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Unabhängig wie nie – Gregor Gysi

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 15. September 2016

Gregor Gysi will 2017 noch einmal antreten.
Als Direktkandidat in Berlin.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c0/2013-09-12_Gregor_Gysi_257.JPG

Tom Strohschneider über die Zeit nach Bielefeld und einen historischen Auftrag

Nein, weg war er nun wirklich nie. Vielleicht war es sogar anders herum – seit Gregor Gysi sich aus dem Amt des Fraktionschefs verabschiedet hat, empfanden viele den kleinen, großen Mann der Linkspartei präsenter als zuvor. Und das seit dem Bielefelder Parteitag auch noch ohne die Fesseln, die jedes Spitzenamt bei den Linken mit sich bringt: Kompromisse suchen, ausgleichen, in der Öffentlichkeit der eigenen Partei hinterherfegen, wenn die mal wieder Scherben hinterlassen hat.

Bei Gysi war es anders. Bielefeld, die Rückzugsankündigung, das war für ihn so etwas wie ein Startschuss: in die fünfte Karriere, so unabhängig wie nie. Mit 68.

Rechtsanwalt der Opposition in der DDR. Da gab es keine Unabhängigkeit vor Staatspartei und ihren Institutionen. Retter und Vorsitzender der PDS nach der Wende. Da hatte er die Verantwortung für ein ganzes, verschwindendes Land und seine »Staatsklasse«, der der Staat abhanden gekommen war, so sah er das damals. Jahrelanger Fraktionschef im Bundestag. Da legte ihm jene »bunte Truppe« die Fesseln des Parteipolitischen an. Mitkonstrukteur einer fusionierten Linkspartei. Da musste man Kompromisse mit den Gewerkschaftern und Ex-Sozialdemokraten aus dem Westen machen, und das war viel schwerer, als mancher angenommen hatte.

Eine komplizierte Beziehung

Aber nun seit einem Jahr: der Elder Statesmen der Linkspartei, der Mann, der sich für die großen Linien zuständig hält, der Mahner, der sein letzten großes Projekt verfolgt: die Linkspartei aus einer Festlegung auf die Oppositionsrolle hinauszuführen. Rot-Rot-Grün gilt dem Berliner als entscheidender Beitrag gegen den Rechtsruck. In seiner Partei sieht das mancher anders. Aber Gysi ist jetzt unabhängig.

Und so ist es immer auch eine komplizierte Beziehung geblieben zwischen ihm und der Linkspartei. Eine, in der große Verehrung und unterdrückte Verärgerung nebeneinander existieren können – in beide Richtungen. Die LINKE weiß, wie sehr sie den Wahlkämpfer, den Rhetoriker, den Wählerliebling braucht, der auch jenseits der Grenzen der eigenen Anhängerschaft ankommt. Und sie weiß, dass Gysi nerven kann in einem politischen Sinne, der produktiv sein könnte, wenn die, die genervt werden, etwas mit der Kritik anzufangen wissen.

Vor dem jüngsten Parteitag hatte er die LINKE als »saft- und kraftlos« bezeichnet. Das machte tagelang Schlagzeilen, obwohl andere Politiker der Partei sich weit deutlicher über den Zustand geäußert hatten. Aber sie waren nicht Gysi. Die Wähler würden der Partei »die Gestaltungskraft absprechen, weil wir auf Bundesebene den Eindruck vermitteln, nicht in die Regierung zu wollen«, das war das, waorauf er hinauswollte. Auch ein Brief Gysis an die neue Fraktionsspitze aus dem Frühjahr, in dem dieser auf eine Klärung seiner Aufgaben im Bundestag drängte, ist in Erinnerung. Wegen der Schlagzeilen, die er machte. Sahra Wagenknecht hatte auf das Schreiben mit den Worten geantwortet, es sei spürbar, »dass es ihm schwerfällt, mit seiner aktuellen Stellung zurechtzukommen«.

Nein zu sagen, das ist ihm immer schon schwer gefallen

Quelle: ND >>>>> weiterlesen

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Author Michael Lucan / own work

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