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Vergesst den Strand!

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 8. August 2018

Die wahre Schönheit liegt im Hinterland

Montage of Bandung.jpg

z.B. Bandung auf Java (Indonesien) Früher das Paris von Südostasien genannt – heute die Blumenstadt.

von Martin Reichert

Freunde des MARE NOSTRUM, gerade ihr wisst, wie es in Wahrheit bestellt ist um die mal sandig, häufig aber auch einfach nur steinig ausfransenden Ränder des Kontinents. Am Ende der Landzunge und des Tages geht es dort nur bedrängt zu – was auch nicht verwunderlich ist. Wenn alle auf der einen Bank am See im Stadtpark sitzen wollen, sieht es dort recht bald so aus wie am Strand von Pampelonne.

Der Strand, das ist die größtmögliche Schnittmenge deutschen Urlaubsbegehrens. Wer derzeit die sozialen Medien konsultiert, wird mittels Strandbildern nahezu in die Verzweiflung getrieben. Ostseestrand mit gestreiften Windschutzwänden, Mittelmeerstrand mit gebräuntem Wellfleisch, Atlantikstrand mit Kühen – und gerade jetzt in dieser Woche, in der alle Deutschen auf einmal Ferien haben, wird es nicht besser, sondern nur immer schlimmer. Und dann auch noch all die Filter, mit denen auf Instagram die Strandfotos bearbeitet werden und die Reyes heißen oder Juno, Slumber, Crema. Ludwig, Aden, Perpetua, Amaro – warum eigentlich Ludwig? Von den Sonnenuntergängen in der Filterverfremdung ganz zu schweigen.

Ja klar, so ein schöner Tag am Strand. Erst gibt es keinen Parkplatz, und hat man dann einen, sind alle anderen schon da und haben den letzten Quadratzentimeter Stein/Sand mit Frotteehandtüchern belegt. Aber dahin und bis zu dieser Erkenntnis muss man erst mal kommen. Kilometerlange Dünen sind zu durchwandern, als ob man Karawane gebucht hätte. Steilküsten sind hin­abzuklettern, als sei man Bergziege. Und endlose, mit schwersten Brocken und zerklüfteten Kaventsmännern belegte Steinpisten müssen durchquert werden, bis endlich das Ziel erreicht und das Schuhwerk ruiniert ist – denn Strand ist ja nicht Strand. Die Leute müssen zum Familien­strand, Kinderstrand, Jugendstrand, Hundestrand, Nacktstrand, Nackt- und Hundestrand sowie zum schwulen Nacktstrand mit oder ohne Hunde (meistens ohne).

Wie es dort weitergeht, ist bekannt: Haben Sie ein Stückchen Sand erwischt, können Sie erst mal die Kippen und den restlichen Müll Ihrer Vorgänger vom Vortag ausgraben. Auch ist längst Gemeinplatz, dass heutige portable Lautsprechersysteme mit einer Akku-Laufzeit von bis zu acht Stunden weitaus leistungsfähiger sind als einst der Grundig „Yachtboy“. Dann noch Sandkäfer, Blaualgen, Feuerquallen und Katzenhaie – Sie wissen schon.

Nach diesem Horrortrip sind Sie bereit für einen Perspektivwechsel. Wenn Sie irgendwo eingequetscht am Strand stehen, dann drehen Sie sich einfach kurz um 180 Grad. Wenden Sie Ihren Blick für einen Moment vom verschmutzten und verölten Küstenmeer und entdecken Sie, was hinter den Dünen oder der Steilküste liegt: das Hinterland! Oder auch „the Hinterland“, wie man in ­angloamerikanischen Kreisen sagt.

Quelle    :     TAZ        >>>>>         weiterlesen

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Grafikquelle     :     Montage of some landmark places in Bandung

 

 

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