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Wahlen in Thueringen

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 24. Oktober 2019

Allen Untergangs-Prognosen getrotzt

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Von Michael Bartsch

Nach fünf Jahren klopft sich Rot-Rot-Grün in Thüringen auf die Schulter. Die drei Koalitionspartner würden am liebsten zusammen weitermachen.

Es ist der Blick auf die Opposition, der in Thüringen zeigt, wie rund es für die Regierung eigentlich läuft. Mike Mohring wirke ziemlich bemüht, Angriffsflächen bei Rot-Rot-Grün zu entdecken, schilderte ein Radiohörer bei MDR Aktuell seinen Eindruck vom CDU-Spitzenkandidaten in Thüringen. In der Tat musste Mohring beim CDU-Wahlkampfauftakt am 3.Oktober das Geschäft der AfD betreiben und ein apokalyptisches Bild von Thüringer Zuständen zeichnen, um Wirkung zu erzielen. Ausgerechnet am Tag der Einheit denunzierte er überdies seinen Kontrahenten Bodo Ramelow von der Linken als „Gewerkschaftsfunktionär aus dem Westen“.

Die gesenkten Hörner der Union wirken wie ein Beleg für die überwiegend erfolgreiche Arbeit der ersten linksgeführten Koalition eines Bundeslandes. Die CDU-Kritik am Lehrer- und Polizistenmangel oder an schwacher Kommunalfinanzierung gleicht einem Eigentor. Linke, SPD und Grüne haben die rigide Sparpolitik und den Personalabbau der CDU-geführten Vorgängerregierungen gestoppt. Statt der im Koalitionsvertrag vorgesehenen 2.500 sind 3.900 Lehrer neu eingestellt worden, was freilich immer noch keine vollständige Unterrichtsversorgung sichert. Tausend Erzieherinnen mehr verbessern die Kita-Betreuung. Und das Volumen des Finanzausgleiches zwischen Land und Kommunen ist von 1,8 auf 2,1 Milliarden gewachsen.

Im November 2014 – kurz nach dem guten Ergebnis der Linken unter Bodo Ramelow – mobilisierte die CDU-Mittelstandsvereinigung viertausend Menschen, die auf dem Erfurter Domplatz mit Kerzen in der Hand den Untergang ihres geliebten Thüringen verhindern wollten. Hundert Tage nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten konterte Ramelow solche Ängste in seiner gewohnt trockenen Art: „Es gibt immer noch Bananen!“ Es gibt 2019 sogar den chinesischen Großinvestor CATL, der pünktlich zum Landtagswahltermin eine 1,8 Milliarden Euro teure Batteriefabrik ans Erfurter Autobahnkreuz baut.

Im Landtagsgebäude trifft man die ziemlich aufgeräumte Landes- und Fraktionsvorsitzende der Linken Susanne Hennig-Wellsow. Sie blickt sichtlich zufrieden auf eine mit den schlimmsten Orakeln begonnene Legislaturperiode zurück. „Wir haben keine einzige Abstimmung verloren!“ Dabei war Rot-Rot-Grün nur mit einer knappen Ein-Stimmen-Mehrheit gestartet.

An der Uneinigkeit der Oppositionsparteien CDU und AfD scheiterte im Dezember 2017 der Versuch, Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zu einer Vertrauensabstimmung zu zwingen. Die CDU wollte damals Differenzen in der Koalition über die größtenteils gestoppte Gebietsreform ausnutzen. Vor allem eine Reduzierung der 17 Landkreise bei nur 2,1 Millionen Einwohnern galt als das zentrale Vorhaben der Koalition. „Die Kreisgebietsreform ist das einzige wirklich gescheiterte Projekt“, räumt der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey ein und verweist auf die Widerstände in den Regionen. In der Tat sind es nicht nur CDU-Politiker, die die historisch gewachsene Kleinstaaterei des Thüringer Flickenteppichs für einen „Segen“ halten. „Die Gebietsreform nicht um jeden Preis durchzuziehen hat dazu geführt, dass sie auf kommunaler Ebene freiwillig stattfindet“, dreht die Linken-Chefin hingegen die halbe Niederlage ins Positive.

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Im Labor wird’s spannend

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Kommentar von Georg Löwisch zur Bedeutung der Wahl in Thüringen

Mitten in Deutschland wird am Sonntag gewählt. Aber die Republik redet lieber darüber, dass die Bayern nur knapp gegen Piräus gewonnen haben. Oder da­rüber, ob AKK was Dummes oder was Kluges wagt (und ob sie dem Außenminister rechtzeitig Bescheid gesimst hat). Während im Sommer vor den Wahlen in Brandenburg und Sachsen ein medialer Countdown lief, ist von Thüringen kaum die Rede.

Das hat Gründe. Thüringen hat mit 2,1 Mil­lio­nen Einwohnern nur ungefähr halb so viele wie Sachsen. Und nach dem Grusel über die starken AfD-Ergebnisse vom 1. September wird in Dresden und Potsdam ziemlich geräuscharm über Kenia-Koalitionen verhandelt. Ein wenig ist die rot-rot-grüne Regierung in Erfurt an der geringen Aufmerksamkeit sogar selbst schuld: Sie legte den Wahltermin extra nicht auf denselben Sonntag wie die anderen, sondern lässt so spät wie möglich wählen. Das Kalkül: Nach dem AfD-Schocker in Brandenburg und Sachsen profitieren wir von der Gegenmobilisierung. Jetzt wirkt es aber so, als wollten viele das Land, wo Björn Höcke seine völkischen Träume propagiert, am liebsten wegschweigen.

Quelle          :          TAZ            >>>>>           weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —          Landtagswahl Thüringen am 14. September 2014

  • CC BY-SA 3.0 de
  • File:2014-09-14-Landtagswahl Thüringen by-Olaf Kosinsky -110.jpg
  • Created: 2014-09-14 19:10:36

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Unten         —          Bodo Ramelow während der Regierungsmedienkonferenz am 3. September 2019 in der Thüringer Staatskanzlei in Erfurt

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