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Trumps Geschäfte

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 18. November 2020

Der oberste Plutokrat

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Von IIija Trojanow

Seit 2016 recherchiere ich Geschäften und Kontakten von US-Präsident Donald Trump hinterher. Jetzt brauche ich eine neue Obsession.

Bald ist es vorbei. Spätestens am 20. Januar 2021 werde ich mir eine neue Obsession suchen müssen. Es wird sich schon was finden, unsere Epoche bietet einiges an verwirrenden Entwicklungen und beängstigenden Bedrohungen. Doch aller Wahrscheinlichkeit nach wird meine Existenz am Tropf der täglichen Nachrichten nicht so sehr auf eine Person fixiert sein, wie dies in den letzten vier Jahren der Fall war, sondern eher thematisch fokussiert. Höchste Zeit also, die Ära Trump Revue passieren zu lassen.

Als Mensch war Donald Trump von Anfang an völlig uninteressant, als Chiffre und Sinnbild hingegen von faszinierender Bedeutung. Meine Obsession begann an einem extrem kalten Januartag 2016. Als Wahrnehmung eines medialen Zirkus. Inmitten der Manege, alle Scheinwerfer auf ihn gerichtet und jede seiner Aussagen von Trommelwirbel untermalt, stand der Clown, der seine bösartige Verachtung über alles ergoss, was seiner egozentrischen Weltsicht nicht ins Konzept passte.

Schon früh war offensichtlich, dass dieser Digitalhofnarr eine hypnotisierende Wirkung auf die Medienwelt hatte. Schon wenige Wochen später hatte er die angeblich stärkste Riege von Kandidaten und einer Kandidatin aller Zeiten als Vertreter eines maroden Systems hinter sich gelassen und wurde zum Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei gekrönt. So endete der erste Akt dieser Tragikomödie und ich stand völlig in ihrem Bann.

Das Frühjahr verbrachte ich als Gastprofessor an dem renommierten Dartmouth College in New Hampshire. Es verfügt über eine außergewöhnliche Bibliothek, zudem kann man so gut wie jede existierende Publikation von einer der anderen Ivy-League-Universitäten bestellen. Ich nutzte die Gelegenheit und begann über diesen Mann zu recherchieren, der mir bis dahin nur als Bild geläufig war. Es dauerte nicht lange und ich hatte erstaunlich viel zusammengetragen über die wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen, die sein korruptes Wirken ausgemacht haben. Besonders auffällig: die engen, jahrzehntelangen Verbindungen zu russischen Oligarchen und Mafiosi, die ihr Geld mit seiner Hilfe wuschen; da besaß er noch Casinos in Atlantic City und schon Gespür für große Auftritte.

Wer die Demokratie aufgegeben hat, für den war Trump eine zynische, aber realistische Wahl

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Seine halbseidenen, pseudolegalen Geschäfte waren kein großes Geheimnis, mit ein wenig Aufwand und etwas Zeit konnte man genug über ihn herausfinden, um zu wissen, dass er „bad news“ war. Aber offenbar nicht „schlechte Presse“, denn die Medien stürzten sich auf ihn und skandalisierten seine Sprüche, ohne sein bisheriges Verhalten als Geschäftsmann ausreichend zu thematisieren. So wurde er geradezu zur Karikatur des hässlichen alten weißen Mannes, aber nicht zum Symbol der plutokratischen Durchherrschung der Gesellschaft. Offensichtlich steht derart viel Information zur Verfügung, dass wir das Wesentliche zugunsten des Aktuellen aus den Augen verlieren.

Wäre er nicht zum Präsidenten gewählt worden, ich hätte mein Interesse wieder verloren. Stattdessen verbrachte ich täglich mehrere Stunden im Netz, recherchierte weiter und schrieb schließlich einen Roman über „Schiefer Turm“ und dessen schmutzigen Hände („Doppelte Spur“). Der Mann im Weißen Haus beging derweil einen Tabubruch nach dem anderen, zwischendurch sorgte er aber für eine Steuerreform, die den Konzernen und den Ultrareichen ins Portfolio spielte. Er zerbrach so viel Porzellan, dass er manchen als Abrissbirne der Demokratie erschien.

Quelle        :     TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —      March for Science in New York City, 22 April 2017. The March began in Central Park and made its way over to Broadway, down to Times Square.

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