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Wahlerfolg der Grünen

Erstellt von Redaktion am Dienstag 28. Mai 2019

Im Rausch

Bündnis 90 - Die Grünen Logo.svg

Von Ulrich Schulte

Für die Grünen ist es ein historischer Sieg. Sie haben die SPD überholt. Noch wichtiger ist, dass dieser Erfolg vermutlich dauerhaft sein wird.

 Für die Grünen, man muss das abgegriffene Wort verwenden, ist es ein historischer Sieg. 20,8 Prozent bei einer Europawahl, das ist eine kleine Sensation. Zum ersten Mal haben die Grünen in einer bundesweiten Wahl ihre Ankündigung wahr gemacht, stärkste Kraft der linken Mitte werden zu wollen. Sie haben die SPD weit hinter sich gelassen – und kämpfen nun mit der Union um Platz 1.

Den Grünen ist es in dieser Wahl gelungen, sich als Kraft der ökoaffinen, weltoffenen und liberalen Mitte zu positionieren. Jeder Zweite – auch in anderen politischen Lagern – ist laut der Forschungsgruppe Wahlen heute der Ansicht, dass die Grünen für eine „moderne, bürgerliche Politik“ stehen. Das Label der ökostalinistischen Verbotspartei, das CDU und FDP den Grünen nach wie vor ankleben wollen, haftet nicht. Zwischen der Wahrnehmung der BürgerInnen und dieser Diffamierung liegen Welten

Entscheidend ist: Die Grünen sind die Partei der Jugend. Die Anzeichen dafür mehrten sich in den vergangenen Wochen. Die SchülerInnen stellen auf ihren Fridays for Future ja die sehr erwachsene Forderung, dass die Pariser Klimaschutzziele eingehalten werden müssten. Der Youtuber Rezo zerstört in seinem Video keineswegs die CDU, wie Konservative jammern – sondern er stellt den schrumpfenden Volksparteien beim Klimaschutz ein fürchterliches Zeugnis aus.

Spricht es nicht Bände, wenn CSU-Chef Markus Söder sagt, die Union müsse daran arbeiten, „jünger, cooler, offener“ zu werden? Für den Konservativen mit dem feinen Machtinstinkt sind längst die Grünen der Hauptfeind, nicht mehr die Sozialdemokraten. Bei der Bayern-Wahl hat er schmerzhaft zu spüren bekommen, dass die Ökopartei in konservativen Milieus bestens ankommt.

Die ureigenen Themen der Grünen, die sie seit Jahrzehnten vorantreiben, dominieren heute den Diskurs. Klimaschutz ist eine Bewegung geworden, von der die Grünen als selbsternannte Bündnispartei am meisten profitieren. Sie schwimmen auf der Welle, die anderen werden überrollt. Luisa Neubauer, das deutsche Gesicht der Fridays for Future-Proteste und selbst Grünen-Mitglied, hält sich mit Wahlempfehlungen zurück. Aber natürlich argumentiert sie grün.

An die Wand gefahren

Diese jungen Leute haben zu Recht die Nase voll davon, dass die Groko den Karren, auf dem wir alle sitzen, an die Wand fährt. Eine Zahl beeindruckt bei dieser Europawahl am meisten: 33 Prozent der unter 30-Jährigen haben laut der Forschungsgruppe Wahlen die Grünen gewählt, sie sind in dieser Altersgruppe mit Abstand die stärkste Kraft. Zum Vergleich: 13 Prozent der unter 30-Jährigen wählten CDU und CSU, gerade mal 10 Prozent die SPD.

Für die ehemaligen Volksparteien sind die Zahlen ein fürchterliches Omen, nämlich Todesboten. Für die Grünen sind sie ein Zukunftsversprechen. „Welche Chance, welche Verantwortung“, twitterte Reinhard Bütikofer, der Chef der Europa-Grünen, dazu. In der Vergangenheit gab es immer wieder grüne Hochphasen, zum Beispiel 2011 nach dem Atomunfall in Fukushima. Diese Phasen endeten relativ schnell. Doch dieses Mal könnte das grüne Wachstum nachhaltig sein. Die Jungen denken grün, und die SchülerInnen, die erst in ein, zwei Jahren wählen dürfen, auch.

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Kommentar Bedeutung der Europawahl

Fürs Klima streiten statt kuscheln

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Kommentar von Georg Löwitsch zur Klimawahl

Die Ergebnisse der Europawahl sind ein Erfolg fürs Klima. Das sollte nicht in Plüsch-PR münden, sondern in Gestaltungsmacht.

Diese Wahl war die erste ohne Angela Merkel. Die Noch-Kanzlerin machte sich rar und setzte ihre Restmacht nicht mehr ein im Ringen um ein offenes, ein liberales Europa. Sie hat die anderen agieren lassen, „die Anführerin der freien Welt“, denn so lautet ja jener Ehrentitel, der in seltsamem Gegensatz zum Understatement dieser Politikerin steht. Man muss nach diesem Sonntag sagen: Die freie Welt hat es schwer, aber sie kommt klar.

In Frankreich ist Le Pens Front National stärkste Kraft, in Italien Salvinis Lega, und Orbán hat in Ungarn auch wieder gewonnen. Aber ein Durchmarsch der Retro-Nationalisten war es auch nicht, im neuen Europaparlament bleiben sie eine Minderheit. Die Mehrheit jener, die Europa wollen – sie steht.

Nochmal zu Merkel: In ihren nun fast 14 Regierungsjahren hat sie die Ungleichheit auf dem Kontinent eher befördert, ambitionierte Projekte zur Entwicklung der EU ignoriert und den Kampf gegen die Erhitzung der Erde behindert. Europa und das Klima, beide hat Merkel nicht voran gebracht. Jetzt, bei dieser ersten Wahl ohne sie, haben beide einen politischen Schub bekommen.

Erstens: Diese Europawahl war eine Europawahl. Früher waren die Wahlen zum Brüsseler Parlament eher ein Barometer der Bundespolitik, ein wenig Infratest de Luxe. Ja, auch diesmal spielten Fragen der Mitgliedsstaaten eine Rolle, auch am Sonntag schauten die Bürgerinnen und Bürger, wie es in ihren Hauptstädten läuft. Aber im Zentrum standen Konflikte, die eng mit der EU verbunden sind, etwa Brexit, Migration, Rechtsstaatlichkeit. Die Idee der EU gegen den Nationalismus – diese Auseinandersetzung wurde ausgefochten, und viele kämpften um Europa. Es gaben EU-weit so viele Menschen ihre Stimme ab wie seit 20 Jahren nicht mehr bei einer Europawahl.

Zweitens: Diese Europawahl war eine Klimawahl. Das zeigt sich deutlich in Erfolgen der Grünen in Frankreich, Finnland, Österreich – und in Deutschland. Die deutschen Grünen gewannen 20 Prozent. Das ist viel, zumal ihnen kleine Clubs wie ÖDP, Tierschutzpartei oder Piraten bei dieser Wahl mehr Konkurrenz machten als sonst, da es keine Sperrklausel für den Einzug ins Parlament gibt. In Deutschland haben die Grünen Millionen frühere Nichtwähler mobilisiert. Und sie haben die Sozialdemokratie überholt. Dass SPD-Chefin Andrea Nahles nach der Wahl als erstes Thema den Klimaschutz ansprach, zeigt die Bedeutung diese Frage, in der die Grünen glaubwürdiger sind als alle anderen.

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Grafikquellen

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