Zum Jüdischen Museum
Erstellt von Redaktion am Sonntag 30. Juni 2019
Warumn ich nicht mehr für das Jüdische Museum Berlin arbeiten will
Von Yossi Bartal
Am vergangenen Montag, nach Hunderten Führungen für Gruppen aus Deutschland und der ganzen Welt, habe ich meinen Vertrag als Tourguide im Jüdischen Museum Berlin gekündigt, um gegen die Einmischung der deutschen und der israelischen Regierung zu protestieren. Der erzwungene Rücktritt des Museumsdirektors Peter Schäfer, einem der führenden Judaisten der Welt, als Konsequenz einer aggressiven Kampagne, machte deutlich, dass die Bundesregierung nicht mehr daran interessiert ist, die künstlerische und wissenschaftliche Autonomie des Museums zu schützen. Und ich bin nicht daran interessiert, in einer Institution zu arbeiten, die ihre Unabhängigkeit aufgibt, um vornehmlich den politischen Interessen der einen oder anderen Regierung zu dienen.
Von Anfang an stellte mich die Arbeit als jüdischer Tourguide in einem Museum, in dem die Mehrheit der Mitarbeiter und der Besucher nicht jüdisch ist, vor persönliche, politische und pädagogische Herausforderungen. Tatsächlich werden seit Eröffnung des Museums 2001 immer wieder Fragen über Repräsentation gestellt. Darf ein Museum der Bundesregierung sich jüdisch nennen, ohne unter der Kontrolle der offiziellen jüdischen Gemeinde zu stehen (die selbst nur einen Teil der Juden in Deutschland vertritt)? Liegt es in der Verantwortung des Jüdischen Museums, in Ermangelung einer ähnlichen Einrichtung für die hiesige muslimische Gemeinschaft, Raum für die Perspektiven von Einwanderern und ihrer Nachkommen zu bieten, von denen viele neben dem Museum wohnen, und einen jüdisch-muslimischen Dialog zu führen? Ist das Museum ein Forum, in dem unterschiedliche Meinungen in der jüdischen Welt, auch bezüglich Israel, gehört werden sollen?
Die Antwort der jüdischen Gemeinde, von Israels Botschafter und einigen rechtsgerichteten Journalisten, die seit Jahren mit giftigen und falschen Behauptungen das Museum attackieren, scheint ein klares Nein zu sein.
Weil in dem Museum vor allem Nicht-Juden arbeiten, so suggeriert ein großer Teil der Kritik, wird der Institution das Recht auf gesellschaftliche Interventionen genommen, falls sie mit den politischen Präferenzen der Gemeindevertreter nicht in Einklang stehen. Diese Position erreichte eine absurde Dimension, als Josef Schuster, der Vertreter einer Gemeinde, in der viele Mitglieder nach der orthodoxen Halacha nicht als jüdisch gelten würden, am Recht des Museums zweifelte, sich als jüdisch zu bezeichnen. Die berechtigte Kritik an der mangelnden Vertretung von Juden in prominenten Positionen in Deutschland sollte jedoch nicht ablenken, weil diese ausschließlich geäußert wird, wenn Nicht-Juden es wagen, selbst die weichste Form von Unmut gegen die Politik der israelischen Regierung zu äußern.
Den Beweis dafür lieferte die Gemeinde, als sie die jüngste Ernennung von zehn Antisemitismusbeauftragten in verschiedenen Bundesländern begrüßte, obwohl keiner von ihnen selbst jüdisch ist. Was diese neuen Kommissare jedoch eint, ist ihre Position, dass scharfe Kritik an die Besatzungspolitik und am ethno-religiösen Charakter des Staates Israel als Ausdruck von Antisemitismus in Betracht gezogen werden sollte.
Es überrascht daher nicht, dass besonders die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch die Kampagne gegen das Museum im vergangenen Jahr mithilfe von parlamentarischen Anfragen anführte. Darüber konnte man sogar auf Hebräisch in wohlwollenden Artikeln in der regierungsnahen Zeitung Israel Hayom lesen. Trotz der Behauptung der israelischen Botschaft, mit Vertretern der AfD nicht in Verbindung zu stehen, verbindet beide die gleiche tiefe Ablehnung eines auf Gleichberechtigung basierenden Diskurses und die Gleichsetzung der Interessen der israelischen Regierung und den jüdischen Gemeinden auf der ganzen Welt.
Quelle TAZ >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Kollegienhaus, the baroque part of the Jewish Museum…
Unten — Israeli Side – Palestinian Side…