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Archiv für März 7th, 2012

Streik und Steuer

Erstellt von Redaktion am 7. März 2012

Wo er recht hat, hat er Recht, der Schlecht!

File:Michael schlecht 4564549559.jpg

Ich möchte dabei noch einen Schritt weitergehen:
VER.DI fordert Solidarität ein und Verständnis des gesamten Volkes für ihre Aktionen – andere Gewerkschaften solidarisieren sich mit VER.DI
Wo bleibt die Solidarität dieser arbeits- und sozialtechnisch polarisierten Vereinigungen mit den Hartz IV – Empfängern?
Wo blieb das Einmischen der Gewerkschaften, als der GAZ-Fürst seine Agenda 2010 präsentierte?
Es wird Zeit für eine andere Art Streik, die sich mit der Sozialpolitik dieser BRD (B=Bananen) auseinandersetzt.

Und zu den Tarifen gehört auch die Bezahlung der Bundeswehr – wenn es sie schon gibt – und natürlich auch die Bezahlung der neuen Generation von Zivildienstleistenden.
Schäuble will diese Bezieher lohnsteuerpflichtig sehen.
Ich sage JA dazu. Aber dann muss man diese Leute zunächst einmal besser bezahlen; dann kann man sie der Steuer unterwerfen.
UP.

Am 7.März fand im Deutschen Bundestag auf Antrag der SPD-Fraktion eine Aktuelle Stunde zum Thema „Tarifeinheit sicherstellen – Tarifzersplitterung vermeiden“ statt. Meine Rede können Sie als Video hier ansehen.

Michael Schlecht, MdB – Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE und Chefvolkswirt der Fraktion – 7. März 2012

Streikrecht einschränken? Ausweiten!

In dieser Woche streiken die Beschäftigen des öffentlichen Dienstes. Ein Plus von 6,5 Prozent wird gefordert, mindestens jedoch 200 Euro. Es gibt einen deutlichen Nachholbedarf. Mit viel zu niedrigen Löhnen muss endlich Schluss sein.

Die Warnstreiks müssten eigentlich Anlass sein um im Bundestag darüber zu diskutieren, wie dieser Arbeitskampf unterstützt werden kann. Und wie die Regierung gedrängt werden könnte, die Gelder für die Lohnerhöhung bereit zu stellen – bei immer wiederkehrenden Bankenrettungen rollen die Milliarden ja auch im Blitztempo.

Aber nein, diese Debatte will die SPD nicht führen! Fraktionschef Steinmeier setzt lieber die Tarifeinheit auf die Tagesordnung und fordert, dass die Regierung diese gesetzlich regelt. Wenn zwei Gewerkschaften in einem Betrieb vertreten sind, dann soll nur einer das volle Streikrecht zustehen. Für die andere laufen alle Modelle auf eine Einschränkung, ja auf ein Verbot des Streiks hinaus.

Vor allem bei ver.di wurde von Sommer 2010 bis 2011 intensiv über eine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit diskutiert. Das Resultat: Nach breiter, ablehnender Diskussion wurde dieser Weg mit Beschluss im Gewerkschaftsrat verworfen. Das Streikrecht darf nicht eingeschränkt werden.

Gerade weil es Gewerkschaften immer schwerer fällt zu guten Ergebnissen zu kommen, ist klar: Wir brauchen nicht die Einschränkung, sondern die Ausweitung des Streikrechtes. Wir brauchen endlich die Klarstellung, dass Solidaritätsstreiks unbeschränkt legal sind! Kein Arbeitsrichter soll mehr über die Verhältnismäßigkeit richten! Und wir brauchen endlich die Klarstellung, dass politische Streiks unbeschränkt legal sind! In vielen anderen, zivilisierten Ländern ist das selbstverständlich. Nur bei uns nicht! Das ist doch verrückt!

Für gewerkschaftliches Handeln ist wichtig, dass sich die Stärkeren zugleich für die Schwächeren einsetzten. Dass Fluglotsen, Ärzte, Piloten und Lokführer für ihre Interessen eintreten und streiken, ist ihr gutes Recht. Aber gleichzeitig auch ist es auch problematisch, weil sie ihre besondere Kampfkraft nur für sich und nicht gleichzeitig auch für die Krankenschwester, die Stewardess und den Zugbegleiter einsetzen.

Aber: Die Zusammenführung der verschiedenen Gruppen zu gemeinsamen gewerkschaftlichen Handeln muss politisch vorangebracht werden. Und nicht durch die gesetzliche Beschränkung des Streikrechtes kleiner Gewerkschaften!

Weshalb ist es in den letzten Jahren schwieriger geworden eine einheitliche gewerkschaftliche Interessenvertretung zu organisieren? Weshalb haben einzelne Berufsgruppen begonnen ihre eigene Tarifpolitik zu machen?

Dies hat viel damit zu tun, dass SPD und Grüne die Handlungsmacht der Gewerkschaft geschwächt haben. Wer befristet arbeitet, hat es viel schwerer zu streiken; wer verliehen ist schafft das nur in Ausnahmefällen. Weil so die Verhandlungsergebnisse immer schlechter wurden, fühlten sich manche Beschäftigtengruppen benachteiligt und kamen in die Versuchung ihren Vorteil im isolierten Kampf zu suchen.

Und heute erleben wir, wie der Hauptverantwortliche für die Schwächung der Gewerkschaften – die SPD – die Folgen der verhängnisvollen Politik der Agenda 2010 mit der Einschränkung des Streikrechtes beantwortet. Das ist zynisch und menschverachtend!

Mehr Informationen zu diesem und weiteren Themen finden Sie auch unter www.michael-schlecht-mdb.de

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Schäubles lausiger Deal

Erstellt von Redaktion am 7. März 2012

Amerikanisch-Schweizer Abkommen zu Informationsaustausch:

File:Sven Giegold (Grüne).jpg

Schäuble lässt sich mit lausigem Deal abspeisen

Vergleiche zwischen den Amerikanisch-Schweizer Abkommen und der Deutsch-Schweizer Vereinbarung zieht Grünen-EU-Abgeordnete Sven Giegold. Hier seine Erklärung:

Am vergangenen Montag hat die Schweizer Bundesversammlung einer Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA zugestimmt, wonach der Austausch von Informationen über amerikanische Steuerzahler ausgeweitet werden soll. Das Bankengeheimnis, das bisher effektiven Austausch verhindert hat, wird dadurch entschärft.

Ein gegenwärtig in Verhandlungen befindliches, neues Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz sieht hingegen nur eine anonymisierte Abgeltungssteuer von 26,375 % auf Einkommen deutscher Steuerzahler aus Zins- und Kapitaleinkünften vor, die die Schweizer Banken an den deutschen Fiskus abführen sollen. Außerdem müssten Schweizer Banken eine Einmalzahlung in Höhe von 19-34 Prozent auf die bei ihnen verbuchten Vermögenswerte deutscher Steuerzahler an den deutschen Fiskus leisten. Damit sollen alle Altfälle pauschal abgegolten werden. Dem Ankauf weiterer Daten soll Deutschland sogar abschwören.

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher im Europaparlament für die Grünen, unterstützt die Vorgehensweise der Amerikaner:

„Schäuble darf sich nicht mit einer anonymen Quellensteuer zufrieden geben. Vor allem dann nicht, wenn die Schweiz entfernter liegenden Staaten viel weitreichendere Möglichkeiten gewährt, Steuerhinterziehung im Ausland zu verfolgen. Der Informationsaustausch ermöglicht es den amerikanischen Behörden, nicht nur die fälligen Steuern einzutreiben, sondern auch zu erkennen, welche Geschäfte den erzielten Einkommen zugrunde liegen. Hieraus können sich weitere Steuerpflichten ergeben. Das lausige Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz hält hierfür keine Lösungen parat.

Wenn deutsche Finanzämter zukünftig noch nicht einmal mehr Informationen von CDs mit Steuerinformationen aus der Schweiz verwenden dürfen, um Steuersünder ausfindig zu machen, ist die Bundesregierung bei der Frage der Steuergerechtigkeit keinen Schritt weiter gekommen. Ernsthafte Bekämpfung von Steuerflucht mit dem Ziel, Gleichheit von Steuerzahlern vor dem Gesetz zu schaffen, sieht anders aus.

Die Vereinigten Staaten gehen weiter vehement gegen Steuerhinterzieher vor. Zuerst hat sich die oberste Steuerbehörde Bankmitarbeiter und Finanzberater vorgeknöpft, indem sie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung sogar straffrechtlich gegen sie vorgegangen ist. Anschließend verabschiedete der Kongress das so genannte FATCA-Gesetz*. Demnach wird auf Zahlungen an ausländische Finanzinstitute, die nicht zur Kooperation bereit sind, eine Quellensteuer von 30% erhoben. Eine Belastung, durch die die Institute auf dem amerikanischen Markt faktisch nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Inzwischen ist ausreichend Druck aufgebaut worden, um die Schweiz dazu zu bewegen, von ihrem Bankengeheimnis abzurücken und immer dann Informationen an die USA weiterzugeben, sobald Konten und Kontobewegungen von amerikanischen Steuerzahlern verdächtigen Verhaltensmustern entsprechen.

Die EU-Kommission hat der Bundesregierung darüber hinaus zu verstehen gegeben, dass das verhandelte Abkommen in aktueller Fassung nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Schäuble blockiert mit seinem Alleingang im Augenblick jeglichen Fortschritt gegen Steuerflucht für die gesamte Europäische Union. Gemeinsam mit den europäischen Partnern wäre es möglich, in absehbarer Zeit vergleichbare Erfolge mit den Steueroasen zu erzielen, wie die Obama Administration.

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Sven Giegold MdEP

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Linke Spaltkommissionen

Erstellt von Redaktion am 7. März 2012

Linke Besenmannschaft

Oder war der Fieg Toilettenputzer bei der Bahn ?

Am 19. 02. 2012 berichteten wir in den Artikel „Linkes Schiedspersonal“ über die unhaltbaren Zustände in den Schiedskommissionen der Partei. Als eine Folgeerscheinung der Urteile dieser Laienschauspieler wird jetzt auch der Parteiaustritt von Jonas Ahlgrimm in Gießen gemeldet.

In Angesicht vorliegender Skandalurteile stellt sich schon die Frage wie viel Geld, von wem auch immer, für solcherart Urteile die Tischseite wechseln könnte? Scheint doch die übergroße Annahmefreudigkeit in der Politik mit „wulfen“ eine neue sprachliche Ausdrucksform gefunden zu haben, die Sitten aber alten Traditionen folgen. Wie heißt es doch immer so schon: „Jeder ist käuflich, es ist alles nur eine Frage des Preises.“

So veröffentlichen wir denn hier eine Stellungnahme des KV Gießen:

Sehr geehrte Damen und Herren RedakteurInnen,

hiermit möchte ich Ihnen zu Ihrer weiteren Information zum Austritt von Jonas Ahlgrimm aus der Partei DIE LINKE. unsere im Folgenden Stellungnahme, auch mit der Bitte um Veröffentlichung, senden:

Stellungnahme:

durch Christiane Plonka (Vorstandsvorsitzende) für den Vorstand und die Kreistagsgruppe DIE LINKE. Kreisverband Gießen:

Der Kreisverband DIE LINKE. bedauert Jonas Ahlgrimms Austritt aus der Partei DIE LINKE. außerordentlich. Endgültiger Auslöser hierfür war der seit vielen Jahren schwelende Konflikt um Michael Janitzki und dessen Auftreten bei der außerordentlichen Sitzung am Dienstag letzter Woche, sowie die Entscheidung der Bundesschiedskommission in Berlin, den vom Kreisverband Gießen mehrheitlich beschlossenen Parteiausschluss negativ zu bescheiden. Die Bundesschiedskommission ignorierte hier die basisdemokratische getroffene Entscheidung der GenossInnen des Kreisverbands Gießen und die Entscheidung der Landesschiedskommission, die Janitzki bereits im August ausgeschossen hatte.

Jonas Ahlgrimm hat sich zu diesen Schritt entschlossen, da er nicht dazu bereit ist, die Berliner Entscheidung zu akzeptieren. Zielt diese doch darauf ab, zukünftig mit Michael Janitzki, dem selbsternannten Stellvertreter der „Bündelung linker Kräfte“ in Gießen, zusammen arbeiten zu müssen.

DIE LINKE. in Gießen verschließt sich jedoch nicht grundsätzlich einer Zusammenarbeit mit dem Linken Bündnis: Daher fordern wir Michael Janitzki auf, sein Mandat im Stadtparlament an das Linke Bündnis zurück zu geben, da er einer konfliktfreien Zusammenarbeit mit diesem erheblich im Wege steht.

Auch würde Janitzkis Rücktritt rechtzeitig für parlamentarisch erfahrenen Nachwuchs im Linken Bündnis zu sorgen. Fehlende Erfahrung bemängelte er im Wahlkampf bei den KandidatInnen der Linken. Einen weiteren Wahlantritt von Janitzki auf der Liste des Linken Bündnis wird es zukünftig nicht geben. Eine Wiederholung würde den Parteiausschluss nach sich ziehen. Dies war die einzige Bedingung der Bundesschiedskommission, um einen Ausschluss zu verhindern.

Während der ersten auf das Verfahren folgenden Sitzung begrub Janitzki jedoch keineswegs das Kriegsbeil, sondern verteilte eine persönliche Erklärung und einen Antrag an die Mitgliederversammlung. Die GenossInnen Dennis Stephan, Christiane Plonka und Jonas Ahlgrimm sollen durch diesen Antrag maßgeblich in der Wahrnehmung ihrer Grundrechte, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung, beschnitten werden.

Aus formalen Gründen wurde dieser Antrag allerdings nicht abgestimmt, da es nicht zulässig ist auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung einen nicht angekündigten Tagesordnungspunkt zu behandeln. Dieser Umstand war Janitzki definitiv bekannt. Janitzkis Antrag und der Gegenantrag der GenossInnen des Kreisvorstands und der Kreistagsgruppe, wird auf der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung abgestimmt werden.

Zum Austritt von Jonas Ahlgrimm möchte ich abschliessend noch erklären:
Wir haben weiterhin Respekt vor Jonas Ahlgrimms Entscheidung, die nach reiflicher Überlegung und Abwägung getroffen wurde. Auch andere Funktionsträger der Partei beraten aktuell über ihr weiteres Vorgehen. Die Entscheidung der Bundesebene wird hier in Gießen nicht akzeptiert. Jonas Ahlgrimm und wir wollen unsere Energie weiterhin auf das politische Tagesgeschehen konzentrieren, statt unnötig Zeit aufgrund Janitzkis inszenierter Querelen zu verschwenden. Hier teilt der Kreisverband mehrheitlich Jonas Ahlgrimms Ansicht voll und ganz.

Janitzki´s Vorgehen blockiert so erneut gezielt den Kreisverband Giessen in einer bis dato positiven Entwicklung der Linken in Giessen. Diese wurde auch überregional durchaus wahr genommen worden und wird jetzt durch solche Diskussionen erheblich behindert.

Mit freundlichen Grüßen
Christiane Plonka (Vorstandsvorsitzende)
für den Vorstand und die Kreistagsgruppe
DIE LINKE.
Kreisverband Gießen

Auch von mir noch eine Zusatzbemerkung:

Wir wissen nun nichts Besonderes über den Austritt von Jonas Ahlgrimms; wenn jedoch einer unserer geneigten Leser etwas dazu sagen kann, möchten wir ihn ermuntern, uns Nachricht oder einen entsprechenden Kommentar zukommen zu lassen.
Möglicherweise Jonas Ahlgrimms selber? Aber gerne! Denn das ist so eine Sache mit der Mandatsrückgabe; DIE LINKE betrachtet grundsätzlich die Mandatsrückgabe als erforderlich bei eigenen konvertierten Genossen.
Wir erinnern allerdings: Der erste “lilarote” Abgeordnete in NRW war ein GRÜNER, der sein Mandat nicht an seine grünen Genossen zurückgab, sondern es zu seinen neuen Genossen mitnahm. Mein lieber Krokoschinski – das war vielleicht i.O. – für die Linken – versteht sich!!! Sagel hiess er – oder irre ich mich?!
Der Einfachheit halber: redaktion [ätt] demokratisch-links [dot] de

UP.

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Die Rebellion des Citoyen

Erstellt von Redaktion am 7. März 2012

Die bürgerliche Welt fällt auseinander…..

File:Logo Nous Citoyens.jpg

…… schreiben Georg Seesslen und M. Metz in ihrem neuen Buch „Bürger erhebt euch“. Ein Vorabdruck

Für Menschen, die denken und fühlen, können „der Bürger“ und „die Bürgerin“ keine rundum sympathischen Erscheinungen sein. Deshalb sieht man sich gelegentlich gedrängt, das Bürgerliche zu überwinden, in der Welt und in sich selbst. Vermutlich gibt es nichts, was so tief bürgerlich ist wie die Sehnsucht nach dem Nichtbürgerlichen.

Die Hilfskonstruktion ist bekannt: Wir sprechen einerseits vom „Citoyen“, jenem Bürger des Staates, der diesem Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität abverlangt, wenn es sein muss, auch mit den Mitteln des mehr oder weniger zivilen Ungehorsams. Das ist ein hellwacher, kritischer, aufgeklärter, zu Zeiten rebellischer, jedenfalls unruhiger Geist, der den Diskurs selber bestimmen will.

Wir stellen uns den Citoyen und die Citoyenne als dynamische, empfindsame, eher schlankere Menschen vor, die irgendwie immer mit einem „Projekt“ oder einer „Manifestation“ beschäftigt sind. Ausruhen können sie später, wenn die Welt eine bessere geworden ist.

Bigotte Rituale

Und wir sprechen andererseits vom „Bourgeois“, jenem Nutznießer des Kapitalismus, der sich gern dem Gerechtigkeits- und Solidaritätsfimmel des Staates entzieht, der möglichst alles beim Alten belässt, es sei denn, es bringt ihm Profit und Vorteil; ein Mensch, der sich nichts daraus macht, zu genießen im Angesicht des Elends, der gleichwohl seine bigotten Rituale der Selbstbeweihräucherung hat, sei es in der Kirche oder vor dem Fernsehapparat, jemand, der sich blind stellt und sich gern verblenden lässt und der fette Speisen in einem fetten Körper begräbt. Bourgeois und Bourgeoise pflegen statt Projekten die kleinen Unterschiede.

Insbesondere in ihrer verbreitetsten Form, nämlich als „petit“ bourgeois ist ihre Mischung aus Habgier und Neid, Untertänigkeit und Hang zur ökonomischen Kriminalität einigermaßen unerträglich.

Der Citoyen (die Demokratie) und der Bourgeois (der Kapitalismus) sind nur auf den ersten Blick zwei Figuren in der Comedia dell’Arte in unserer Gesellschaft, wenn auch verwandte: Bourgeois und Bourgeoise zeugen ein Kind, das unbedingt ein Citoyen oder eine Citoyenne werden will; den Citoyens verdirbt die bourgeoise Familie das Projekt. Viel mehr aber sind Bourgeois und Citoyen die beiden Seiten ein und derselben Persona, in sehr, sehr unterschiedlichen Verhältnissen natürlich.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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