union unterstützt, die Anti-Terror-Einheit von EU-Kräften ausgebildet. Statt eines Aufschreis stummes Händeringen, auch Medienberichte verlieren sich lieber im Vokabular des Diffusen – „blutige Unruhen“, als sei die Täterschaft aufseiten der Unruhe, nicht aufseiten der Macht.

Wer klaren Auges auf die Geschehnisse blickt, sieht in Mali ein umfassendes Desaster westlicher Politik. Dem militärischen und politischen Scheitern des Anti-Terror-Kampfs folgt nach sieben Jahren Intervention nun ein moralischer Offenbarungseid. Eine von Entwicklungshilfe gepäppelte Staatsführung schießt auf ihre Bürger, und die sogenannten Geberländer rufen nicht mal einen Botschafter heim.

Dabei weiß jeder, der in Mali tätig ist, dass der Staatspräsident, dessen Rücktritt die Bewegung auf der Straße verlangt, tatsächlich eine Katas­trophe ist für sein Land. Ibrahim Boubacar Keïta wird nicht nur Bereicherung und Verfassungsbruch vorgeworfen, sondern er hat Mali lethargisch und eigensüchtig immer tiefer in eine verheerende Krise gleiten lassen, in der nun die Ärmsten, Hirten und Bauern, einander bekämpfen, weil der Staat sie mit ihren Problemen völlig alleine lässt.

Der Fisch stinkt am Kopf, sagt die Opposition, Mali lässt sich nicht retten mit diesem Präsidenten. Wenn sie unter sich sind, nicken die Vertreter Europas, aber irgendwie brauchen sie den Präsidenten, hängt doch das ganze Systeme sogenannter Hilfe an einer gefügigen malischen Staatsführung – der UN-Einsatz inklusiv Bundeswehr, unzählbare Projekte, Verträge, Auslandsgehälter. Das Hilfe-System gefährdet sich niemals selbst. Und darum blinkt über dem Präsidenten Keïta jetzt der alte Kissinger-Spruch: He’s a bastard, but he is our bastard.

File:Andreja Mali in military uniform.jpg

Wir brauchen keine Terrorristen – die schulen wir selber !

Tatsächlich hat Keïta einen französischen Pass, in Paris sein Vermögen, seine Ärzte. Der feiste Sohn Karim, auf zentrale Posten gehievt, damit die Pfründen in der Familie bleiben, verstörte die konservativen Malier zuletzt durch Videos, die ihn auf einer Mittelmeer-Jacht mit knapp bekleideten Frauen zeigen.

Bereits vor drei Jahren zeigte eine militante Jugendbewegung dem Präsidenten die rote Karte; nun verstärkte der Lockdown wegen Covid-19 den schwelenden Zorn. „Dieses Regime ist ­Malis Corona­virus“, stand auf einem Schild. Gleichwohl war der jüngste Auslöser der Proteste sehr konkret: Parlamentsabgeordnete sollen durch Wahlbetrug an ihre lukrativen Sitze gekommen sein, das Verfassungsgericht war dabei zu Diensten, mutmaßlich gekauft vom Präsidenten. Solche Machenschaften anzuklagen, inmitten von Armut und Krise, scheint nobel. Doch manche hiesigen Medien ziehen es vor, den prodemokratischen Aufstand in einer islamophoben Wendung zur radikal-religiösen Gefahr zu stilisieren, angeheizt von einem „neuen Khomeini“.

Quelle        :      TAZ         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben      —   Eurokorps, Straßburg, 31. Januar 2013.

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Unten      —         Andreja Mali in military uniform.

Source http://www.slovenskavojska.si/odnosi-z-javnostjo/olimpijci-slovenske-vojske/
Author MORS

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DL – Tagesticker 05.08.2020

Erstellt von Redaktion am 5. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Sicher wird in den nächsten Tagen einmal mehr das bekannte Staatslied der politischen Gangsterbanden zu hören sein: „Und dann will es keiner gewesen sein, denn niemand hat es gesehen .“

Gelagerter Sprengstoff dürfte die Explosion ausgelöst haben

1.) 73 Tote und 2.750 Verletzte bei schwerer Explosion in Beirut

In der libanesischen Hauptstadt Beirut hat sich am Dienstag eine gewaltige Explosion mit Dutzenden Toten und mehreren Tausend Verletzten ereignet. Die Ursache der Detonationen im Hafengebiet ist noch unklar, die Sicherheitsbehörden vermuteten veraltetes explosives Material als Auslöser. Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es zunächst nicht. Mindestens 73 Menschen seien getötet und weitere 2750 verwundet worden, sagte Gesundheitsminister Hassan Hamad am späten Dienstagabend. Die Krankenhäuser in Beirut waren stark überlastet. Bürger wurden aufgerufen, Blut zu spenden. Über der Stadt stieg am frühen Abend eine riesige Rauchwolke auf. Durch die Wucht der Explosion am Hafen der Küstenstadt gingen Fenster zu Bruch, Straßen waren mit Trümmern und Glasscherben übersät. Große Teile des Hafens wurden vollständig zerstört.Augenzeugen sprachen von Leichen auf den Straßen und Menschen, die unter Trümmern verborgen seien. Die Armee half, Verletzte in Krankenhäuser zu bringen. Bürger wurden aufgerufen, Blut zu spenden.

Südtirol-News

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Jetzt wird das verrückte Triumphierat um Scheuer unter Beweis stellen auch mit Wasser umgehen zu können. Verkehr null – Schwimmen null ?

Hochwasser überflutet Straßen von Passau:

2.) Pegel wird weiter steigen

Im Süden und Osten Bayerns sind zahlreiche Flüsse angeschwollen. An der Donau in Passau könnte die höchste Hochwasser-Meldestufe erreicht werden. Nach tagelangen heftigen Regenfällen dürfte sich am Mittwoch in Passau die Situation zuspitzen: An der Donau könnte die höchste Hochwasser-Meldestufe erreicht werden. In der niederbayerischen Dreiflüssestadt ist das keine Seltenheit. Im Süden des Freistaates rechnen Wetter-Experten damit, dass sich die Lage langsam entspannt. Dort sorgte der Dauerregen am Dienstag für überflutete Straßen und Keller. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk rückten Hunderte Male zu Einsätzen aus. Donau in Passau: Bis Mittwoch wird mit weiteren Überschwemmungen gerechnet. Der bayerische Hochwassernachrichtendienst (HND) rechnete bis Mittwoch mit weiteren Überschwemmungen – vor allem in Passau. Der Inn-Zufluss sollte dort für einen starken Anstieg sorgen, hieß es. In den vergangenen Tagen lag die Donau in Passau stabil unter fünf Metern, am Mittwoch könnte der Pegel mehr als acht Meter anzeigen.

Augsburger-Allgemeine

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Eine Sternschnuppe reichte in der Politik schon öfter aus, die ganze Fäkaliengrube in Berlin trocken zu legen. Aber nur für einige Tage. Finanzmanipulierer stinken als Gruftis, hinterher  um so stärker.

Kevin Kühnert strebt in den Bundestag:

3.) Hoffnungsschimmer für die SPD

Der Noch-Juso-Chef ist eloquent und schlagfertig. Für viele Sozialdemokraten scheint er eine Option für die Zeit nach Olaf Scholz zu sein.  Kevin Kühnerts Ankündigung ist keine Überraschung. Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass es ihn in den Bundestag zieht. Das ändert allerdings nichts daran, dass das für die gebeutelte SPD eine gute Nachricht ist. Seine Kandidatur ist ein logischer Schritt in der politischen Karriere des 31-Jährigen – und ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Partei, die in den Umfragen zwischen 14 und 16 Prozent vor sich hin dümpelt. Kühnert ist ohne Zweifel eines der größten Talente in der bundesdeutschen Parteienlandschaft: klug, eloquent und schlagfertig. Vor allem jedoch ist er eine Projektionsfläche für all jene, die von einer SPD träumen, die mehr ist als Juniorpartnerin der Union. Für die kommende Bundestagswahl wird das aber noch nicht reichen, um der Partei einen größeren Aufschwung zu verschaffen. Dafür befindet sich die SPD nach wie vor in einem zu problematischen Zustand. Dass sie sich in einer schwierigen Übergangsphase befindet, lässt sich exemplarisch an ihrem Berliner Landesverband illustrieren. Denn dort strebt ja nicht nur Nachwuchshoffnung Kühnert ein Bundestagsmandat an, sondern auch noch der unbeliebte derzeitige Regierende Bürgermeister Michael Müller – als Altersruhesitz, um den Weg für Franziska Giffey frei zu machen.

TAZ

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Geht das nicht zu aller erst  die Rentner an ? Wie viele Mitmenschen müsste denn ein Rentner in die Grube schieben, zum Erhalt einer höheren Rente ? Und wäre er danach noch genießender Nutzer? Wohl an gemerkelt oder an gegaukelt  hier ist nicht die Rede von knallhart spekulierenden Politikern !

NRW plant 150-Euro-Bußgeld bei

 4.) Verstoß gegen Maskenpflicht

Schon beim ersten Verstoß werde ein sofortiges Bußgeld fällig, kündigt Landesverkehrsminister Hendrik Wüst an. Die Maskenpflicht gilt für Fahrgäste in Bussen und Bahnen. Schon beim ersten Verstoß werde ein sofortiges Bußgeld fällig, kündigt Landesverkehrsminister Hendrik Wüst an. Die Maskenpflicht gilt für Fahrgäste in Bussen und Bahnen. Fahrgäste in Bussen, S-Bahnen oder Straßenbahnen in Nordrhein-Westfalen, die keinen Atemschutz tragen, müssen künftig 150 Euro an Bußgeld zahlen. Schon beim ersten Verstoß gegen die Maskenpflicht werde ein sofortiges Bußgeld fällig, kündigte Landesverkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) in der Düsseldorfer Rheinischen Post an.

Zeit-online

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Heißt es nicht immer: „Die Hoffnung stirbt zu Letzt ?“ Müsste nicht ein eiserne Besen voran gehen ? Oder reichte es schon aus, ein paar der Kuckuckseier aus den Nest zu werfen, um eine neue Wohlgefälligkeit zu erreichen ? Gegangen ja, aber noch nicht weg. Sie lassen sich immer noch durchfüttern !

Reformerlager fordert eine Richtungsentscheidung auf dem Erfurter Bundesparteitag im Herbst

5.) Linkspartei stellt die Strategiefrage

Auf dem kommenden Bundesparteitag der Linken, der vom 30. Oktober bis 1. November in Erfurt geplant ist, dürften wegweisende Entscheidungen getroffen werden. Zum einen ist noch fraglich, ob dann die beiden derzeitigen Bundesvorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger erneut für weitere zwei Jahre an der Spitze der Linken kandidieren. Die Satzung der Partei sieht vor, dass die Vorsitzenden nach acht Jahren eigentlich nicht mehr kandidieren sollten. Auch bei inhaltlichen Fragen dürfte es während des Treffens in der Thüringer Landeshauptstadt hoch hergehen. Einige Politiker, die dem Reformerflügel der Linken zugerechnet werden, haben nun ein Positionspapier verfasst, in dem sie fordern, dass die Frage, ob die Partei zu einem Politikwechsel bereit ist und mitgestalten will, im Leitantrag zur Abstimmung gestellt wird. Unterzeichnet haben unter anderem der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jan Korte, sowie seine Fraktionskollegen Birke Bull-Bischoff, Matthias Höhn und Stefan Liebich. Es finden sich auch die Namen von Politikern, die in ihren Bundesländern bereits mit Sozialdemokraten und Grünen regieren oder Teil einer Landesregierung waren. Die bekanntesten unter ihnen sind Berlins Kultursenator Klaus Lederer, die Bremer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt und Ralf Christoffers, früher Wirtschaftsminister in Brandenburg.

ND

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Marschierte nicht ganz besonders Süddeutschland schon immer den angebräunten Fahnen hinterher, derweil sich der Norddeutsche eher den bunten Farben der Internationalität hingab ?

UMFRAGE ZU ANTI-CORONA-MASSNAHMEN

6.) Genug Vertrauen in die Regierung?

Nach einer Umfrage der Uni Heidelberg wollen sich nur weniger als vier Prozent der Bundesbürger nie oder nur selten an die Corona-Regeln halten. Boykottiert werden Sicherheitsmaßnahmen vor allem von Menschen, die kein Vertrauen in die Regierung haben. Ob Maskenpflicht, Abstand halten oder Kontaktbeschränkungen – mehr als 80 Prozent der Bundesbürger sind der Meinung, sie hielten sich immer oder zumindest meistens an die Corona-Regeln von Bund und Ländern. Das hat eine aktuelle Umfrage der Universität Heidelberg ergeben. Ihre Initiatoren wollten herausfinden, von welchen Faktoren es abhängt, ob sich Menschen an Spielregeln halten oder nicht.  Vor dem Hintergrund der Anti-Corona-Demo in Berlin dürfte das Ergebnis der Studie viele überraschen. Schließlich wurde die Demo von der Polizei aufgelöst, weil sich die Teilnehmer – Tausende Menschen aus ganz Deutschland – über die Vorsichtsmaßnahmen bewusst hinwegsetzen. Fest steht jedoch: Die Bereitschaft, sich an die Regeln zu halten, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Bayern oder in Baden-Württemberg ist sie ausgeprägter als im Rest der Republik. 72 Prozent der Befragten wollen angeblich auch mit der vorübergehenden Beschränkung der Grundrechte kein Problem haben. Nur eine verschwindend kleine Minderheit von unter vier Prozent räumten ein, sie seien den Corona-Regeln selten oder nie gefolgt.

Cicero

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„Demonstranten waren alle schwanger mit Fünfziglingen“

7.) Corona-Demo-Veranstalter verteidigt Teilnehmerzahlen

Wie viele Menschen waren am Samstag wirklich auf der Corona-Demo in Berlin? Während die Polizei von rund 20.000 Teilnehmern spricht, behaupten die Veranstalter der Demo, dass mindestens 1,3 Millionen vor Ort waren. Nun erklären sie, wie sie zu der Zahl kamen: Demnach waren alle Demonstranten mit Fünfziglingen schwanger, die somit auch zu den Anwesenden hinzuzuzählen sind. „Was die Polizei bei ihrer sogenannten ‚Schätzung‘ einfach so unterschlagen hat, ist, dass jeder einzelne von uns in freudiger Erwartung ist und schon bald je 50 Kinder zur Welt bringen wird“, erklärt Veranstalter Mirko Vogel, während er mit der Hand zärtlich über seinen durchaus stattlichen Bauch streicht. „Das passt dem Merkel-Regime natürlich nicht in den Kram und wird deshalb verschwiegen.“

Postillon

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Stadtgespräch Linke Erfurt

Erstellt von Redaktion am 4. August 2020

„Wie weit muss es kommen?“

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Das Interview führte Dinah Riese

Linken-Politikerin über rechte Gewalt. In Erfurt sollen zwölf mutmaßliche Neonazis drei Männer verprügelt haben. Die Verdächtigen sind wieder frei. Katharina König-Preuss kritisiert das.

taz: Frau König-Preuss, in Erfurt haben zwölf mutmaßliche Neonazis so heftig auf drei Männer aus Guinea eingeschlagen, dass zwei von ihnen ins Krankenhaus mussten, einer schwer verletzt. Sie haben im Nachgang die Staatsanwaltschaft heftig kritisiert – warum?

Katharina König-Preuss: Die Staatsanwaltschaft hat nicht mal einen Haftantrag gestellt, die zwölf Personen sind wieder auf freiem Fuß. Wie weit muss es kommen, damit Neonazis die Grenzen gesetzt werden, die rechtlich möglich sind? Einer der Angegriffenen war zwischenzeitlich in kritischem Zustand. Aufgrund der anscheinend organisierten Art des Angriffs kann man meiner Meinung nach von einem bedingten Tötungsvorsatz oder sogar von versuchtem Totschlag ausgehen. Somit lägen Haftgründe vor. Die Staatsanwaltschaft hat es aber nicht mal versucht – das sendet eine verheerende Botschaft.

Ermittelt wird gegen die Tatverdächtigen wegen schwerer Körperverletzung und Landfriedensbruch. Ist das nicht erst mal das Wichtigste?

Ich sage ganz ehrlich: Die schnelle Ingewahrsamnahme von zwölf Personen, das Einschalten des LKA, das Agieren der Polizei finde ich richtig gut. Trotzdem ist die Frage: Welche Signale sendet man an die Öffentlichkeit? An die Betroffenen und Anwohner? Und an die Täter? Es hat am Herrenberg mehrfach Bedrohungen und versuchte Angriffe gegeben. Jetzt prügeln Neonazis jemanden ins Krankenhaus, und ein paar Stunden später sind sie wieder draußen und können weitermachen wie zuvor: ihre Ideologie verbreiten und Kampfsport trainieren – um dann nachts das zu tun, was sie getan haben: einen Menschen halb tot schlagen.

Laut Staatsanwaltschaft liegen die notwendigen Gründe für einen Haftantrag nicht vor – also etwa Verdunklungs- oder Fluchtgefahr.

Aus meiner politischen Einschätzung heraus würde ich bei organisierten Neonazis im Regelfall tendenziell eine Verdunkelungsgefahr annehmen. Da können Beweismittel verschwinden oder Absprachen getroffen werden, wer in der Vernehmung was sagt und was nicht. Und: Ich kenne Fälle, in denen bei einem unterstellten Tötungsvorsatz Haftantrag gestellt wurde. Das hätte signalisiert: Staatlicherseits werden alle möglichen Maßnahmen ergriffen, um Neonazis zu stoppen. Ob das dann durchgeht, hätte ein Gericht prüfen müssen. Darauf hätte die Staatsanwaltschaft es ankommen lassen sollen.

Katharina König DSC 345.jpg

Auch Thüringens SPD-Innenminister Georg Maier hat sich „entsetzt“ gezeigt darüber, dass die Verdächtigen wieder auf freiem Fuß sind. Was nützen Ansagen seitens der Politik?

Ich glaube schon, dass solche Statements dazu führen können, dass die Staatsanwaltschaft beim nächsten Mal zumindest zweimal darüber nachdenkt, ob ein Haftantrag nicht doch der richtige Weg wäre.

Aber die Justiz soll ja aus gutem Grund unabhängig von der Politik arbeiten.

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Oben        —      Am Herrenberg in Erfurt.

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Was bewegt die Schweiz

Erstellt von Redaktion am 4. August 2020

So kooperierte die Schweiz mit Hitler-Deutschland

Benito Mussolini e Adolf Hitler, sem data.tif

Quelle       :     INFOsperber CH.

Von Hans Ulrich Jost / 04. Aug 2020 – 

Rückblick auf den Zweiten Weltkrieg: Der Handelsvertrag Schweiz/Deutschland vom August 1940 wird gerne übersehen. Nur Zufall?

Jahrestage und Erinnerungsfeiern sind beliebte Anlässe, um die Geschichte unter die Leute zu bringen. Zur Zeit sind Rückblicke auf den Zweiten Weltkrieg, der vor 75 Jahren zu Ende ging, beliebt. Allerdings wird dabei die Rolle der Schweiz, trotz umfangreicher Studien, in der breiten Öffentlichkeit immer noch verklärt wahrgenommen.

Der Sinn historischer Rückblicke

Solche populär aufgezogene Rückblicke dienen aber auch dazu, in die politischen oder intellektuellen Orientierungen der Gegenwart einzugreifen. 1989 organsierte beispielsweise das Militärdepartement unter dem Titel «Diamant» eine Reihe von Veranstaltungen, um der 50 Jahre zuvor, bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs durchgeführten Mobilisation der Schweizer Armee zu gedenken. Diese Erinnerungsfeiern sollten, so der damalige Verteidigungsminister Kaspar Villiger, den Jungen eine sachliche und ehrliche Information über diese Zeit vermitteln. Hintergründig ging es jedoch darum, die von der Gruppe «Schweiz ohne Armee» lancierte Initiative zur Abschaffung der Armee zu kontern.

Peinlich an diesen Feiern war – wie vor allem das Ausland es bemerkte –, dass ausgerechnet die kriegsverschonte Schweiz mit offiziellen Anlässen des Ausbruchs dieser schrecklichen Katastrophe gedachte. Der bekannte Historiker und Zeitzeuge Jean Rodolphe von Salis meinte dazu: «Mir scheint, dass wir keine Lorbeerkränze auszuteilen, keine Triumphbögen zu errichten haben. Es waren andere, die im Zweiten Weltkrieg auch für uns geblutet haben.»

9. August 1940

Man hätte bei uns, um an diese schwere Zeit zu erinnern, auch ein anderes Ereignis beleuchten können: den am 9. August 1940 in Berlin unterzeichneten Handelsvertrag mit Nazi-Deutschland. Dies war zwar kein militärischer Kraftakt und auch kein grosser Auftritt eines Bundesrates. Dennoch handelt es sich bei diesem Vertrag um einen grundlegenden, die Existenz der Schweiz bestimmenden Akt. Er öffnete den Weg für eine zwar konfliktreiche, aber von beiden Parteien als notwendig erachtete wirtschaftliche Zusammenarbeit. Solange diese funktionierte, war ein militärisches Vorgehen von Nazi-Deutschland gegen die Schweiz gebannt.

Diesem vor 80 Jahren unterzeichneten Vertrag hat man allerdings bisher keine grossen Gedenkfeiern gewidmet. Und auch in der aktuellen Geschichtsschreibung nimmt er einen eher diskreten Platz ein. Ein Grund für diese Diskretion liegt wohl darin, dass sich dieses Übereinkommen, obwohl fürs Überleben des Landes entscheidend, nicht zum Baustein einer heroischen Nationalgeschichte eignet.

Die «Wirtschafts-Vereinbarungen» mit Deutschland wurden am 9. August 1940 in Berlin unterzeichnet. Aus den Verhandlungen gehe, so der damalige Kommentar des Bundesrates, «mit aller Deutlichkeit die grosse Bedeutung des neuen Vertragswerks mit Gross-Deutschland für unser Land hervor». Diese Vereinbarungen seien «aber auch politisch im Hinblick auf unsere Beziehungen zum grossen nördlichen Nachbar von bedeutender Tragweite». Dass die Verhandlungen, so der Bundesrat, «in einer freundschaftlichen Atmosphäre haben zu Ende geführt werden können», sei «gerade im Hinblick auf unsere weitgehende Abhängigkeit von Gross-Deutschland für unsere Zukunft von besonderer Wichtigkeit» (dodis.ch/47120).

Schweizer Wirtschaft und deutsche Kriegswirtschaft

Es ging in diesem Vertrag im Wesentlichen darum, die Industrie und die Finanzkraft der Schweiz an die deutsche Kriegswirtschaft anzudocken. Zentraler Punkt des Abkommens war ein von der Schweiz gewährter Kredit, den Deutschland insbesondere für den Ankauf von Kriegsmaterial einsetzte. Die Schweiz ihrerseits sah in diesem Handel ein Mittel zur Arbeitsbeschaffung und zur Sicherstellung der lebenswichtigen Importgüter, denn das Land war wirtschaftlich in keiner Weise autark und deshalb auf Importe angewiesen. Ohne dieses Abkommen hätten weder die vielgepriesene «Anbauschlacht» (Plan Wahlen) noch das «Réduit» (das militärische Verteidigungsdispositiv in den Alpen) realisiert werden können.

Um die Geschichte dieses Abkommens besser einzuordnen, sei kurz auf die internationale Lage im Sommer 1940 hingewiesen. Am 10. Mai 1940 begann der mit der Niederlage Frankreichs endende Westfeldzug der Deutschen. Holland und Belgien wurden von der deutschen Armee überrannt. Am 17. Juni kapitulierte Frankreich, am 22. Juni wurde der Waffenstillstand unterzeichnet. Nur England entzog sich der deutschen Herrschaft. Am 13. August, «Adlertag» genannt, begann Hitler den Luftkrieg gegen England. Es gelang allerdings der deutschen Luftwaffe nicht, die Royal Air Force zu bezwingen.

Intensive Verhandlungen mit Nazi-Deutschland

Die Wirtschaftsverhandlungen zwischen Deutschland und der Schweiz waren nicht erst mit dem Westfeldzug aufgenommen worden. Schon wenige Tage nach dem Angriff Deutschlands auf Polen, am 4. September 1939, traf in Bern eine deutsche Handelsdelegation unter Leitung von Hans Richard Hemmen ein. Der schweizerische Verhandlungsleiter Jean Hotz, Chef der Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements, hatte schon früher mit Hemmen zu tun gehabt. Auf verschiedensten Ebenen entwickelten sich nun intensive Kontakte zwischen Deutschland und der Schweiz. Sie führten am 24. Oktober 1939 zu einem Ergänzungsabkommen zum schon bestehenden Clearingvertrag. In dieser Zeit lieferte Deutschland, nebenbei gesagt, der Schweizer Armee 89 Messerschmitt Me-109, eines der besten Jagdflugzeuge jener Zeit.

Der Bundesrat hatte die Aufrechterhaltung der Aussenwirtschaftsbeziehungen gleich nach Kriegsbeginn zu einer Hauptaufgabe erklärt. Um auch die Exporte von Kriegsmaterial zu ermöglichen, hatte er am 8. September 1939 in einem geheim gehaltenen Beschluss das Verbot für Kriegsmaterialexporte aufgehoben. Das deutsche Wirtschaftsrüstungsamt seinerseits sah vorerst in der Lieferung von Werkzeugmaschinen den wichtigsten Posten im Handel mit der Schweiz. Doch in den Monaten bis zum Frankreichfeldzug verlangte Deutschland keine ausserordentlichen Lieferungen. Berlin kritisierte hingegen die Kriegsmaterialexporte zugunsten Frankreichs und Englands. Tatsächlich beabsichtigten diese Länder, in der Schweiz grössere Waffenkäufe zu tätigen. Da jedoch Bern dafür keine Kredite gewähren wollte, kam es zu keinen grösseren Lieferungen. Noch wichtiger als Kriegsmateriallieferungen war den Alliierten, zu verhindern, dass Material und Waren aus ihrem Bereich über die Schweiz nach Deutschland exportiert wurden. Dies sollte mit dem am 25. April 1940 geschlossenen Blockadeabkommen geregelt werden.

Gegen ein solches Blockadeabkommen mit den Alliierten sprachen sich sowohl der Bundesrat wie der «Vorort» (Handels- und Industrieverein, heute «Economiesuisse») aus. Dieses würde, schrieb der «Vorort» am 8. Januar 1940 dem Bundesrat, «die Kontinuität unserer wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland aufs höchste in Frage stellen und damit sowohl die Versorgung der Schweiz mit wichtigen Rohstoffen, wie auch die Beschäftigung ganzer Industrien und schliesslich das Gleichgewicht der schweizerischen Devisenbilanz gefährden». Es müsse alles Mögliche getan werden, «dass uns die Ausfuhr nach Deutschland in einem Umfang erhalten bleibt, der sowohl die Aufrechterhaltung unserer wirtschaftlichen Tätigkeit wie auch die geordnete Weiterführung unserer wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland erlaubt» (dodis.ch/46981).

Die «ständige Verhandlungsdelegation»

Für die Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland hatte der Bundesrat eine vom Chef der Handelsabteilung Jean Hotz geleitete «Ständige Verhandlungsdelegation» ernannt. Mitglieder waren Heinrich Homberger, Direktor des «Vororts», Robert Kohli vom Politischen Departement, Ernst Laur, Direktor des Bauernverbandes, und Peter Vieli, Vertreter der Banken. Diese hochkarätige Delegation entwickelte sich zu einem der wichtigsten, den Bundesrat in gewisser Weise in den Schatten stellendes Organ. Hotz, Homberger, Kohli und Laur gehörten auch der Finanz- und Wirtschaftsdelegation an, in der die Bundesräte Stampfli, Pilet-Golaz und Wetter Einsitz hatten. Die beiden genannten Delegationen bildeten das eigentliche Machtzentrum des Bundes. In diesem spielten Bundesrat Stampfli sowie das Triumvirat Hotz, Homberger und Kohli die entscheidende Rolle.

Am 27. Mai 1940, ein Tag vor der Kapitulation Belgiens, wurden in Berlin die Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland weitergeführt. Beflügelt vom Erfolg ihrer Armeen trugen die Deutschen ihre Forderungen grossspurig vor. Neben Werkzeugmaschinen waren nun auch Waffen gefragt. Zwecks Organisation solcher Waffenlieferungen traf am 9. Juni eine von Robert Fierz, dem Chef der Kriegstechnischen Abteilung geleitete Delegation in Berlin ein. Am 13. Juni, bei seiner Rückkehr in die Schweiz, forderte Fierz Emil Bührle, den Besitzer der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon, auf, unverzüglich und so umfangreich wie möglich die Ausfuhr von Waffen nach Deutschland an die Hand zu nehmen.

Hotz und seine Delegation waren am 2. Juni in die Schweiz zurückgekehrt und führten die Verhandlungen mit Hemmen in Bern weiter. Schon am 18. Juni konnte der deutsche Gesandte Köcher nach Berlin melden: «Bundesrat bereit, uns Kriegsmaterial unbeschränkt so viel zu liefern, als die Schweiz dazu in der Lage ist.» Dieser Entscheid kam am 21. Juni in einer gemeinsamen Sitzung von Bundesrat, der Finanz- und Wirtschaftsdelegation und der Ständigen Verhandlungsdelegation zur Sprache (dodis.ch/47071). Hotz betonte, von Seite der Schweiz würden «alle Hebel in Bewegung gesetzt, eine Förderung des Exportes nach Deutschland auf der ganzen Linie herbeizuführen». Der Bundesrat verfügte zudem, alle Waffenlieferungen an die Feinde Deutschlands einzustellen. Um den Export nach Deutschland optimal zu gestalten, sollten auch die Kriegswirtschafts-Ämter die Inlandversorgung zurückstellen. Bundespräsident Pilet-Golaz fügte bei, es gehe zunächst einmal darum, den geforderten Kredit zu gewähren. «Dabei wäre es unangebracht», fuhr Pilet fort, «über eine Million mehr oder weniger zu streiten».

Grosse Zufriedenheit mit dem schweizerisch-deutschen Handelsabkommen

Damit war der entscheidende Schritt getan. Deutschland brauchte dringend Devisen und eine gesicherte und exklusive Zusammenarbeit mit der schweizerischen Industrie, sowie freien Zugang zu den Alpentransversalen. Die Schweiz sollte auch den Handel mit den gegen Deutschland im Krieg stehenden Ländern abbrechen. Berlin verzichtete jedoch auf eine de jure-Verpflichtung, da Bern bereit war, de facto entsprechende Ausfuhren zu verhindern.

Eine grosse Mehrheit der Repräsentanten von Wirtschaft und Politik befürworteten diese an Deutschland orientierten Handelsbeziehungen. Es war gewissermassen das einzige politische Projekt, das in dieser schwierigen Zeit eine breite Zustimmung fand. In einem Zirkular des «Vororts» wurde betont, dass die Verhandlungen «in freundschaftlichem Geiste und mit dem gegenseitigen Willen zur Verständigung geführt» und zu einem «erfreulichen Abschluss» gebracht worden seien. Ernst Laur, der Direktor des Bauernverbandes, sah in diesem Abkommen gar «ein deutliches Zeichen freundschaftlicher Gesinnung unseres grossen Nachbars», das «zu einem Eckstein für unsere politische Zukunft» werden könne.

Bundesarchiv Bild 102-13774, Adolf Hitler.jpg

Tatsächlich hat die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland und den von ihm abhängigen Ländern nicht nur die Existenz der Schweiz, sondern auch die wirtschaftliche Kraft des Landes gesichert. Damit konnte die Schweiz dann erfolgreich in die Nachkriegszeit einsteigen. Den Alliierten waren diese Wirtschaftsbeziehungen verständlicherweise ein Dorn im Auge. Gegen Kriegsende zwangen sie den Bundesrat, den Warenverkehr einzuschränken. Bern bestand jedoch darauf, die wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland aufrecht zu erhalten. Dahinter stand der Gedanke, dass Deutschland, trotz der vernichtenden Niederlage, in der Nachkriegszeit sich erneut zu einem wichtigen Wirtschaftsraum aufschwingen und damit weiterhin ein bedeutender Handelspartner der Schweiz bleiben werde.

In den öffentlichen, das Jahr 1940 betreffenden Debatten – und auch in vielen historischen Arbeiten – kam das Wirtschaftsabkommen mit Deutschland kaum vor. Zwei andere Ereignisse beherrschten die Szene: die Radioansprache von Bundesrat Pilet-Golaz vom 25. Juni 1940 und General Guisans Rütlirapport vom 25. Juli 1940. Im Hinblick auf die existentiell entscheidende Entwicklung hatten diese beiden Manifestationen jedoch keine grosse Bedeutung. In Pilets zwiespältiger, vom Gesamtbundesrat gutgeheissener Rede – in der NZZ (22.06.2015) als «berüchtigste Rede der Schweizer Geschichte» apostrophiert – ist vom «Zeitpunkt der inneren Wiedergeburt» die Rede, wobei der Bundesrat Beschlüsse «auf Grund eigener Machtbefugnisse» fassen werde. Und General Guisans Rede am Rütlirapport, deren Inhalt in der Öffentlichkeit nur gerüchtweise Verbreitung fand, war in Bezug auf die Zukunftsgestaltung ebenso sibyllinisch wie jene des Bundesrats.

Es wäre an der Zeit, bei historischen Rückblicken auf den Zweiten Weltkrieg realpolitischen Fakten wie dem Wirtschaftsabkommen vom 9. August 1940 vermehrt Beachtung zu schenken, selbst wenn dabei die bei der Legendenbildung dominierenden Momente ins Hintertreffen kämen. Dass die Schweiz den Zweiten Weltkrieg erfolgreich überlebte, beruhte weder auf dem politischen Widerstand der Behörden noch dem militärischen Rückzug ins Réduit – entscheidend war vielmehr die mit dem Vertrag vom 9. August 1940 eingeleitete wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Nazi-Deutschland.

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Oben      —      Imagem do Fundo Correio da Manhã.

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Zweckentfremdung – Polizei

Erstellt von Redaktion am 4. August 2020

Die Bundesregierung muss die Corona-Kontaktlisten schützen

Quelle      :     Netzpolitik ORG.

Von   – 

Die Bundesregierung hat die Corona-Listen, die in Bars und Restaurants ausliegen, nicht vor dem Zugriff der Polizei geschützt. Damit die Menschen den Corona-Maßnahmen auch vertrauen können, braucht es dringend ein Begleitgesetz. Ein Kommentar.

Die Bundesregierung muss sich entscheiden, ob sie in der Bekämpfung der Corona-Pandemie effektive und nachvollziehbare Kontaktlisten aus Restaurants und Bars für die Gesundheitsämter haben will – oder solche, in denen jede Menge Quatsch- und Fantasiedaten stehen, weil die Menschen dem System nicht vertrauen können. Derzeit entscheidet sie sich für letzteres.

Seit Wochen ist klar, dass Länderpolizeien diese Vorratsdatenspeicherung aller Gastronomiebesucher:innen für Ermittlungen nutzen. Am Anfang hieß es, nur für schwere Verbrechen, mittlerweile ist klar, dass die Listen für alles mögliche abgefragt werden, wenn es denn der Strafverfolgung dienen könnte.

Das schafft Misstrauen bei den Barbesucher:innen und Ratlosigkeit für die Gastronomie, die das umsetzen muss, wenn sie keine Strafen riskieren will.

Nutzung per Begleitgesetz einschränken

Dabei trifft die Polizei ausnahmsweise mal keine Schuld. Sie muss sogar auf diese bequemen Listen zugreifen, die womöglich Ermittlungsansätze liefern können. Sie ist dazu verpflichtet und wird es weiter tun, solange es ihr nicht ausdrücklich verboten wird.

Bis dahin werden verantwortungs- und datenschutzbewusste Menschen falsche Angaben – aber eine funktionierende Mailadresse – in den Listen hinterlassen. Doch dieser kleine Hack kann nicht die Lösung für Versäumnisse der Bundesregierung sein.

File:Corona-Graffiti am Donaukanal, Wien - Bild 1.jpg

Deswegen ist die große Koalition jetzt gefragt: Wenn Sie es ernst meint mit der Kontaktverfolgung, dann verabschiedet sie endlich ein Begleitgesetz zur Pandemie, das Bürger:innen schützt und die Pandemie bekämpft. Das wäre schon bei der Corona-Warn-App nötig gewesen. Aber die Kontaktlisten zeigen noch anschaulicher, dass eine Vorratsdatenspeicherung aller Restaurantgäste eben eine harte Auflage ist, die zeitlich beschränkt und ausschließlich zur Bekämpfung der Pandemie eingesetzt werden darf.

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Grafikquellen      :

Oben      —      De stationsrestauratie in het station van Deventer

Author Anna Saini

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Neues AKW Barakah:

Erstellt von Redaktion am 4. August 2020

 Gefahr für Mensch, Frieden & Umwelt

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Quelle      :     Scharf  —   Links 

Von Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein

Kurz vor dem 75. Jahrestag des Abwurfs der Atombombe auf Hiroshima haben Anfang August 2020 die Vereinigten Arabischen Emirate ein Atomkraftwerk in Betrieb genommen. Das Nachbarland Katar bezeichnet das neue Atomkraftwerk Barakah als „Gefahr für den Frieden in der Region“.

Obwohl weltweit seit Jahren mehr Atomkraftwerke stillgelegt als neu gebaut werden, strahlt jetzt in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein neues AKW. Ein AKW, welches Atommüll produziert, der eine Million Jahre strahlt und dessen vermeintliche „Sicherheit“ die Atomunfälle in Tschernobyl und Fukushima aufgezeigt haben.

„Der Forscher Paul Dorfman vom University College London sieht gravierende Sicherheitsmängel, da die südkoreanische Betreiberfirma Kepco aus finanziellen Gründen auf wichtige Schutzvorkehrungen verzichtet habe. Auch habe es ernste Baumängel gegeben, und Kepco habe Dokumente gefälscht.“ schreibt die NZZ.

Der Nahe Osten ist jetzt schon ein Pulverfass.

Da ist der Krieg in Syrien, die Expansion der Türkei, der Stellvertreterkrieg im Jemen und der unerklärte Krieg gegen den Iran. Die breite Debatte in unseren Medien um das iranische Atomprogramm müsste eigentlich zeigen, wie die „so genannte“ zivile Nutzung der Atomkraft Wissen, Technik und Schlüsselrohstoffe zum Bau von Atomwaffen schafft. Im ersten Block des neuen AKW Barakah entsteht jährlich die kurz- und langlebige Radioaktivität von ca. 1400 Hiroshima-Bomben. Es wäre in kommenden Kriegen gegen iranische Atomanlagen ein neues schreckliches Angriffsziel für Gegenschläge. Huthi-Rebellen im Jemen haben nach Angaben ihres TV-Senders Al-Masirah schon in der Bau-Phase eine Rakete in Richtung des Atomkraftwerks abgefeuert.

Kurzfristig erlaubt das AKW den Bau von schmutzigen Bomben und mittelfristig den Bau der Atombombe. Mit den USA vereinbarten die Emirate vertraglich zwar den Verzicht auf eine Uran-Anreicherung und eine Wiederaufarbeitung, doch Papier ist geduldig. Wieso haben Länder wie Pakistan oder Nordkorea Atomwaffen? Weil sie mit Hilfe der „friedlichen Nutzung der Kernenergie“ Mittel und Wege gefunden haben, Atomkraftwaffen zu bauen. Doch bei befreundeten, nützlichen feudalen Halbdiktaturen wird in unseren Medien dieser Zusammenhang gerne verdrängt.

Neue AKW und auch der Reaktor Barakah werden heute psychologisch geschickt mit dem Klimaschutz-Argument grüngewaschen und durchgesetzt. Die Energy Watch Group hat vorgerechnet: „Um mit Atomenergie nur 10% der heutigen globalen CO2-Emissionen bis 2050 zu senken, müssten bis dahin 2184 neue Atomkraftwerke je 1 GW, neu gebaut werden, also jeden Monat etwa 8 gefährliche, teure, neue Atomkraftwerke ans Netz gehen.“
Diese 2184 neuen AKW bräuchten Uran, sie würden die Zahl der schweren Atomunfälle vervielfachen und Atommüll produzieren, der eine Million Jahre strahlt und 33.000 Generationen gefährden. Der weltweite Neubau von 2184 AKW brächte immer mehr Länder in den mörderischen Besitz von Atomkraftwaffen und sie wären im Gegensatz zu Energie aus Wind & Sonne unbezahlbar teuer. Warum setzen machthungrige Länder auf eine gefährliche, teure Hochrisikotechnologie, wenn es kostengünstige, umweltfreundliche Alternativen gibt?

Barakah 2013-01-29 1.jpg

Wenn jetzt „sonnenarme“ Länder wie Saudi-Arabien, Jordanien, Türkei, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate teure AKW bauen wollen, dann geht es nicht in erster Linie um Energie oder klimaschutz, denn Strom aus Wind und Sonne ist schon lange günstiger als Strom aus neuen Atomkraftwerken. Es geht um Atomwaffen und um einen „nordkoreanischen Machtzuwachs“.

Jedes neue Land, das über Atomkraftwaffen verfügt, erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges und des damit verbundenen atomaren Winters. So könnte die Atomkraft tatsächlich einen makaberen Beitrag gegen den Klimawandel und zur globalen „Abkühlung“ leisten. Der Neubau von AKW und der weltweite AKW-Export (nicht nur in Spannungsgebiete) sind ein globales Selbstmordprogramm.

75 Jahre nach dem verbrecherischen Abwurf der Atombombe auf Hiroshima, zeigt sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten erneut die Unfähigkeit des Menschen, aus Fehlern zu lernen.

Urheberrecht
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Oben        —        Barakah nuclear power plant under construction in 2017.

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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am 4. August 2020

Nach Corona ist vor Corona – Träume weite, Baby

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Durch die Woche mit Ariane Lemme

Die Freiheit scheitert nicht, weil man sich der medizinischen Faktenlage entsprechend verhält. Sondern an und in einem selbst.

Dieser Moment, kurz bevor man aufwacht nach einem echt guten Traum. Halb weiß man schon, dass es nur ein Synapsenfeuerwerk war, halb zerfällt schon die Erinnerung daran. Dann macht man die Augen auf, und alles ist weg.

Ein bisschen so ist es gerade mit all den Träumen von der schönen neuen Post-Corona-Welt: Weniger konsumieren wollten wir (weil: ging ja selbst ohne Klopapier ganz gut), weniger reisen (aber bitte jetzt auch nicht immer nur an die Ostsee, brrr …), besser, weil von zu Haus aus, arbeiten, besser lieben, weil durchs Homeoffice mehr Zeit dafür (eine der schönsten Paradoxien des Lebens: Lust kommt mit Langeweile).

Wie am Beginn einer neuen Liebe also oder wie im Traum waren in der Pandemie erst mal alle Türen der Wahrnehmung weit offen. Eine neue Welt, ohne Flugzeuge, ohne Autos, mit mehr Muße, schien endlich möglich. Break on through, to the other side. Wenn es keinerlei Erfahrung gibt, auf die man bei einem neuen Lieblingsmenschen oder in dieser neuen Situation zurückgreifen kann, ist erst mal alles möglich. Also auch das Beste, Schönste, Wahrste.

Aber natürlich auch das Schlimmste, Gemeinste, Grässlichste. Das ist der Moment, wo aus der schönen Freiheit erst wieder Angst und Abschottung, Selbstschutz und in der Folge dann dumpfer Alltag wird. Weil gegen das Schlimme muss man sich – bei aller Liebe zur Freiheit – natürlich wappnen, das darf nicht eintreten. Als ob uns das Leben als einziger Opiumrausch versprochen worden sei, schmerz- und ungemachfrei. Und wumms, schon sind die Türen wieder zu.

Klar: auch die ganze Pandemiebekämpfung ist ein einziger Versuch, das Schlimmste zu verhindern. Aber eben nicht gesellschaftlich-emotional-theoretisch, sondern physisch-reell. Macht das also was mit der Freiheit? Ich würde sagen: Nein. Beim Versuch, die Bevölkerung nicht sterben zu lassen, mag der Einzelne sich eingeschränkt fühlen, am Ende geht es dabei aber um die Freiheit aller, unversehrt weiterzuleben.

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Die eigentliche Freiheit scheitert nicht, weil man sich der medizinischen Faktenlage entsprechend verhält. Sondern an und in einem selbst, im Angesicht der Fülle von Möglichkeiten, die sich ergibt, wenn das Gewohnte zusammenbricht. Das ist Chaos, Überforderung, dann kehrt man halt lieber zurück zum alten Trott.

Der Wunsch nach Kontrolle ist ja auch, wie neulich die Psychologin Pia Lamberty im Radio erzählt hat, ein Motiv für Verschwörungsglaube. Tatsächlich sind Leute mit prekären Arbeitsverhältnissen, Menschen in Teilzeit oder Kurzarbeit, anfälliger für Irrglauben als Leute mit mehr Sicherheiten. Ein Grund mehr, endlich Arbeit neu zu denken, ihren Wert für den Selbstwert zu hinterfragen und vor allem über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu diskutieren. Oder einfach die Leute angemessen zu bezahlen.

Quelle         :     TAZ       >>>>>       weiterlesen

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Oben       —        Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 04.08.2020

Erstellt von Redaktion am 4. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Ist der Besitz von Atomwaffen vielleicht doch ein rein männliches Problem, wenn es abermals nur darum geht wer die Größere oder kleinere Bombe am rechten Platz besitzt ? Wäre es nicht viel entscheidender dafür Sorge zu tragen das Niemand in den Besitz von Atomwaffen kommt ? Nur einmal als Erinnerung: Es war die USA welche in ihren Heldenwahn die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki regnen ließ? Eben nicht Kim Yong welcher nie verrückter werden kann, als es die Amis bereits waren. 

Nordkorea hat „wahrscheinlich“ kleine Atomwaffen

1.) Vertraulicher UN-Bericht

Internationale Sanktionen sollen das eigentlich verhindern: Nordkorea hat einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge sein Atomwaffenprogramm vorangetrieben. Im Ringen um die Entwicklung von Atomwaffen macht Nordkorea Berichten zufolge Fortschritte. Mehrere Länder gehen davon aus, dass die Autokratie „wahrscheinlich kleine nukleare Vorrichtungen entwickelt“ hat, die in die Sprengköpfe ballistischer Raketen passen, wie aus einem vertraulichen UN-Bericht hervorgeht, deren Inhalte der Deutschen Presse-Agentur am Montag (Ortszeit) aus Diplomatenkreisen bestätigt wurden. Das Dokument des Expertengremiums der Vereinten Nationen zur Einhaltung der Sanktionen gegen Nordkorea betonte dabei, dass die Einschätzungen auf Informationen eines Mitgliedslandes zurückgingen. „Die Demokratische Volksrepublik Korea setzt ihr Atomprogramm fort, einschließlich der Produktion von hochangereichertem Uran und dem Bau eines experimentellen Leichtwasserreaktors“, heißt es in dem Bericht weiter.

Tagesspiegel

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Erwägen wir einmal, die Möglichkeit, dass Mitglieder der Regierungs-SPD so Desillusioniert über die Probleme von Eltern und Kindern sind, da es ihnen selber an den grundlegenden Erkenntnissen eines Schulbesuch mangelt, weil sie nie eine Schule besucht haben? Vergleiche mit der Hartz Gesetzgebung wären hier angebracht, da Politiker auch von Hartz-4 Beziehern indirekt bezahlt werden? Mit einen Unterschied: Hartz-4 Bezieher zahlen in eine Arbeitslosen-Pflicht-Versicherung zuvor, Beiträge ein und die schmarotzenden Politiker ?

Debatte um Schulstarts entbrannt  Esken:

„Rückkehr zur Normalität ist eine Illusion“

Kann es nach den Sommerferien an deutschen Schulen wieder Regelbetrieb geben? Nein, sagen die Gewerkschaften. Das sieht auch die SPD-Chefin Saskia Esken so – und stellt eine Forderung. Angesichts der anhaltenden Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland haben SPD und Gewerkschaften massive Zweifel an der Rückkehr zum Regelunterricht geäußert. „Ich halte die Rückkehr zur gewohnten Normalität an den Schulen für eine Illusion und die Aufgabe von Abstandsregeln für sehr problematisch“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. Auch die Gewerkschaften VBE und GEW warnten zum Schuljahresbeginn vor den gesundheitlichen Risiken eines Normalbetriebes. Nötig seien Unterrichtskonzepte, „die die Kontakte beschränken“, forderte Esken mit Blick auf den teilweise geplanten Verzicht auf bestimmte Schutzmaßnahmen an den Schulen. Geteilter Unterricht, zu dem beispielsweise für Sport, oder Fremdsprachen verschiedene Gruppen zusammenkommen, müsse in Zeiten des Coronavirus anders organisiert werden. „In dieser Situation muss man vielleicht die Wahlmöglichkeiten einschränken.“

t-online

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Na – lassen wir uns einmal überraschen wie der Rest der Schrumpf-Hirne dieses Angebot meistert — oder eben nicht ?

Berliner Bausenatorin tritt zurück:

3.) Ein kluger Rückzug

Die Berliner Bausenatorin Lompscher musste gehen, um den Blick auf ihre Politik nicht zu verstellen. Ihr Nachfolger muss retten, was zu retten ist. Worum es geht, kann man an den Reaktionen ablesen. Weil Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher zurückgetreten ist, lässt die Spekulanten-lobby von CDU, FDP bis AfD die Korken knallen. Endlich ist sie weg, diese Linke mit ihrem Mietendeckel. Genau deshalb ist es einerseits äußerst schade, dass Berlin eine solche Haltung zeigende Politikerin verliert. Und andererseits ist es ein großes Glück für die Mieter-Innenbewegung – weit über die Hauptstadt hinaus. Denn sie ist ein Symbol – für beide Seiten. Hätte Lompscher ihre zweifelsohne fehlerhafte Verrechnung ihrer Bezüge bei landeseigenen Unternehmen nicht umgehend eingestanden und ihren Rücktritt eingereicht, hätte dieser vergleichsweise kleine Makel fortan jede ihrer politischen Handlungen überschattet. Sie musste zur Seite treten, um den Blick auf ihre Politik nicht zu verstellen. Eine Nachfolger-In kann nun versuchen zu retten, was noch zu retten ist.

TAZ

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Fälle ähnlicher Art,  erleben wir ja auch unter den heimischen Politikern-Innen. Die Frage ist nur, wer sich International mit solchen Dreck beschmutzen will? Schland könnte ich mir gut vorstellen! Was zählt ist alleine das Geld, um ein Hotel am Tegernsee bezahlen zu können.

Spanischer Ex-König Juan Carlos geht ins Exil

4.) Korruptionsverdacht

Paukenschlag am spanischen Königshof: Der unter Korruptionsverdacht stehende Ex-Monarch Juan Carlos will das Land verlassen und ins Exil gehen. Wie das Königshaus am Montag mitteilte, informierte der wegen zahlreicher Affären ins Zwielicht geratene Juan Carlos seinen Sohn König Felipe VI. in einem Brief über seinen Entschluss. Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte im Juni ein Ermittlungsverfahren zur Verwicklung des 82-Jährigen in eine mutmaßliche Korruptionsaffäre eingeleitet. „Aus der Überzeugung heraus, dem spanischen Volk, seinen Institutionen und Dir als König am besten zu dienen, informiere ich Dich über meine Entscheidung, in dieser Zeit ins Exil außerhalb Spaniens zu gehen“, zitierte der Königspalast in Madrid aus dem Schreiben von Juan Carlos. „Es ist eine Entscheidung, die ich mit großem Schmerz aber auch mit großem Seelenfrieden treffe.“ Wohin ins Ausland der Ex-König gehen will, wurde nicht mitgeteilt.

Berliner-Kurier

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Haben die Uniformierten Söldnertruppen der Regierungsmächte erst einmal die Oberhand, scheint  nichts mehr unmöglich. Man hüte sich vor einen solchen Staat.

Corona und Göttingen

5) Pfefferspray auf Minderjährige

Polizei bilanziert die Corona-Auseinandersetzungen in Göttingen. Rote Hilfe wirft den Beamten Gewalt vor. 13 Ermittlungsverfahren, 36 Tatverdächtige, elf verletzte Beamte sowie »eine lange Liste« von Straftatbeständen: Gut sechs Wochen nach den heftigen Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern eines unter Corona-Quarantäne stehenden Wohnblocks in Göttingen und der Polizei hat die danach eingesetzte Sonderkommission jetzt eine vorläufige Bilanz vorgelegt. Gleichzeitig erneuern linke Gruppen ihre Kritik an »massiver Gewalt« der Polizei. Der Solidaritätsverein Rote Hilfe prangert unverhältnismäßige Ermittlungsmethoden an und ruft zu politischer und finanzieller Unterstützung der von Strafverfahren betroffenen Personen auf. In den als soziale Brennpunkte geltenden Hochhäusern hatten sich etwa 120 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Die niedersächsische Stadt Göttingen ordnete daraufhin am 18. Juni für die rund 700 gemeldeten Bewohner Tests an und verhängte eine Ausgangssperre. Unter ihnen sind viele Hartz-IV-Empfänger und Migranten. Auch etwa 200 Kinder und Jugendliche leben dort äußerst in prekären Verhältnissen. Für knapp 600 Bewohner übernimmt die Stadt die Mietkosten.

ND

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Sollte es nicht das Ziel eines jeden freien Landes sein – seine besetzenden Okkupanten ein für alle Male dorthin zurück zu schicken, wo sie einst herkamen ?

Deutsche finden Abzug der Amerikaner überwiegend gut

6.) Die Linke will alle Truppen heimschicken

Fast 12.000 amerikanische Soldaten sollen Deutschland verlassen. In Regierung und Opposition hat Trumps Ankündigung viel Kritik hervorgerufen. Die Wähler sehen die Sache offenbar anders. Während Politiker in Deutschland den geplanten Abzug amerikanischer Truppen mehrheitlich ablehnen, trifft er in der Bevölkerung überwiegend auf Zustimmung. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur befürworten 47 Prozent eine Verringerung der Truppenstärke von derzeit 36.000 Soldaten. Jeder Vierte meint sogar, die amerikanischen Streitkräfte sollten Deutschland ganz verlassen. Dagegen ist noch nicht einmal jeder Dritte dafür, dass die amerikanischen Truppen in der bisherigen Stärke bleiben (28 Prozent) oder sogar aufgestockt werden (4 Prozent) sollten. 21 Prozent machten keine Angaben. Der amerikanische Verteidigungsminister Mark Esper hatte vergangene Woche angekündigt, knapp 12.000 Soldaten aus Deutschland abziehen zu wollen. 6400 sollen zurück in die Vereinigten Staaten, etwa 5600 in andere Nato-Staaten in Europa verlegt werden – nach derzeitigem Stand vor allem nach Italien und Belgien. Betroffen sind Standorte in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

FAZ

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Wie schreibe ich meine akademischen Texte aus dem Home Office?

7.) Hausarbeit und Selbstaufgabe

Für manche ist es die schlimmste Jahreszeit: der Sommer. Für alle ist es die schlimmste Zeit des Jahres: Semesterferien. Zeit, um die Hausarbeiten aus den letzten drei Semestern zu schreiben. Weil dieses Jahr alles noch schlimmer ist als eh schon, haben die Bibliotheken zu und alle brüten zu Hause. Doch wie schafft man trotzdem was? Ein Ratgeber.

Die richtigen Leute

Du lebst in einer WG? Sehr cool! Deine Mitbewohner sind alle voll locker drauf und ihr vertragt euch super? Nice! Sie sind zusätzlich auch noch voll die verpeilten Kiffer und so verrückt und lustig, dass du sehr erfolgreiche Poetry-Slam-Texte über sie schreibst? Das klingt schlimm, aber freut uns für dich! Leider sind deine ultraentspannten Mitbewohner aber gerade kein guter Umgang für dich. Denn du willst ja keine netten Gespräche führen, rumhängen und ab und an mit Essen beworfen werden, sondern weiterkommen im Leben! Und die Poetry-Slam-Bühnen haben auch alle zu … Deswegen: am besten einfach alle rausschmeißen und extrem motivierte Jungentrepreneure einziehen lassen (einfach mal bei Jodel nachfragen). Die kreieren eine so produktive Atmosphäre, dass du dich nicht traust, etwas anderes zu machen, als zu arbeiten. Pluspunkt: Deine neuen Mitbewohner sind dir so unsympathisch, dass du gar nicht erst auf die Idee kommst, dich durch einen kleinen Plausch abzulenken. Dafür hätten sie aber sowieso keine Zeit

Das passende Zimmer

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Bewusst exponiert

Erstellt von Redaktion am 3. August 2020

Bedrohungen ausgelöst von „Welt“-Autor

Die Welt, Berlin.JPG

Von Peter Weissenburger

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Rainer Meyers Blog bei Springer und Psychoterror gegen Journalist*innen. Der Verlag hingegen sieht kein Problem.

Die sozialen Medien sind für den Journalismus nicht bloß Gegenstand argwöhnischer Betrachtung. Sie sind längst Teil des journalistischen Ökosystems – vor allem Twitter, aber auch Facebook, Instagram und Youtube, neuerdings TikTok. Die klassischen journalistischen Medien erhalten auf diesen Plattformen Hinweise, treffen auf Quellen, Protagonist*innen, Expert*innen. Für freie Journalist*innen sind die sozialen Netzwerke deshalb wichtige berufliche Plattformen. Immer mehr journalistische Stimmen etablieren sich zum Beispiel auf Twitter, ehe sie von Redaktionen regelmäßig beauftragt oder befragt werden.

Gleichzeitig ist die Präsenz auf Social Media für Sie eine Gefahr. Ein gewisser Bekanntheitsgrad dort macht es wahrscheinlicher, zum Ziel von gezielter Hetze zu werden. Das betrifft insbesondere Menschen, die über Dinge schreiben, die im rechten Spektrum Reizthemen sind. Und es betrifft insbesondere Frauen, denen gegenüber die Trollarmeen auch sexualisierte Gewaltdrohungen zur Einschüchterung einsetzen. Doppelten Druck baut auf, dass freie Journalist*innen alleine arbeiten und keiner Institution angehören, die ihnen juristisch zu Seite stehen könnte.

Redaktionen beginnen, das zu verstehen, aber langsam. Ende letzten Jahres haben die Fälle um das Umwelt-Kinderlied des WDR und um den ehemaligen BR-Journalisten Richard Gutjahr gezeigt, der seine Zusammenarbeit mit dem BR beendete und das mit fehlender Unterstützung gegen Hass aus dem Netzbegründete. Es zeigte sich, dass die Sender Bedrohungen durch Online-Mobs unterschätzten oder zögerlich reagierten.

Das ist zumindest fahrlässig. Erschreckend aber wird es, wenn Medien den Mob im Netz offenbar bewusst anheizen, Bedrohungen von Personen in Kauf nehmen und das Ganze dann als unvermeidbar in der öffentlichen Debatte herunterspielen. Wer das seit Jahren tut, ist der Springer-Verlag mit Blogger und Autor Rainer Meyer, der unter dem Künstlernamen „Don Alphonso“ auftritt. Meyer schrieb ab 2009 seine Blogs „Die Stützen der Gesellschaft“ und „Deus Ex Machina“ unter dem publizistischen Dach der FAZ, 2018 wechselten die Blogs zur Springer-Zeitung Welt.

Gezielte Diffamierung

Meyers Marke ist das Antagonisieren des linken und liberalen Spektrums. Angriffsfläche für seine Texte sind unter anderem Feminismus, Antirassismus und Antifaschismus. Dabei hebt Meyer immer wieder Einzelpersonen hervor, die in den sozialen Medien aktiv sind und aus seiner Sicht dieses Spektrum repräsentieren.

2014, damals noch unter der der FAZ-Marke, veröffentlichte Meyer einen Text, der sich an der feministischen Autorin Anne Wizorek abarbeitete. Meyer war nicht einverstanden mit Wizoreks Haltung zum Umgang mit Vorwürfen sexueller Gewalt, aber der Text war von einer Kritik oder Argumentation weit entfernt. Gezielt diffamierte Meyer Wizorek als „selbststilisierte Aufschrei-Initiatorin“ und verglich sie mit dem Verschwörungsideologen Akif Pirinçci. Das geschah im selben Jahr wie #Gamergate, also Fällen von orchestriertem Mobbing gegen Feminist*innen, die Sexismus in der Videospiel-Szene beklagt hatten. Es war also bekannt, dass Texte in entsprechender Tonlage, die konkrete Personen, zumal Feminist*innen derart hervorheben, solches auslösen.

Meyer hat seitdem immer wieder Personen auf diese Weise hervorgehoben, unter anderem die Journalist*innen Sibel Schick, Sebastian Pertsch und Anna-Mareike Krause berichten von massiven Wellen von Gewaltdrohung nach Texten von Meyer. Es ist nicht Meyer selbst, der droht, sondern Accounts aus dem rechten Spektrum, die ihm folgen oder ihn lesen und bereit sind, Zeit zu investieren um jede Person, die er auswählt, fertigzumachen.

Ingolstadt Altes Rathaus 2012 02.jpg

In diesen Tagen ist die freie österreichische Journalistin Natascha Strobl betroffen. Strobl erforscht und schreibt über Rechtsextremismus, vor einer Woche trat sie im ARD-Recherchemagazin „Panorama“ auf. „Panorama“ berichtete über Indizien, dass der Social-Media-Chef der Bundeswehr, Marcel Bohnert, Kontakte zu rechtsradikalen Personen unterhalte.

Strobl, die mit der Recherche an sich nichts zu tun hatte, war angefragt, über rechtsextreme Strukturen zu sprechen und wurde zum Beispiel gefragt, ob ein „Gefällt mir“ unter einem rechten Tweet als Bekenntnis zu werten sei, was Strobl bejahte. Nach dem Panorama-Beitrag starteten rechte Accounts bei Twitter einen Shitstorm, in den auch Strobl hineingeriet. Allerdings sagt sie der taz, es sei erst unerträglich geworden, als Rainer Meyer am Mittwoch auf welt.de einen Text über sie veröffentlichte.

Nach inhaltlicher Kritik kam die Hetze

Quelle          :          TAZ          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —        Die Welt, Berlin, at Trabi World, June 2012

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Gewalt in Uniformen

Erstellt von Redaktion am 3. August 2020

Securitas-Gewalt in Basler Asyllager

File:Basel 120.jpg

Quelle       :        untergrund-blättle. CH.

Von      ajourmag-ch

Was seit den Medienberichten geschah. Mitte Mai brachten die WOZ und das SRF die brutalen und systematischen Übergriffe von Securitas-Angestellten an Asylsuchenden im Basler Bundesasyllager Bässlergut an die Öffentlichkeit.

Seither hat sich einiges bewegt, aber nicht nur im guten Sinn. Basler No-Lager-Aktivist*innen ziehen Zwischenbilanz.

 Im Anschluss an die Berichte der WOZ und vom SRF wurde in Zusammenarbeit mit dem Basler Kollektiv «3 Rosen gegen Grenzen» eine umfassende Dokumentationsbroschüre veröffentlicht, in der ein Dutzend Betroffene ausführlich die gewaltvollen Verhältnisse im Lager beschreiben und eigene Gewalterfahrungen teilen.

 Die Dokumentationsbroschüre und zahlreiche Beiträge in der lokalen Presse sowie auf Online-Medien machten die gewalttätigen Übergriffe auf die Asylsuchenden im Bundesasyllager Basel einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die Berichte über die herrschenden Gewaltverhältnisse zeigen auf, dass tiefgreifende Veränderungen nötig sind. In diesem Artikel wollen wir zurückblicken, was sich in den Wochen seit dem Bekanntwerden getan hat.

Scheinlösungen im Bundesasyllager

Während ausserhalb der Lager über die dortigen Zustände gesprochen wurde, wirkten diese gegen innen weiter. Der restriktive Alltag im Lager und die herrschende Gewalt zwangen viele Betroffene, sich dem Lager durch Untertauchen oder Emigration zu entziehen. Ob dies von Behörden beabsichtigt ist, sei dahingestellt, auf jeden Fall erschwert es die juristische Aufarbeitung der Übergriffe ungemein.

 In den ersten beiden Wochen nach der Veröffentlichung der Gewalt im Bundeslager Basel berichteten verschiedene Asylsuchende von einer «Entspannung» der Situation im Bässlergut. Die Securitas-Mitarbeitenden würden zurückhaltender auftreten und der morgendliche Weckdienst – ein grosser Konfliktpunkt – würde neu von Mitarbeiter*innen der Betreiber*innen-Firma ORS übernommen. Die Zelle, in der Securitas-Mitarbeitende Bewohner*innen des Lagers systematisch einsperrten und schlugen, sei zwischenzeitlich geschlossen worden. Auch jener Securitas-Mitarbeitende, der Aussagen Betroffener zufolge besonders gewalttätig aufgetreten sei, arbeite zurzeit nicht mehr vor Ort. Dies alles berichten auch Bewohner*innen des Lagers, die nicht im Zusammenhang mit der Dokumentationsbroschüre stehen.

 Doch bald wurden diese positiven Nachrichten weniger und verschwanden dann ganz. Offenbar sind nun Umbaumassnahmen geplant mit dem Ziel, künftig auf zwei solcher Zellen zugreifen zu können – inklusive Videoüberwachung. Auch mehrten sich anschliessend wieder Meldungen brutaler Übergriffe in mindestens zwei Lagern im Raum Basel.

 So betroffen diese letzte Meldung macht, so sehr war sie zu erwarten. Das Gewaltproblem wird durch die Versetzung bestimmter Angestellten nicht gelöst. Die Verwaltung von Menschen in Lagerstrukturen fordert und fördert systematisch Gewalt. Das bekräftigen auch aktuelle Berichte über die Gewaltvorfälle im Bundesasyllager Giffers bei Fribourg und die Übergriffe im Bundesasyllager Embrach bei Zürich.

Die Rede von der «Verhältnismässigkeit»

«Gegen Personen aus dem Maghreb wird jeden Tag Gewalt verübt. Ich will nicht mehr zurück, lieber schlafe ich draussen.» (Hichem, 08. April 2020)

 Nachdem Asylsuchende das Schweigen um die gewaltvollen Verhältnisse im Bundesasyllager gebrochen haben, versuchen die Beteiligten nun ihr Handeln durch Hinweise auf Notwehr zu legitimieren. Dass es zu systematischen Übergriffen kommt, wird noch nicht einmal bestritten und auch, dass diese rassistisch geprägt sind, wird von Mitarbeitenden unverblümt zugegeben (im Video ab 12′ bzw. 9′).

 Statt gegen die Gewalt vorzugehen, versuchen Mitarbeitende im Lager und Vertreter*innen des Staatsekretariats für Migration (SEM) die Übergriffe als «verhältnismässig» darzustellen; selbst wenn das Vorgehen der Securitas-Mitarbeitenden schwerste und teilweise lebensbedrohliche Verletzungen bei Betroffenen nach sich zog. In einem SRF-Beitrag verteidigt der Pressesprecher des SEM, Daniel Bach, das Verhalten der Securitas. Er behauptet, diese würden lediglich auf das aggressive Auftreten einiger Bewohner*innen reagieren. Dieser Logik folgen auch internen Rapporte, Polizeiberichte oder Strafbefehlen, die gegenüber einigen Betroffen erlassen worden sind: sie weisen auf die «Verhältnismässigkeit» der vom Sicherheitspersonal gegenüber Asylsuchenden angewendeten Zwangsmassnahmen hin. Das hat System, denn, nur wenn die Übergriffe als «unverhältnismässig» gelten, können sie strafrechtlich geahndet werden.

File:Middle Bridge, Basel, Switzerland.JPG

 Zur Verteidigung der Securitas verweisen SEM-Sprecher Daniel Bach wie auch der Bundesrat auf eine Schulung in «transkultureller Kommunikation». Diese müssen alle Sicherheitsmitarbeiter*innen, die im Bundesasyllager eingesetzt werden, absolvieren. Die Schulung wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe durchgeführt. Diese distanziert sich jedoch von dem Statement des SEM und des Bundesrats und weist darauf hin, dass der eintägige Workshop keinesfalls eine angemessene Schulung ersetzen könne.

Demokratische Jurist*innen erheben Strafanzeige

Kurz nach der Veröffentlichung der Medienberichte von SRF und WOZ erstatteten die Demokratischen Jurist*innen Basel (DJB) eine Strafanzeige gegen unbekannt. Grund für die Anzeige sieht der Verband unter anderem in der verletzten Obhutspflicht durch die Gewaltanwendung von Securitas-Mitarbeiter*innen gegenüber den Bewohner*innen. Weiterhin kritisieren die DJB in ihrer Pressemitteilung vom 25. Mai 2020, dass die «Gewalt von Asylsuchenden und Gewalt von Securitas-Mitarbeiter*innen nicht mit gleichen Ellen gemessen wird: Während das SEM für Gewaltanwendungen durch Securitas-Mitarbeiter*innen Stresssituationen als entschuldbaren Grund gelten lässt, wird Gewalt seitens der Asylsuchenden konsequent verzeigt.»

Tatsächlich wurden gegen mehrere der gewaltbetroffenen Asylsuchenden Strafbefehle erlassen, zumeist wegen (versuchter) «Gewalt gegen Beamte» oder «Bedrohung von Beamten». Durch diese Praxis erzeugen Securitas-Mitarbeiter*innen, Polizei und Staatsanwaltschaft ein rassistisches Narrativ von gewaltbereiten und latent aggressiven Asylsuchenden und stellen die Gewalt der Securitas-Mitarbeiter*innen als legitime Selbstverteidigung dar. Demgegenüber steht, dass Asylsuchende innerhalb der Lagerstruktur keinerlei Möglichkeit haben, ihre Sicht dokumentieren zu lassen. Diese Täter*innen-Opfer-Umkehr macht eine unvoreingenommene juristische Aufklärung äusserst schwierig. Eine unabhängige, niederschwellige und barrierefreie Ombudsstelle wäre eine Möglichkeit, damit Gewaltbetroffene Gehör finden. Ohne solche Institutionen sind Asylsuchende der Kriminalisierung durch Securitas, Polizei und Staatsanwaltschaft ausgeliefert. Die bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse und Machtungleichheiten verunmöglichen einen gleichen Zugang zum Recht.

Das Märchen der Ansprechpersonen

Am 8. Juni 2020 stellte Nationalrätin Florence Brenzikofer (Grüne, BL) eine Anfrage beim Eidgenössischen Justiz-und Polizeidepartment unter Karin Keller-Bunker. Auf ihre Nachfrage nach etwaigen Ansprechpersonen für Zeug*innen oder Betroffene von Gewalt im Lager verweist das SEM auf drei in allen Bundeslagern anwesende Stellen: eine «designierte Ansprechperson», unabhängige Seelsorger*innen und die Rechtsvertreter*innen. In mehrmonatiger Recherche und engem Austausch mit Betroffenen wurde eine solche «designierte Ansprechperson» bisher nie erwähnt – es ist schleierhaft, um wen es sich dabei handeln könnte. Auch haben Betroffene bereits mehrfach Beschwerde eingereicht, doch weder ORS noch SEM haben bisher darauf reagiert. Ein Beschwerdeschreiben des Seelsorgers des Bundesasyllagers in Basel von Anfang Februar blieb ebenfalls unbeantwortet – verfasst wurde es im Namen dreier teilweise minderjähriger Betroffener. Im Austausch mit Aktivist*innen trat der Seelsorger leider wenig parteiisch mit den Bewohnenden des Asyllagers auf. Es ist weiterhin anzunehmen, dass die regelmässigen Treffen des Seelsorgers mit der Lagerleitung eine unabhängige und solidarische Positionierung seinerseits massiv erschweren.

 Zuletzt ist der Verweis des SEM auf die Rechtvertreter*innen als mögliche Ansprechpersonen insbesondere deswegen irritierend, weil sich die Befugnisse der Rechtsvertretung auf ausländer- und asylrechtliche Belange beschränken. So lautet der Auftrag des SEM an die Rechtsvertretung, im Basler Fall ist dies das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS). Dadurch wird es den Rechtsvertreter*innen des HEKS verunmöglicht, ihre Klient*innen in strafrechtlichen Interventionen zu unterstützen, sei es als Kläger*in oder Angeklagte*r. Dass das HEKS seinen Arbeitsauftrag und die Bezahlung dafür vom SEM erhält, ist zudem hochproblematisch hinsichtlich seiner Unabhängigkeit. Der Umstand, dass die Rechtsvertreter*innen seit der letzten Asylgesetzrevision im März 2019 Tür an Tür mit Mitarbeiter*innen des SEM untergebracht sind, wie beispielsweise in Zürich oder Basel, erschwert es Asylsuchenden zusätzlich, Vertrauen zu ihren Rechtsvertrer*innen aufzubauen.

 In der Antwort auf die Fragen von Nationalrätin Brenzikofer betont der Bundesrat weiterhin, dass beim SEM in den letzten vier Jahren lediglich drei Fälle aktenkundig geworden seien, in denen «Vorwürfen wegen körperlicher Übergriffe durch das Sicherheitspersonal erhoben wurden». Angesichts der fehlenden Anlaufstellen für Gewaltbetroffene und des Umgangs von ORS und SEM mit Beschwerden erstaunt diese geringe Fallzahl nicht.

«Sie sind alle Komplizen!»

«Ich habe immer gehört, die Schweiz sei das Land der Gerechtigkeit, Gerechtigkeit, Gerechtigkeit – aber es gibt keine Gerechtigkeit, nur Rassismus.» (Lofti, 29. April 2020)

«Das Ganze hat System. Die Securitas verprügeln uns, danach rufen sie die Polizei und behaupten, wir hätten Probleme gemacht. Wenn die Polizei kommt, trinken sie erst einmal Kaffee mit den Securitas und besprechen die Sache zusammen. Mit uns Betroffenen sprechen sie gar nicht erst. Uns nehmen sie höchstens mit auf den Posten. Obwohl sie unsere Wunden und Verletzungen sehen. Die anderen Mitarbeitenden machen nichts dagegen, weil sie Angst haben.» (Youssuf, 08. Mai 2020)

 Die Berichte von Bewohner*innen haben deutlich werden lassen, wie stark die Lagerstrukturen in der Schweiz auf institutionalisiertem Rassismus aufbauen. Dies zeigt sich auch im Anschluss an die Veröffentlichungen: Betroffene werden angezeigt, während gewalttätige Mitarbeiter*innen von staatlicher Seite geschützt werden. Aussagen von Lagerbewohner*innen wie «sie sind alle Komplizen» legen die Abgeschnittenheit der Lagerbewohner*innen und ihre Sicht auf die Angestellten von HEKS, ORS, SEM und Securitas offen.

 Zugänge zu Anlauf- und Beschwerdestellen ausserhalb des Lagers, wie der Opferhilfe beider Basel, der Ombudsstelle Basel-Stadt oder der Nationalen Komission zur Verhütung von Folter sind aufgrund der starken Isolation enorm erschwert. Das bedeutet, dass eine verlässliche Dokumentation von Gewaltvorfällen in schweizerischen Lagern kaum möglich ist. Hinweise auf Fallzahlen sind aus diesem Grund wenig aussagekräftig. Unabhängige systematische Untersuchungen, wie sie etwa 3 Rosen gegen Grenzen, die Menschenrechtsorganisation Augenauf, die Schweizerische Flüchtlingshilfe und Amnesty International forderten, sind demnach unerlässlich. Ebenso wie die Forderungen nach der Einrichtung von spezifischen Ombudsstellen.

 Es ist jedoch fraglich, ob solche Stellen allein der herrschenden Gewalt in den Lagern etwas entgegenzusetzen vermögen. Aussagen von Mitarbeitenden im Bericht des SRF zeigen die extremen rassistischen Vorbehalte gegenüber den dort untergebrachten Asylsuchenden. So gibt Daniel Bach vom SEM offen zu, dass, obwohl «grundsätzlich» alle gleichbehandelt werden müssten, bei jungen Männern «aus Nordafrika» von Anfang an «genauer hingeschaut» werde. Ein Securitas-Mitarbeiter betont auch, dass das Lager es schwierig machen würde, nicht rassistisch zu werden. Diese Eingeständnisse machen die passive Reaktion von Betreiber*innen und Politiker*innen umso erschreckender.

 Es ist zu vermuten, dass die Gewalt auch durch unabhängige Aufsichtsstellen nicht verhindert, sondern höchstens verringert werden würde. Ein System, welches darauf ausgelegt ist, Menschen zu klassifizieren und zu kategorisieren, das in «erwünschte» und «unerwünschte» Migrant*innen einteilt und das Menschen aufgrund ihrer Herkunft unter Generalverdacht stellt, ist nicht reformierbar.
Widerstand wird lauter

File:Basel - 2015 - Luftbild.jpg

Widerstand gegen die systematische Gewalt in den Bundesasyllagern und auch gegen die Lager an sich ist in den vergangenen Wochen verschiedentlich sichtbar geworden. Am Anfang stand der Widerstand der Betroffenen selbst, die das Schweigen um die Verhältnisse in den Lagern gebrochen und ihre Gewalterfahrungen öffentlich teilten. Verschiedene zivilgesellschaftliche, politische und aktivistische Akteur*innen haben das Thema und die zusammengetragenen Informationen in den darauffolgenden Wochen aufgegriffen und auf ihre Art und Weise Stellung dazu bezogen. Das migrantische Aktionsbündnis «Migrantifa» hat eine Kundgebung vor dem Bundesasyllager in Basel organisiert und lautstark ein Ende der systematischen Gewalt gefordert. Es gab verschiedene Plakataktionen, mehrere Radiobeiträge und Transparente wurden aufgehängt. Aufrufe zu dezentralen Aktionstagen wurden veröffentlicht, mehrere Strafanzeigen gegen Tatpersonen wurden eingereicht und Anfragen in verschiedenen politischen Gremien gestellt.

 Die Aktionen zeigen, dass vielfältiger Widerstand gegen die Bundesasyllager selbst und die Gewalt in diesen besteht. Immer öfter kämpfen Betroffene und Bewohner*innen gegen rassistische Gewalt und ihre Isolation, erheben ihre Stimme und tragen ihren Widerstand nach Aussen. Mittels Demonstrationen, wie unlängst in Bern, mit Hungerstreiks in den Ausschaffungsknästen oder mit Protest-Velotouren durch die Schweiz – diese Widerstände gilt es mit aller Kraft zu unterstützen, auf dass die Vorstellung einer lagerfreien Gesellschaft irgendwann keine Utopie mehr ist.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquellen       :

Oben       —       Bilder aus Basel auf dem Weg zum Wikipediatreffen am 28.03.09 — Uferbefestigung am Südwestufer des Rheins unterhalb des Münsters

Author user:Joergens.mi

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2.) von Oben      —      In 1225–1226 the Middle Bridge over the Rhine was constructed by Bishop Heinrich von Thun and lesser Basel (Kleinbasel) founded as a beachhead to protect the bridge. The bridge was largely funded by Basel’s Jewish community which had settled there a century earlier.

Author Lucazzitto

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Unten          —

Basel: aerial view
Deutsch: Basel: Luftbild
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(Taxiarchos228)

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Strom aus der Dose

Erstellt von Redaktion am 3. August 2020

Ökostrom anstatt Zertifikaten-Handel

Von Jimmy Bulanik

Alle Menschen brauchen für ihr Leben im Alltag Strom. Gleichwohl die Gewinnung von Strom ist nicht gleich. So auch der Handel mit Strom.

Grundsätzlich sind eingetragene Genossenschaften wie beispielsweise Greenpeace Energy eG aus Hamburg erheblich besser. Es gehört zu der Politik das alle Menschen ob Kundschaft, Genossenschaft oder Kundschaft und Genossenschaft in einer natürlichen Person gleich behandelt werden. Auch im bezahlen von Preisen wie dem Grundtarif.

Geprüft und Zertifiziert ist Greenpeace Energy bei Ökotest „sehr gut“, TÜV Nord, OK Power Gütesiegel, OmniCert – Die Umweltgutachter. Empfohlen wird Greenpeace Energy eG von dem Bund für Umweltschutz und Naturschutz Deutschland, Robin Wood, ECOTOPTEN, Ausgezeichnet.org. Das spricht objektiv für die Qualität der Genossenschaft welche ohne der Gier nach Profit ethisch arbeitet.

Solch eine eingetragene Genossenschaft betreibt eigene Anlagen zur Gewinnung von Strom. Ausschließlich regenerativ. Wasserkraft und Solarstrom. Mittels der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft, einem Strom Fördertarif können alle dazu beitragen, dass zukünftig der Anteil von Ökostrom wachsen werden wird.

Regenerativ gewonnener Strom entzieht die Grundlagen für die Ursachen von Flucht wie Korruption, Krankheiten und Krieg. Somit ist ökologisch gewonnener Strom und dessen ethischen Handel aktive Friedenspolitik im Alltag. Für Energie wurden über Jahrzehnte hinweg auf mehreren Kontinenten Krieg geführt.

Dem gegenüber stehen Stromkonzerne. Sie produzieren herkömmlichen Strom ohne Ökostrom. Sie kaufen in Norwegen bei einem ökologisch zertifizierten Stromanbieter schlicht Zertifikate.

Die ausgeübte Macht von politisch bewussten Menschen wird von den Konzernen, Politik zurecht gefürchtet

Nichts weiter. Dieser in Norwegen ökologisch gewonnener Strom aus Wasserkraft wird niemals in das deutsche Stromnetz gespeist. Der norwegisch zertifizierte Ökostrom bleibt in Norwegen.

Somit wird durch den Kauf von einem Zertifikat der Strom von einem Konzern der Kundschaft ein Vertrag angeboten, welcher als „Ökostrom“ bezeichnet wird. Dies ist eine Form von Augenwischerei. Besser formuliert eine Modalität des Greenwashing.

Leider ist dies durch den Gesetzgeber im Bundestag legal. Bevor eine natürliche Person, eine juristische Person des privaten Rechtes diese Politik der empfundenen Täuschung überwinden kann ist es einfacher seinen Stromanbieter zu wechseln. Der Wechsel funktioniert mittels Internet komfortabel, einfach und schnell.

Auch ist es ratsam das die Menschen überregional, nachhaltig in hoher Anzahl an den öffentlichen Kundgebungen von Fridays For Future teilnehmen werden. Insbesondere im Jahr 2021. Im Jahr 2021 stehen bedeutende Wahlen in allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland bevor.

Darunter die Bundestagswahl, gleichwohl auch die Landtagswahlen in Baden – Württemberg, Berlin, Mecklenburg – Vorpommern, Rheinland – Pfalz und Sachsen – Anhalt. Die Zeitspanne ist günstig für ökologische und ökonomische Anliegen zu werben. Eine Empfehlung für die Menschen von Fridays For Future, Black Lives Matter lautet sich zeitnah für soziale Belange wie der Überwindung von Ausbeutung, Zeitarbeit, Werkverträgen, der Agenda 2010 einzusetzen.

Eine gewerkschaftliche Orientierung stellt die Stabilisierung der Demokratie dar. Obendrein ist dies ein Gewinn für den sozialen Frieden innerhalb der Europäischen Union. Dies bleibt in diesen Zeiten weiterhin von Bedeutun

Nützliche Links:

Greenpeace Energy eG

https://www.greenpeace-energy.de 

Fridays For Future

https://fridaysforfuture.de 
Deutscher Gewerkschaftsbund

https://www.dgb.de

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Grafikquelle       :        [1] Offshorewindpark EnBW Baltic 1 in der Ostsee

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Sacher & Bergmaier bei:

Erstellt von Redaktion am 3. August 2020

Hiroshima-Gedenken vorm Wiener Stephansdom

Quelle      :          Scharf   —   Links

Von Sacher & Bergmaier

Die Österreichische Friedensbewegung lädt jährlich am 6. August zu einer Gedenkveranstaltung für die Opfer von Nuklearwaffen ein und fordert im Rahmen dessen die Abschaffung aller Atomwaffen. Am 6. und 9. August 1945 fielen US-amerikanische Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki und forderten dabei rund 250.000 Todesopfer und schwere gesundheitliche und genetische Schäden bis zum heutigen Tage für Huderttausende.

2020, zum 75. Jahrestag, wird die jährliche Veranstaltung, an der auch der Versöhnungsbund, das Rote Kreuz und andere Friedensinitiativen mitwirken, natürlich besonders prominent besucht werden und im medialen und öffentlichen Interesse stehen. Hunderte Grußbotschaften werden vorm Stephansdom aufgelegt, zum Teil vorgelesen, diverse AktivistInnen und Prominente erheben ihre Stimmen gegen Krieg und atomare Bedrohung. Alle Botschaften sind nach Abschluss der Aktion auf www.hiroshima.at nachzulesen.

Für den musikalischen Rahmen der Gedenkveranstaltung sorgen heuer Angelika Sacher & Klaus Bergmaier aus Krems, die am Donnerstag, 6. August, ab 17 Uhr Friedenslieder vortragen werden. Dies taten sie an dieser Stelle erstmals bereits vor fünf Jahren anlässlich des 70-jährigen Hiroshima-Gedenkens, was vom Publikum begeistert aufgenommen wurden und schließlich zur CD „MEHR als nur ein bisschen Frieden“ des Duos führte, das 2016 veröffentlicht wurde. Infos auf www.arbeiterinnenlieder.at.tt

Gemeinsam musizieren Sacher & Bergmaier bereits seit 1999, zunächst war es nur die gemeinsame Liebe zur Jazzmusik, der die beiden im Duo und auch in größerer Besetzung (www.big-apple.at.tt) frönten, bald gesellten sich andere Stilrichtungen dazu, mit politischen Liedern traten die beiden erstmals 2004 bei der Enthüllung eines Gedenksteins für den von den Austrofaschisten ermordeten Koloman Wallisch auf. Seither haben sie sich auf Revolutions- Frauen- & ArbeiterInnenlieder spezialisiert, aber auch einen umfangreichen Fundus an Friedensliedern und – dem wird sich das nächste Album speziell widmen – Liedern zum Thema Kaffee.

Angelika Sacher hat Opern (Titelpartie in Dido und Aenaeas), Arien und Lieder genauso gesungen wie sie regelmäßig in Kirchen singt. Bergmaier hat als Pianist bereits mit Größen wie Dagmar Koller, Hollywood- & Broadway-Diva Betty Garrett, Waltraut Haas, Erwin Strahl u.v.a. gearbeitet, spielt(e) in diversen Jazz-, Blues- & Rockbands, unter anderem mit Ronnie Urini, Drahdiwaberl, Boris Bukowski, Birgit Denk, Minze, Georgij von Russkaja, Gaby Stattler, Eva Wannerer, Tamtam de Luxe, Soul Kitchen, mit Mitgliedern der Schmetterlinge, der Bluespumpm und der EAV, und ist seit 19 Jahren in Europa und darüber hinaus erfolgreich unterwegs mit Österreichs bedeutendster Tribute-Band „The Doors Experience“ (www.thedoors.at). 

Alle mittlerweile sechs Alben von Angelika Sacher & Klaus Bergmaier sind bei Preiser Records erschienen. Sie sind im Fachhandel, im Online- und Versandhandel sowie auf allen Downloadplattformen erhältlich bzw. bestellbar. Für den Frauentag 2021 steht bereits ein Konzerttermin in Deutschland am Kalender.

 Informationen, aktuelle Termine und Hörproben auf der offiziellen Seite www.arbeiterinnenlieder.at.tt

www.arbeiterinnenlieder.at.tt

www.horoshima.at (voraussichtlich erst ab Anfang August aktualisiert)

Urheberrecht
Die unter www.scharf-links.de angebotenen Inhalte und Informationen stehen unter einer deutschen Creative Commons Lizenz. Diese Lizenz gestattet es jedem, zu ausschließlich nicht-kommerziellen Zwecken die Inhalte und Informationen von www.scharf-links.de zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Hierbei müssen die Autoren und die Quelle genannt werden. Urhebervermerke dürfen nicht verändert werden.  Einzelheiten zur Lizenz in allgemeinverständlicher Form finden sich auf der Seite von Creative Commons http://de.creativecommons.org/was-ist-cc/.

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Grafikquelle        _      Scharf  —  Links   / Foto: Sacher $ Bergmaier

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DIE * WOCHE

Erstellt von Redaktion am 3. August 2020

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Die-Woche.png?uselang=de

Kolumne von Friedrich Küppersbusch

Von Sarrazins Geltungswut, Schule und andere SPD-Sorgen wie: Der marode Zahn muss raus. Einige Schulferien enden, aber keiner will hin. Wenigstens Instagram wird normal. Und Trumps Plan, uns einmal mehr zu ärgern.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Polizei sichert Verschwörern Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Und was wird besser in dieser?

Polizei braucht Seminare „Wie man mit Lob von Liberalen und Linken zurechtkommt“.

Die Schule fängt kommende Woche in mehreren Bundesländern wieder an. Mecklenburg-Vorpommern macht den Anfang. Und zwar ohne 1,50-Meter-Regel. Mutig oder einfach resigniert?

Kleine Lerngruppen, kontinuierliche Projektarbeit, mehr digitaler Unterricht, sorgfältige Hygiene – Bildungsplaner wären froh gewesen, das endlich durchzusetzen. Wenn allerdings ich meinem Kind diese Schultüte der Verheißungen in die Hand drücken müsste, ging’s mir schwummrig. Ich dächte an krankmelden, bevor das Kind krank wird.

Seit zehn Jahren versucht die SPD Thilo Sarrazin wegen seines rassistischen Buches aus der Partei zu werfen. Am Freitag hat nun die Bundesschiedskommission darüber beraten und seinen Rausschmiss beschlossen. Doch Sarrazin will bleiben – warum eigentlich?

Fallhöhe. Neutrales Beispiel: Frank Schirrmacher. Die Bücher und Kampagnen des verstorbenen FAZ-Chefs waren nicht deshalb so interessant, weil das meiste schon 20 Jahre früher in der taz stand. Sondern weil er Kapitalismuskritik und Totalitarismuswarnungen aus dem Thinktank des Kapitalismus und dem Herzblatt der Autoritären funkte. Ende des Vergleichs.Schirrmacher nutzte diesen Aufmerksamkeitstrick zur Aufklärung. Sarrazins wichtigstes Thema dagegen ist: Sarrazin. Die Tragödie, wenn am Ende der Karriere noch so viel Ehrgeiz übrig ist. Da springen alte weiße Männer mitunter aus der Spur. Alice Schwarzer, Erika Steinbach, Vera Lengsfeld. Für seine Geltungswut wählte Sarrazin klug den Grundwiderspruch der SPD: Hoch die Internationale, tief die nationalen Gefühle. Die SPD möchte vaterländische Facharbeiter gern mitnehmen und hat doch für diese Politik keine zeitgemäße Begründung mehr zu bieten. Deshalb: 10 Jahre schmerzhafte Wurzelbehandlung, und dann muss der marode Zahn doch raus.

Donald Trump hat erstmals ein Verschieben der Präsidentschaftswahal ins Gespräch gebracht. Dass er dazu nicht berechtigt ist, scheint er nicht zu wissen. Oder ist es wieder ein kalkuliertes Spiel?

Er ärgert uns und saugt seine Crowd an, es ihm gleichzutun: ihn wählen, uns ärgern.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) schlägt die Senkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre vor. Eine gute Idee?

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DL – Tagesticker 03.08.2020

Erstellt von Redaktion am 3. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Solange sich beide Seiten erlauben können, ihre Schlagenden und Krakelenden Platzhalter ins Gemetzel zu entsenden, wird sich an der Sachlage nichts ändern. Wan haben sich denn die Politiker-Innen die nötige Zeit genommen ihre Wähler als mündige Bürger-Innen zu respektieren ? Bürgern wurde weder zu Kaisers- Königs- oder Adolfs Zeiten angehört. Von den billigen Fernsehsendungen gar nicht erst zu schreiben. „Wir müssen reden“ welch eine Farce, wenn nur Idioten zuhören. Oder die Hinterbänkler aus den aller letzten Parteireihen. Wer oder Was hat die Corona-Grippe denn so stark werden lassen, das es Wert war – die Freiheit zu opfern ?

Union stellt Genehmigung von Demos infrage

1.) AfD kann „kein Fehlverhalten erkennen“

De massenhaften Verstöße gegen die Corona-Auflagen bei den Demonstrationen in Berlin haben eine Debatte über die Grenzen der Versammlungsfreiheit entfacht. Die Demonstrationsfreiheit sei „ein besonders wichtiges Rechtsgut“, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). Jedoch müssten die Auflagen zur Eindämmung der Pandemie eingehalten werden, um andere nicht zu gefährden. „Mir fehlt jedes Verständnis für Demonstranten, die sich hierüber selbstherrlich hinwegsetzen. Parteiübergreifend wurde der Ruf nach einem harten Durchgreifen laut. CDU-Innenexperte Armin Schuster stellte Demonstrationen dieser Art generell infrage. Aus seiner Sicht wäre es verhältnismäßig, solche Versammlungen „nur noch unter sehr viel strengeren Auflagen oder gar nicht mehr zu genehmigen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) unterstrich, Demonstrationen dürften nur in absoluten Ausnahmefällen eingeschränkt werden. „Aber wenn die Demonstranten selbst zum Hochrisiko werden, darf der Staat nicht tatenlos zusehen“, erklärte er WELT.

Welt

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Von Einer welche auszog den Anderen das Fürchten zu lehren ? Im besonderen Jungend-Nicht-Schwimmer-Innen seinen gewarnt,  vor dem hineinspringen in die verschiedenen, politisch von Haifischen – verseuchten- Becken ! Politik erzeugt nur Verlierer-Innen !

Berlin:

2.) Stadtentwicklungssenatorin Lompscher tritt zurück

Die Linke-Politikerin begründet dies mit Fehlern bei der Abrechnung ihrer Bezüge aus Verwaltungsrats- und Aufsichtsratstätigkeit. Die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, ist zurückgetreten. Die Linke-Politikerin begründete dies am Sonntagabend in einer Mitteilung mit Fehlern bei der Abrechnung ihrer Bezüge aus Verwaltungsrats- und Aufsichtsratstätigkeit. Sie habe es über Jahre versäumt, Vergütungen für Aufsichtsratsposten in landeseigenen Unternehmen wie vorgeschrieben an die Landeskasse zurückzuzahlen. Es geht um einen Fehlbetrag von 7000 Euro. Die 58-Jährige gilt als Vorkämpferin für den umstrittenen Berliner Mietendeckel. In dieser Rolle genoss sie zuletzt auch bundesweit Aufmerksamkeit. Berliner Senatoren sind bezahlte Tätigkeiten in Unternehmensgremien nur bei landeseigenen Firmen gestattet. Vergütungen daraus müssen sie zum Jahresende an die Landeskasse zahlen. Behalten dürfen sie pauschal bis zu 6135,50 Euro im Jahr. Lompscher gehört Aufsichtsgremien der Investitionsbank Berlin (IBB), der Tempelhof Projekt GmbH und der Tegel Projekt GmbH an.

Sueddeutsche-Zeitung

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Zu Corona-Zeiten werden die Unterschiede leichter verklärt? Wo Autos schon auf Felgen knattern – Minister üben sich im Schnattern !

 Gekündigte Auslieferungsabkommen mit Hongkong

3.) Zu zahm, Herr Außenminister

Was vor wenigen Monaten kaum jemand für möglich gehalten hat, das peitscht Chinas kommunistische Führung nun in Rekordgeschwindigkeit durch. Ihr Ziel: die Auslöschung von Hongkongs Demokratie. Die inzwischen völlig gleichgeschaltete Hongkonger Regierung lässt mit dem neuen Sicherheitsgesetz Demokratie-Aktivisten einsperren, verbietet Peking-kritische Publikationen. Selbst Staatsbürger anderer Nationen trifft es. Die Hongkonger Polizei hat am Freitag die Festnahme eines in Washington lebenden US-Bürgers angeordnet, weil dieser sich für Hongkongs Freiheit einsetzt. Und nun hat die Hongkonger Regierungschefin auch noch die für September vorgesehenen Parlamentswahlen abgeblasen, offiziell unter dem Vorwand: Infektionsgefahr durch Corona. Jeder in Hongkong weiß, sie würde bitter abgewatscht werden, würden die Wahlen in einem Monat stattfinden.

TAZ

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Die Zeiten, in denen ein staatlich aufgemotzter Putzlappen noch Respekt einflößen konnte, scheinen endgültig ihren Ende entgegen zu gehen.

Claudia Krieg kann die Glaubwürdigkeit der Beamten nur noch anzweifeln.

4.) Die Polizei hat fertig

Zu viel Ärger aber nicht genug Wut? Es war kaum Zeit, dem einen noch dem anderen Ausdruck zu verleihen. Die »Raus aus der Defensive«-Demonstration, zu der die von Räumung bedrohten Projekte wie die Neuköllner Kneipe »Syndikat«, das Hausprojekt Liebigstraße 34 oder die Jugendzentren »Potse« und »Drugstore« aufgerufen hatten, war nach einer Stunde beendet. Nachdem anderthalb Tage lang Tausende Reichsbürger, rechtsextreme Parteigänger, Verschwörungsanhänger und weitere gefährliche Spinner die Stadt geflutet hatten, gegen die sich, glaubt man den Behörden, nichts ausrichten lässt, tobten sich die Beamten am Samstagabend in Neukölln dann an knapp 2500 Demonstrant*innen umso konsequenter aus.

ND

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Ist es nicht müßig zu debattieren, wer denn als erstes Baby vom heimischen Wickeltisch gefallen ist? Entscheidend ist doch nur – wer von Beiden durfte unten  liegen bleiben ?

„Ich denke, er hasst das. Und es macht ihn verrückt.“

5.) Trumps Nichte hält Merkel für intelligenter als Trump

Ihr Onkel sei ein Lügner und Rassist, sagt Mary Trump. In ihrem Enthüllungsbuch – das nun auch in Deutschland erscheint – rechnet sie mit ihm ab. Die Nichte des US-Präsidenten Donald Trump hält Bundeskanzlerin Angela Merkel für deutlich intelligenter als ihren Onkel. „Die Frau könnte ihn intellektuell locker übertreffen“, sagte Mary Trump der Deutschen Presse-Agentur vor Veröffentlichung ihres Enthüllungsbuchs „Zu viel und nie genug – wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt schuf“ in Deutschland am 12. August. „Ich denke, er hasst das. Und es macht ihn verrückt.“ Die promovierte Psychologin sagte, sie glaube, dass Trumps schwieriges Verhältnis zu Deutschland zum Teil darin begründet liege, dass Merkel eine starke Frau sei. „Und Donald kommt mit starken Frauen nicht gut zurecht.“ In ihrem Buch warnt Mary Trump vor einem „Ende der amerikanischen Demokratie“ im Falle einer Wiederwahl des Republikaners Donald Trump im November. Der dpa sagte sie, sie werde für dessen demokratischen Herausforderer Joe Biden stimmen. „Ich bin eine liberale Demokratin.“

Tagesspiegel

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Bei soviel an Eigenlob kann ein Beutel nur reingewaschen nach Hause ziehen. Um dort zu bleiben !

Geheimhaltungsfristvon 120 auf 30 Jahre gesenkt

6.) Der Beutel des Peter Beuth kurz vor den Überlauf

Polizei und Verfassungsschutz in Hessen haben sich nach Einschätzung von Innenminister Peter Beuth (CDU) in den vergangenen Jahren „stark verändert“. Sie seien „massiv personell, materiell wie auch strategisch gestärkt“ worden. Der Bekämpfung des Rechtsextremismus komme dabei „eine herausragende Bedeutung“ zu. Das formuliert Beuth in einer umfassenden Antwort auf Fragen von SPD, FDP und Linken im hessischen Landtag, die der Frankfurter Rundschau vorliegt. Auf rund 140 Seiten stellt der Minister dar, inwieweit Hessen Empfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse von Bund und Land umgesetzt hat. Der Bundestagsausschuss hatte 2013 Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bei der Verfolgung der rechtsextremen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) zusammengestellt und Reformvorschläge unterbreitet. Der hessische Ausschuss fügte 2018 Empfehlungen hinzu. Überprüfung unaufgeklärter Straftaten: In Hessen wurden, den Empfehlungen der Untersuchungsausschüsse folgend, nach Beuths Angaben 69 „Altfälle“ überprüft – nämlich „Tötungsdelikte ohne Tatverdächtigen“. Ergebnis: „Es bestand kein Anlass, eine Tat nachträglich der politisch motivierten Kriminalität zuzuordnen.“

FR

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Immer mehr Corona-Demonstranten wandern nach Nordkorea aus

7.) „Ich will nicht mehr in dieser Diktatur leben!“

„Letzter Aufruf für Flug 783 nach Pjöngjang“ – diese Durchsage ist derzeit häufig an deutschen Flughäfen zu hören. Denn immer mehr Bundesbürger kehren derzeit Deutschland den Rücken zu und wandern nach Nordkorea aus. Dort wollen sie fernab der verhassten „Corona-Diktatur“ ein neues Leben in Freiheit ohne tägliche Schikanen durch den Staat beginnen. „Ich hab die Schnauze voll von Maskenzwang und Gesundheits-Dikatatur“, erklärt Horst Mateschitzky, während er mit viel Gepäck eincheckt. „Ich wandere aus!“ Er brüllt zwei Zollbeamte an, die zufällig an ihm vorbeigehen. „Versucht bloß nicht, mich aufzuhalten, ihr Merkel-Schergen! Ich gehe nach Nordkorea, ob es euch passt oder nicht!“ Zuvor wurde bekannt, dass das nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Jong-un Flüchtlinge aus Diktaturen wie Deutschland mit offenen Armen empfängt, sofern sie nicht völlig mittellos sind.

Postillon

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Im Schuldenexpress

Erstellt von Redaktion am 2. August 2020

Die Krise der Deutschen Bahn

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Von Anja Krüger

Die Deutsche Bahn verzeichnet die größten Verluste in ihrer Geschichte. Das liegt nicht nur an der Coronakrise, sondern auch an den Fehlern der Vergangenheit.

Ab diesem Samstag sind die BahnmitarbeiterInnen mit KundInnenkontakt in neuen Kleidern unterwegs. Statt in den bisherigen blauen Uniformen mit knallroten Details werden 43.000 ZugbegleiterInnen, Servicekräfte und LokführerInnen Stücke aus einer Kollektion des Sternchendesigners Guido Maria Kretschmer in Blau und Weinrot tragen. Das dunklere Rot „burgundy“ soll die Bahn sympathischer und moderner erscheinen lassen.

Nun machen Kleider zwar Leute und verbessern idealerweise das Image – an den miesen Bilanzen ändert der frische Look aber nichts. Massive Verluste im laufenden Geschäft, ein Schuldenberg in Milliardenhöhe und KundInnen, die aus Furcht vor Ansteckung mit dem Coronavirus auf andere Verkehrsmittel ausweichen: Die Deutsche Bahn steht vor einem riesigen Desaster.

„Das Virus hat unseren erfolgreichen Wachstumskurs jäh ausgebremst und die Deutsche Bahn in die schlimmste finanzielle Krise seit ihrem Bestehen gestürzt“, so Konzernchef Richard Lutz bei der Präsentation der Zahlen am Donnerstag. Doch für diese Misere ist nicht nur die Pandemie verantwortlich.

Die Verluste im ersten Halbjahr 2020 sind gewaltig. Für die ersten sechs Monate verbucht die Bahn ein Minus von 1,8 Milliarden Euro, hinzu kommen 1,4 Milliarden Euro Abschreibungen für den Wertverlust der Auslandstochter Arriva, die in der europäischen Nachbarschaft Busse und Bahnen betreibt. Das ist der größte Verlust, den die Aktiengesellschaft, die zu 100 Prozent dem Bund gehört, jemals gemacht hat. Im ersten Halbjahr 2019 hatte der Konzern noch einen Gewinn von 205 Millionen Euro eingestrichen.

Zu Beginn der Coronakrise ist kaum noch jemand mit der Bahn gefahren. Im April gingen die Fahrgastzahlen um 90 Prozent zurück, im gesamten ersten Halbjahr sanken sie um 37 Prozent. Denn viele PendlerInnen arbeiteten zu Hause, Reisen wurden abgesagt, Konferenzen fanden am Computer statt. Die meisten Züge sind trotzdem weitergefahren. Die Kosten blieben gleich, die Einnahmen brachen ein.

Von denjenigen, die schon vor der Coronakrise die Bahn genommen haben, fährt mittlerweile die Hälfte wieder im Regional- und Fernverkehr mit dem Zug. „Wir haben Vertrauen zurückgewonnen“, glaubt Lutz. „Nach dem bisherigen Kenntnisstand kann man sagen, dass Bahnfahren sicher ist.“ So hat der Konzern die Reinigungsarbeiten intensivieren lassen. Allerdings verfügen die Bahnwaggons nicht wie Flugzeuge über Klimaanlagen, die Viren aus der Luft filtern können.

Und: Wie sicher Bahnfahren ist, hängt zu einem maßgeblichen Teil davon ab, ob sich die Reisenden auch an die Pflicht zum Maskentragen halten. Immer wieder berichten verärgerte Fahrgäste, dass Mitreisende keine Schutzmasken tragen – und BahnmitarbeiterInnen nichts dagegen unternehmen.

Dem widerspricht Bahnchef Lutz: Das Bahnpersonal würde Reisende ohne Maske auffordern, eine aufzuziehen. Wenn die Fahrgäste das nicht wollten, gäbe es die klare Regelung mit der Bundespolizei, „im Extremfall den Beförderungsausschluss herbeizuführen“. Das solle aber die Ausnahme bleiben.

Ein Problem ist nach wie vor auch das Reservierungssystem. So weist das System Plätze nacheinander, den Sitznummern folgend, zu und lässt keine Plätze frei, auch wenn das von der Auslastung her möglich wäre. Lutz sieht hier kein Problem. „Normalerweise ist die Situation so, dass es im Zug Lösungen gibt“, sagt er. Die SchaffnerInnen verteilen die Fahrgäste auf leere Plätze. Daran will die Bahn nichts ändern – obwohl das nur so lange funktionieren kann, wie die frühere Auslastung nicht erreicht wird.

Eine Reservierungspflicht soll nicht kommen, man wolle die Flexibilität erhalten, so Lutz. Damit KundInnen stark frequentierte Züge meiden können, wird die Auslastung beim Fahrkartenkauf in der Bahn-App Navigator angezeigt.

Außerdem nimmt die Bahn ganze Waggons aus dem Reservierungssystem, damit auch Spontanreisende genug Platz haben. Fahrgäste machen trotzdem immer wieder die Erfahrung, dass Züge überfüllt sind und dass beim Platzsuchen dichtes Gedränge herrscht, denn in vielen Zügen funktionieren die Anzeigen nicht.

File:Berlin, May-2020 (49904903223).jpg

Lutz geht davon aus, dass erst dann wieder so viele Menschen mit der Bahn reisen wie vor der Coronakrise, wenn es einen Impfstoff oder ein Medikament gegen Covid-19 gibt. Entsprechend schlecht sind die Aussichten für das Gesamtjahr. Die Bahn rechnet mit einem Verlust von bis zu 3,5 Milliarden Euro. Hinzu kommt ein gigantischer Schuldenberg.

Monopolistin Deutsche Bahn
Zurzeit sind es 27,5 Milliarden Euro – bis zu 30 Milliarden Euro dürfen es werden, hat der Haushaltsausschuss des Bundestags im Mai beschlossen. Finanzvorstand Levin Holle geht aber davon aus, dass nicht noch mehr Miese hinzukommen – wenn die von der Bundesregierung angekündigte Kapitalerhöhung des Bundes in Milliardenhöhe kommt. Die lässt aber auf sich warten, weil sie noch von der EU genehmigt werden muss.

Konkurrenten der Bahn halten die Eigenkapitalspritzen für falsch – weil sie wettbewerbsverzerrend seien. Im Personenfernverkehr ist die Deutsche Bahn fast Monopolistin – von kleinen Anbietern wie Flixtrain abgesehen. Anders ist es im Nah- und Güterverkehr. Im Schienengüterverkehr verliert man Jahr für Jahr Marktanteile und liegt jetzt bei unter 50 Prozent.

Denn anders als im Personenverkehr können KundInnen dort bei schlechtem Service und zu hohen Preisen auf Wettbewerber ausweichen. Uwe Höft, Bahnexperte von der Technischen Hochschule Brandenburg, fürchtet, dass die Bahn sich mit den vielen Milliarden Staatsgeld „Marktanteile zurückkauft“.

Quelle        :            TAZ        >>>>>        weiterlesen

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Oben      —        Hamburg Hauptbahnhof. Blick auf die Wandelhalle.

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Unten      —       Another long walk with friends (appropriately spaced) to Wansee during Coronavirus pandemic. We took the Wannsee ferry. Berlin May-2020

Author Mitch Altman from San Francisco, USA    /Source   —   Berlin, May-2020

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Das große Schlachten

Erstellt von Redaktion am 2. August 2020

Corona und die kranke Effizienz unserer Lebensmittelindustrie

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von Michael Pollan

Erst wenn das Hochwasser abläuft“, bemerkte Warren Buffet einmal, „sieht man, wer nackt gebadet hat.“ Auf unsere Gesellschaft wirkt die Covid-19-Pandemie wie eine Ebbe von historischen Ausmaßen, legt sie doch Schwachstellen und Ungleichheiten bloß, die in normalen Zeiten unentdeckt blieben. Das zeigt sich nirgendwo deutlicher als im amerikanischen Ernährungssystem. Eine Abfolge von Schocks hat schwache Kettenglieder unserer Lebensmittelversorgung kenntlich gemacht, welche die Gefahr heraufbeschwören, dass unsere Ladenregale bald so lückenhaft und unvorhersehbar bestückt sein könnten wie einstmals die im früheren Ostblock. Das System selbst, das den amerikanischen Supermarkt zu einer Art Schlaraffenland werden ließ – seine hochgelobte Effizienz und Fähigkeit, überreichlich und billig zugleich zu liefern –, erscheint plötzlich fragwürdig, wenn nicht gar abwegig.

Doch die Probleme, die das Coronavirus enthüllt hat, sind nicht auf die Art und Weise beschränkt, wie wir Lebensmittel erzeugen und verteilen. Sie zeigen sich auch auf unseren Tellern, denn die Ernährungsweise, die am Ende unserer industriellen Nahrungsmittelkette steht, ist mit genau den chronischen Krankheitserscheinungen verknüpft, die uns für Covid-19 verwundbarer machen.

Der Kontrast der Bilder, auf denen Farmer Getreide vernichten und Milch auskippen, zu anderen, die leere Supermarktregale zeigen oder hungrige, stundenlang an Tafeln anstehende Amerikaner, illustriert eine irrsinnig gewordene Effizienz. Heute gibt es in den USA de facto zwei separate Nahrungsmittelketten, die jeweils ungefähr die Hälfte des Marktes bedienen. Die eine Kette verbindet eine Gruppe von Farmern mit dem Einzelhandel, die zweite hingegen eine andere Erzeugergruppe mit institutionellen Großkunden wie Restaurants, Schulen sowie Verwaltungs- und Fabrikkantinen. Seit große Teile der Wirtschaft dem Shutdown unterliegen und die Amerikaner zu Hause bleiben, ist diese zweite Nahrungsmittelkette weitgehend kollabiert. Aber so wie die Industrie sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, ist es schlechterdings unmöglich, normalerweise en gros an Institutionen verkaufte Nahrungsmittel in die Einzelhandelsgeschäfte umzuleiten, die jetzt geradezu danach schreien. Amerikas Farmen erzeugen immer noch reichlich Nahrungsmittel, aber sie dorthin zu lenken, wo sie gebraucht werden, ist schwierig.

Wie konnte es so weit kommen? Die Geschichte beginnt schon in der Frühzeit der Reagan-Administration, als das Justizministerium die Antitrust-Regeln umschrieb: Sofern eine beantragte Fusion versprach, mehr Markt-„Effizienz“ – so die Parole – zu bewirken, ohne die Verbraucher zu schädigen, also nicht mit Preiserhöhungen einherging, war sie zu genehmigen. (Wobei man im Auge behalten sollte, dass im 1890 verabschiedeten Sherman Anti-Trust Act nirgendwo das Wort „Verbraucher“ auftaucht. Das Gesetz sollte vielmehr Produzenten – einschließlich der Farmer – sowie die Politik des Landes vor unmäßigen Zusammenballungen wirtschaftlicher Macht schützen.)[1] Die Neuregelung unter Richard Nixon, an der alle nachfolgenden Regierungen festhielten, löste in der Nahrungsmittelindustrie eine Welle von Fusionen und Zukäufen aus. Seit den 1980er Jahren hat die Konzentration der Industrie und ihre Spezialisierung ständig zugenommen, so dass mittlerweile wenige Großkonzerne jedes Glied der Versorgungskette kontrollieren. Das „Washington Monthly“ interviewte kürzlich einen Hühnerzüchter, der auf dem Flüssigei-Markt Millionen für Omeletts in Schulkantinen bestimmte Eier absetzt, aber nicht über die Sortier- und Verpackungsmaschinen (geschweige denn die Verbindungen oder Verträge) verfügt, seine Eier den Einzelhändlern verkaufen zu können.[2] Dieser Geflügelfarmer hatte keine andere Wahl, als in Zeiten, in denen in vielen Supermärkten Eier knapp werden, Tausende von Hennen zu keulen.

Das Gespenst der Fleischknappheit

Ein gewisser John Tyson leitet die Firma Tyson Foods, das zweitgrößte fleischverarbeitende Unternehmen Amerikas. Am 26. April 2020 schaltete er in der „New York Times“ und anderen Blättern Anzeigen, die das Gespenst einer unmittelbar bevorstehenden Fleischknappheit heraufbeschworen. Infolge der Covid-19-Ausbrüche in der fleischverarbeitenden Industrie drohe die Nahrungsmittelkette zu reißen.[3] Schlachthöfe haben sich in der Tat zu Ansteckungsbrennpunkten entwickelt, Tausende der dort Beschäftigten bleiben jetzt krank zu Hause und Dutzende sterben.[4] Das hätte allerdings niemanden überraschen dürfen: Social Distancing ist in einer modernen Fleischfabrik praktisch unmöglich, weshalb sie der Ausbreitung eines Virus geradezu ideale Bedingungen bietet. In den letzten Jahren hat die Fleischindustrie erfolgreich Lobbyarbeit dafür geleistet, dass die Bänder schneller laufen dürfen. Im Ergebnis müssen die Arbeiter Schulter an Schulter stehen und die Tiere so schnell zerlegen und ausbeinen, dass sie kaum Zeit haben, hygienekonform zu husten, geschweige denn zur Toilette zu gehen, ohne am Band den Anschluss zu verlieren. In manchen Hühnerschlachtereien tragen Arbeiter, da man ihnen keine Pausen zum Toilettenbesuch zubilligt, mittlerweile Windeln.[5] Ein Arbeiter kann zwar um eine Pause bitten, aber der Lärm in diesen Fabriken ist so groß, dass niemand ihn hört, es sei denn, er schreit einem Aufseher direkt ins Ohr. Bis vor kurzem wurde Schlachthausarbeitern auch wenig oder gar keine individuelle Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt. Viele wurden sogar nach Kontakt mit dem Virus aufgefordert, einfach weiterzuarbeiten. Hinzu kommt die Tatsache, dass viele Beschäftigte der Fleischindustrie Immigranten sind, die in beengten Verhältnissen leben und keine Krankenversicherung haben. Das alles setzt eine ganze Bevölkerungsgruppe gefährlich hohen Infektionsrisiken aus.

Als die Anzahl der Covid-19-Fälle in Amerikas Schlachthöfen Ende April explodierte, ordneten die ersten Gesundheitsbehörden und Gouverneure Betriebsschließungen an. Da dadurch die Profitabilität der Branche in Gefahr geriet, griff Tyson zu der erwähnten Erklärung, die Präsident Donald Trump wohl mit recht als Nötigung hätte verstehen können: Eine etwaige Fleischknappheit würde die politischen Schwierigkeiten, mit denen der Präsident zu kämpfen hat, wohl noch potenzieren. Um die Produktion wieder aufnehmen zu können, sollte – so das Begehren Tysons und seiner Branchenkollegen – die Bundesregierung eingreifen und den örtlichen Gesundheitsbehörden in den Arm fallen. Außerdem brauchten sie Protektion für den Fall, dass betroffene Arbeiter oder ihre Gewerkschaften sie wegen Nichtbeachtung der Gesundheitsschutz- und Sicherheitsbestimmungen anzeigen sollten.

Nur wenige Tage nach Tysons Inserat entsprach Präsident Trump bereits dem Begehren der Schlachthofgranden und griff auf den Defense Production Act zurück, ein Gesetz aus der Zeit des Koreakriegs. Ebendies hatte er noch abgelehnt, als es darum ging, die Produktion dringend benötigter Coronavirus-Testkits anzukurbeln. Jetzt aber erklärte Trump Fleisch „zu einem für die Landesverteidigung essentiellen knappen und kritischen Material“. Mit dieser Verfügung nahm der Präsident den Verantwortlichen vor Ort die Entscheidung über die Wiedereröffnung oder Schließung von Fleischfabriken aus der Hand, zwang die Beschäftigten, ohne irgendwelche obligatorischen Sicherheitsvorkehrungen an die Arbeit zurückzukehren, und bot Arbeitgebern einen gewissen Schutz davor, für ihre Fahrlässigkeit zur Verantwortung gezogen zu werden. Am 8. Mai nahm Tyson in Waterloo (Ohio) die Produktion wieder auf – in einem Schlachthof, unter dessen Beschäftigten mehr als tausend Menschen positiv getestet worden waren.

Ein Musterbeispiel brutaler Effizienz

Der Präsident und Amerikas Fleischesser – von den Beschäftigten der Fleischindustrie gar nicht zu reden – wären niemals derart in die Bredouille geraten, hätte nicht die Konzentration dieser Branche uns Lieferketten beschert, die so anfällig sind, dass die Schließung eines einzelnen Betriebs die Versorgung auf jeder Stufe, von der Farm bis zum Supermarkt, ins Chaos stürzen kann. Nur vier Konzerne verarbeiten heute über 80 Prozent des Rinderbestands in Amerika; 57 Prozent der Schweine gehen an weitere vier Konzerne. Allein in Sioux Falls (South Dakota) verarbeitet ein einziger Betrieb der Firma Smithfield fünf Prozent des gesamten Schweinefleischs, dass die Amerikaner verzehren. Als es dort im April zu einem Covid-19-Ausbruch kam, sah der Gouverneur des Staates sich gezwungen, diesen Betrieb zu schließen. Damit saßen alle vertraglich an ihn gebundenen Schweinezüchter auf dem Trockenen. Wenn Schweine einmal ihr Schlachtgewicht erreicht haben, lässt sich mit ihnen sonst nicht mehr viel anfangen. Der Züchter kann es sich nicht leisten, sie weiterhin zu füttern. Und selbst wenn er es könnte, sind die Schlachthöfe so ausgerüstet, dass sie Schweine nur bis zu einer bestimmten Größe verarbeiten können, größer und schwerer dürfen sie nicht werden. Für den Züchter aber geht der Kreislauf weiter, neue Ferkel wachsen nach und werden stetig fetter. Kaum anders sieht es bei den hybriden Industriehähnchen aus, die, wenn man sie über die ihnen zugedachten sechs oder sieben Wochen hinaus leben lässt, für Knochenbrüche und Herzprobleme anfällig und bald zu schwer werden, um noch in die Schlachtkette eingehängt werden zu können. Aus diesem Grund zwangen die Schlachthofschließungen amerikanische Farmer, Millionen von Tieren notzuschlachten, und dies zu einer Zeit überwältigender Nachfrage an den Tafeln der Armenspeisung.[6]

Normalerweise ist das moderne Schwein oder Hähnchen ein Musterbeispiel brutaler Effizienz. Mit den richtigen Futtermitteln und Chemikalien aufgezogen, dient es ausschließlich dazu, schnellstmöglich ein Höchstmaß an Protein zu erzeugen. Die gleiche Logik gilt für die industrielle Art und Weise, in der die Tiere getötet und zerlegt werden. Diese Innovationen haben Fleisch, das in der Menschheitsgeschichte die meiste Zeit ein Luxusartikel war, zu einer für so gut wie alle Amerikaner erschwinglichen Billigware gemacht. Heute essen wir durchschnittlich über 250 Gramm Fleisch pro Person und Tag, viele von uns sogar bei jeder Mahlzeit.[7] Nun hat Covid-19 die mit einem solchen System einhergehenden Risiken schonungslos offenbart. Zwischen Effizienz und Resilienz (von Ethik ganz zu schweigen) wird immer ein Zielkonflikt bestehen. Die Lebensmittelindustrie hat sich für Erstere entschieden, und den Preis dafür zahlen jetzt wir alle.

Datei:Toennies Fleisch.jpg

Wie anders sähe die Sache aus, wenn es immer noch Zehntausende von Hühner- und Schweinezüchtern gäbe, die ihre Tiere zu Hunderten in regionale Schlachthöfe brächten! Bräche in irgendeinem davon eine Krankheit aus, würde das System kaum gestört. Schlagzeilen würde ein solcher Vorfall gewiss nicht machen. Fleisch wäre wahrscheinlich teurer, doch das System wäre aufgrund seiner Redundanz belastbarer und ein landesweites Versagen der Lieferketten ganz unwahrscheinlich. Tatsächlich aber ließ eine Regierung nach der anderen die immer weitergehende Konzentration der Branche zu, weil die damit verbundenen Effizienzsteigerungen versprachen, Fleisch für die Verbraucher billiger zu machen, was auch geschah. Gleichzeitig aber bescherte der Konzentrationsprozess uns eine Industrie, die so mächtig ist, dass sie den Präsidenten der Vereinigten Staaten für ihre Bestrebungen einspannen kann, örtliche Gesundheitsbehörden an die Kandare zu nehmen und verängstigte Arbeiter ans Fließband zurück zu zwingen.

Die Vorzüge lokaler Lebensmittelversorgung

Eine andere Schwachstelle, die das Coronavirus aufgedeckt hat, zeigt sich in der paradoxen Vorstellung von „systemrelevanten“ Arbeitskräften, die aber massiv unterbezahlt werden und deren Leben man als Verfügungsmasse behandelt. Es sind jene Männer und Frauen, die beispielsweise eine Transportkette entlanghetzen, um pro Minute 175 Hähnchen zu entbeinen, oder unter der Wüstensonne Salat pflücken oder Kühltransporter quer durch das Land steuern – jene Menschen, die uns ernähren und dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft nicht auseinanderfliegt. Wie unglaublich abhängig wir von ihrer Arbeit sind, war nie klarer als heute. Das sollte den Beschäftigten in Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft gerade jetzt, wo sie ganz überproportional der Infektionsgefahr ausgesetzt sind, deutlich mehr politische Durchsetzungsmacht verleihen. Tatsächlich kommen überall im Land Protestaktionen am Arbeitsplatz und wilde Streiks in Gang – bei Amazon, Instacart, Whole Foods, Walmart und auch in einigen fleischverarbeitenden Betrieben. Die betroffenen Arbeiterinnen und Arbeiter beginnen, ihre Muskeln spielen zu lassen.[8] Dabei ist das wahrscheinlich erst der Anfang. Vielleicht wird ihr gewachsenes politisches Gewicht ihnen zu Löhnen, Schutzvorkehrungen und Sozialleistungen verhelfen, die angemessener widerspiegeln, wie ungeheuer wichtig sie für die Gesellschaft sind.

Quelle         :         Blätter       >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben      —      Industrial slaughtering of laying hen in 2007.

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Unten         —     Rheda-Wiedenbrück, Tönnies Fleischwerk im Stadtteil Rheda. Aufgenommen am 14. Januar 2006 von Daidalus.

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Thomas Piketty: Corona

Erstellt von Redaktion am 2. August 2020

„Corona offenbart schockierende Ungleichheit“

Thomas Piketty 2015.jpg

Von Laura Spinney

Interview Thomas Piketty sieht in der Pandemie auch eine Chance für Veränderungen

Der französische Ökonom Thomas Piketty hat etwas sehr Unwahrscheinliches geschafft: mit einer dicken Schwarte über die Geschichte der Ungleichheit einen Bestseller zu schreiben. Pikettys Grundthese lautet in etwa so: Solange Einkommen aus Vermögen schneller wächst als Einkommen aus Arbeit – wie es in Westeuropa seit Langem der Fall ist –, muss die Ungleichheit zwangsläufig zunehmen. Doch er hat auch untersucht, wie Kriege,Katastrophen und Großkrisen in der Vergangenheit immer wieder zu einer Verringerung von Ungleichheit geführt haben. Könnte das auch durch die Corona-Pandemie der Fall sein?

der Freitag: Herr Piketty, wie schätzen Sie die Corona-Pandemie im Vergleich zu anderen Seuchen in der Geschichte ein?

Thomas Piketty: Die pessimistischsten Modellschätzungen der möglichen Todesopfer dieser Pandemie – also ohne jegliche Intervention – liegen bei etwa 40 Millionen Menschen weltweit. Das entspricht etwa einem Drittel der Todesopfer der Grippe-Pandemie von 1918, bereinigt um die Bevölkerungszahl. Was in diesen Modellen aber fehlt, ist die Ungleichheit: also die Tatsache, dass nicht alle sozialen Gruppen in gleicher Weise betroffen sind und auch nicht alle Länder, ob reich oder arm. Dies zeigte sich bei der Grippe von 1918, als in den USA und Europa 0,5 bis 1 Prozent der Bevölkerung starben, in Indien aber 6 Prozent. Ich finde es schockierend, dass auch die Corona-Pandemie ein hohes Maß an Ungleichheit offenbart: Ein Lockdown in einer großen Wohnung ist nicht dasselbe, wie wenn man obdachlos ist.

Sind die westlichen Gesellschaften heute ungleicher als 1918?

Das Niveau der Ungleichheit, das wir heute sehen, ist viel niedriger als das vor einem Jahrhundert. Im Grunde ist das meine Botschaft: Ich bin ein Optimist. Dieser Fortschritt ist das Ergebnis politischer Bewegungen, die dafür gekämpft haben, den Wohlfahrtsstaat und progressive Steuersysteme aufzubauen und unser Eigentumssystem umzugestalten. Im 19. Jahrhundert war Eigentum heilig, unantastbar, dann wurde es allmählich entweiht. Heute haben wir ein viel besseres Gleichgewicht der Rechte von Eigentümern, Arbeitnehmern, Verbrauchern und lokalen Behörden. Das bedeutet einen völligen Wandel in unserer Vorstellung von Eigentum, einhergehend mit einem breiteren Zugang zu Gesundheit und Bildung.

Zugleich ist die Ungleichheit heute größer als in den 1980ern. Ist also eine Korrektur erforderlich?

Ja, die richtige Antwort auf diese Krise wäre die Wiederbelebung des Sozialstaates im globalen Norden und die Beschleunigung seiner Entwicklung im globalen Süden. Dieser neue Sozialstaat würde ein gerechtes Steuersystem und ein internationales Finanzregister einfordern, was ihm ermöglichen würde, die größten und reichsten Firmen in dieses System hineinzuzwingen. Das gegenwärtige Regime des freien Kapitalverkehrs, das in den 1980er und 1990er Jahren unter dem Einfluss der reichsten Länder – insbesondere in Europa – errichtet wurde, fördert die Steuerhinterziehung durch Millionäre und multinationale Unternehmen. Es hindert arme Länder daran, ein gerechtes Steuersystem zu entwickeln, was wiederum ihre Fähigkeit untergräbt, einen Sozialstaat aufzubauen.

In Ihrem Buch „Kapital und Ideologie“ beschreiben Sie, dass auch Schocks wie Kriege und Pandemien solche Korrekturen bewirken können. Zugleich könnte man vermuten, dass extreme Ungleichheit selbst eine Ursache für solche Schocks ist.

Ich glaube, da ist etwas dran, ja. In dem Buch habe ich argumentiert, dass die beiden Weltkriege weitgehend das Ergebnis der extremen Ungleichheit waren, die in den europäischen Gesellschaften vor dem Ersten Weltkrieg herrschte – sowohl innerhalb dieser Gesellschaften als auch international, aufgrund ihrer Anhäufung von Kolonialvermögen. Diese Ungleichheit war nicht nachhaltig, und sie verursachte den Zusammenbruch dieser Gesellschaften. Aber das geschah auf unterschiedliche Weise: im Ersten Weltkrieg, den russischen Revolutionen, der Grippe-Pandemie von 1918. Die Pandemie traf die ärmeren Schichten der Gesellschaft wegen des fehlenden Zugangs zur Gesundheitsversorgung besonders, und sie wurde durch den Krieg noch verschärft. Das Ergebnis dieser kumulativen Schocks war eine Stauchung der Ungleichheit im Laufe des nächsten halben Jahrhunderts.

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Das Hauptbeispiel in Ihrem Buch dafür, dass eine Pandemie eine Korrektur bewirkt, ist die Pest im 14. Jahrhundert.

Es gibt seit Langem die Theorie, dass das Ende der Leibeigenschaft mehr oder weniger eine Folge der Pest war. Man ging davon aus, dass mit dem Tod von bis zu 50 Prozent der Bevölkerung in einigen Regionen die Arbeitskraft knapp wurde und die Werktätigen sich dadurch mehr Rechte sichern konnten. Tatsächlich ist die Sache komplizierter. An einigen Orten verstärkte die Pest sogar die Leibeigenschaft: Gerade weil die Arbeitskräfte knapp wurden, wurden sie für die Landbesitzer wertvoller, die dadurch mit noch härteren Mitteln versuchten, ihrer habhaft zu werden. Natürlich haben Schocks wie Pandemien, Kriege oder Finanzcrashs Auswirkungen auf die Gesellschaft. Aber welcher Art diese Auswirkungen sind, das hängt von den Theorien über die Geschichte und die Gesellschaft ab, denen die Menschen anhängen – mit einem Wort: von ihrer Ideologie. Es ist immer die Folge einer massiven sozialen und politischen Mobilisierung, wenn Gesellschaften sich in Richtung Gleichheit bewegen.

Quelle       :        Der Freitag        >>>>>         weiterlesen

Laura Spinney | The Guardian

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Grafikquellen       :

Oben       —       Thomas Piketty in Santiago, Chile, January 2015.

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Geplatzte Seifenblasen

Erstellt von Redaktion am 2. August 2020

Demokratie war, wenn überhaupt, gestern

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Quelle      :       Scharf   —   Links

Von Franz Witsch

Ich höre schon die Aufregung, die mit der harmlosen Frage aufkommt, ob wir uns denn auf dem Weg in einen neuen Faschismus befinden; der nicht einfach so vom Himmel fällt, sondern sich in Stufen entwickelt, um sich schließlich und endlich auf der Grundlage autoritärer oder autoritätshöriger sozialer Strukturen oder eines autoritären Staates zu konstituieren, der sich mit Hilfe der Corona-Krise in der Tat herausbilden könnte oder schon hat. Schon das als These formuliert löst zuweilen hellste Empörung aus. Man dürfe unsere Zeit um Gottes Willen nicht mit der Nazizeit, einer ganz und gar anderen Zeit, gleichsetzen.

Gleichsetzen tut hier kein vernünftiger Mensch. Vergleichen schon. Schon weil es verschiedene Ausprägungen von Faschismus gibt: einen spanischen unter Franco, einen italienischen unter Mussolini, einen chilenischen unter Pinochet, einen russischen unter Stalin etc., allesamt schlimm genug. Dazu gibt es Vorformen, mithin Wege in den Faschismus, über die zu sprechen erlaubt sein muss; um von einer möglichen zukünftigen neuen Ausprägung zu warnen; eine Befürchtung, die seit Jahrzehnten nicht nur in meinem Kopf herumspukt, bei mir nicht besonders aufgeregt, zumal ich zu spezifischen Schuldzuweisungen nicht neige, was einer Analyse abträglich wäre. Ich neige eher dazu, mich einer Analyse sozialer Sachverhalte, so einem möglichen Weg in den Faschismus, langsam anzunähern, indem ich Indizien oder Momente in mir wirken lasse, die einen möglichen Weg in dem Maße, wie sie sich häufen und nachhaltig präsent sind, wahrscheinlicher werden lassen. Der wachsende Rechtsradikalismus könnte so ein Indiz sein, freilich ein allzu offensichtliches Indiz, gut für einfache Erklärungen zur Entsorgung eigener Anteile.

Weniger offensichtlich scheint mir die wachsende Unfähigkeit der Menschen zu sein, mit negativen Gefühlen oder Kritik, die negative Gefühle in uns aufkommen lassen, umzugehen. Kritik wird in wachsendem Maße als zu verletzend empfunden, um zwanglos reflektiert zu werden – schon gar nicht von außen, außerhalb des eigenen Dunstkreises, von Bürgern, die Politik oder Wissenschaft nicht gelernt haben. Darauf deutet die Neigung der Politik hin, Meinungsäußerungen im Internet zu regulieren, Video-Beitrage zu blockieren: kurzum: das Internet von beißender Kritik und Satire zu reinigen. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Man darf gespannt sein, wie lange sich der Comedy-Beitrag von Florian Schröder im Internet zu halten vermag, der den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach zum Vollidioten stempelt, der er offensichtlich ist, nämlich alles, nur kein Wissenschaftler. Dann kriegen die Impffantasien von Bill Gates ihr Fett weg, mit denen er die Politik seit Jahren immer erfolgreicher belagert. Und nicht zu vergessen Florian Schröder, der Virologen und schließlich ganz generell den Wahrheitsbegriff am Ende seines 15-minütigem Beitrags hinterfragt, nicht zuletzt auch sich selbst. Sein Fazit: man glaube keinem Politiker, eigentlich niemandem auch nur ein Wort, auch mir nicht. Schwarzer Humor, der wohltuend nicht nur im Halse stecken bleibt (vgl. ScFlo).

Und das alles im NDR. Im Mainstream treten hin und wieder Typen wie Volker Pispers oder Florian Schröder auf, die indes alsbald entsorgt werden, wenn sie sich denn nicht selbst entsorgen, weil ihnen nichts mehr einfällt. Sie sind und bleiben Eintagsfliegen, die in der Masse nichts bewirken, dafür aber beweisen sollen, dass wir in einer Demokratie leben. Eine Schlussfolgerung, die ich bekanntlich nicht teile. Seit über 100 Jahren diskutieren Sozialwissenschaftler Wege in den Faschismus, leider nur selbstgefällig retrospektiv, weil heute angeblich alles ganz anders ist. Natürlich ist heute alles anders, nämlich weit schlimmer, weil nicht mehr nur auf einzelne Länder in Europa beschränkt, sondern global: Eine Bewegung hin zu einem global-autoritären Regime. Dafür ist das von Bill Gates propagierte weltweite Impfregime eine Metapher, eine symbolträchtige Vorstellung in den Köpfen des Geldadels und einer von ihm abhängigen Politik und veröffentlichten Meinung, die freilich bald Realität werden könnte.

File:Berlin, May-2020 (49904903223).jpg

Anläufe zum autoritären Staat hat es immerzu gegeben, zum Ausdruck gebracht von Helmut Kohl, der seine Kanzlerschaft zu Beginn der 1980er Jahre motiviert sah von einer geistig-moralischen Wende auf der Grundlage einer so radikalkonservativen  wie rückwärtsgewandten Revolution, die Schluss machen wollte mit dem ganzen Unrat der 1968er Bewegung. Das konnte man so schon in der Weimarer Republik erleben: immer wieder (geistig und moralisch motivierte) Anläufe hin zum autoritären Staat, bis der Faschismus endlich ausbrach. Dieser gedeiht auch heute auf einem mentalen Fundament: auf der Autoritätshörigkeit der Menschen, begleitet und begünstigt von einer SPD, die vor dem Ersten Weltkrieg endgültig zur autoritären Massenpartei mutierte; die übergroße Mehrheit aller SPD-Reichstagsabgeordneten erklärten denn auch ganz und gar vaterländisch gesinnt und kaisertreu den Ersten Weltkrieg zum Verteidigungskrieg, um sich nach dem Krieg zu allem Überfluss immer noch als Monarchisten zu entpuppen: Demokratie möglichst unter einem Kaiser. Der erste Reichspräsident Ebert (SPD) wollte allen Ernstes die Monarchie retten, konstitutionell verfasst, versteht sich; ein Ansinnen, das es mit sich brachte, den Reichspräsidenten als Exekutiv-Organ nach dem Ersten Weltkrieg mit Vollmachten gegenüber Parlament und Regierung auszustatten, die an Vollmachten des deutschen Kaisers vor dem und im Ersten Weltkrieg erinnerten; die gleich nach der Machtergreifung 1933 im Ermächtigungsgesetz zu diktatorischen Vollmachten erweitert wurden, wo Parlament und politische Parteien dann überhaupt keine Rolle spielten.

Alles nur Geschichten von gestern? Von wegen; die damalige Entwicklung zum autoritären Staat und schließlich zum Faschismus kündigte sich damals für die meisten Zeitgenossen nicht an oder doch nur für ganz wenige, z.B. für Karl Kraus und seiner “Fackel im Ohr” (Elias Canetti). Selbst nach der Machtergreifung dachte man, Hitler werde sich nicht lange halten. Heute redet man die politische Entwicklung nicht weniger schön. Warum sollte der morgige Tag anders sein als der heutige? Alles Verschwörung, wer etwas anderes auch nur befürchtet.

Vor allem will man schichtübergreifend nicht wahrhaben, dass wir tagtäglich von einer gleichgeschalteten veröffentlichten Meinung berieselt und beschallt werden. Soll das heute vielleicht ganz anders sein? Weil Politiker, Prominente und veröffentlichte Meinung es vielleicht gut mit uns meinen, weil sie um unsere Gesundheit besorgt sind? Karl Lauterbach glaubt vermutlich tatsächlich, dass er nicht nur so tut, als sei er besorgt. Schließlich gibt es nirgendwo so viel Verblödung wie unter Politikern und Prominenten, die es sich gut gehen lassen, und denen es vielleicht in der Tat zu gut geht, um klar zu sehen, was vor ihren Augen geschieht. Indes heute sich Wege in den Abgrund anders als unter Weimar ankündigen, nämlich weltweit, unter veränderten politischen Vorzeichen und sozialstrukturellen Bedingungen, die es Bürgern schwer machen, sich zu wehren gegen um sich greifenden Autoritarismus in Verbindung mit einem falsch verstandenen, immer nur gut gemeinten Gemeinsinn.

Kleingeistrentner im Wissenschaftsbetrieb sehen auch nicht klarer, so der Anti-Corona-Aktivist Georg Lind mit seiner KMDD-Methode (vgl. LiGgScTh). Vollkommen beratungsresistent wollen sie glauben machen, dass wir in einer Demokratie leben. Dabei stehen sie lediglich unter einem enormen Anpassungsdruck. Um diesen zu verhehlen, müssen sie so tun, als lebten sie in einer Demokratie, um Zugehörigkeitsbedürfnisse auszuleben, deren Auslebung es mit sich bringt, Angst vor Ausgrenzung nicht zu spüren, mithin nicht wahrzunehmen, dass Menschen dazu neigen, die bestehende Realität, von der sie sich mental wie materiell ernährt sehen wollen, in “den Rang des Ideals” zu erheben. Anpassung werde, so Max Horkheimer, “zum Maßstab für jeden denkbaren Typ subjektiven Verhaltens” und Vernunft selbst identisch mit der Fähigkeit, sich anpassen zu können (vgl. HoKri, S. 113). Und zwar an jede, fast möchte man meinen, beliebige Realität. Diese sehen sie im Wort oder Begriff identifiziert, mithin demokratisch selbstevident legitimiert, unerschütterlich als gegeben an, natürlich, weil sie von überall hören, dass wir in einer Demokratie leben, unentwegt von oben nach unten durchgereicht von Autoritäten, denen man nicht unentwegt zwanghaft widersprechen sollte, weil sie nicht in der Lage sind, das Wort “Demokratie” gleichsam wie im Schlaf zu verwenden.

Georg Lind kann sich offensichtlich nicht vorstellen, dass man Worte nur oft genug gehört haben muss, um fest überzeugt zu sein, dass sie einen sozialen Sachverhalt eindeutig identifizieren. Horkheimer umschrieb diese Methode (in HoKri, S. 54) mit dem Begriff „Verdinglichung“: der Gegenstand sieht sich im Wort identifiziert. Damit nahm er gewissermaßen den Begriff des Fühlens, Denkens und Sprechens im “Modus psychischer Äquivalenz” vorweg (vgl. T01, S. 2f). Es ist dies ein Denken ohne Realitätsbezug, wenn Worte mit festgefügter Bedeutung in der Vorstellung gespensterhaft herumspuken, so in der Vorstellung von Georg Lind, wenn er meint, wir lebten in einer Demokratie; die, mag er einräumen, natürlich nur von Bestand sein kann, wenn ihre Bürger mit einer entsprechenden Moralkompetenz ausgestattet sind, die man lehren könne mit Hilfe seiner patentierten KMDD-Methode, um Demokratie zu leben und damit zu erhalten.

Nur dass Georg Lind wesentliche Randbedingungen unterschlägt. Die primäre besteht darin, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die Regeln der Kapitalverwertung auf der Basis der Mehrwertfähigkeit eines jeden einzelnen Bürgers gelten, und zwar global, welche “die Amoralität in die sozialen Beziehungen hineintragen” (vgl. DPB, S. 24, 88) sowie die Autonomie des Subjekts massiv in Mitleidenschaft ziehen, sodass frei nach Max Horkheimer zu befürchten ist, dass Lernen immer nur Lernen für eine bestehende Realität ist. Derart ist vorstellbar, dass wir, wenn wir “Moral lernen”, wir lediglich lernen, A-Moralitäten moralisch zu maskieren, so wenn in der sogenannten Corona-Krise von einem obersten (moralischen) Wert des menschlichen Lebens die Rede ist, dem alles andere unterzuordnen sei; sodass es irgendwann vielleicht heißen mag: wer ohne Maske in ein öffentliches Verkehrsmittel steigt, setzt das Leben seiner Mitmenschen aufs Spiel, lasse es an Gemeinsinn oder Solidarität vermissen.

Zur Illustrierung der Verlogenheit dieses Satzes nur ein Beispiel unter vielen anderen: Wieso lassen es die Behörden seit Jahrzehnten zu, dass Antibiotika in der Nutztierhaltung massenhaft verfüttert werden, sodass es heute multiresistente Keime gibt, die man sich v.a. in deutschen Krankenhäusern einfangen kann, und gegen die bald kein Kraut mehr gewachsen ist, weil die Politik bis heute nicht in der Lage ist, sogenannte Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung auch nur einzuschränken, geschweige denn zu verbieten (vgl. NztHg). Gab es hier jemals ein Lockdown?

File:Corona-Graffiti am Donaukanal, Wien - Bild 1.jpg

Ich möchte den geduldigen Leser mit weiteren Beispielen verschonen. Wesentlich ist. Es gibt eine (ökonomisch motivierte) Moral vor der Moral, die für gewöhnlich, und sei sie noch so amoralisch, nicht zur Disposition steht, weil sie grundlegend ist für eine bestehende Realität: für unser Wirtschaftssystem, unter der vornehmlich unterprivilegierte Menschen leiden. Es sind dies grundlegende Konflikte, die daher immer nur vergeblich diskutiert werden, zumal dann, wenn sie den Kern der bestehenden Realität berühren, der nirgendwo, auch nicht unter Linken, zur Disposition steht, solange man sich von dieser ernährt fühlt. Fühlen reicht hier vollkommen. Das (theorielos) zu unterschlagen ist, als wolle ein Blinder einem Blinden das Sehen beibringen.

Thomas Schirrmacher bringt die Problematik einer lehrbaren Moral nach Georg Lind, freilich ohne wirtschaftstheoretischen Bezug, (in ScTh), auf den Punkt: wir sind, moralisch gesehen, prädisponiert. Er spricht von einem Zirkelschluss in der Argumentation von Georg Lind. Zu Recht: Wir lernen Moral, müssen gleichwohl voraussetzen, dass wir sie lernen auf der Grundlage einer Moral, die unabhängig von einer zu lernenden Moral präsent und primär ist, auf die sich das Lernen von Moral also stützt; sodass die zu lernende Moral vorausgesetzt werden muss. Ein Fehlschluss, der jene prädisponierte Moral unterschlägt, die dazu führt, dass die zu lernende Moral (abhängige Variable) nicht nachhaltig präsent bleibt, d.h. auf Dauer sich der prädisponierten Moral (unabhängige Variable) assimiliert – unabhängig von der moralischen Qualität jener prädisponierten Moral; sodass man mit Schirrmacher sagen kann: Linds KMDD-Methode zur diskursiven Einübung in Moral ist auch unter faschistischen Verhältnissen brauchbar. Eben weil es Moral immer schon gibt, bevor man daran denkt, sie den Menschen beizubringen, und zwar entweder von Natur aus (Menschen werden mit moralischen Fähigkeiten geboren) oder sie wird, wie eben gesagt, von den gesellschaftlichen Strukturen geprägt und bildet dann die Grundlage für moralische Lernprozesse (nach welcher Methode auch immer).

Ohne Georg Lind eine a-moralische mentale Disposition zu unterstellen, heißt es in (DP2, S. 12) etwas deutlicher:

“Auch mit einer guten moralischen Einstellung aller Bürger werden wir es allein dadurch, dass wir im Kapitalismus leben, immer unleugbarer mit Prozessen absoluter ökonomischer und psychischer Verelendung zu tun bekommen”. Dabei “bleibt das Ökonomische primär in dem Sinne, dass es unter der Bedingung, dass die Regeln der Kapitalverwertung gelten, die menschliche Entwicklung immer massiver begrenzt.”

Und das heißt unsere moralischen Fähigkeiten begrenzt. Moral bildet sich unabhängig von unserem moralisch motivierten Wollen aus aufgrund sozialökonomischer Strukturen, auf die wir solange keinen moralisch wirksamen Einfluss ausüben können, wie wir jene dominanten Strukturen  denn nicht umgestalten (wollen), auch nicht können, solange wir sie bewusst nicht hinreichend analysieren bzw. ihre dominante Relevanz bewusst unterschlagen.

Man könnte die Frage, ob wir in einer Demokratie leben, möglicherweise wie folgt beantworten: Wir leben strukturell gesehen in keiner Demokratie. So generell formuliert gilt das für Weimar wie für unsere Zeit. Später möchte ich das an prägnanten Beispielen aus Kunst und Kultur illustrieren, die das Folgende nahelegen könnten: Kunst und Kultur brühten, weil sie ihre eigenen moralstrukturellen Voraussetzungen zuweilen bewusst nicht reflektieren (wollen), den Faschismus ganz generell aus, bzw. sorgen dafür dass unsere sozialen (moralischen) Strukturen, bzw. die in sie involvierten Subjekte mental nicht immun sein können gegen rechtspopulistische resp. rechtsradikale Anwandlungen. Mit oder ohne Georg Lind.

Quellen:

DP2: Franz Witsch. Die Politisierung des Bürgers, 2. Teil: Mehrwert und Moral. Norderstedt 2017 (1. Auflage 2012)

HoKri: Max Horkheimer, “Eclipse of Reason”, ins Deutsche übersetzt von Alfred Schmidt unter dem Titel “Zur Kritik der instrumentellen Vernunft”.
Frankfurt / Main 2007. Erstmals im Englischen erschienen 1947.

LiGg: Georg Lind: Moral ist lehrbar. Mit Diskussionstheater (4. Auflage 2019, Vorpublikations-Version: nicht zitierfähig!).
https://www.uni-konstanz.de/ag-moral/pdf/Lind-2019_Moral-ist-lehrbar_Einleitung.pdf

Zitierfähig im Buchhandel erhältlich unter dem Titel: “Moral ist lehrbar!”: Wie man moralisch-demokratische Fähigkeiten fördern und damit Gewalt, Betrug und Macht mindern kann”. Wien 2019.

Ergänzend die Kritik an Linds KMDD:
ScTh: Thomas Schirrmacher: Zur Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD). Abgedruckt in: Schirrmacher, Thomas (Hrsg.). Ethik im Kontext individueller Verantwortung und militärischer Führung. Institut für Religion und Friede. Wien 2012. Unter dem folgenden Link einsehbar:
https://www.afet.de/download/2012/Schirrmacher_KMDD.pdf

ScFlo: Florian Schröder. Corona Wahrheit Ausnahmezustand.
NDR-Comedy Satire vom 20.07.2020.
https://www.youtube.com/watch?v=KS7JQP6vFFQ&feature=youtu.be

T01: Franz Witsch, Störfall oder das Zeichen will nichts mehr bedeuten.
http://film-und-politik.de/K14.pdf (S. 2-7)

Urheberrecht
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Grafikquellen      :

Oben      —           Soap bubbles. „Bubble Rain“. Taken on April 16, 2005.

Author Steve Jurvetson  /       Source       —        Bubble Rain

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2.) von Oben     —          Another long walk with friends (appropriately spaced) to Wansee during Coronavirus pandemic. We took the Wannsee ferry. Berlin May-2020

Author Mitch Altman from San Francisco, USA    /Source   —   Berlin, May-2020

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Unten      —        Corona-Graffiti am Donaukanal, Wien – Bild 1

Author Anna Saini

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Corona in Deutschland

Erstellt von Redaktion am 2. August 2020

Noch keine Panik

2020-05-14 Test for COVID-19 in East Timor 1.jpg

Für die Menschen der Test….

Von Heike Haarhoff, Felix Lee, Ralf Pauli und Tobias Schulze

Bislang kam Deutschland relativ gut durch die Pandemie, doch jetzt gibt es wieder mehr Corona-Infektionen. Sind wir für eine zweite Welle gerüstet?

Die Stadt Heide, im Westen Schleswig-Holsteins unweit der Nordsee gelegen, ist gefühlt schon wieder zurück im Frühling. Wie damals, im März, April und Mai, gelten für die rund 20.000 Ein­­wohner*innen ab sofort wieder strenge Kontaktregeln. Die Allgemeinverfügung des Landrats ist unmissverständlich: „Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur allein, in Begleitung von im selben Haushalt lebenden Personen und einer weiteren Person gestattet.“ Treffen in Gruppen, Familienfeiern oder gar öffentliche Veranstaltungen: verboten.

In Heide und dem umliegenden Kreis Dithmarschen hatten die Behörden zuletzt innerhalb von sieben Tagen 44 Corona-Neuinfektionen registriert. Die Ansteckungen gingen offenbar von Familien aus, die zuvor ihren Urlaub in Schweden und auf dem Balkan verbracht hatten. Mit mindestens 26,3 Fällen pro 100.000 Einwohner ist der Kreis derzeit einer der Coronaschwerpunkte der Republik – und gleichzeitig sinnbildlich für die Entwicklung im Rest des Landes.

Schon zwei Wochen in Folge melden die Gesundheitsämter dem Robert-Koch-Institut erhöhte Infektionszahlen. 902 Neuinfektionen waren es deutschlandweit am Donnerstagmorgen, 870 am Freitag. Noch bis Mitte Juli hatten diese Werte selten über 500 gelegen. Zwar ist seitdem auch die Zahl der Coronatests gestiegen, allerdings nicht so schnell, dass sich der Anstieg bei der Infiziertenzahl allein damit erklären ließe.

Noch ist die Situation beherrschbar. Die Lage ist nicht vergleichbar mit dem Frühjahr, als die Behörden an manchen Tagen Tausende Neuinfektionen registriert hatten. Das Robert-Koch-Institut ist trotzdem beunruhigt. „Eine weitere Verschärfung der Situation muss unbedingt vermieden werden“, heißt es im aktuellen Situationsbericht der obersten Gesundheitsbehörde. Wichtig sei jetzt, dass sich die Bevölkerung weiterhin an die gängigen Hygieneregeln halte.

Eine Mehrheit für die Maske

Immerhin: Die Akzeptanz dieser Regeln scheint weiterhin hoch zu sein. Das dokumentiert die jüngste repräsentative Umfrage durch Wissenschaftler*innen der Universität Erfurt, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Eine große Mehrheit (89,2 Prozent) gab an, in der letzten Woche häufig oder immer eine Alltagsmaske benutzt zu haben, 83,8 Prozent erklärten, sich häufig oder immer 20 Sekunden lang die Hände zu waschen, und 85,5 Prozent sagten, häufig oder immer 1,5 Meter Abstand zu halten. Frauen verhalten sich dabei tendenziell verantwortungsbewusster als Männer, Ältere handeln sorgfältiger als Jüngere.

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und die Kamele die Impfung ?

Bei solchen individuellen Vor­sichts­maßnahmen im Alltag wird es aber nicht bleiben. In der kommenden Woche kommt wohl die Testpflicht an Flughäfen. Wer aus einem der rund 140 Länder einreist, die die Bundesregierung als Risikogebiete einstuft, muss direkt nach der Landung einen Abstrich abgeben. Seit Freitag stehen auf der Risikoliste auch die drei nordspanischen Regionen Katalonien, Aragón und Navarra, wo die Coronazahlen zuletzt bedenklich gestiegen waren. Und wer aus einem Nichtrisikoland einreist, darf sich ab Samstag zumindest kostenlos beim Hausarzt testen lassen. Eine entsprechende Verordnung hat Gesundheitsminister Jens Spahn am Donnerstag unterzeichnet.

Ob die Sorge, dass sich Ur­lau­ber*in­nen im Ausland massenhaft mit dem Virus infizieren könnten, berechtigt ist? Bisherige Statistiken liefern keine eindeutigen Belege dafür. Nur ein kleiner Teil der neuen Ansteckungen geht bislang auf Reisende zurück. Das Robert-Koch-Institut hat sich sämtliche 7.977 erfassten Neuinfektionen zwischen Ende Juni und Ende Juli angeschaut. Unter Rückkehrer*innen aus Spanien wurden gerade einmal 17 Personen positiv getestet. Die meisten infizierten Rückkehrer*innen, nämlich 303, kamen aus dem Kosovo. Dahinter folgen Serbien (242) und die Türkei (70). Der Großteil der Infizierten, nämlich 6.809, hat sich in Deutschland angesteckt.

Der untersuchte Zeitraum umfasst allerdings nicht die Hauptreisezeit. Die ging in Baden-Württemberg und Bayern erst mit dem Start der Sommerferien vergangene Woche los. In Berlin, wo die Sommerferien übernächste Woche enden und viele Urlauber*innen bereits zurückgekehrt sind, hat sich laut einem Bericht im Tagesspiegel jeder neunte Corona-Infizierte im Ausland angesteckt. Ähnlich hoch ist der Anteil in Nordrhein-Westfallen, wo die Ferien ebenfalls demnächst enden. Ganz problemlos sind die Reiseaktivitäten also auch nicht.

Damit stecken auch Kultusminis­ter*in­nen in der Zwickmühle. Ausgerechnet jetzt, wo die Infektionszahlen wieder steigen, enden in den ersten Bundesländern die Sommerferien. Viele Schüler*innen werden kurz nach ihrem Sommerurlaub zurück in die Klassenzimmer kommen. Von einer Rückkehr zum normalen Schulbetrieb – wie es die Länder Mitte Juni noch als Ziel formuliert hatten – ist derzeit nirgends die Rede. Im Gegenteil. So mahnte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung seines „modifizierten“ Hygieneplans, „die wertvolle Zeit“ bis zu den Herbstferien zu nutzen. Man wisse schließlich nicht, wie lange die Schüler*innen wieder alle zusammen im Unterricht lernen dürften. Noch klarer formulierte es die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) in einem Eltern-Rundschreiben: „Es kann sein, dass es an Ihrer Schule in diesem Schuljahr ‚ruckelt‘, die Pandemie wieder mehr Lernen zu Hause oder im Notfall sogar die zeitweise Schließung von einzelnen Klassen oder einzelnen Schulen notwendig macht.“

Neue Erkenntnisse

Quelle          :        TAZ          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —        Test auf COVID-19 in Maubisse, Osttimor

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DL – Tagesticker 02.08.2020

Erstellt von Redaktion am 2. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Auch wenn der Kleine Gernegroß auf den Foto die Frisur des Stürmer zeigt, lautete das erste Gebot nach dem verlorenen Krieg: „Wir mischen uns in keine Innerstaatlichen Belange anderer Nationen ein“! Ist der Drang andere Räume neu zu erstürmen so groß geworden ?

China wirft Deutschland im Streit um Hongkong Rechtsbruch vor

1.) Maas setzt Auslieferungsabkommen aus

Nach Ansicht von Außenminister Maas stellt die Wahlverschiebung einen Einschnitt in die Rechte der Bürger dar. China reagiert nun scharf. China hat die Aussetzung des Auslieferungsabkommens mit Hongkong durch Deutschland scharf kritisiert. In einer Stellungnahme, die die chinesische Botschaft am Samstag in Berlin verbreitete, werden Deutschland ein „ernster Verstoß gegen internationales Recht“ und eine schwere Einmischung in innere Angelegenheiten vorgeworfen. „Wir lehnen das entschieden ab und behalten uns das Recht zu weiteren Reaktionen vor.“ In der Stellungnahme wurden auch Verärgerung über und Ablehnung der „irrigen Äußerungen“ von Außenminister Heiko Maas (SPD) zum Ausdruck gebracht. Maas hatte am Freitagabend die Aussetzung des Auslieferungsabkommens verkündet. Er hatte betont, dass Deutschland wiederholt die Erwartung geäußert habe, „dass China seine völkerrechtlichen Verpflichtungen einhält“. Hierzu gehöre gerade auch das Recht auf freie und faire Wahlen in Hongkong.

Tagesspiegel

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Zwei Dotter wohl – unter einer Eier-Schale ?

Empörung über Johnsons Pläne fürs Oberhaus

2.) „Das ist lächerlich“

Boris Johnson will seinem Bruder Jo einen Platz im House of Lords verleihen. Die Reaktionen auf die vorgeworfene Vetternwirtschaft sind heftig – auch beim Sprecher des Oberhauses. Großbritanniens Premier Boris Johnson will seinem Bruder Jo einen Sitz im britischen House of Lords verschaffen. Der ehemalige Staatsminister findet sich auf einer Liste von 36 Nominierungen für das Oberhaus, welche die Regierung am Freitag veröffentlichte. Die Kritik an der Nominierungsliste ist scharf. Johnson wird bei der Besetzung neuer Mitglieder des Oberhauses Vetternwirtschaft vorgeworfen. Er hat Kritikern zufolge 36 vor allem linientreue Brexit-Anhänger sowie seinen Bruder Jo auf die Vorschlagsliste gesetzt. Die Kammer dürfte damit auf 830 Mitglieder anschwellen – zuvor gab es Forderungen, das House of Lords zu verkleinern.

Spiegel-online

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Wie sagten schon unsere Ahnen, welche auch ohne Corona verstorben sind : „Aus einen Pis-Pot kannst du keinen Bräter machen, der stinkt immer.“

Zu welchem Unsinn der CSU-Mann im Stande ist

3.) Markus Söder auf Kanzler-Kurs:

CSU-Frontmann Markus Söder erlebt seit der Corona-Pandemie in Umfragen ein Hoch. In Sachen Selbstinszenierung ist ihm bekanntlich nichts zu peinlich. Ein Best-of. Eignet sich Markus Söder tatsächlich zum Kanzler. Markus Söder und der Kreuz-Erlass in Bayern. Selbstinszenierung in der Corona-Krise. Eignet sich der bayrische Ministerpräsident Markus Söder tatsächlich zum Kanzler? Oder, wie es die „Bild“ beherzter formuliert: „Kann ein Bayer wirklich Kanzler werden?“ Der Springer-Postille könnte man zurufen, dass der Mann der CSU sich stets als stolzer Franke in Szene setzt, aber das ist nur eine Petitesse. Tatsächlich sprechen die Umfrageergebnisse der Forschungsgruppe Wahlen von Anfang Juli eine deutliche Sprache. 64 Prozent halten den christsozialen Karneval-Fan geeignet für die Kanzlerschaft. Der in höchste Sphären Hochgevotete gibt sich derzeit jedoch zurückhaltend und hat sich offiziell nicht zur Kanzlerkandidatur bekannt. Dennoch diktierte Markus Söder von der CSU dem „Tagesspiegel“ in die Feder, dass „nur wer Krisen meistert, wer Pflicht kann, der kann auch bei der Kür (aka Kanzlerschaft) glänzen“.

FR

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Wäre es nicht der Zeit angepasster und würde mehr Besucher in die Kinos locken, wenn jeder Versager seine Rolle auch auf der Leinwand wiedergeben müsste ? Welch ein Schauspiel ! Aber – Politiker könnten nie ihre dreckigen Spiele so fettig bieten, wie sie die Wirklichkeit ihren Wählern zeigt !

Der Finanzminister im Wirecard-Skandal:

4.) Wer ohne Scholz ist …

Wer Fehler nicht zugibt, wiederholt sie. Olaf Scholz macht erneut eine schlechte Figur in einem Betrugsskandal. Das wird ihm und der SPD schaden. Die UFA plant bereits einen Film drüber, oder vielleicht eine Serie. Kein Wunder, der Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard ist perfektes Material für einen Wirtschaftskrimi. Spannend ist, wie in so einem fiktionalen Werk die Rolle des Olaf Scholz angelegt sein wird. Ist der sozialdemokratische Finanzminister Teil der Lösung – oder Teil des Problems? Diese Woche hat Scholz bei der Sondersitzung des Bundestagsfinanzausschusses zum Betrugsskandal Wirecard vorgesprochen. Den Abgeordneten erklärte er Mittwochabend, dass die ihm unterstehende Finanzaufsicht Bafin im Fall der Bilanzmanipulationen des DAX-Konzerns alles richtig gemacht habe. Zur Erinnerung: Wirecard hat in großem Stil und über Jahre Umsätze und Gewinne erfunden und so den eigenen Börsenkurs hochgepuscht. Scholz’ Finanzaufsicht hat derweil den Journalisten angezeigt, der darüber berichtet hat.

TAZ

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Die Politik sammelt mit ihren Uniformierten das auf, was an den Straßenrändern liegen gelassen wurde !

Die Elite der Parlamentsarmee hat ein Problem

5.) Probleme mit dem Grundgesetz

Das Kommando Spezialkräfte bekommt zum 25. Jahrestag eine »Reform« verpasst. Wann kümmert sich der Generalbundesanwalt um die aus dem Ruder gelaufene Truppe? Alfons Mais ist seit Beginn der 1980er Jahre in der Bundeswehr. Seit Februar kommandiert er das Heer und damit rund 70 000 Frauen und Männer. Ab August wird er die komplette 2. Kompanie des in Calw stationierten Kommandos Spezialkräfte (KSK) auflösen. Sechs Monate soll der Prozess dauern. Mais erklärte jüngst gegenüber »nd«, in seinen Dienstjahren habe er viel erlebt, »doch so etwas gab es wohl noch nie«. Es gebe, so der Generalleutnant, »einen Orientierungs- und Werteverlust sowie strafrechtlich relevante Handlungen einer Minderheit«, mit denen jedoch »das Ansehen eines ganzen Verbandes und des gesamten Heeres in Mitleidenschaft gezogen wird«. Mais spricht von »faulen Äpfeln«, die man aussortieren müsse, damit nicht die ganze Kiste fault. Doch, so mutmaßt er, die allermeisten anderen Kameradinnen und Kameraden stünden auf dem Boden des Grundgesetzes. Schließlich sei die Bundeswehr samt KSK eine Parlamentsarmee.

ND

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Sind und waren es nicht immer die „Unrechtstaaten“ welche solche Methoden hochhielten ? Wo Strafen und Vorschriften die Mächtigen unterstützen – beginnt das Unrecht ? Bekamen  vielleicht sogar die Methoden der Stasi ein anderes Gesicht, da wir in einen Polizeistaat leben, – in dem auch die Politik durch eine gezeigte Machtlosigkeit ihren Glanz wahren  möchte ?

Diskussion um Polizeizugriffe auf Gästedaten

6.) Polizeizugriffe und Gästedaten

Name, Telefonnummer, Adresse – solche Angaben sollen in Corona-Zeiten beim Café- oder Restaurant-Besuch hinterlegt werden. Gesundheitsämter brauchen die Daten zur Nachverfolgung von möglichen Infektionsketten. Aber auch die Polizei hat vielerorts Interesse daran. Sogenannte Corona-Gästelisten, die in Restaurants und Cafés ausliegen, dienen zur Nachverfolgung von Infektionsketten – in Einzelfällen greift aber auch die Polizei auf diese Daten zu, um Straftaten zu verfolgen. In Bayern, Hamburg und Rheinland-Pfalz gab es solche Zugriffe bereits, in anderen Bundesländern sind solche Fälle bisher nicht bekannt oder gar nicht zulässig, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Bundesländern ergab. Um die Nutzung der Daten ist eine Diskussion entbrannt. Denn eigentlich sind die Angaben vorrangig für örtliche Gesundheitsämter bestimmt und eine wichtige Recherchequelle im Fall eines Corona-Ausbruchs. Und meistens wird auf den Formularen Vertraulichkeit und eine Löschung nach vier Wochen zugesichert. Sind Zugriffe der Polizei da überhaupt zulässig?

Gießener-Anzeiger

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Ähnliches hören wir ja heute auch über das RKI, welchen es gelang, bedingt durch ihren Namensgeber, als Sprecher für unwissende Politiker-Innen zu agieren ? Schmutzige Vergangenheiten schaffen es immer wieder, ihnen beliebige Quellen anzuzapfen.

7.) Wenig bekannte Fakten über Thomas Edison

  • Edison verglich gerne Glühbirnen mit Adamsäpfeln
  • Privat war Edison nicht die hellste Leuchte im Lampenladen
  • Edison meldete mehr als 1000 Patente an, darunter für cholerische Anfälle und dumme Sprüche („Der letzte macht das Licht aus“, „Es werde Licht“, „Lafer! Lichter! Lecker!“)
  • Sein Lieblingsdessert war Glühbirne Helene
  • Edisons Spitzname lautete „Ed“ (wegen Ed Sheeran)
  • Vieles wurde nach ihm benannt, unter anderem Edeka, der Edding und mehrere Städte (Edinburgh, Edingen-Neckarhausen, Edenkoben)
  • Die Enttäuschung unter seinen Mitarbeitern war groß, als Edison die Phonographenwalze erfand – sie hätten sich viel lieber eine Pornographenwalze gewünscht

Titanic

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :        DL / privat – Wikimedia

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Eine steile These

Erstellt von Redaktion am 1. August 2020

Und überhaupt: Urlaubsreisen sind überbewertet

File:Queen Victoria (ship, 2007) 003.jpg

Von Waltraud Schwab

Was ist mir von Bangkok in Erinnerung geblieben? Die hohen Fußgängerbrücken über schlimm befahrene vielspurige Straßen.

Was von Athen? Das Hotelwaschbecken, in dem alle Klamotten ausgewaschen werden mussten, weil auf dem Flug das braune Tiroler Nussöl, ein Sonnenschutzmittel, im Koffer auslief.

Was fällt mir bei London ein? Die Wand voller Cornflakes im Sainsbury’s-Supermarkt – ein Kulturschock.

Als ich vor den Regalen im Supermarkt stand, habe ich kapiert: Freiheit ist die Wahl zwischen dem, was die Warenwelt mir bietet. In London habe ich immerhin drei Jahre gelebt. Da hätte mir spontan auch etwas anderes einfallen können.

Wie auch immer, für diese Welterfahrungen hätte ich nicht wegfahren müssen. Die Reisen sind schon lange her, aber die Frage, was vom Reisen bleibt außer Anekdoten, die bestenfalls für Smalltalk taugen, wird immer drängender. Gerade jetzt, wenn es keine Reisen gibt ohne Fragen nach dem Infektionsrisiko.

Es gibt Leute, die unstet sind, die an keinem Ort lange bleiben können. Leute, die sich und die Welt nur spüren, wenn sie in Bewegung sind. Unglückliche eigentlich, wenn man Olga Tocarcuk, der Nobelpreisträgerin 2018 folgt, die ein Buch geschrieben hat, das „Unrast“ heißt. Darin spricht eine getriebene Ich-Erzählerin, eine, die sich verorten will und für die alle Verortung doch nur Vorwand ist, um weiterzugehen. Solche Leute machen keine Urlaubsreisen, sie sind Suchende, die nie das finden, dem sie auf der Spur sind.

Die Eltern dieses von Unrast getriebenen, erzählenden Ichs im Roman dagegen machen genau das, was erwartet wird: Sie machen jeden Sommer eine Reise, und es ist mehr Pflichterfüllung als Begehren. Für zwei, drei Wochen wird losgezogen. Das Ziel: wieder heimzukehren; erst zu Hause sind sie glücklich. Die Eltern des erzählenden Ich sitzen einem Irrtum auf. Sie meinen, dass sie verreisen müssen.

Dieser Irrtum hat sich durchgesetzt und kommt als Selbstverständlichkeit daher, wie früher die Annahme, man müsse sonntags in die Kirche. Der Irrtum ist eine Glaubenssache, und das ist wichtig, denn eine Riesenindustrie hängt daran, die Tourismusbranche, und der nutzt es, wenn die Notwendigkeit des Reisens ein Dogma ist. Dogmen haben einen normativen Wahrheitsanspruch. Dahinter muss man nicht zurück. Das wird angesichts einer durch Urlaubsreisen gefördeten zweiten Coronawelle gerade zum Problem.

File:Tanzania beach hut.JPG

Wer die superlativlastige Wortkombination „die schönsten Wochen des Jahres“ in einer Suchmaschine im Netz eingibt, bekommt Hinweise, die belegen, dass die Phrase synonym und unwidersprochen für Urlaubsreise benutzt wird. Wer will da Einhalt gebieten, wenn es doch die schönste Zeit ist? Die Hinweise im Netz bestätigen aber auch den Warencharakter des Reisens.

Auf tourismusanalyse.de, wo der Reisemarkt 2019 unter die Lupe genommen wurde, steht: „Singles und Jungsenioren ließen sich die schönsten Wochen des Jahres etwas kosten.“

Der Deutschlandfunk informiert über Rechtsfragen im Urlaub: „Paragrafen für die schönsten Wochen des Jahres“.

Die Spardabank hilft bei der Finanzierung: „Genießen Sie die schönsten Wochen des Jahres mit SpardaCleverReisen“,

Der Stern wiederum fragte coronabedingt im März 2020: „Müssen die schönsten Wochen des Jahres in diesem Jahr ausfallen?“ Nein, wie man sieht.

Es sind nur Beispiele, sie lassen sich beliebig fortsetzen. Die Frage aber, woher man wissen will, dass es „die schönsten Wochen des Jahres“ sind, wird weder gestellt noch beantwortet. Darum geht es auch nicht, denn einzig der Konsum von Reisen ist das Muss. Dass das so hingenommen wird, daran zeigt sich die Manipulierbarkeit der Menschen. Bilder von blauem Himmel, blauen Bergen, blauem Wasser, uniformen Palmen und Sonnenschirmen sind die Ikonen der Moderne.

Quelle        :        TAZ           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —        Queen Victoria in Liverpool

Author Andrew    /    Source      —    Queen Victoria From Snowdrop

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Unten      —         Beach huts in Tanzania

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Author FrontierEnviro

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Wo der Hass beginnt

Erstellt von Redaktion am 1. August 2020

Das Begehren nach dem Schweigen der Anderen

Graffiti in Shoreditch, London - Hatred by Ben Slow (9422248989).jpg

Quelle       :        INFOsperner CH.

 

Martina Süess / Wo Hass im Netz beginnt und warum er allen schadet.

Das Unglück mit der Tigerin im Zürcher Zoo erschüttert mich. Immer wieder stelle ich mir den Moment vor, in dem es zur Begegnung zwischen Pflegerin und Tier kam, und es ist, als würde ich an etwas erinnert, das ich selbst schon einmal erlebt habe. Als wäre diese Angst im Stammhirn gespeichert, ein Erbe meiner steinzeitlichen Verwandten.

«Aus Respekt vor den Opfern und ihren Angehörigen haben wir die Kommentarfunktion bei diesem Artikel deaktiviert», schreibt SRF-online unter dem ersten Bericht zum Zoo-Vorfall und erinnert daran, dass wir nicht in der Steinzeit leben, sondern im Silicon Age: Nicht das Raubtier müssen wir fürchten, sondern die verbale Gewalt im Netz. Leider unterschätzen wir diese Gefahr. Hass-Kommentare werden als «Meinungsfreiheit», «Ironie» oder «Auseinandersetzung in der Sache» verteidigt oder missverstanden. Noch ist vielen nicht bewusst, was eine Sprache anrichtet, die darauf abzielt, Leute öffentlich zu diskreditieren und in ihrer Würde anzugreifen.

Hater wollen bestimmen, wer sprechen darf

Welchen Schaden Kommentare anrichten können, das zeigte jüngst ein Vorfall beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). (WOZ 9. 7.) Das BAG wollte Videos in verschiedenen Sprachen ins Netz stellen, die über Covid-19 informieren. Damit sollten auch jene Personen erreicht werden, die keine Landessprache beherrschen. Das Projekt startete mit einem Pilot-Video, in dem eine Mitarbeiterin des BAG auf Tamil informierte. Das Video wurde am 30. Mai veröffentlicht – und wenige Stunden später vom BAG wieder gelöscht, denn «der Rassismus und Sexismus, den die Mitarbeiterin des BAG auf Facebook und Instagram über sich ergehen lassen musste, war derart massiv», dass sich das BAG verpflichtet fühlte, sie zu schützen, wie Gregor Lüthy, Leiter der BAG-Kommunikationsabteilung in der WOZ erklärte. Auch wolle man offen fremdenfeindlichen Inhalten keine Bühne geben.

Vermutlich war dies die einzige Möglichkeit, die Hetze zu stoppen. Anders als bei SRF lässt sich die Kommentarfunktion auf vielen Social Media-Kanälen nicht ausschalten. Und einen Shitstorm redaktionell zu betreuen, ist aufwändig. Doch genau damit rechnen Hater. Sie wollen weder diskutieren noch einen inhaltlichen Beitrag leisten. Es geht auch nicht um die angegriffene Person. Sexistische und rassistische Kommentare zielen darauf ab, die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Hater wollen bestimmen, wer in der Öffentlichkeit eine Stimme haben darf und wer unsichtbar bleiben soll. Genau das wurde in diesem Fall erreicht. Die tamilische Stimme ist verschwunden, das Projekt abgebrochen.

Muss man Hass-Kommentare ernst nehmen?

Dieser Fall zeigt besonders deutlich, dass Hass-Kommentare allen schaden. Es kann niemand ein Interesse daran haben, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht über Corona informiert sind. Wir alle bezahlen einen Preis, wenn sich Behörden von Hass-Kommentaren beeindrucken lassen – auch wenn sie das in guter Absicht tun, wie in diesem Fall. Es ist richtig, Hasskommentaren keine Plattform zu geben. Aber es ist falsch, Rassismus und Sexismus unsichtbar zu machen. Wir müssen im Gegenteil darüber reden, wie Rassismus und Sexismus funktionieren, was sie bewirken und was wir dagegen tun können.

Nun kann man sich fragen, ob man solche Kommentare ernst nehmen muss. Shitstorms sind nicht repräsentativ für die Mehrheitsmeinung, und sie sind inhaltlich meist so dumm, dass man darüber lachen könnte. Für den Schaden, den sie anrichten, spielt das aber keine Rolle. Die zentrale Aussage von Hasskommentaren liegt nicht in der eigentlichen Bedeutung der Worte, sondern darin, was diese Worte tun.

«Ich werde dir den Kopf abschneiden»

Die meisten Frauen, die publizieren oder in der Öffentlichkeit stehen, kennen Angriffe unter die Gürtellinie. Der Polizeiskandal in Hessen (FAZ 19.7.TA 20.7.) ist nur die Spitze des Eisbergs. Bekannt wurde 2019 auch der Fall der deutschen Politikerin Renate Künast, die in Kommentaren zu einem Facebook-Post als «Schlampe» und «Drecks Fotze» bezeichnet wurde. Das Landesgericht entschied, dass es sich dabei nicht um Beleidgungen handle, sondern um eine «Sachauseinandersetzung». Erst als klar war, dass der Betreiber der Seite als Hetzer bekannt ist und seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird, wurden einige der Beschimpfungen als «Schmähkritik» eingestuft.

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Die amerikanische Altphilologin Mary Beard, die über eine sehr grosse Sammlung von sexistischen Beleidigungen gegen ihre Person verfügt, hat sich mit diesem Phänomen auseinandergesetzt. Solche Angriffe, sagt sie, seien keine Reaktion auf das, was eine Frau sage, sondern darauf, dass sie etwas sage. Sie selbst hat einmal folgenden, bezeichnenden Tweed bekommen: «Ich werde dir den Kopf abschneiden und dich dann in den Mund f…» (das F-wort war ausbuchstabiert). In der New York Times erklärte sie 2014: «Ein gewisses männlich-kulturelles Begehren nach dem Schweigen der Frau haben wir noch lange nicht überwunden.»

Die Mechanismen sind dort wirksam, wo sie kaum bemerkt werden

Das Begehren nach dem Schweigen der Anderen tritt in online-Kommentaren besonders deutlich – und besonders wirkmächtig – zu Tage. Dieses Begehren schadet unserer Gesellschaft: Es führt dazu, dass die Stimmen von wenigen – nämlich von denen, die diesen Attacken nicht ausgesetzt sind – bestimmen, was in der Öffentlichkeit verhandelt wird, und dass sich andere zurückziehen. Es führt dazu, dass viele Menschen in der Schweiz tatsächlich glauben, dass es in diesem Land keinen Rassismus und keinen Sexismus gibt, weil sie die Diversität unserer Gesellschaft nicht einmal wahrnehmen. Die Mechanismen, mit denen die Anderen zum Schweigen gebracht werden, sind so früh wirksam, dass man sie kaum bemerkt. Auch der Shitstorm, der dazu geführt hat, dass das BAG sein Video in kürzester Zeit zum Verschwinden gebracht hat, wurde kaum wahrgenommen. Niemand hats gesehen, niemand hats gehört, und schon ist die Welt wieder in Ordnung.

Dieses Begehren nach dem Schweigen der Anderen bestimmt auch die Polemiken gegen die sogenannte Political Correctness oder die diskriminierungsfreie Sprache. Diskriminierungsfreie Sprache will diesem Verdrängen etwas entgegensetzen und bietet jenen eine Orientierungshilfe, die gewaltfrei kommunizieren möchten. Niemand ist rechtlich dazu verpflichtet, sich diskriminierungsfrei auszudrücken, schon gar nicht im privaten Raum. Es gibt aber viele, die ein Interesse daran haben. Weil sie verstehen, dass Sprache nicht Wirklichkeit abbildet, sondern die Wahrnehmung von Wirklichkeit steuert.

Windige Argumente und ermüdende Witzchen

Das generische Maskulin zum Beispiel verdrängt Frauen aus der Sprache und aus dem Denken, unabhängig davon, wie es gemeint ist. Dazu gibt es belastbare Studien aus verschiedenen Disziplinen. Sie können das aber auch leicht selbst überprüfen. Bitten Sie zwanzig Personen, drei bekannte Schauspieler (Politiker, Sportler …) zu nennen. Notieren Sie die Namen. Bitten Sie dann zwanzig andere Personen, drei bekannte Schauspielerinnen oder Schauspieler (Politikerinnen oder Politiker, Sportlerinnen oder Sportler…) zu nennen. Notieren Sie auch diese Namen. Und nun entscheiden Sie selbst, wie Sie es in Zukunft mit der weiblichen und männlichen Form halten wollen.

Viele wundern sich darüber, dass diskriminierungsfreie Sprache überhaupt Widerstand provoziert. Eine erhellende Erklärung liefert der Autor einer bekannten Sprachglosse: «Die dauernde Doppelung (‹Journalisten und Journalistinnen›) nervt.» (TA 15.6.2020). Ich verstehe das. Ich habe jüngere Geschwister, und es hat mich auch genervt, dass sie immer mitspielen wollten. Vor allem, wenn sie nicht nach meinen Regeln spielen wollten. Die windigen Argumente und die immer gleichen Witzchen, die man in solchen Polemiken wie der genannten Sprachglosse findet, sind aus sprachwissenschaftlicher Sicht uninteressant. Sie dienen einzig dazu, die Idee der diskriminierungsfreien Sprache lächerlich zu machen und das Begehren nach dem Schweigen der Anderen zu pflegen – bei der eigenen Community.

Filmmaking of "Black Thursday" on ulica Świętojańska in Gdynia - 07.jpg

Das natürliche Verhalten der Raubkatze

Natürlich handelt es sich bei den KritikerInnen der diskriminierungsfreien Sprache und ihren applaudierenden KommentatorInnen nicht um Hater. Sie sorgen lediglich dafür, dass die Glut schön heiss bleibt, so dass das Feuer jederzeit auflodern kann. Und: Es ist verständlich, dass wir die Gefahren einer diskriminierenden Sprache unterschätzen. Unser Stammhirn ist darauf nicht vorbereitet. Doch es ist uns nicht verboten, nachzudenken. Im Fall der verstorbenen Tierpflegerin wurde entschieden, dass die Tigerin am Leben bleiben soll. Schliesslich entspricht es dem natürlichen Verhalten einer Raubkatze, dass sie eine Frau, die in ihr Territorium eindringt, angreift, selbst wenn diese Frau ihr das Futter bringt. Als Menschen haben wir hingegen die Wahl. Bei jedem Kommentar, den wir schreiben, bei jedem Text, den wir veröffentlichen, können wir entscheiden, wie, warum und mit welchen Mitteln wir welches Territorium verteidigen wollen, welche Verletzungen wir in Kauf nehmen und was wir dadurch gewinnen – oder verlieren.

FREIE NUTZUNGSRECHTE

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Grafikquellen      :

Oben       — Hanbury Street

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2.) von Oben       —       On the 75th anniversary of the liberation of the Auschwitz concentration camp, Jan. 27, 2020, MTA Chairman and CEO Patrick J. Foye announced that the authority is launching a sweeping public messaging campaign aimed at combating hate crimes. Messages promoting kindness, respect and solidarity are appearing starting today on thousands of digital screens across the region’s subways buses and commuter railroads. This is an example of one of the ads. Credit: Metropolitan Transportation Authority (MTA)

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Unten     —     Filmmaking of „Black Thursday“ on ulica Świętojańska in Gdynia. People on this picture were actors, background actors, other workers of film crew or workers of subcontractors. „Black Thursday“ is film about Polish 1970 protests.

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Prozess: Mordfall Lübcke

Erstellt von Redaktion am 1. August 2020

Angriff auf die beste Verteidigung

File:Solingen - Mahnmal Solinger Bürger und Bürgerinnen 04 ies.jpg

Eine Kolumne von Thomas Fischer

Im Prozess wegen des Mordes an Walter Lübcke streiten sich Verteidiger unter Anleitung des Vorsitzenden. Im Internet lassen sich Vernehmungsvideos anschauen. Bemerkungen über ungewöhnliche Vorgänge.

Riesige Zwerge

Auf dem YouTube-Kanal von „STRG-F“ (FUNK), einem Ableger des NDR, kann man seit 28. Juli Ausschnitte von zwei Vernehmungen des Angeklagten im Prozess vor dem Strafsenat des OLG Frankfurt wegen Mordes an Walter Lübcke anschauen. Sie wurden den Betreibern „zugespielt“, stammen also aus Dienstvergehen. Zwei Journalisten spielen „Kommissar-Duo“ und betrachten, um den Zuschauern „einen Überblick“ zu verschaffen, eine Tafel mit läppischen Daten. Das soll wohl die Filmszene simulieren, in der clevere Ermittler Linien und Pfeile zwischen allerlei Fotos malen und so das Verbrechen aufklären. Zwischendurch sehen wir Ausschnitte aus zwei Vernehmungen des Angeklagten bei Polizei und Ermittlungsrichter, teils ohne, teils mit Verteidiger.

Die öffentliche Vorführung der Videoaufzeichnungen wäre vermutlich nach § 353d Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar (Veröffentlichung von amtlichen Prozessdokumenten), wenn sie nicht schon in die Hauptverhandlung eingeführt wären. Das kann dahinstehen. Wichtiger ist die presseethische Frage nach der Vertretbarkeit einer solchen Zurschaustellung eines Beschuldigten ohne dessen Zustimmung. Ich halte es für unvertretbar. Die rechtfertigende Behauptung, es handle sich um ein „Dokument der Zeitgeschichte“, das „Auskunft gibt über den Zustand unserer Gesellschaft“, ist an den Haaren herbeigezogen. Mit derselben Begründung könnte man Videos vom Zähneputzen der Redakteure veröffentlichen.

Was lernen wir? Für das Verständnis, gar für die Aufklärung der Tat durch die Millionenschar der Sensationslüsternen ist das Video ohne Wert. Es bedient eine abstoßende Geilheit auf fremde Intimität und die Lust an der vorgeblichen Authentizität fremden Leidens, die heute als Billigstform von „Empathie“ durchgeht. Tausende von Kommentierungen im Internet zeigen, dass beides befriedigt wird und eine Vielzahl von Menschen sich freudig erregt in die öffentliche „Beweiswürdigung“ stürzt. Im Übrigen finden wir bestätigt, was von den Ethikschwüren und dem Sensibilitätsgeflöte des Newsmarkts zu halten ist: Manche schämen sich für gar nichts.

Große Worte

„Wenn ich solche Anträge bekomme“, soll der Vorsitzende des Strafsenats beim OLG Frankfurt gesagt haben, „muss ich überlegen, ob der Angeklagte wirksam verteidigt ist.“ Er meinte damit Beweisermittlungsanträge eines Verteidigers. Manche Zeitungen zitieren ihn stattdessen mit „ordentlich verteidigt“, wieder andere mit „gut verteidigt“, alle als Originalwortlaut. Wie auch immer: ein großes Wort! Als „sprachlos“ soll der Vorsitzende sich bezeichnet haben, was ihn nicht daran hinderte zu fragen, ob der Antragsteller wisse, dass er „seinem Mandanten schade“. Da dachte sich jemand tief in die Aufgaben des Verteidigers ein. Ob das Ankündigen des Nachdenkens auf Nachdenken beruhte, mag dahinstehen. Wenn sich die Beweisbehauptungen des Verteidigers bestätigt hätten, müsste es dem Vorsitzenden ja recht sein, egal ob dies „dem Mandanten schadet“. Und wenn es sinnlose Anträge des Verteidigers ins Blaue hinein waren, dürften sie nicht, wie behauptet, dem Angeklagten angelastet werden.

Gegen eine gedankliche Durchdringung spricht auch, dass der Vorsitzende Pressemitteilungen zufolge (siehe LTO, 27.7.) die von dem Verteidiger zuvor gestellten Beweisanträge als „gequirlten Unsinn“ bezeichnete und Auskunft darüber verlangte, ob die Anträge „mit dem Angeklagten abgesprochen“ seien. Nachdem der Verteidiger H. die vereinigte Empörung von Gericht, Bundesanwaltschaft und Mitverteidiger K. sowie das Staunen seines Mandanten entgegen-, seine Anträge zurückgenommen und sich zum Antrag seines Kollegen geäußert hatte, ihn zu entpflichten, soll der Vorsitzende „vorsorglich“ dem beantragenden Verteidiger geraten haben, sich bis zur Entscheidung des Senats schon einmal nach einem („ordentlichen“) Ersatzmann umzuschauen – auch dies, meine ich, eine fernliegende Maßnahme der „Fürsorge“.

Am 28.7. folgte die allseits vorweggenommene Entscheidung:

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab am Dienstag einen entsprechenden Beschluss bekannt. Die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Ernst und dem Anwalt Frank Hannig sei nachvollziehbar (!), so das Gericht.

Strafverteidiger sind nicht die Sprechpuppen ihrer Mandanten
Wir erinnern uns: Zum Prozessauftakt machte der Vorsitzende dadurch von sich reden, dass er in sogenannten deutlichen Worten dem Angeklagten E. Ratschläge erteilte:

Seit zehn Jahren leite er den Staatsschutzsenat, sagt S., seit 35 Jahren sei er Richter. „Hören Sie nicht auf Ihre Verteidiger, hören Sie auf mich.“ Ein „von Reue getragenes Geständnis“ zahle sich perspektivisch immer aus. „Nutzen Sie Ihre beste Chance, vielleicht ist es auch Ihre einzige.“

Das ist ziemlich starker Tobak. Einem Angeklagten, der ein früheres Geständnis substantiiert widerrufen hat, zu sagen, er solle gegen den Rat seiner Verteidiger „seine vielleicht letzte Chance“ nutzen und ein „von Reue getragenes Geständnis“ ablegen, erscheint einem (nur durch Presseberichte informierten, aber) nicht gänzlich Fachunkundigen als offene Einladung zu einem (begründeten) Befangenheitsantrag. Nichts anderes gilt dafür, auf missliebige oder als fernliegend erscheinende Beweisermittlungsanträge eines Verteidigers mitzuteilen, es bestünden beim Vorsitzenden Zweifel an einer „wirksamen Verteidigung“.

Strafverteidiger sind nicht die Sprechpuppen ihrer Mandanten. Sie nehmen zwar deren Interessen, aber (auch) eigene Rechte wahr. Der Beweisantrag (oder Beweisermittlungsantrag) eines Strafverteidigers ist sein eigener, nicht der des Angeklagten, und es gibt grundsätzlich keine Berechtigung des Vorsitzenden, eine Erklärung darüber zu verlangen, ob (und wie) ein Antrag „mit dem Mandanten abgesprochen“ sei oder nicht. Solche Interna der Verteidigung gehen das Gericht nichts an. Dass in Frankfurt der zur Rede gestellte Pflichtverteidiger kleinlaut „einräumte“, die Anträge aus eigenem Recht gestellt zu haben, war keine Ruhmestat der Verteidigerkunst. Es deutete darauf hin, dass die Botschaft von der „letzten Chance“ angekommen und im Saal die Rollenverteilung zwischen oben und unten, dem Herrn und den Lakaien abgeschlossen war. Als der zweite Verteidiger K. eilfertig einen Antrag auf Entpflichtung seines Kollegen H. stellte, wollte es der Vorsitzende, so die Presseberichte, „diesmal ganz genau wissen: ‚Ist das auch Ihr Antrag?‘, fragte er den Angeklagten.“ Der nickte. Einzige Chance. Manchen gefällt so was. Die „Frankfurter Rundschau“ war schon am 17.6. zum Prozessauftakt voll des Lobes über die Frankfurter Richterkunst:

Wenn man sich einen Richter backen könnte, würde der vermutlich wie Thomas S. aussehen. Der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats… wird allein schon (!) optisch der Würde seines Amtes voll gerecht. Weiße Haare und weißer Bart bezeugen (!) Altersweisheit, aber der 64-Jährige ist körperlich noch bestens beisammen und macht den Eindruck, als könne er mühelos zwei Kästen Bier (!) auf einmal in den Keller schleppen. Die Brille (!) verleiht dem Richter eine vermeintlich intellektuelle Tiefenschärfe.

Mehr sachfreie Unterwürfigkeit geht kaum. Besonders schön ist der assoziative Zusammenhang zwischen Fehlsichtigkeit und Intellektualität. Er stammt aus dem 19. Jahrhundert, als des Arbeitsmannes Auge sich noch nicht an Zeitungen mit großen Buchstaben ermüden musste. Unter der Überschrift „Richter S. sieht alles“ meldete das kritische Frankfurter Presseorgan: „Die Pressemenschen wissen, dass S. kein Richter ist, den man erbosen sollte.“ Ach, wie sie zittern, unsere Pressemenschen!

Verteidigungspflicht

Quelle     :        Spiegel-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —             Mahnmal Solinger Bürger und Bürgerinnen in Solingen

Autore Frank Vincentz

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Unten          —       Thomas Fischer auf der re:publica 2016

Ot – Eigenes Werk

Thomas Fischer (Jurist)

CC-BY-SA 4.0
File:Thomas Fischer-Jurist-rebuliva16.JPG
Erstellt: 4. Mai 2016.

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Der Wirecard-GAU

Erstellt von Redaktion am 1. August 2020

Das Totalversagen der deutschen Finanzaufsicht

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von Wieslaw Jurczenko

Da haben wir es nun: Wirecard ist – wer hätte das gedacht – pleite. Bis vor Kurzem war das Unternehmen noch ein leuchtender Stern im DAX, dem Deutschen Aktienindex. Ein sogenannter Blue Chip in der ersten deutschen Börsenliga, einer von nur dreißig in diesem Land. Wirecard war an der Börse zeitweise wertvoller als die Deutsche Bank und die Commerzbank zusammen. Die Aktien des Unternehmens sollte man sich eigentlich ins Depot legen für die von der Politik stets propagierte private Altersvorsorge.

Aktueller Wert des Zahlungsabwicklers für moderne Bezahlverfahren: kaum der Rede wert. Innerhalb einer Woche sank der Kurs von hundert auf praktisch null. Wirecard stellte sich als ein Unternehmen mit einer offensichtlich mehr als luftigen Bilanz heraus – und das, obwohl es der deutschen Finanzaufsicht unterlag und elf Jahre lang von der global tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY), einer der sogenannten Big Four, geprüft und sein Jahresabschluss bis einschließlich 2018 regelmäßig abgesegnet wurde. Nun aber fehlen plötzlich 1,9 Mrd. Euro in der Bilanz, ein Viertel selbiger. Eigentlich fehlen sie nicht, sie waren, dafür spricht jedenfalls bisher alles, nie da. Mehr noch: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich das Loch in Wirecards Kasse als erheblich größer herausstellen wird, als derzeit öffentlich bekannt ist. Es spricht einiges dafür, dass Wirecard schon seit Jahren nichts als eine Luftnummer war.

All das ist mehr als nur eine Unternehmenspleite. Es ist ein gewaltiger Schlag ins Kontor, ein Desaster, wie es selbst der Präsident der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, einräumt. Ein Desaster für die Aufsicht, für die Wirtschaftsprüfer, für die Anleger, die Mitarbeiter von Wirecard und – nicht zuletzt – den gesamten Finanzplatz: Erneut ist Vertrauen in den deutschen Kapitalmarkt verloren gegangen. Erneut haben Anleger viel Geld verloren. Die ohnehin schwache deutsche Aktienkultur hat wieder einmal einen massiven Dämpfer erhalten. Und internationale Investoren dürften sich wohl allmählich fragen, ob man in Deutschland überhaupt noch etwas zur Regulierung von Finanzgeschäften unternimmt nach all den Skandalen allein der vergangenen Jahre – sei es um die Hypo Real Estate, die es mit ihrer Tochter Depfa in Irland zu bunt trieb, oder die Deutsche Bank, die bei praktisch jedem Finanzverbrechen der vergangenen zwanzig Jahre dabei war, oder VW, das nach dem Skandal um seine illegale Abgastechnik zehntausende Kunden entschädigen muss. Diese Unternehmen sind keine obskuren Briefkastenfirmen, sondern bilden eigentlich die Crème de la Crème des deutschen Kapitalmarkts.

Allenfalls kosmetische Änderungen

Nun hat sie wieder begonnen, die endlose Debatte, was denn zu tun sei, wie denn das passieren konnte und wer die Schuld daran trägt. Und sofort ergreifen die Lobbyisten das Wort: Ja, schlimm das alles. Aber Regulierung, nein, die brauche man nun wirklich nicht. Es gebe genug Vorgaben, weitere Gesetze seien doch nicht zielführend. Allenfalls kosmetische Änderungen werden toleriert.[1] Dabei wird gerne behauptet, dass sich ein solcher Skandal ja noch nie ereignet habe.

Das Gegenteil ist richtig. Das hat es sehr wohl schon gegeben, und zwar auch und gerade in Deutschland, Europa und anderswo. Was es leider noch kaum gegeben hat, war eine adäquate Reaktion des Gesetzgebers darauf, jedenfalls nicht in Deutschland und leider auch nicht in Europa.

Anders in den USA. 2001 flog dort die Bilanzfälschung des bis dahin hochgelobten Energiekonzerns Enron auf. 22 000 Mitarbeiter verloren ihren Job und Anleger ihr Geld. Der Schaden ging in die Milliarden. Der Gesetzgeber reagierte zügig und erschwerte schon ein Jahr später mit dem Sarbanes-Oxley Act, kurz SOX,[2] Bilanzfälschungen börsennotierter Gesellschaften massiv. Das Gesetz definiert haarklein, wie Unternehmensprozesse, die zu einer Bilanzposition führen, unternehmensintern zu dokumentieren und zu gestalten sind. Seitdem hat es in den USA keinen großen Fall von Bilanzfälschung mehr gegeben. Auch deutsche Unternehmen fallen unter diese Regelung, nämlich dann, wenn sie ebenfalls an einer amerikanischen Börse notiert sind. Auch bei diesen Unternehmen ist bislang kein Fall von Bilanzfälschung bekannt. Ernst & Young kennt diese Standards sehr genau und prüft sie bei SOX-regulierten Unternehmen. Umso unverständlicher ist es, dass die EY-Prüfer elf Jahre lang nicht wenigstens Verdacht geschöpft haben, was die Bilanzierungsmethoden von Wirecard anging. Die Werkzeuge dafür, wie auch zugehörige Kollegen auf den Philippinen, wo angeblich ein Treuhänder über ein Viertel der Bilanzsumme wachte, standen ihnen jedenfalls zur Verfügung. Sehr wahrscheinlich wird EY am Ende einen Teil der Verantwortung für diese Pleite übernehmen müssen.

In Deutschland lassen die Prüfstandards hingegen zu wünschen übrig. Hierzulande hat man den Enron-Skandal zwar zur Kenntnis genommen – man hatte Ähnliches bereits 1999 beim Flowtex-Skandal erlebt –, sah aber zunächst offenbar keinerlei Veranlassung, zu handeln. Obwohl auch hierzulande 2001 ein Bilanzskandal den anderen jagte und man den gesamten Neuen Markt im Zeitraffer verdampfen sah – betroffen waren Unternehmen wie die Informatec AG (2001) oder Comroad (2002) –, wurde erst Jahre später, nämlich 2005, die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) – auch „Bilanzpolizei“ genannt – gegründet. Allerdings weist sie ein paar entscheidende Mängel auf: Gründungsmitglieder sind zum großen Teil Lobbyvereinigungen genau jener Konzerne, die eigentlich durch die DPR kontrolliert werden sollen. Zudem verfügt die DPR über keinerlei hoheitliche Rechte, sondern ist ein privatrechtlich organisierter Verein.

Es war wie so oft: Die Maßnahme kam zu spät, sie war nicht ausreichend und niemandem sollte wehgetan werden. Die DPR war gewissermaßen das politisch komplementäre Luftgeschäft zu den genannten Skandalen. Nun soll sie die Kündigung des Finanzministers bekommen. Immerhin. Aber auch unsere europäischen Nachbarn waren von großen Bilanzskandalen betroffen. Parmalat, ein italienischer Lebensmittelkonzern, musste nach massiven Bilanzbetrügereien 2003 Insolvenz anmelden.

Von den Amerikanern lernen

Also nichts gelernt und weitergeschlafen? Nun, nicht ganz. Mittlerweile gibt es eine Regulierung, die sich Euro-SOX nennt, die aber dank des Einflusses von Lobbyisten verglichen mit ihrem US-Vorbild eher als homöopathische Dosis der US-Regulierung anzusehen ist. Ein erneuter Etikettenschwindel.

Frankfurt, Bafin.JPG

Im Gegensatz dazu haben die Amerikaner auf Krisen im Banken- und Finanzmarkt stets konsequent und mitunter radikal reagiert. Immer wieder tauchen neben Sarbanes und Oxley weitere legendär gewordene Namenspaare in Zusammenhang mit Reformen des Finanzmarkts auf, die für große Umbrüche stehen und rückblickend sehr effektiv waren. Bereits der Glass-Steagall Act,[3] das US-Trennbankengesetz, reformierte drei Jahre nach dem Crash von 1929 das gesamte US-Bankenwesen radikal und sorgte bis zu seiner Abschaffung auf dem Höhepunkt des Deregulierungswahns im Jahre 1999 für eine 66 Jahre währende stabile Periode im Finanzsektor. Geschadet hat dieses Gesetz den USA nicht: Im gleichen Zeitraum stiegen sie zur führenden Wirtschafts- und Militärmacht der Welt auf, gleichzeitig erwarb sich der US-Kapitalmarkt das Vertrauen von Millionen professioneller und privater Anleger weltweit.

Auch in der Banken- und Finanzkrise von 2008 hat man in den Vereinigten Staaten konsequent reagiert: Dodd-Frank Act[4] hieß die neue Regulierung, die beispielsweise den Eigenhandel der Banken drastisch einschränkte (Volcker Rule)[5] sowie vor allem die Too-big-to-fail-Problematik anging und trotz massiven Widerstands der Finanzlobby in weiten Teilen umgesetzt werden konnte. In der Finanzkrise wurden US-Banken nolens volens zwangskapitalisiert. Wer nicht überlebensfähig war, wurde umgehend abgewickelt. Auch deshalb hat sich der US-Bankensektor erheblich schneller erholt als der europäische. Dort verdienen die Banken längst wieder Geld, während in Europa zehn Jahre nach der Finanzkrise eine Armee von Zombiebanken umherschwankt. Auch die US-Wertpapier- und Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) ist in den Vereinigten Staaten regelrecht gefürchtet. „Spanische Inquisition“ oder „vierte Gewalt“ wird sie gern genannt – und das völlig zu Recht. Die SEC hat eigene Ermittlungskompetenzen, kann Vermögenswerte einfrieren und bei Bedarf eine große Palette weitreichender Sofortmaßnahmen treffen, was sie in der Praxis auch immer wieder tut. Mit ihren lediglich 3500 Mitarbeitern hält die SEC den amerikanischen Kapitalmarkt hart im Griff.

Zahnloser Tiger: Die deutsche BaFin

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Oben      —      BSPC 26 in Hamburg: 4.9.2017 Opening

Unten         —        Sitz der BAFIN in Frankfurt am Main, Mertonviertel

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KOLUMNE * MACHT

Erstellt von Redaktion am 1. August 2020

Dampf muss abgelassen werden

File:Maischberger - 2016-12-14-7439.jpg

Habe selten eine Kolumne mit so vielen Übereinstimmungen gelesen. Danke ! Es kommt doch nicht von ungefähr, dass kein Mensch das Woher und Warum erklärt ! Da würden Politiker-Innen wohl ihre ganze Nachkriegspolitik über den Haufen schmeißen müssen.

Von Bettina Gaus

Die Borniertheit gegenüber Volksbelustigungen, ob am Ballermann oder in der Berliner Hasenheide, nimmt in alarmierendem Ausmaß zu. Man kann aber eine Bevölkerung nicht dauerhaft zur „Vernunft“ zwingen.

Es gibt viele Freizeitaktivitäten, auf die ich ohne jedes Bedauern für den Rest meines Lebens verzichten kann. Der Besuch der Stehkurve eines Fußballstadions gehört dazu oder der eines Heavy-Metal-Festivals, etwa in Wacken. Es zieht mich auch nicht an den Ballermann, und ich komme gut ohne Karneval klar. Massenveranstaltungen sind einfach nicht mein Ding. Waren sie übrigens nie, auch nicht, als ich 20 war.

Aber das ist doch nur eine Beschreibung meiner Persönlichkeit, kein Verdienst, auf das ich Grund hätte, stolz zu sein. In den letzten Wochen scheint mir bei diesem Thema jedoch einiges durcheinanderzugeraten. Die Herablassung, sogar Verachtung, mit der auf Leute geblickt wird, die ein körperliches Gemeinschaftsgefühl mit vielen anderen dringend brauchen, könnte mich zu einem illegalen Rave auf der Hasenheide in Berlin treiben. Nicht, weil ich mich da wohlfühlen würde. Sondern schlicht aus wütender Solidarität heraus.

Ich unterstelle mal: Die allermeisten Leute, die sich politisch, fachlich oder publizistisch mit Corona befassen, mögen Abendessen zu viert oder zu sechst lieber als Schunkeln im Dunkeln. Deswegen sind sie Virologe, Kolumnistin oder Bundeskanzlerin geworden und nicht Animateure. Ist ja recht so. Aber es ist eben auch legitim, schunkeln zu wollen.

„Denn ich will, dass es das alles gibt, was es gibt“, sang André Heller schon vor Jahren. Da konnten früher auch Liebhaber der gepflegten Gastlichkeit im kleinen Rahmen mitgehen. Wollen sie das noch? Ich habe Zweifel. Die Borniertheit gegenüber Volksbelustigungen steigt in alarmierendem Ausmaß.

File:MS Stena Saga 2014-09-25 001.jpg

Es gibt einen nennenswerten Teil der Gesellschaft, der mindestens ein- oder zweimal im Jahr die Sau rauslassen will oder muss, um in der übrigen Zeit brav zu funktionieren. Wer die Teilnehmer der Sauforgien am Ballermann genau anschaut, stellt fest: Die allermeisten reisen ohne Partnerin oder Partner an. Was nicht bedeutet, dass sie unverheiratet wären oder keine unmündigen Kinder zu Hause hätten. Sondern nur: dass sie sich einige Tage lang „danebenbenehmen“ wollen. Ein uraltes Bedürfnis.

Quelle          :         TAZ          >>>>>         weiterlesen

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Attribution: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

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Unten     —      English: MS Stena Saga of Stena Line in the Oslo Fjord on the Oslo – Fredrikshavn route.

Author Alva Thylén /     Source    :http://www.mynewsdesk.com/no/stena-line-norge/images/stena-saga-ruten-oslo-frederikshavn-487736

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DL – Tagesticker 01.08.2020

Erstellt von Redaktion am 1. August 2020

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

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Keine Nieten nur Versager, Finanzgeschäfte sind der Schlager ! Und wann stellen sich die Hartzer gegen ihre CDU/CSU Vasallen ?

Umstrittene Pipeline in der Ostsee Nord Stream 2: „Sind kein Vasallenstaat“

1.) SPD-Politiker für harte Gegen-Sanktionen

Nord Stream 2 soll Gas von Russland nach Europa liefern. Die USA wollen die Fertigstellung mit fast allen Mitteln verhindern. Bei den beteiligten Unternehmen wächst die Nervosität. Doch auch die deutsche Politik verschärft nun ihre Drohungen. Die USA wollen Firmen mithilfe von Sanktionen von Nord Stream 2 fernhalten.. Von Unternehmensseite wird die Forderung an die deutsche und europäische Politik laut, sie zu schützen. Ein SPD-Politiker fordert jetzt im Gegenzug Maßnahmen gegen amerikanische Unternehmen. Der österreichische Energiekonzern OMV fordert eine politische Reaktion auf die Drohung der US-Regierung, die Sanktionen wegen der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auszuweiten. Das Unternehmen, das zu den Investoren für die Gaspipeline zwischen Russland und Deutschland zählt, könne eine solche Antwort nicht geben, sagte OMV-Chef Rainer Seele bei der Vorlage der Halbjahresbilanz am Mittwoch. „Allerdings erwarten wir natürlich als europäisches Unternehmen, dass entsprechend sich die Politik dafür einsetzt, dass der Investitionsstandort in Europa an Attraktivität nicht verliert.“ Es sei die Frage, inwieweit sich Europa für seine Souveränität und Unabhängigkeit – insbesondere in der Energieversorgung des Kontinents – einsetzen werde.

Focus

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Selbst wenn dieser seine Lederhause fallen ließe, würde sich doch niemand in einen freien Land für diesen CSU-Jodler interessieren? Nur eines scheint sicher – Merkel wird sich von solch einen Typ wohl nicht versauern lassen !

Vorschau: Bericht aus Berlin

2.) Markus Söder im ARD-Sommerinterview

München oder Berlin? Oliver Köhr spricht mit CSU-Chef Söder über mögliche Ambitionen, doch als Nachfolger von Angela Merkel anzutreten und fragt nach beim Thema Krisenmanagement: Wie muss mit den erneut steigenden Infektionszahlen umgegangen werden? CSU-Chef Markus Söder sendet widersprüchliche Signale. Der bayerische Ministerpräsident sagt, sein Platz sei in der Münchener Staatskanzlei. Aber unausgesprochen inszeniert sich Söder auch als möglicher Nachfolger Angela Merkels im Bundeskanzleramt. Strebt er doch die Kanzlerkandidatur der Union an? Und wie bewertet er, während die Infektionszahlen wieder steigen, das deutsche – und das bayerische – Krisenmanagement in der Corona-Pandemie? Welche Vorstellungen hat er, um die Folgen der Krise für Wirtschaft und Arbeitsmarkt zu bewältigen?

Tagesschau

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Ob er wohl Einen  seine politischen Schweine am Gang erkannte, wenn er es denn wollte ?

Nachruf auf Michael Spreng:

3.) Der Bescheidwisser

Der Journalist und Politikberater Michael Spreng ist tot. Er war ein messerscharfer Analytiker der Politik und ihres Personals. Michael Spreng war ein Bescheidwisser. Ein Journalist, Politikberater und -beobachter, dessen Wort hohes Gewicht hatte – auch für jene, die sich seiner Kritik ausgesetzt sahen. Gerade für jene. Denn es macht einen Unterschied, wer das Wort nimmt. Wenn Spreng es nahm, war klar: Hier spricht und schreibt einer, der nicht wie manch anderer nur meint, Bescheid zu wissen. Nein, Spreng war immer bestens informiert. Nun ist er am 28. Juli im Alter von 72 Jahren verstorben. Spreng wurde 1948 in Darmstadt geboren, seinen dröhnendes hessisches Idiom hörte man deutlich in all den Talkshows heraus, in denen er bis zuletzt zu Gast war. Er war ein Mann der alten Bundesrepublik, der es – auch dank seiner Affinität zu den neuen Medien – wunderbar geschafft hat, im politischen Raum im Gespräch zu bleiben. In seinem Blog Sprengsatz las er anderen gern die Leviten. Auch wenn man selbst gänzlich anderer Meinung war, tat man gut daran, diesem gut vernetzten Strippenzieher aufmerksam zuzuhören.

TAZ

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Sich selber irgendwo hinzustellen – dazu  sind sich alle politischen Hans-Würste selbst wohl zu schade.

Bis „Anarchisten und Agitatoren“ beseitigt sind

4.) Trump will US-Bundespolizisten vorerst in Portland lassen

Trotz Streit mit mehreren Bundesstaaten – Trump will die Bundespolizei nun doch nicht aus Portland abziehen. Zuerst müsse es eine „Reinigung“ der Stadt geben. US-Präsident Donald Trump will die Bundespolizei nun vorerst doch in Portland lassen. Dies kündigte er am späten Freitagabend (Ortszeit) im Online-Netzwerk Twitter an. Die Bundespolizei werde bleiben, bis die lokale Polizei „die Reinigung“ der Stadt „von Anarchisten und Agitatoren“ beendet habe. Um die Entsendung der Bundespolizisten und ihren teilweise gewaltsamen Einsatz hatte es heftigen Streit zwischen Trump und mehreren Bundesstaaten gegeben. Die Regionalregierung von Oregon und die Bundesregierung hatten sich am Mittwoch eigentlich darauf geeinigt, dass die Bundespolizisten ab Donnerstag wieder schrittweise abziehen sollten. Washington machte dabei zur Bedingung, dass die örtlichen Sicherheitskräfte die Sicherheit von Bundesgebäuden garantieren, was Gouverneurin Kate Brown zusagte.

Tagesspiegel

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Vielleicht vereinigen sich beide Männer in einen Porsche ?

Wann endlich trennt sich »Welt«-Chef Ulf Poschardt von seinem rechten Troll-Kolumnisten?

5.) Eine Männerfreundschaft

Don Alphonso, der eigentlich Rainer Meyer heißt, hat diese Woche (mal wieder) versucht mit seiner »Welt«-Kolumne einen Pseudoskandal auszulösen. Dabei hat er (mal wieder) eine mittelbekannte Antifaschistin seinen Twitter-Anhängern zum Fraß vorgeworfen – und genießt nun vermutlich die Ruhe auf seiner Acht-Quadratmeter-Terrasse am Tegernsee, während seine Fans die von ihm Beschuldigte (mal wieder) mit Drohungen und Ekelnachrichten zerfleischen. Ziel dieser Hetzkampagne, die wie alle vorherigen nach dem gleichen billigen Muster verläuft, ist die Rechtsextremismusexpertin Natascha Strobl. Die hat es nämlich gewagt, den Social-Media-Leiter der Bundeswehr, dem Nazi-Inhalte im Netz gefallen, zu kritisieren. Hier soll nicht wiederholt werden, mit welchen heuchlerischen Anschuldigungen und Verzerrungen Rainer Meyer Frau Strobl denunziert – die Blogger von »Volksverpetzer«, einer Plattform zur Aufdeckung rechter Hetze, haben das bereits detailliert aufgedeckt.

ND

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Wo hat er denn eine Schule besucht und das Zählen erlernt ? So als Politiker ? Wirtschafter und Juristen welche etwas von ihren Fach verstehen, lassen sich nicht in den Parteien  durch die Politik verbiegen !

Bußgelder und härtere Strafen

6.) Altmaier zählt Corona-Leugner an

Dass die Infektionszahlen in Deutschland wieder deutlich ansteigen, versetzt die Bundesregierung in Alarmbereitschaft. Um Verstöße gegen die Corona-Regeln zu unterbinden, will Wirtschaftsminister Altmaier deshalb härtere Sanktionen verhängen – zur Not auch gegen vergessliche Bus- und Bahnpassagiere. Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen spricht sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier für härtere Strafen bei Verstößen gegen Corona-Regeln aus. „Wer andere absichtlich gefährdet, muss damit rechnen, dass dies für ihn gravierende Folgen hat“, sagte Altmaier. „Wir dürfen den gerade beginnenden Aufschwung nicht dadurch gefährden, dass wir einen erneuten Anstieg der Infektionen hinnehmen.“ Die ganz große Mehrheit der Bevölkerung verhalte sich nach wie vor außerordentlich verantwortlich. „Was wir im Augenblick an Risikoanstieg erleben, geht im Wesentlichen zurück auf das achtlose und manchmal auch unverantwortliche Fehlverhalten einer sehr kleinen Zahl von Menschen“, sagte Altmaier. „Das müssen wir wirksamer als bisher unterbinden und in Fällen, bei denen es deshalb zu Infektionen und Ausbrüchen kommt, wirksam ahnden: Das schließt Bußgelder und Strafen mit ein, wenn es sich um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit handelt.“

ntv

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Trump hat nicht mehr alle Tassen im Schrank

7.) Schock bei Inventur im Weißen Haus:

Böse Überraschung bei der jährlichen Inventur des Weißen Hauses in Washington: Wie mehrere Bedienstete feststellen mussten, fehlen aus dem präsidialen Tassenschrank mehrere Teile eines historischen Kaffeeservice. Neben dem verschwunden Porzellan wurden zahlreiche weitere Mängel festgestellt. „Leider müssen wir nach unserer Bestandsaufnahme feststellen, dass der Präsident eindeutig nicht mehr alle Tassen im Schrank hat“, erklärte Mark Meadows, der Stabschef des Weißen Hauses. „Zusätzlich bemerkten wir, dass Donald Trump einen Sprung in der Schüssel hat. Also in der, aus der er immer Chicken Wings isst.“Auch der präsidiale Bürostuhl im Oval Office sei in keinem guten Zustand. „Der Präsident hat leider eine Schraube locker und ein Rad ab.“

Postillon

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

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