Wagentains Auferstehung
Erstellt von Redaktion am Montag 22. Oktober 2018
„Wir brauchen eine Arbeiterquote“
Hier wollen wir die Sache einmal genauer betrachten. Nur große Unterschiede sind auch nicht zu melden. Gesucht und gefunden haben sich wohl die Rechten – oder Richtigen. Ein Ausreißer vor der Verantwortung und diesen „Genossen der Bosse“ . Ein wahrer Baumeister -fürs Fressen und Gesöff, ein Luxusweibchen – Tochter eines Wirtschaft-Emigranten“ aus dem Iran, welche einst Grüße aus der irischen See via RTL sandte und ein Kabarettist welcher uns sonst die saure Gurkenzeit „Schön um die Ohren haut“. Sowie einige QuerläuferInnen die noch in einer Partei etwas werden möchten, was ihnen bislang überwiegend verwehrt wurde, warum auch immer.
So soll der neue Aufbruch der, von sich als Links bezeichnenden MitbürgernInnen aussehen, welche den schaffenden Teil der Gesellschaft auf die Beine des Sozialismus stellen möchte? Lassen wir uns also überraschen und neugierig zusehen, wer sich an der Rechten Hand führen lässt und wie sie ihre Erfolge feiern. Und ich hatte immer geglaubt, der Sozialismus wollte gelebt und nicht erschwätzt werden? DL -Red. – IE – unter 6.)
Interview Jörg Wimalasena
Der Kreis der Elite in Deutschland ist nicht besonders groß und bleibt unter sich. Für Kinder aus Arbeiterfamilien ist es fast unmöglich, bis ganz nach oben aufzusteigen. Woran das liegt und wie sich das ändern ließe, untersucht der Soziologe Michael Hartmann.
taz: Gehört man als taz-Redakteur zur Elite?
Michael Hartmann: Nein, selbst wenn man die Elite weit fasst – auf etwa 4.000 Personen in Deutschland –, würde vermutlich höchstens der Chefredakteur dabei sein. Aber sonst niemand. Und auch nur, weil die taz trotz geringer Auflage im Meinungsspektrum der Bundesrepublik eine wichtige Rolle spielt.
Erzählen Sie von diesen 4.000 Personen, der deutschen Elite. Wer ist das eigentlich?
Das sind Personen, die die Fähigkeit haben, Entwicklungen in der Gesellschaft maßgeblich zu bestimmen. Sei es durch ihr Amt – wie zum Beispiel ein Chefredakteur – oder durch ihr Eigentum. Es sind reiche Industriellenfamilien wie die Quandts, die Piëchs oder Porsches. Es sind Richter am Bundesgerichtshof oder Kabinettsmitglieder. Es sind Vorstände von Großunternehmen wie Thyssenkrupp, die die Entscheidung treffen können, so ein riesiges Unternehmen einfach aufzuspalten.
Wo kommt diese Elite her? Wird der Status einfach vererbt?
In der Wirtschaft spielt das tatsächlich eine große Rolle, weil in Deutschland die großen Unternehmen zur Hälfte noch in Familienbesitz sind. Bei den Vorstandschefs finden Sie aber kaum jemanden, der über Vererbung in seine Position gekommen ist – zumindest nicht direkt. Da funktioniert vieles aufgrund von Wiedererkennung. Man sucht Leute, die einem ähnlich sind. In einer Biografie über den Manager Thomas Middelhoff steht eine Anekdote, die das veranschaulicht. Middelhoff hat sich zu Beginn seiner Karriere einmal bei Bertelsmann für eine höhere Position beworben. Der Vorstandschef hatte eigentlich Vorbehalte. Aber Middelhoff „sei aufgetreten, als sei das Vorstandsbüro sein natürliches Biotop“. Er bekam den Job.
Kann man sich als Arbeiterkind diesen Habitus antrainieren oder bleibt man immer Außenseiter?
Ich würde nicht ausschließen, dass es möglich ist, sich das über lange Jahre anzutrainieren – aber es ist außerordentlich schwer. Vor allem in unvorhergesehenen Situationen greifen Automatismen, die man in seiner Kindheit erlernt hat. Wer die nicht hat, gerät ins Schleudern. Der reagiert falsch und zeigt, dass er der Situation nicht gewachsen ist.
Sie machen die Zusammensetzung der Elite für die „neoliberale Wende“ der letzten Jahrzehnte verantwortlich, also zum Beispiel für die Entlastung großer Einkommen und armenfeindliche Sozialpolitik. Dabei waren es doch Arbeiterkinder, die diese Politik maßgeblich durchgesetzt haben, Gerhard Schröder und Frank-Walter Steinmeier.
Die Elite in der Politik war immer am durchlässigsten nach unten. Denn es geht darum, gewählt zu werden. Das funktioniert nicht, wenn man Großbürger antreten lässt.
Aber Schröder und Steinmeier zeigen doch zumindest, dass man nicht automatisch Politik macht, die dem eigenen Herkunftsmilieu zugute kommt?
Es gibt da keinen Automatismus, aber ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit. 2012 habe ich mit dem Wissenschaftszentrum Berlin Elitenangehörige befragt, wie sie soziale Ungleichheit, Steuererhöhungen und Staatsschulden bewerten. Das Ergebnis war eindeutig. Die Herkunft prägte die Einstellung zu all diesen Fragen. Die Arbeiterkinder in der Elite fanden niedrige Steuern für hohe Einkommen und Vermögen und soziale Ungleichheit deutlich ungerechter. Selbst in der Wirtschaft wollten die Arbeiterkinder in Spitzenpositionen höhere Steuern. Je reicher jemand groß geworden war, umso entschiedener war er gegen höhere Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen.
Durch Frauenquoten oder die Rekrutierung von Menschen mit Migrationshintergrund wollen Politik, Wirtschaft und Medien Eliten diverser machen. Kann man mit solchen Maßnahmen, die Elite „aufsprengen“?
Ohne Quoten geht es nicht. Das sieht man am Beispiel von Frauen in Unternehmensvorständen. Da gibt’s nur homöopathische Steigerungen jedes Jahr. In den Aufsichtsräten ist die Quote zwar relativ schnell durchgesetzt worden. Aber die Vorstände sind viel entscheidender. Dort werden die Entscheidungen getroffen. Die bisherigen Quoten sind aber nur bezogen auf Geschlecht, Migrationshintergrund oder regionale Herkunft. Man bräuchte eine Arbeiter- oder eine soziale Quote, dann würde sich was ändern.
Sie schreiben in Ihrem neuen Buch: „Der Aufstieg der Frauen in die Vorstandsetagen wird mit dem Rückgang sozialer Aufsteiger unter den Männern bezahlt.“ Können Sie das erläutern?
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
Sozialdemokraten und Linke Ärger um teure Anzüge,
Porsche und Hummer
Für die Armen kämpfen und selbst im Wohlstand leben – immer wieder werden Linke und Sozialdemokraten für ihren persönlichen Reichtum kritisiert. Abwertend wird unter anderem von „Toskana Fraktion“ gesprochen, in Frankreich gilt dafür der Begriff „Gauche Caviar“ (Kaviar-Linke), in England „Champagne Socialist“ (Champagner-Sozialist).
Quelle : BILD >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Den Rechte Flügel ? Blogsport / Ein ganzes Leben wie Göttin und Gott in Frankreich – andere Arbeiten lassen !
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Unten –– Zwei Welten auf einen Foto
Vertreter der Partei Die Linke bei der Weltpremiere von Der junge Karl Marx bei der Berlinale 2017: v.l.n.r. Oskar Lafontaine, Sahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch, Katja Kipping, Petra Pau und Kristian Ronneburg
Montag 22. Oktober 2018 um 23:23
Die Linke KV Trier-Saarburg
6 Std. •
Liebe FreundInnen, GenossInnen und MitstreiterInn für die Soziale Gerechtigkeit und ein friedliches und demokratisches Europa,
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ich habe mir die Mühe gemacht, eine schriftliche Version des von Jakob Augstein geführten aktuellen „Freitag-Interviews“ mit Sahra zu beschaffen. Zurzeit bin ich damit beschäftig, eine auch grafisch gute PdF-Version herzustellen und diese auf unserem linken Downloadserver „Sparbier“ einzustellen, damit jede/r diese downloaden und weiterverbreiten kann. Jede(r) der wie ich es leid ist, sich immer noch Tag für Tag mit dem Groben Unfug konfrontiert zu sehen, der im Rahmen des täglichen „Sahra Bashings“ in die Welt gesetzt wird, findet hier aus berufenem Mund – nämlich dem von Sahra selbst – exactamente das, was Sahra Wagenknecht wirklich gesagt hat und was sie nach wie vor für richtig hält.
By the way: Ich sehe diese Dinge und Zusammenhänge genau so wie Sahra Wagenknecht. Überdies halte ich es für ausgesprochen blamabel für die politische Linke in DL, dass nur sehr wenige der vermeintlichen „Sahra-KritikerInnen“, über das reden und diskutieren, was sie tatsächlich gesagt hat, was sie immer noch sagt, und was sie erreichen will. Sich stattdessen permanent und viel zu oft in nicht ganz stubereiner Sprache öffentlich nur über das zu echauffieren, was Sahra Wagenknecht vom Hörensagen gesagt haben soll, ist eigentlich echter GenossInnen unwürdig.
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Es folgt der Originaltext des „Freitag“ Interviews. wie gesagt der auf unseren Downloadserver „Sparbier“ verweisende Link zur PdF-Version dieses lesenwerten Wagenknecht-Interviews werde ich in Kürze ebenfalls hier einstellen:
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„Es geht nicht um die Nation“
Sahra Wagenknecht im Interview über „Aufstehen“, „Unteilbar“ und die Wähler der AfD mit Jakob Augstein, Journalist und Gärtner in Berlin
Ausgabe 42/2018 50
Seit 1. Oktober, als Sahra Wagenknecht im „radioeins & Freitag Salon“ zu Gast war, ist einiges passiert: Die Initiatorin der Sammlungsbewegung „Aufstehen“ tat wenige Tage vor der „Unteilbar“-Demonstration in Berlin kund, warum sie selbst dort nicht mitlaufen werde. Zu Unteilbar kamen dann bis zu 250.000 Menschen, darunter auch einige Unterstützer von Aufstehen. Am 14. Oktober verfehlte die Linke dann in Bayern den Einzug in den Landtag. Insofern hat der Freitag Anfang dieser Woche bei Sahra Wagenknecht noch einmal nachgefragt.
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Jakob Augstein: Frau Wagenknecht, in Berlin haben sich jüngst weit mehr als 100.000 Menschen unter dem Zeichen #Unteilbar zu einer Demonstration gegen Rassismus und für eine zivile Gesellschaft zusammengefunden. Ihre Sammlungsbewegung war – jedenfalls offiziell – nicht dabei. Warum nicht?
Sahra Wagenknecht:
„Es gab auf der Demo auch einen Block von Aufstehen, und entgegen anderslautenden Presseberichten habe ich mich nicht von der Kundgebung distanziert. Vielmehr hatte ich bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass ich mich freue, wenn viele Menschen gegen Rassismus und rechte Hetze auf die Straße gehen. Was denn sonst? Ich habe allerdings dazugesagt, dass ich den Aufruf zu Unteilbar extrem schwach finde: Es gibt darin keine einzige konkrete soziale Forderung, politische Verantwortlichkeiten für den Rechtstrend und für Flucht und Migration werden konsequent ausgeklammert. Der Text zielt auf ein bestimmtes Milieu, während diejenigen, die eher globalisierungskritisch und zuwanderungsskeptisch sind, nicht angesprochen werden. Aber genau die muss man erreichen, will man den Rechtstrend wirklich stoppen.
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Jakob Augstein: Aber wenn es um Solidarität mit den Schwächsten geht – mit den Migranten –, müssen dann nicht alle Meinungsverschiedenheiten hintanstehen?
Sahra Wagenknecht:
„Selbstverständlich brauchen wir mehr Solidarität in unserer Gesellschaft. Die Unterstützung von Flüchtlingen und ihre Verteidigung gegen rechte Hetzer ist dabei ein wichtiger Punkt. Aber wer eine solidarische und tolerante Gesellschaft fordert und sich nicht zugleich gegen verschärfte Ausbeutung und eine zunehmende Verrohung unserer ökonomischen Beziehungen wendet, ist unehrlich. Wenn die Leidtragenden der neoliberalen Globalisierung hier bei uns das Gefühl bekommen, dass die gesellschaftliche Linke sich für ihr Schicksal nicht mehr interessiert, treiben wir sie der Rechten in die Arme.
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Jakob Augstein: Wie läuft es mit Aufstehen?
Sahra Wagenknecht:
Der Start war überwältigend. Wir haben inzwischen über 150.000 Anmeldungen. Damit hatten wir nicht gerechnet. Es gab erste Treffen in Berlin und an vielen anderen Orten. Die meisten Leute sind parteilos. Das zeigt uns, dass nicht jeder, der sich nicht in einer Partei zu Hause fühlt, politikverdrossen oder desinteressiert an Politik ist.
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Jakob Augstein:
In der Öffentlichkeit, und bei den großen Parteien, war man nicht erfreut über Aufstehen. In der SPD hat einer gesagt: „Die linke Sammlungsbewegung in Deutschland ist seit 1863 die SPD. Wer mitmachen möchte, kann eintreten.“
Sahra Wagenknecht:
Der Kollege hat wohl sammeln und weglaufen verwechselt. Ich sage das nicht mit Häme: Ich würde mich freuen, wenn die SPD sich so erneuern würde, dass sie wieder eine Sammlungsbewegung wird. Aber zurzeit kann davon ja keine Rede sein. Und es scheint keine Schmerzgrenze zu geben. In immer mehr Bundesländern ist die SPD inzwischen einstellig. Aber man macht einfach weiter: stur und unbelehrbar.
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Jakob Augstein:
Fairerweise muss man sagen: Auch in Ihrer eigenen Partei hielt sich die Begeisterung in Grenzen.
Sahra Wagenknecht:
Der Parteivorstand hat festgestellt, dass Aufstehen kein Projekt der Partei die Linke ist. Na ja, ich würde mal sagen, diese Klarstellung war überflüssig. Ein Projekt, bei dem die SPD-Politiker Simone Lange und Marco Bülow mitmachen oder Antje Vollmer und Ludger Volmer, ist natürlich kein Projekt einer einzelnen Partei. Ich finde es bedauerlich, dass einige die Potenziale des Projekts nicht sehen wollen.
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Jakob Augstein:
Warum ist das so?
Sahra Wagenknecht:
„Politik ist oft irrational. Vielleicht sind einige beleidigt, dass sie die Idee nicht hatten. Dabei sollte jeder wissen: Ohne den Druck einer gesellschaftlichen Bewegung können wir Linken im Parlament wenig erreichen.“
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Jakob Augstein:
Was sagen Sie denn den Leuten, die Aufstehen wählen wollen?
Sahra Wagenknecht:
„Das sagen viele, stimmt. Meine persönliche Meinung lautet: Es spricht einiges dagegen, die gesellschaftliche Linke weiter aufzuspalten. Bei Aufstehen engagieren sich etwa 11.000 Mitglieder der Linken, etwa 5.000 von der SPD und ungefähr 1.500 von den Grünen. Da in Deutschland Bewegungen nicht gewählt werden können, müssten wir aus Aufstehen eine neue Partei formen, um antreten zu können. Dann müssten all diese Mitglieder bestehender Parteien sich entscheiden, wo sie mitmachen. Anstatt eine neue Partei zu gründen, würde ich daher lieber die bestehenden Parteien verändern.
Jakob Augstein: Sie sind aber noch einer anderen Kritik begegnet: Man wirft Ihnen vor, einen Gegensatz zwischen den Interessen der Arbeiterklasse, den prekär Beschäftigten, den Verlierern der Globalisierung auf der einen und einer modernen, urbanen, progressiven Linken auf der anderen Seite aufzubauen.
Sahra Wagenknecht:
„Diesen Gegensatz gibt es bei näherer Betrachtung nicht: den „Neuen Sozialen Bewegungen“ schadet es am meisten, wenn sie ein Bündnis mit dem Neoliberalismus eingehen. Homosexuelle leiden ebenso wie Heteros unter Hartz IV und schlechten Löhnen. Menschen mit Migrationshintergrund sind ohnehin überproportional von Armut betroffen. Wer für Antidiskriminierung, Antirassismus und Feminismus kämpft, kann die soziale Frage nicht ausklammern. Oder der ganze Kampf wird hohl und diskreditiert sich in den Augen der Ärmeren. Deshalb ist der identitätspolitische Ansatz für die Linke eine gefährliche Sackgasse.
Wir wollen zusammenführen, nicht spalten. Darum müssen wir auf die Globalisierungsverlierer zugehen, die Ärmeren, die Frustrierten, die sich aus gutem Grund im Stich gelassen fühlen.“
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Jakob Augstein: Warum glauben Ihnen das viele nicht?
Sahra Wagenknecht:
„Es hat sich inzwischen ein linkes Milieu etabliert, in dem ich eine gewisse Selbstgefälligkeit wahrnehme. Man definiert sein Linkssein nicht mehr über die soziale Frage, weil man sich dann vielleicht auch fragen müsste, weshalb man die Regierungspolitik der letzten Jahre mitgetragen hat. In Teilen dieses Milieus gehört eine unterschwellige Verachtung der „Unterschicht“ inzwischen zum guten Ton. Für mich hat das mit linker Politik nichts zu tun.“
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Jakob Augstein Ich könnte mir vorstellen, dass es einen anderen Grund gibt, warum Ihnen die Leute das nicht glauben. Sie weichen vom Code ab, den bestimmte Linke für zwingend halten. Sie sprechen vom „Nationalstaat“ als etwas, das man nicht überwinden muss.
Sahra Wagenknecht:
„Meinetwegen kann man vom „Territorialstaat“ sprechen. Es geht nicht um die Nation. Es geht darum, dass es außer- oder oberhalb der Staaten keine institutionellen Voraussetzungen für Demokratie und soziale Sicherungssysteme gibt. Nur die Staaten können, wenn sie denn wollen, den Kapitalismus wieder bändigen, im Interesse derer, die in ihnen leben.“
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Jakob Augstein: Sie trauen eine solche Bändigung der EU nicht mehr zu. Und landen dann beim nächsten Begriff, der einem Großstadtlinken Schauer den Rücken hinunterjagt: dem Wort „Grenze“. Im Programm Ihrer Partei ist von offenen Grenzen die Rede. Was meinen Sie, Grenze auf oder Grenze zu?
Sahra Wagenknecht:
„Auch mein Traum ist eine Welt ohne Grenzen. Eine Welt mit so ausgeglichenen Wohlstandsniveaus, dass man keine Grenzen mehr braucht. Aber in unserer Gegenwart profitiert nur das Kapital von einer „Welt ohne Grenzen!“, nicht die Menschen. Der grenzenlose Kapitalismus ist ein neoliberal entfesselter Kapitalismus. Er verbessert nicht die Lebensverhältnisse der Menschen, sondern die Gewinne der großen Unternehmen. Und noch mal zum Staat: Ich hätte nichts dagegen, wenn wir eine funktionierende Demokratie auf europäischer Ebene hätten oder funktionierende demokratische Institutionen auf globaler Ebene. Es gibt sie aber nicht. Es spricht wenig dafür, dass sie bald entstehen, weil wichtige Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie auf dieser Ebene fehlen.“
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Jakob Augstein:
Man wirft Ihnen vor, durch die Revitalisierung des Nationen-Begriffs Ihre Sammlungsbewegung nach rechts zu öffnen. Es heißt, Sie wollten AfD-Wähler einsammeln und mit den Linken eine Querfront bauen.
Sahra Wagenknecht:
„Wir müssen uns doch ansehen, was viele AfD-Wähler vor fünf, zehn Jahren noch gewählt haben. Im Ruhrgebiet war das die SPD, im Osten die Linke. Natürlich müssen wir versuchen, diese Menschen zurückzugewinnen. Ich will keine Nazis einsammeln. Wer ein Rassist ist, ist bei der AfD gut aufgehoben.
In Bayern hat die Linke nur wenig hinzugewonnen und den Einzug in das Parlament nicht geschafft. Warum?
Unsere Mitglieder haben in Bayern einen sehr engagierten Wahlkampf geführt. Und, klar, Bayern ist für uns ein schweres Pflaster. Aber das Ergebnis war eine Enttäuschung, das darf man nicht schönreden. Über die Ursachen müssen wir intern debattieren. Es hat sicher auch mit unsrer Gesamtaufstellung und der sichtbaren Zerstrittenheit unserer Partei zu tun.
Nach der Finanzkrise von 2008 gab es bei vielen Leuten das Gefühl: So geht es nicht weiter. Aber es ging so weiter und 2013 wurde die AfD gegründet.
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Jakob Augstein: Warum richtet sich die Wut der Leute gegen Ausländer und nicht gegen Banken?
Sahra Wagenknecht:
„Selbst wenn Sie mit Leuten reden, die schlecht über Ausländer reden, richtet sich deren Wut meistens auch gegen Banken. Aber die Banker bewegen sich in einer anderen Welt.
Und da die Linke sich mehrheitlich geweigert hat, Integrationsprobleme angemessen zu thematisieren, hat man das Sprechen über diese Probleme den Rechten überlassen. Die wollen die Wut natürlich nicht auf die Mächtigen richten, sondern präsentieren Sündenböcke.
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Jakob Augstein: Die Deutsche Bank hat hier um die Ecke eine Filiale: Unter den Linden. Da könnte man einen Farbbeutel gegen werfen, wenn man wollte.
Sahra ‚Wagenknecht:
„Die Leute ahnen doch, dass ihre Farbbeutel die Deutsche Bank nicht vertreiben. Menschen werden anfällig für Intoleranz und Fremdenhass, wenn sie sich permanent zurückgesetzt fühlen.
Das ist wirklich der Klassiker in den Mails, die ich bekomme: Da schildert jemand, warum es ihm schlecht geht, warum er wütend ist, über seinen schlechten Job, die miese Rente, die explodierenden Krankenkassenbeiträge – und dann kommt er mit der Flüchtlingsfamilie nebenan, die nie ins Sozialsystem eingezahlt hat und trotzdem Leistungen bekommt.
Natürlich ist es unsere Aufgabe als Linke, klarzumachen, wer für miese Löhne und schlechte Renten die wirkliche Verantwortung trägt. Aber trotzdem: Es ist Ergebnis des jahrelangen Sozialabbaus, dass die Leute ansprechbar sind für solche Sündenbock-Theorien.
Deswegen kann ich auch nicht nachvollziehen, wenn sogar Linke Frau Merkel loben. Sie hat die soziale Spaltung weiter vertieft. Dass die AfD heute als Oppositionsführer im Bundestag sitzt, ist das Ergebnis ihrer Politik. Und wenn man es noch weiter zurückverfolgt: wahrscheinlich gäbe es ohne Agenda 2010 auch keine AfD.
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Ende des Interviews.