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Vertrauensvolles Bomben

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 24. März 2016

Vertrauensvolles Bomben

Was unterscheidet Terror von Terror?

Autor: U. Gellermann
Datum: 24. März 2016

Mal wieder weiß die Bundesregierung nichts: Auf eine Anfrage der LINKEN, was denn mit den schönen vielen Daten geschehe, die von den Bundeswehr-Tornados über den Himmeln der Türkei, Syriens und des Irak gesammelt werden, haben die Verantwortlichen nur die Schultern gezuckt. Es geht um die Daten, im Rahmen der Operation „Counter Daesh“ eingesetzt werden, dem allgemeinen Bomben. Manchmal wird sogar der IS/ Daesh getroffen. Dass die türkischen Bomber mit den Tornado-Daten auch Kurden bombardieren, bestreitet die Bundesregierung nicht: Sie weiß ja nix.

Was man wissen kann: Mal werfen türkische Maschinen Bomben auf Kurden im Irak, dann wieder beschießen türkische Panzer Kurden in Syrien, doch am allerliebsten bombt die türkische Armee die Kurden, die auf dem Gebiet der Türkei leben. Das hat Tradition: Sabiha Gökçen, die Adoptiv-Tochter Kemal Atatürks, des Gründers der modernen Türkei, war nicht nur die erste Kampfpilotin der Welt, sie bombte auch in den Jahren 1937/1938 kurdische Dörfer. Denn Atatürk hatte den Kurden die Autonomie versprochen und das Versprechen gebrochen. Also lehnten sich die Kurden auf. Dieses Muster – die Kurden kämpfen um ihre Autonomie, die Türken bekämpfen den Kampf mit Gefängniss und Militär – zieht sich bis heute durch die Geschichte.

Autonome Regionen sind der EU nicht unbekannt: Es gibt sie in Italien, in Spanien, sogar in Dänemark. Mit Belgien lebt ein ganzer Staat von seiner Zweisprachigkeit und der Föderalisierung. Auf dem Weg zur Autonomie haben die unterdrückten Sprachgemeinschaften immer wieder Gewalt erfahren. Bis dann ihre Autonomie zufriedenstellend gelöst wurde. Das kann man wissen. Aber eine Regierung, die nicht mal weiß wer ihre Tornado-Daten wozu benutzt, die muss sie nicht mal dumm stellen. Sie macht das Üblich-Gefährliche: Sie verweist auf „höhere Instanzen“. Früher war das der liebe Gott, heute ist es Brüssel: Die kurdische PKK (Arbeiterpartei) steht auf der Terror-Liste der Europäischen Union. Dort kann man stehen weil man Waisenkindern hilft, wie der al-Aqsa e. V., eine internationale Organisation zur Unterstützung palästinensischer Waisenkinder. Es sind einfach die falschen Waisenkinder. Man kann aber auch auf die Liste kommen, weil ein NATO-Partner das wünscht.

Wie lange musste die IRA (Irisch-Republikanische Armee) ihren bewaffneten Kampf gegen das britische Besatzungsregime führen, bis sie ganz legal Minister im nordirischen Belfast stellen konnte? Seit 1921 bis jüngst. Bis dahin galt sie natürlich als Terror-Organisation. Der aktuelle algerische Staatspräsident galt den Franzosen zur Zeit des algerischen Befreiungskrieges fraglos als Terrorist. Mahatma Gandhi stand selbstverständlich auf der britischen Terror-Liste. Noch keine der internationalen Institutionen hat die Türkei auf eine Terror-Liste gesetzt. Obwohl die türkische Armee jede Menge Terror verbreitet wenn sie mal wieder kurdische Dörfer heimsucht.

Der ISD/Daesh ist eine Terror-Organisation, die staatliche Fürsorge genießt: Ohne Finanzierung aus Saudi-Arabien und Katar und die türkische Hilfe beim Öl-Handel wäre es dem IS kaum gelungen, große Gebiete im Irak und Syrien zu besetzen. Die türkische Hilfe für die Terror-Organisation hält bis heute an. Erst vor kurzem verhalf die türkische Regierung einer Truppe von etwa 800 Kämpfern, unter ihnen Anhänger der IS-Terrormiliz, zu einem Einsatz im syrischen Azaz. Weil die syrischen Kurden versuchten, diesen Ort von einem IS-Al-Quaida-Gemisch zu befreien. Von der EU gab es zu diesem aggressiven Akt – die Türkei unterstützt Terroristen in einem Nachbarland – bisher keine Stellungnahme.

Indirekt hat die Bundesregierung die Terror-Aktivitäten der Türkei in ihrer Antwort an die LINKEN kommentiert: „Die Aufklärungsergebnisse (der Tornados) werden mit dem Freigabevermerk „For Counter-Daesh Operation only“ (Nur für die Anti-IS-Operaion) versehen. (…) Grundsätzlich wird im vertrauensvollen Miteinander mit den Partnernationen davon ausgegangen, dass diese sich an diese zweckgebundene Verwendung der Aufklärungsergebnisse halten.“ Man vertraut dem türkischen Staat, der seit Jahr und Tag terroristisch gegen seine Bürger vorgeht. Man vertraut einem Staat, der mit den IS-Terroristen kooperiert, um seine Interessen in einem Nachbarstaat durchzusetzen. Man behauptet eine zweckgebundene, also sinnvolle Verwendung. So heiligt der Zweck die Mittel und so macht sich die deutsche Regierung zum Komplizen des türkischen Staats-Terrorismus. Wie sie zwischen dem Terror in Belgien und dem in der Türkei unterscheidet mag sie der deutschen Öffentlichkeit nicht anvertrauen.

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