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Von Funklöchern + anderen

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 21. November 2019

Warum unsere Handynetze so schlecht sind

Wo die Regierung aber schon ein Loch hat – lieber Henry, lieber Henry.

Eine Kolumne von

Die Mobilfunkversorgung hierzulande ist lückenhaft, langsam und manchmal teurer, als zum Streamen mit dem Taxi ins Ausland zu fahren. Eine Tragödie, die ihren Anfang in den Achtzigerjahren nahm.

Soeben fand in Meseberg der Funklochgipfel der Bundesregierung statt. Allerdings ist das Handynetz in Deutschland so spektakulär schlecht, dass schon der Begriff „Funkloch“ eine beschönigende Unverschämtheit ist. Eigentlich muss man von Empfangsinseln im Offline-Meer sprechen.

Das geht so weit, dass die Deutsche Bahn in Bayern auf ihren Flatscreens im Zug eine eigene Anzeige für „Kein Netz“ einprogrammiert hat. Und selbst wenn man Empfang hat, heißt das wenig. Das „E“ im Smartphone-Display steht eigentlich für den Mobilfunkstandard EDGE, in Wirklichkeit aber für „Effline“. Und wenn doch mal LTE da ist, ist es langsam. Eine aktuelle Studie zur durchschnittlichen LTE-Geschwindigkeit im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion zeigt: Von 32 untersuchten Mobilfunk-Konzernen in Europa landen die drei deutschen Anbieter auf Platz 29, 30 und 32.

Aber warum ist das eigentlich so? Im Interview deutet Wirtschaftsminister Altmaier die Existenz eines Schuldigen an: die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Schröder und ihre Lizenzversteigerung. Diese Aussage schafft das seltene Kunststück, gleichzeitig nicht völlig falsch, ziemlich unrichtig und tolldreist zu sein. Zwar ist die Begründungslandschaft für die gruselige Mobilfunkqualität komplex. Aber wenn man schon von Schröder spricht, darf man von Kohl und vor allem Merkel nicht schweigen. Ebenso wenig wie von der unternehmerischen, politisch provozierten Versagenshistorie von Telekom, Vodafone und Telefonica (O2). Vor allem aber muss man von dem Bereich sprechen, in dem Politik und Wirtschaft sich überschneiden. Denn der wichtigste Einzelgrund für die debakulöse Kommunikationsinfrastruktur in Deutschland heißt: Lobbyismus. Und zwar nicht die Form, die in einer Demokratie dazugehört, also Interessenvertretung. Sondern der Klüngel-Lobbyismus, bei dem es um so viel Geld geht, dass er bis in den Graubereich der Korruption hineinführt. Oder sollte man sagen: in den Schwarzbereich?

Christian Schwarz-Schilling war seit 1982 Postminister unter Helmut Kohl und brachte das deutsche Handynetz Ende der Achtzigerjahre auf den Weg. Sein Politikverständnis in Sachen Infrastruktur lässt sich an einer verstörenden Tatsache erahnen: Bis wenige Stunden (!) vor seiner Vereidigung als Postminister – war Schwarz-Schilling an einer Kupferkabelfirma beteiligt. Verkauft hat er seine Anteile an Nixdorf. Das Unternehmen war damals „einer der wichtigsten Newcomer im Kabelgeschäft“. Schwarz-Schilling hat in seiner Amtszeit entgegen der meisten Expertenratschläge die umfangreiche Investition in Kupferkabel statt in Glasfaser forciert, mit anderen Worten: politisch ganz im Sinne des Käufers seiner Anteile gehandelt. Die von Schwarz-Schilling verantwortete Handy-Lizenzvergabe jedenfalls vor genau 30 Jahren nannte der SPIEGEL „ein Festival der Lobbyisten“.

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Christian Schwarz-Schilling war seit 1982 Postminister unter Helmut Kohl und brachte das deutsche Handynetz Ende der Achtzigerjahre auf den Weg. Sein Politikverständnis in Sachen Infrastruktur lässt sich an einer verstörenden Tatsache erahnen: Bis wenige Stunden (!) vor seiner Vereidigung als Postminister – war Schwarz-Schilling an einer Kupferkabelfirma beteiligt. Verkauft hat er seine Anteile an Nixdorf. Das Unternehmen war damals „einer der wichtigsten Newcomer im Kabelgeschäft“. Schwarz-Schilling hat in seiner Amtszeit entgegen der meisten Expertenratschläge die umfangreiche Investition in Kupferkabel statt in Glasfaser forciert, mit anderen Worten: politisch ganz im Sinne des Käufers seiner Anteile gehandelt. Die von Schwarz-Schilling verantwortete Handy-Lizenzvergabe jedenfalls vor genau 30 Jahren nannte der SPIEGEL „ein Festival der Lobbyisten“.

Quelle        :       Spiegel-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben          —       Third Merkel cabinet in the Bundestag, 2014

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