Wo bleibt die Revolution?
Erstellt von Redaktion am Dienstag 8. Juli 2014
Zur Debatte um die Herrschafts-Zeiten
Autor: U. Gellermann
Datum: 07. Juli 2014
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Buchtitel: Wo bleibt die Revolution
Buchautor: Egon W. Kreutzer
Verlag: EWK
Aus Elsendorf, aus der beschaulichen Holledau, hätte man einen Aufruf zur Revolution eher nicht erwartet. Doch genau dort lebt Egon W. Kreutzer, der mit seinem neuesten Buch die Frage stellt: „Wo bleibt die Revolution?“. Eine revolutionäre Situation entsteht nach Lenin dann, wenn die da oben nicht mehr können und die da unten nicht mehr wollen. Zuletzt war genau dieses Muster in der vergehenden DDR zu beobachten, in der es für einen recht kurzen Moment revolutionäre Verhältnisse gab bis dann der große, kapitalistische westliche Bruder das bisschen Revolution übernahm, um jene Verhältnisse einzurichten, unter denen wir bis heute in Ost und West leiden.
Egon W. Kreutzer beschreibt in seinem ersten Kapitel umfänglich und verständlich, warum es eine Revolution in Deutschland geben sollte: Über die seit Schröders Agenda umgesetzte These davon, dass Privat alles besser könne als der Staat, über den immensen Abbau von Arbeitsplätzen, die Lohndrückerei, über das Afghanistan-Fiasko und die Vergötzung des Marktes. Dabei gelingen dem Autor höchst anschauliche Beispiele, wie jene, wenn er die Hartz-Viererei mit einem Zoo und der von der ARGE verordneten „Präsenzpflicht“ vergleicht. Oder auch die kluge Erklärung zur deutschen Exportweltmeisterschaft, eine Meisterschaft, die letztlich der Mehrheit der Deutschen und auch ihren Nachbarn schadet.
Gerade weil Kreutzer seinen Lesern eine Reihe von Gründen für eine Revolution aufzählt, sind Sätze wie dieser, den Gründen vorangestellt, nur schwer begreiflich: „Angriffe auf die Symbiose von Staat und Kapital kommen folglich einem volkswirtschaftlichen Suizid gleich.“ Gegen wen sollte denn eine Revolution von statten gehen, wenn nicht gegen die auch von ihm heftig kritisierte Symbiose? Wenn nicht gegen die zunehmende Verschmelzung von Staat und Kapital, wenn nicht gegen eine Eigentumsform, in der die einen alles, die anderen zwischen wenig bis nichts haben?
In seinem Kapitel darüber, was denn die Deutschen an einer Revolution hindert, sieht der Autor das mangelnde Selbstwertgefühl der Vielen, das aus Armut, festen Hierarchien und einer Erziehung zur Angst resultiert. Um später dann eine „typische Randgruppenpsychose“ zu konstatieren, die zur Mitte dränge, um von dieser „Mitte“ Veränderungen zu erwarten. Diese Bewegung vom Rand zur Mitte belegt er mit Willy Brandts damals neuer Ostpolitik, die zum Beispiel den Antikommunismus zurückgedrängt habe. Schon diese Überlegung ist recht fragil. Entstand doch genau in Willy Brandts Regierungszeit das Berufsverbot für Linke aller Art, ein wunderbares Instrument der Unterdrückung und der Angstmacherei. Und Willy Brandts Satz, nachdem in Vietnam die Freiheit West-Berlins verteidigt werden würde, spricht denn auch eher gegen Kreuzers These.
Wenn Kreuzer von der Nazi-Keule redet, die sich gegen Vaterlandsliebe wende, kann er das nicht belegen. Auch dass er den Patriotismus an das „Vaterland“ bindet und nicht an die Verfassung, die es zu verteidigen gilt, kommt eher hölzern daher. Und wenn von ihm später zum Beispiel die Pizza als „multikulturelle Errungenschaft“ zitiert wird, die von jedermann toleriert und akzeptiert werden müsse, wolle er sich nicht „dem Vorwurf, der teils strafbewehrten Diskriminierung aussetzen“, dann muss man anmerken, dass die eigentliche Kultur-Debatte längst Teil des „Antiterror-Kampfes“ geworden und der Islamophobie gewichen ist.
Sätze wie „Die inzwischen durchaus aufgeklärte Bevölkerung fordert von ihrer Regierung den Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit“, verwischen den schroffen Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital, ein Gegensatz, der lange und erfolgreich vernebelt, in die „Sozialpartnerschaft“ umgewandelt wurde, die einer möglichen Revolution sicher im Wege steht, weil erst aus dem Begreifen dieses Widerspruchs revolutionäres Bewusstsein entstehen kann. Auch wenn Kreutzer „einige Gruppierungen“ sieht, „die nur darauf gewartet haben, endlich mit- und aufmischen zu können“, mag er uns nicht mitteilen, wo er denn diese Gruppierungen verortet. Der Mittelstand jedenfalls, den der Autor gegen „die Beschränkung der Freiheit anrennen“ sieht, schmückt zur Zeit seine Autos mit der Deutschlandfahne und wird auch nach der WM, selbst wenn „wir“ nicht Meister werden sollten, brav wieder jene übergroße Koalition unter Einschluss der Grünen wählen, die uns Millionen Almosenempfänger und eine militarisierte Außenpolitik eingetragen hat. Die da unten wollen mehrheitlich so weiter machen, die da oben können ihre Herrschaft bisher ziemlich glatt ausüben.
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Fotoquelle: Wikipedia – August von Pettenkofen (1822–1889)
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Dienstag 8. Juli 2014 um 10:34
Wo bleibt sie nur, die heiß ersehnte und inbrünstig erflehte Revolution? Eine Frage, die sich schon K.L. und R.L. gestellt haben. Und seitdem viele Linke immer wieder auf`s Neue. Und nie eine halbwegs befriedigende Antwort gefunden haben. Die Novemberrevolution 89 war ja nun auch keine orginär linke Revolution, sondern eine der bürgerrechtlichen Art, die gegen eine sich links gebende Regierung gerichtet war. Ziemlich dumm gelaufen aus linker Sicht. Aber nicht wirklich schade.
Mit dem augenblicklichen linken Personal aus Vollzeitirren (Höger, Dagdelirium, etc) und Teilzeitirren( Kipping, Riexinger,etc)und nur wenigen „Normalos“ wird es auch in nächster Zeit nix werden mit der erwünschten Revolution.
Dienstag 8. Juli 2014 um 11:13
Revolution, sehr leicht geschrieben und gesprochen. Aber ehrlich, wofür und vor allen Dingen mit wem? Gerade der Arbeiter hat immer dann verloren wenn er sich auf seine Gewerkschaften und, oder „weiße Kragen“ tragendenden Befürworter verließ. Egal wie diese auch geheißen haben und wo immer sie gelebt haben. Denn gerade Jene wollen auch nur noch seine letzten Pfennige!!
In der Natur nennen wir sie Aasgeier.
Der „Kleine“ müsste sich also schon auf sich selbst besinnen.
Dienstag 8. Juli 2014 um 14:01
@ Ingo Ebert Deine Gewerkschaftskritik kann ich nicht nachvollziehen. Es waren die Gewerkschaften, die den 8Stundentag, die 5Tagewoche und einiges andere mit erkämpften und durchsetzten, auch durch Streiks. Es ist nicht Aufgabe der Gewerkschaften allgemeinpolitische (linke) Ziele durchzusetzen, sondern die Interessen der Beschäftigten zu vertreten und durchzusetzen. Dass es auch in den Gewerkschaften einen gewissen Prozentsatz an Quartals-und Vollzeitirren gibt, die sich in der Hauptsache in der Linkpartei tummeln, ist unschön, aber die gibt es in allen Bereichen, in denen Menschen organisiert tätig sind.
Dienstag 8. Juli 2014 um 16:11
# 3
Das brauchst Du doch auch gar nicht, oder? Die Gewerkschaften waren immer nur dann stark wenn die SPD nicht in der Regierung saß. Als überwiegende SPD Mitglieder sind sie immer dann eingeknickt wenn die SPD das Sagen hatte. Dann war die Partei den Funktionären wichtiger als ihre Klientel. Über die Aufgaben der Gewerkschaften bin ich im übrigen bestens informiert, da ich dort immer sehr gute Beziehungen zu hatte, obwohl ich nie Mitglied war. G.-Funktionäre haben in der Politik nichts zu suchen, da Konflikte unausweichlich sind.
Eingeführt wurde der 8 Std. Tag und auch die anderen Errungenschaften letztendlich von der Politik !!
Dienstag 8. Juli 2014 um 17:08
Ingo, nee, so einfach ist das nicht. Brandt ist weniger über den Spion gestürzt, als über die Lohnforderung der ÖTV, die Klunker im Winter 74 knallhart durchzog. Ohne Gewerkschaften sähe einiges anders aus in diesem Land. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bei Arbeitern ist sicher von der Politik eingeführt worden, am Anfang aber standen Streiks, dito bei weiteren Arbeitszeitverkürzungen, die ja zum Teil tarifliche, nicht gesetzliche Vereinbarungen sind.
Mittwoch 9. Juli 2014 um 9:37
Das Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen von der Partei DIE LINKE wurde am letzten Wochenende zum vierten Mal angegriffen und mit einem großen Hakenkreuz beschmiert.
Landessprecher Ralf Michalowsky mahnt: „Niemand sollte vergessen, was in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts geschah und wozu rechte Kräfte fähig sind.
Man sollte sich auch vor Augen halten, wozu linke Kräfte fähig sind. Auch die malen gern mal ein Hakenkreuz, wenn es darum geht, öffentlich in Erscheinung zu treten. Ein Hakenkreuz kann jede/r „malen“.
Mittwoch 9. Juli 2014 um 13:26
In der vergangenen Nacht verübten unbekannte Linksextremisten einen Brandanschlag auf den Pkw des Kreistagsabgeordneten Nils Matischent in Güstrow. Der Audi des Kreistagsabgeordneten und Güstrower Stadtvertreters brannte vollständig aus. Der Sachschaden wird mit weit über 10.000 Euro beziffert.
Es ist nicht der erste Vorfall gegen Mitglieder des Kreistags des Landkreis Rostock. So wurden bereits zuvor Dirk Susemihl mit dem Tode bedroht und die Scheiben des Wohnhauses von Nils Matischent eingeworfen.
Mittwoch 9. Juli 2014 um 14:43
#6 Der Verdacht kommt mir auch. Zumindest manchmal.
#7 Gilt natürlich auch für andere.
Mittwoch 9. Juli 2014 um 15:49
@ Albert S.Ich erinnere mich an eine „Einladung“ des Gütersloher Sprechers Pfusch zu einer Veranstaltung gegen Rechts, in der ein Drittel der nicht ganz anderthalbseitigen Einladung denen „gewidmet“ war, denen man den Eintritt verweigern würde. Das war natürlich eine von Pusch und den Gütersloher Linken gewollte Provokation, um Randale zu erzeugen. Eine Methode, die Herr Goebbels als Berliner Gauleiter in die Politik einführte, wie man in seinem „Kampf um Berlin“ nachlesen kann.Die Nazis und ihre Veranstaltungen waren bedeutungslos, da kam Herr G. auf die Idee der „Kommune“ anzukündigen, man würde ihre Vertreter an die Luft setzen, die prompt kamen, die Nazis hatten die Randale und die Aufmerksamkeit, die sie so dringend benötigten.
Die Methode Goebbels hat aber in Gütersloh nicht funktioniert, man blieb unter sich.
Mittwoch 9. Juli 2014 um 18:12
Linke und Rechte leben in Symbiose.
Die Linksextremen und die Rechtsextremen brauchen sich doch gegenseitig. Die Rechten machen einen Aufmarsch mit einigen wenigen Getreuen, die sie mobilisieren können, was niemanden interessiert. Das sagen sie den Linken, die eine Gegendemo machen mit viel Polizei. Dann randalieren sie, damit sie ins Fernsehen kommen, und schreien „Polizeigewalt!“ Die Rechten schreien „das habt ihr von eurer Demokratie“. Der Schaden ist so groß wie die Kosten, und beide Seiten gehen zufrieden nach Hause. Die populistische Symbiose.
Mittwoch 9. Juli 2014 um 23:08
@ K.K. Für einen Teil der etremen Linken innerhalb der Linkwesten gilt das sicherlich.
Der Herr in Gütersloh heißt Pusch, nicht Pfusch, sorry nach GT.
Donnerstag 10. Juli 2014 um 7:46
@11 Es scheint wohl so zu sein, dass die „extremen Linken im Westen“ sonst nichts haben worauf sie sich stürzen können.
Dienstag 22. Juli 2014 um 13:46
Linksextremisten bekennen sich zu Anschlag auf Bahngleise
http://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2014/linksextremisten-bekennen-sich-zu-anschlag-auf-bahngleise/