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Soli für Millionäre

Erstellt von Redaktion am Freitag 28. November 2014

Krimsekt-Steuer muss eingeführt werden

Autor: U. Gellermann

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Datum: 26. November 2014

In fast schon grauer Vorzeit, Mitte 1991, wurde der „Soli“ eingeführt. Jene Zwangsabgabe, die angeblich für den „Aufbau Ost“ eingesetzt werden sollte. Während in dieser Zeit ehemalige DDR-Betriebe und Ost-Immobilien zu Schleuderpreisen privatisiert und man jede Menge Gewinne in den Westen transferierte, wurden die Schulden aus diesem Raubzug auf alle Steuerzahler abgewälzt: Der Solidaritätzuschlag führte faktisch zur Solidarität mit Millionären. Jetzt soll der Zuschlag im Jahr 2019 sein Ende finden. Das finden die rot-grün regierten Bundesländer aber gar nicht gut. So eine schöne Extra-Steuer, die bisher der Bund allein einsteckte, die könnte doch auch gut die Schlaglöcher in den Ländern stopfen! Für die gewöhnlichen Steuerzahler gilt: Weiter zahlen. Denn die ungewöhnlichen Steuerzahler, die großen Konzerne, die seit der Regierung Schröder-Fischer ganz offiziell weniger zahlen als zu Kohls Zeiten und die ganz inoffiziell ganze Regimenter von Steuervermeidungsbüros beschäftigen, die dürfen natürlich nie und nimmer in ein tiefes Steuer-Schlagloch fallen. So viel Solidarität mit den Millionären muss schon sein.

Als 1902 der Reichstag die Schaumweinsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte einführte – auf den damaligen Durchschnittspreis von 2,50 Mark pro Pulle wurden 50 Pfennige aufgeschlagen – sollte die Steuer nach dem Sieg der deutschen Flotte über die Engländer wieder abgeschafft werden. Längst sind die kaiserlichen Schlachtschiffe verrottet, mit ihr Tausende Matrosen, aber die Sektsteuer gibt es immer noch. Heute sind die Einnahmen aus der Schaumweinsteuer – im Jahr 2013 waren es 449 Millionen Euro – nicht mehr zweckgebunden. Immerhin könnte man damit zwei U-Boote der Dolphin-Klasse an Israel liefern. Ob die Israelis diese Traditionslinie zu schätzen wissen, ist ungewiss.

Rund 14 Milliarden Euro spülte der Solidaritätszuschlag allein im Jahr 2012 in die Bundeskasse. Aber weil jeder denkt, die Einnahmen gingen unverzüglich in den entindustriealisierten Osten, um dort den Aufbau Ost weiter und weiter aufzubauen, zahlen Ost- und West-Deutsche weiter brav den Soli. Es war Juliane Werding, die schon in den 70er Jahren in einem Schlager den analytischen Satz „Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst“ zur Geistesverfassung des geduldigen Steuerzahlers prägte. Denn, wie der „Bund der Steuerzahler“ weiß, sind die Einnahmen nicht zweckgebunden und fließen nicht ausschließlich in den Aufbau Ost: Der Soli wurde auch für Kriegsausgaben und zur Unterstützung der Länder Ost- und Südeuropas ausgeben. Wie die Bundeshaushalts-Jongleure es geschafft haben, die Solidaritäts-Euros zum Beispiel in den „Desert Storm“ umzuleiten, den ersten Krieg der USA gegen den Irak, weiß man nicht. Vielleicht war es aus Solidarität mit Bush senior. Der war Präsident als die Mauer fiel, hatte also irgendwie mit dem Osten zu tun. Oder der damalige Finanzminister Theo Waigel hat einfach den Nahen Osten mit dem noch näheren Osten verwechselt.

Wie die Schaumweinsteuer – folgt man den rot-grün regierten Ländern – könnte auch der Solidaritätszuschlag in den Rang einer Ewigkeits-Steuer erhoben werden. Und im Rahmen der „Deutschen Verantwortung“ sollte sie fraglos in „Krimsekt-Steuer“ umbenannt werden. Liegt die Krim nicht auch irgendwie im Osten? Sollte die nicht, nach Meinung der übergroßen CDU-SPD-GRÜNE-Koalition vom russischen Joch befreit werden? Kosten Befreiungskriege Geld? Wer jetzt über Logik redet und davon, dass die Mehrheit der Menschen auf der Krim Russen sind, der hat die besondere Logik von NATO-Verstehern nicht begriffen. Und auch nicht jenes sonderbare Denkvermögen, das die Vermögenden schont und die Unvermögenden schröpft.


Fotoquelle: Wikipedia -Author Sven Teschke, Büdingen
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