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Skandal-Urteil in Dessau

Erstellt von Redaktion am Dienstag 9. Dezember 2008

„Ein makabres Stück Polizeialltag“

Datei:Oury Jalloh.jpg

BERND MESOVIC, 54, arbeitet als Referent bei Pro Asyl und ist seit 25 Jahren im Flüchtlingsschutz tätig. Nach dem Freispruch der beiden angeklagten Polizisten wirft Pro Asyl den deutschen Ordnungshütern institutionellen Rassismus vor.

VON ULRICH SCHULTE

Gedenken in der Innenstadt von Dessau-Roßlau an den toten Afrikaner Oury Jalloha.

taz: Herr Mesovic, steht der Fall Jalloh stellvertretend für ein Problem in Deutschland?

Bernd Mesovic: Ja. Das Verfahren bestätigt, was Menschenrechtsorganisationen seit Jahren behaupten: Die Polizei hat als Organisation ein Problem mit exzessiver Gewalt – und mit ihrer Aufarbeitung. Polizeizeugen haben in dem Prozess ein Gespinst aus Lügen und Halbwahrheiten gewebt. Das war ein makabres Stück deutschen Polizeialltags, der immer noch von Korpsgeist und einer Mauer des Schweigens geprägt ist.

Wie zeigte sich das während des Prozesses?

Die Behörden haben von Anfang an versucht, Ermittlungen in eine von ihnen gewünschte Richtung zu leiten. Als der Tod Oury Jallohs bekannt wurde, wurden Pressemitteilungen veröffentlicht, die Deutungen des Vorgangs nahelegten. Das hat das Verfahren geprägt.

Es kommt bundesweit immer wieder zu Übergriffen durch Beamte. Ist Gewalt das einzige Problem?

Nein. Die Polizei leidet an institutionellem Rassismus. Auch die Geschichte Jallohs begann mit alltäglichem Rassismus: Ein Schwarzer wurde ganz selbstverständlich auf der Straße angehalten, kontrolliert und einkassiert. Diese Selbstverständlichkeit, mit der Polizisten gegen anders aussehende Menschen vorgehen, bestätigen Menschen aus der schwarzen Community, wenn man sie fragt. Eine schwarze Haut bedeutet schlicht ein höheres Risko, verletzt zu werden.

Aus ihrer Erfahrung: Wie werden Übergriffe aufgeklärt?

Eine Aufklärung durch Polizei, oder ein Anerkennen des institutionellen Versagens ist nicht zu erwarten. Das Phänomen existiert in der Selbstwahrnehmung der Polizeibehörden oft überhaupt nicht.

Haben Sie für diesen Vorwurf einen Beleg?

Wenn Initiativen die Polizei auf Vorkommnisse aufmerksam machen, hören sie immer ähnliche Argumente: Danke für den Hinweis, wir kümmern uns um die schwarzen Schafe – aber ein strukturelles Problem besteht nicht. Wenn es hart auf hart kommt, werden die Reihen fest geschlossen. Und leitende Beamte und Staatsanwaltschaft stützen diesen Reflex.

Quelle  TAZ >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle:  Demonstration am 1. April 2006 in Dessau unter dem Motto „Break the silence – Gegen rassistische Staatsgewalt, Vertuschung und Straflosigkeit“ in Gedenken an Oury Jalloh

Autor : Übertragen aus de.wikipedia nach Commons durch Sebastian Wallroth mithilfe des CommonsHelper.

Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

 

 

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