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Erstellt von Redaktion am Dienstag 20. Februar 2018

Donald Trump – der Krieg, das Klima und die Medien

von Amy Goodman

Medien könnten die größte Kraft des Friedens auf der Welt sein. Stattdessen werden sie viel zu oft als Waffe des Krieges genutzt. Daher müssen wir sie uns zurückerobern. Die Kraft unabhängiger Medien wie „Democracy Now!“ besteht darin, dass sie Menschen erlauben, für sich selbst zu sprechen. Egal ob es ein palästinensisches Kind oder eine israelische Großmutter ist, ob es ein Onkel im Irak oder eine Tante im Jemen ist: Wenn man jemanden von seinen Erfahrungen sprechen hört, verändert einen das. Ich sage nicht, dass man mit dieser Person übereinstimmen wird – wie oft stimmen wir selbst mit Familienmitgliedern nicht überein. Aber man beginnt zu verstehen, was sie bewegt. Das macht es sehr viel weniger wahrscheinlich, dass man sie vernichten möchte. Mit diesem Verständnis beginnt der Friede.

Vor einigen Wochen saß ich in Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York, auf einem Podium mit Bob Schieffer. Er ist ein großer Name bei CBS, einem der kommerziellen Fernsehsender in den USA, wo er bis zu seiner Pensionierung die Abendnachrichten präsentiert hat. Noch immer moderiert er die TV-Duelle der Präsidentschaftskandidaten. Ich kam auf den Vorlauf zur US-Invasion des Irak am 5. Februar 2003 zu sprechen. Sechs Wochen vor Kriegsbeginn hielt der damalige Außenminister Colin Powell jene Rede vor den Vereinten Nationen, die das Schicksal besiegelte. Der seinerzeit als sehr glaubwürdig geltende ehemalige General sprach von Beweisen, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge und eine Bedrohung für die Vereinigten Staaten darstelle. Powell bedauerte diese Rede später zutiefst und bezeichnete sie als einen Makel auf seinem Lebenslauf. Und tatsächlich war dies ein entscheidender Wendepunkt, weil das Land zu dieser Zeit über den Kriegseintritt debattierte: Die Hälfte der Bevölkerung war dafür, die andere Hälfte dagegen.

Die Media-Watch-Group FAIR hat in einer Studie die vier damaligen Hauptnachrichtensendungen über zwei Wochen untersucht, also jene von NBC, CBS und ABC sowie vom öffentlich-rechtlichen PBS. In diesen für die öffentliche Meinung entscheidenden zwei Wochen gab es in diesen Sendungen 393 Interviews zur Kriegsfrage. Und in wie vielen davon kamen prominente Kriegsgegner zu Wort? In dreien. Drei von fast 400. Das waren keine Mainstreammedien mehr, sondern extreme Medien, die die Kriegstrommeln schlugen. Ich erwähnte das also in der Diskussion mit Bob Schieffer, der sich viel auf seinen gepflegten Diskussionsstil zugutehält. Und er sagte: Amy, ich muss Sie hier unterbrechen, ich muss Ihnen wirklich widersprechen. Ich gab zurück: Wieso, Bob? Haben Sie selbst auf CBS etwa mehr gemacht, als diese Studie sagt? Er verneinte. Ich fragte also: Welchen Einwand haben Sie denn dann? Und er antwortete: Ich verstehe Ihr Anliegen nicht. Der Außenminister hatte soeben gesprochen, und Sie wollen, dass wir Kriegsgegner bringen? Schieffer war ernsthaft überrascht – ebenso wie ich. Ich denke, im Nachhinein hätte das nämlich niemand mehr begrüßt als Colin Powell selbst. Aber mehr noch: Die Aufgabe der Medien ist, die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen. Gerade in Kriegszeiten müssen wir tief graben, um die Fakten hervorzubringen. Andernfalls drohen die Medien als Kriegswaffe benutzt zu werden.

Eskalation gegenüber Nordkorea

Lassen Sie uns das auf heute übertragen. Präsident Donald Trump hat die Medien ins Fadenkreuz seiner Regierung gerückt. Er nennt uns die Feinde des amerikanischen Volkes. Er stellt alle Medien in dasselbe Feindeslager und greift Journalisten auch persönlich an. Während des Präsidentschaftswahlkampfes mussten Reporter sogar Sicherheitsleute engagieren. Nach Trumps Massenkundgebungen hatten sie Angst, alleine zu ihren Autos zu gehen. Und das nicht ohne Grund: Ein Trump-Anhänger hatte einen Black-Lives-Matter-Aktivisten geschlagen, und Trump sagte, im Falle einer Verhaftung würde er für die Anwaltskosten aufkommen. Jetzt spricht er über die „scheiternde ‚New York Times’“ oder über „Fake-News-CNN“, und die Journalisten nehmen das persönlich. Sie schlagen zurück und zeigen Rückgrat. Medien sind von entscheidender Bedeutung für eine demokratische Gesellschaft – das hört man jetzt ständig in selbigen. Und das ist sehr, sehr wichtig.

File:Wien - Donald-Trump- und Kim-Jong-un-Graffiti von Lush Sux.JPG

Ich sage das nur ungern öffentlich, aber ich verstehe nicht, warum Trump nicht wenigstens für eine Woche damit aufhört. Denn der Reflex der etablierten Medien besteht darin, sich um das Establishment zu scharen, und das würden sie auch bei ihm tun. Aber er schlägt sie ständig derart hart, dass sie das nicht können. Sie müssen sich verteidigen. Daher stellen sie wichtige Fragen – außer wenn es um zwei Themen geht: Klimawandel und Krieg. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Nach einigen Wochen im Amt ließ Trump von zwei Marineschiffen aus 59 Tomahawk-Raketen auf einen Flugplatz in Syrien feuern. An diesem Abend zeigte der progressivste große Sender, MSNBC, Filmmaterial vom Pentagon und unterlegte das mit folgendem Kommentar: „Wir sehen diese schönen Bilder von der Nacht auf den Decks dieser zwei US-Marineschiffe im östlichen Mittelmeer. Ich bin versucht, den großen Leonard Cohen zu zitieren: Ich werde geleitet von der Schönheit unserer Waffen. Und es sind schöne Bilder von furchterregenden Bordwaffen, die sich zu einem kurzen Flug von 30 Sekunden zu diesem Flugplatz aufmachen.“ Er benutzte das Wort „Schönheit“ oder „schön“ drei Mal. Leonard Cohen ist wohl in seinem Grabe rotiert, als sie auf MSNBC von der Schönheit des Bombenangriffs auf Syrien sprachen.

Einige Wochen später ließ Trump unerklärlicherweise die weltweit größte nicht-atomare Bombe über Afghanistan abwerfen. Das Pentagon nennt sie die „Mutter aller Bomben“, sie hat einen Luftwellenradius von etwa einer Meile. Sie wurde unter George W. Bush entwickelt, der ihren Einsatz aber nicht wagte, auch Barack Obama machte von ihr keinen Gebrauch. Trump aber benötigte nur ein paar Wochen, um diese Bombe fallen zu lassen. Und was sagen einige Medien? „Jetzt ist er Präsident geworden.“

Sie kennen die Berichte über das Treffen, das Trump im Sommer mit seinen militärischen Stabschefs hatte? Es heißt, Außenminister Rex Tillerson habe ihn dort einen „verdammten Schwachkopf“ genannt. Tillerson will das weder bestätigen noch dementieren. Offenbar hatte Trump auf dem Treffen innerhalb einer Stunde drei Mal gefragt: Wenn wir Atomwaffen haben, warum benutzen wir sie dann nicht? Das ist extrem beängstigend, wenn man bedenkt, wie die Rhetorik gegen Nordkorea hochgeschraubt wird.

Vor einigen Monaten verkündete Präsident Trump eine veränderte Militärpolitik. Er verteilte seine Erklärung auf drei Tweets. Mit dem ersten kündigte er nur unbestimmt einen neuen Kurs an. Dann wartete er mehrere Minuten bis zum zweiten und dritten Tweet, in denen er erklärte, Trans-Menschen vom Militär ausschließen zu wollen. Gerüchten zufolge wussten selbst die Vereinigten Stabschefs nicht, worin diese neue Militärpolitik bestehen sollte. Im Pentagon soll in jenen Minuten zwischen dem ersten und zweiten Tweet der Schrecken ausgebrochen sein: Würde Trump ankündigen, dass die USA Nordkorea bombardieren? Das illustriert, wie sehr die Lage außer Kontrolle geraten ist. Viele glauben, dass wir einem Krieg mit Nordkorea noch nie so nahe waren – und das heißt: einem Atomkrieg.

Diese Gefahr wird dadurch verstärkt, dass Trump und seine Leute ihre eigenen Behörden massiv schwächen: Unter Rex Tillerson wurden bislang gut 60 Prozent der Spitzenpositionen im Außenministerium nicht besetzt, darunter Botschafterposten auf der ganzen Welt. Was aber passiert, wenn man den diplomatischen Flügel der Regierung stutzt und gleichzeitig Milliarden über Milliarden von Dollar ins Pentagon strömen? Dann gibt es nur noch eine Lösung. Wenn man einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus. Ohne diplomatischen Flügel, aber mit einem perfekt ausgestatteten Militär ist die Reaktion auf alle möglichen Situationen in der Welt vorhersehbar.

Extremwetter statt Klimawandel

Datei:Tornado.jpg

Wir erleben also sehr ernste Zeiten: Präsident Trump drängt auf Krieg, und die Medien sind nur so lange oppositionell, bis es zum Krieg kommt – oder bis es um den Klimawandel geht. Weltweit besteht ein wissenschaftlicher Konsens, dass die Erwärmung unseres Planeten menschengemacht ist. Nicht so in den USA: Wenn in unserem Fernsehen eine der seltenen Diskussionen zum Klimawandel läuft, dann gibt es ein merkwürdiges Verständnis von Ausgewogenheit. Es ist, als ob man zu einem Gespräch über die Erde stets jemanden einladen müsse, der sie für eine Scheibe hält.

In Fragen des Klimawandels bräuchten wir Meteorologen, die eine Verbindung zwischen dem Klimawandel und den schrecklichen Wetterereignissen der jüngsten Zeit herstellen. Stattdessen blenden die Fernsehsender bei ihrer Berichterstattung stets „schweres Wetter“ und „extremes Wetter“ ein. Wie wäre es mit „Klimawandel“ oder „Erderwärmung“? Es ist enorm wichtig, dass die Menschen auf diese Verbindung gestoßen werden.

Auf der COP23, der UN-Klimakonferenz, in Bonn sprach ich mit der belgischen Meteorologin Jill Peeters, der Gründerin von „Climate without Borders“. Sie sagte: Leute wie ich gehören zu den beliebtesten Fernsehfiguren, die Menschen trauen uns, daher müssen wir über den Klimawandel reden. Und sie hat recht. Denn die Menschen sind zwar klug. Aber wenn man über Brände in Kalifornien spricht, über diese Feuer, die sich durchs Land fressen und Menschen töten – und dann über Überflutungen in Texas und Florida, nicht zu vergessen von den Stürmen in der Karibik und in Puerto Rico und ganz zu schweigen von den tödlichen Fluten in Indien, Pakistan, Nepal und Bangladesch, wenn man also von Dürrefeuern und Überschwemmungen spricht, stellen dann alle die Verbindung her? Wir brauchen Meteorologen, die zeigen, wie all diese verschiedenen Wetterereignisse zusammenhängen. Das ist wichtig, immerhin steht das Schicksal unseres Planeten auf dem Spiel. Aber in unseren Medien – und ich rede hier nicht von Fox News, sondern von MSNBC und CNN – werden Hurrikane kaum mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht.

Die Menschen im Rest der Welt reden ständig darüber, weil sie im Fokus des Klimawandels stehen. Auch wir in den USA erleben den Klimawandel. Und wir kommen aus dem mächtigsten Land der Welt, aus dem Land mit dem größten Ausstoß an Treibhausgasen. Wir müssen daher endlich unsere Verantwortung annehmen.

Auf der Klimakonferenz in Bonn jedoch gab es – erstmalig überhaupt – nur eine einzige Veranstaltung der US-Klimadelegation. Dort saßen Trumps Klimaberater George David Banks und Francis Brooke, ein Berater von Vizepräsident Mike Pence. Dazu kamen eine Sprecherin des Kohleunternehmens Peabody Energy, ein ehemaliger Mitarbeiter der Obama-Regierung, der sein Geld nun mit Gas verdient, weiterhin der Kopf der US Energy Association (USEA), die für fossile Brennstoffe steht, und ein Vertreter eines Atomunternehmens aus Oregon. Die Botschaft dieses Podiums war von Anfang an klar: Die US-Regierung setzt auf Kohle, Atom und Gas. Als es zu den Pressefragen kam, war ich als Letzte an der Reihe. Ich bat um ein einfaches Ja oder Nein von jedem in der Runde: Befürworten Sie, dass Präsident Trump die USA aus dem Pariser Abkommen führt? Der Atom-Vertreter sagte Nein, der Gas-Vertreter ebenso, der USEA-Mann sagte Ja, und die Kohlesprecherin mochte nicht antworten. Von den vier Konzernvertretern auf dem Podium unterstützten also bemerkenswerterweise zwei den Kurs des Präsidenten nicht.

So sieht es also auf dieser Seite aus. Jetzt möchte ich über die andere sprechen: In den USA gibt es eine sehr entwickelte Bewegung zum Stopp der Pipelines, die kreuz und quer durch Amerika verlaufen. Sie legt sich mit der fossilen Brennstoffwirtschaft im mächtigsten Land der Welt an.

Die Militarisierung der Polizei

Quelle     :     Blätter       >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben    —    Proteste am John F. Kennedy International Airport in New York City gegen Trumps Einreiseverbot

2.)  Von Oben   —     2 Graffitis von dem australischen Graffiti-Künstler Lush Sux an den nördlichen Pfeilern der Schwedenbrücke in der österreichischen Bundeshauptstadt Wien. Die Graffitis sollen den US-Präsidenten Donald Trump und den nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un darstellen, wobei er deren Frisuren vertauschte.

Hallo, du darfst meine Fotos verwenden, aber nenne mich bitte als Fotograf in einer Form wie beispielsweise © Bwag/Wikimedia oder © Bwag/Commons oder © Bwag/CC-BY-SA-4.0 (und auf mehr Angaben bestehe ich nicht).

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Unten   —     Tornado in Channing, Texas am 22.4.2007. Bild wurde von Peter Hoffmann geschossen.

Autor – Peter H. (Diskussion | Beiträge)

Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in einigen Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen. CC-by-sa.png

 

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