Der Mord an Oury Jalloh ?
Erstellt von Redaktion am Donnerstag 9. Juli 2020
Ministerium blockiert Aufklärung
Von Christian Jakob
Juristen sollen Ermittlungsfehler im Fall Oury Jalloh prüfen. Jetzt wurde bekannt: Das Justizministerium Sachsen-Anhalt behindert die Experten dabei.
Das CDU-geführte Justizministerium von Sachsen-Anhalt blockiert die Aufarbeitung des Falles Oury Jalloh. Staatssekretär Josef Molkenbur lehnt es ab, dass Staatsanwälte frei und unbeaufsichtigt mit zwei Sachverständigen sprechen, die der Landtag von Sachsen-Anhalt eingesetzt hatte, um die Ermittlungen in dem Fall zu überprüfen. Der Spiegel hatte zuerst darüber berichtet.
Die beiden Juristen sollen klären, ob bei den Ermittlungen in dem Fall des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Sierra Leoners Oury Jalloh Fehler gemacht worden sind. Obwohl alle Indizien auf eine Tötung Jallohs hindeuten, waren die Mordermittlungen eingestellt worden.
Bei den Sachverständigen handelt es sich um den Grünen Jerzy Montag und den konservativen Juristen Manfred Nötzel. Sie hatten in den vergangenen Monaten bereits mit PolizeibeamtInnen gesprochen, ohne dass das zuständige Innenministerium Einwände erhoben hätte.
Das Justizministerium erklärte nun, es habe „nicht die geringsten Vorbehalte“ gegen die beabsichtigten Befragungen der StaatsanwältInnen – allerdings nur in Sitzungen des Rechtsausschusses und somit im Beisein von Mitgliedern der Landesregierung. Fragen sollten vorab geschickt werden. Alles andere sei nicht mit der Landesverfassung vereinbar.
„Schwere Beeinträchtigung unserer Arbeit“
Montag lehnt dies ab: Die JustizbeamtInnen nur in einem solchen Setting befragen zu können sei „eine schwere Beeinträchtigung unserer Arbeit für das Parlament“ schrieb er in einer Mail an Molkenbur. Er bitte „dringlich“ darum, die Entscheidung zu überdenken.
Es geht insgesamt um Gespräche mit sieben JustizbeamtInnen, darunter wohl mindestens drei StaatsanwältInnen: Neben Sachsen-Anhalts Noch-Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad dürfte dies der langjährige Leitende Oberstaatsanwalt in Dessau, Folker Bittmann sein. Der hatte, nach 12 Jahre währenden Ermittlungen, im April 2017 erklärt, er gehe von einer Tötung Jallohs aus. Bittmann hatte dabei einzelne Beamte aus dem Dessauer Revier als Tatverdächtige benannt.
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Aufklärung im Fall Oury Jalloh:
Die unendliche Blockade
Kommentar von Christian Jakob
Die Angst der Behörden, was im Fall Oury Jalloh noch zur Sprache kommen könnte, legt den Schluss nahe: Es muss schlimm sein.
Es ist eine unendliche Geschichte. Wer Buch darüber führen will, mit wie vielen Volten Polizei und Justiz in Sachsen-Anhalt Aufklärung im Fall Oury Jalloh erschwert haben, hat viel zu tun.
Seit dem Tag des Brandes, bei dem vor über 15 Jahren der gefesselte Sierra Leoner im Keller des Dessauer Polizeireviers verbrannte, reiht sich Merkwürdigkeit an Merkwürdigkeit. Jetzt ist eine weitere hinzugekommen: Die beiden Juristen, die im Auftrag des Parlaments von Sachsen-Anhalt den Fall aufarbeiten sollen, werden in ihrer Arbeit blockiert – und zwar vom CDU-geführten Justizministerium in Magdeburg.
Das will partout unterbinden, dass die beiden ohne Aufsicht vertrauliche Gespräche mit den beteiligten StaatsanwältInnen führen können. Angeblich sei eine solche Befragung verfassungswidrig, beschied ein frisch ins Amt gekommener Staatssekretär. Nur die Landesregierung selbst müsse dem Parlament Rede und Antwort stehen, nicht aber ihre Beamten. Es ist eine höchst überraschende Feststellung. Denn als die beiden Sachverständigen eingesetzt wurden, war das Justizministerium beteiligt – und hatte keine Einwände.
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Weitere Berichte über diesen brisanten Behördenfall :
Eine vernichtende Aussage über die Unfähigkeit des Staates
05. 01. 2018 Der abgewiesene Zeuge
13. 11. 2012 Der Fall Oury Jalloh
10. 01. 2012 Die Fratze des Staates
09. 01.2011 Schweigen von Beamten
09. 12. 2008 Polizei Rassismus in Dessau
9. 12. 2008 Skandal-Urteil in Dessau
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Grafikquellen :
Oben — Aktion zum Tod von Oury Jalloh 2017 in Sachsen durch Black Rose an der Leipziger Straßenbahnhaltestelle H.-Liebmann-/Eisenbahnstraße (auf Höhe der Eisenbahnstraße 83).
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Unten — Part of “Unsanctioned” a self declared event of the 7th Berlin Biennale for Contemporary Art (2012),