1,5 Grad? — Kein Plan!
Erstellt von Redaktion am Freitag 24. September 2021
Keine Partei nimmt sich genug für den Klimaschutz vor.
Armin reitet die Lok ?
Von Susanne Schwarz
Ein Überblick über die Programme der aktuellen Bundestags Parteien, die den menschengemachten Klimawandel nicht leugnen.
UNION
Die Ziele
Klimaneutralität: 2045.
Zwischenschritte: 65 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990 bis 2030, 88 Prozent bis 2040.
Der Weg
Die Konservativen wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben, Genaueres zum Tempo findet man im Wahlprogramm nicht. In einem zusätzlichen Energiewendepapier hat die Union das zumindest für Solaranlagen spezifiziert. Den Kohleausstieg will die Union beim Jahr 2038 belassen, außer der Markt vollzieht ihn vorher. Einen Gasausstieg plant sie bisher nicht. Auch abseits der Energiewirtschaft will die Union vor allem auf technische Innovationen setzen: Autos sollen mit Strom, Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Generell will die Union Wasserstoff als Energieträger nutzen und fördern – selbst wenn er nicht erneuerbar, sondern auf Erdgasbasis produziert ist. Die Landwirtschaft soll durch Digitalisierung und neue Züchtungstechnologien klimafreundlicher werden. Insgesamt will die Union den Übergang ins postfossile Zeitalter durch die Bepreisung von CO2 vorantreiben, verrät aber noch nicht, wie hoch die Kosten steigen sollen. Zum anteiligen sozialen Ausgleich soll der Strompreis sinken. Die Konservativen wollen eine CO2-Bindeprämie für Wälder und Holzprodukte einführen sowie Technologien zur Speicherung von CO2 fördern.
Die Vergangenheit
Bisher hat die Union oft Schritte blockiert, die ihre jetzigen Vorhaben befördert hätten. Aus der jüngsten Vergangenheit: Als die Bundesregierung im Sommer ihr Klimaschutzgesetz reformierte, nachdem das Bundesverfassungsgericht es hatte durchfallen lassen, verhinderte die Union, dass im selben Atemzug auch die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien angehoben werden. Auch eine Solardachpflicht für Neubauten scheiterte bei dieser Gelegenheit an den Konservativen. Im Wahlkampf kritisierten Unions-Politiker:innen außerdem die Grünen-Konkurrenz dafür, dass diese höhere Benzinpreise ankündigte. Das steht im Widerspruch dazu, dass die Union selbst weiter mit CO2-Preisen arbeiten will, die Benzin, Diesel, Heizöl und -gas logischerweise verteuern werden.
Das Fazit
Die Vorschläge der Union bleiben relativ vage, an vielen Stellen fehlen konkrete Angaben. Die Partei will außerdem in ihren Zielen nicht über das bisherige Bundesklimaschutzgesetz hinausgehen.
SPD
Scholz – im Wasser der Alster gestählt
Die Ziele
Klimaneutralität: 2045.
Zwischenschritte: 65 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990 bis 2030, 88 Prozent bis 2040.
Der Weg
Die SPD will den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen und verbindliche Ausbaupfade festlegen, die das Wahlprogramm aber noch nicht enthält. Zum Kohleausstieg heißt es lediglich, er sei „beschlossene Sache“. Das legt nahe, dass die SPD bei 2038 als Termin bleiben will, Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat mittlerweile aber schon gesagt, dass er durch Markteffekte von einem Aus für die Kohle im Jahr 2034 ausgeht. Zum Ende der Erzeugung von Strom und Wärme aus fossilem Gas macht die SPD keine Angabe, allerdings soll Strom im Jahr 2040 zu 100 Prozent erneuerbar sein. In der Landwirtschaft will die Partei weg von der Subventionierung nach Ackergröße. Außerdem will sie zum Beispiel eine flächenbezogene Obergrenze für die Nutztierhaltung einführen. Beim Verkehrswesen setzt die SPD auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, an den bis 2030 jede:r Bürger:in „wohnortnah“ angeschlossen sein soll, sowie auf die Förderung von E-Autos. Auf Autobahnen soll ein Tempolimit gelten. Auch die SPD will mit einem ansteigenden CO2-Preis arbeiten, aber den Strompreis senken, um soziale Härten abzumildern.
Die Vergangenheit
Beim Kohleausstieg hat die SPD lange eher gebremst – die Sorge um Industriearbeitsplätze treibt die Sozialdemokrat:innen um. In der nun auslaufenden Legislaturperiode hat die SPD allerdings das Klimaschutzgesetz vorangetrieben. Wenn man weiter zurück in die Vergangenheit blickt, hat die SPD in der Regierung mit den Grünen das Erneuerbare-Energien-Gesetz eingeführt. Aber: Obwohl sie laut Wahlprogramm auf steigende CO2-Preise setzen wollen, haben sich etliche führende SPDler:innen und andere Parteipolitiker:innen im Wahlkampf vehement gegen höhere Benzinpreise ausgesprochen.
Das Fazit
Das Wahlprogramm der SPD sieht keine Anhebung der bisher gültigen Klimaziele vor. Auch die SPD bleibt bei den Maßnahmen, mit denen sie ihre Ziele erreichen will, an etlichen Stellen unkonkret, auch wenn sie speziell zur Verkehrswende mehr Details nennt als etwa die Union.
Die Linke
Bartsch — Im Quetschkasten der Gewerkschaften
Die Ziele
Klimaneutralität: 2035.
Zwischenschritte: 80 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990 bis 2030.
Der Weg
Die Linke will (Klima-)Politik strukturell anders machen als bisher. Sie lehnt zum Beispiel als einzige Partei CO2-Preise als Mittel ab, da sie Menschen mit niedrigen Einkommen stärker treffen. Strom- und Wärmenetz will sie in die öffentliche Hand überführen. Bis 2035 soll die gesamte Energieversorgung auf Erneuerbaren basieren, für Solar- und Windkraft nennt die Linke konkrete Ausbauquoten. Den Kohleausstieg will die Partei auf 2030 vorziehen, außerdem will sie auch einen Gasausstieg gesetzlich regeln. Die Linke will in eher kleinem Umfang auf den energieintensiv herzustellenden Wasserstoff setzen, etwa in der Stahlproduktion, sofern das auf Basis von Ökostrom passiert. Sie will alle Gebäude bis 2025 einem Klimacheck unterziehen, um sie bis 2035 stufenweise klimaneutral zu machen. Flüge will sie auf Strecken verbieten, die kürzer als 500 Kilometer sind oder in fünf Stunden mit dem Zug gefahren werden können. Für Straßen wünscht die Linke sich Tempolimits. Autos will sie reduzieren, Neuwagen mit Verbrennungsmotor sollen ab 2030 nicht mehr zugelassen werden.
Die Vergangenheit
Auf Bundesebene war die Linke noch nie an einer Regierung beteiligt. Die Partei hat starke Verbindungen in die Klimagerechtigkeitsbewegung, aber traditionell auch einen gewerkschaftsnahen Flügel, der vor Arbeitsplatzverlusten und zu hohen Energiepreisen durch Klimaschutz warnt.
Das Fazit
Die Linke hat unter den fünf demokratischen Bundestagsparteien die ambitioniertesten Klimaziele. Zudem hat die Partei etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien klare Vorstellungen; in anderen Bereichen ist sie weniger konkret. Was beispielsweise mit einem 2029 zugelassen Benziner nur sechs Jahre später im Jahr der Klimaneutralität passiert, ist nicht klar. Auch halten viele Energieökonom:innen steigende CO2-Preise für nötig.
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen:
Oben — Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Energiespeicher und Konkurrenzbedingungen Erneuerbarer Energien.
- CC BY-SA 4.0
- File:Energiewende-Rallye-Stromspeicher-Gerhard-Mester.gif
- Created: 1 January 2013
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2.von Oben — Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel
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Unten — Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Klimawandel und Kohleverbrennung: – Totschlagargument Arbeitsplätze (Stichworte: Globus, Erde, Klima, Kohle, Energie, Umwelt)
- CC BY-SA 4.0
- File:20150715 xl 145658-o13592-Karikatur–Gerhard-Mester–Klimawandel-und-Kohleverbrennung–Totschlagargument-Arbeitsplaetze.jpg
- Created: 15 July 2015