Politisch gewollte Probleme?
Erstellt von Redaktion am Donnerstag 14. März 2019
Erderwärmung außer Kontrolle:
Quelle : Scharf – Links
Von Jürgen Tallig
Steigende CO2-Emissionen und schwindende Senken destabilisieren den Kohlenstoffkreislauf vollends.
Die Welt steuert ungebremst, ja sogar beschleunigt auf eine globale Katastrophe zu. Dem klimapolitisch Nötigen und einer Begrenzung der Erderwärmung, ist die Welt nicht wirklich näher gekommen.
Die Verpflichtungen zur Reduzierung der Emissionen werden nicht eingehalten und die weltweiten CO2-Emissionen sind im Jahr 2017 um 1.7% und im Jahr 2018 sogar um über 3 % gestiegen.
Gleichzeitig gerät die Vegetation zunehmend unter Hitzestress, wie der endlose Extremsommer 2018 weltweit erschreckend deutlich machte. Das Ungleichgewicht zwischen CO2- Freisetzung und CO2- Aufnahme, also zwischen Quellen und Senken vergrößert sich immer mehr und ist längst so groß, dass nur noch ein Teil des Kohlendioxids einen Kreislauf durchläuft, weshalb man jetzt eigentlich schon nicht mehr von einem Kreislauf sprechen kann. Von den menschlichen Emissionen aus Verbrennung, in Höhe von reichlich 40 Gt (Gigatonnen) CO2 jährlich, verbleiben 20 Gt bereits direkt in der Atmosphäre, je ein Viertel, also jeweils etwa 10 Gt, werden noch von der Landbiosphäre und den Ozeanen aufgenommen.
Durch weiter steigende anthropogene und zunehmende natürliche Emissionen (z.B. aus dem auftauenden Permafrost und durch brennende Wälder), bei gleichzeitiger Minderung der CO2- Aufnahme durch die Natur, vergrößert sich die Schere in der Kohlenstoffbilanz immer weiter.
Der CO2- Gehalt der Atmosphäre hat längst den natürlichen Schwankungsbereich zwischen 250 und 280 ppm verlassen. Nach Angaben der UN-Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hat sich die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre seit 2015, dem Jahr der Pariser Klimakonferenz, weiter erhöht und erreicht beständig neue Rekordwerte. Nach 400 ppm (Teilchen Kohlendioxid pro eine Million Luftteilchen) im Jahr 2015 sind es heute schon mehr als 407 ppm. Noch nie sei die Konzentration an Treibhausgasen in der Erdatmosphäre so schnell gestiegen wie in den vergangenen Jahren. Die Weltklimaorganisation WMO warnt: Wenn der CO2-Gehalt weiter rapide steigt, könnten beispiellose Klimaveränderungen „mit schweren ökologischen und wirtschaftlichen Störungen“ ausgelöst werden. Eine derart hohe Treibhausgaskonzentration wie heute gab es zum letzten Mal vor etwa drei bis fünf Millionen Jahren (Klimaerwärmung, Wir vererben einen unwirtlichen Planeten ZEIT ONLINE, 30.10.2017).
Heisszeit ante portas
Die steigenden Treibhausgaskonzentrationen führen zu einer deutlich zunehmenden globalen Erwärmung.
Die 20 wärmsten Jahre gab es alle nach der Jahrhundertwende, bis auf das El Nino- Jahr 1998 und die Jahre von 2014 bis 2018 waren die bisher heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Das Jahr 2018 war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland und wohl auch eines der trockensten. Mit seiner ungewöhnlichen Hitze und einer seit April anhaltenden extremen Trockenheit war der endlose Sommer 2018 für die Vegetation in Deutschland und Europa eine Katastrophe.
Die weitverbreitete Auffassung, dass Deutschland und Europa vom Klimawandel nicht so stark betroffen sein werden wie andere Regionen, dürfte seit 2018 mehr als fraglich sein. Nur ein Extremsommer vernichtete 6000 Km² Wald (das entspricht einem Fünftel der ostdeutschen Waldfläche oder der siebenfachen Fläche von ganz Berlin)) und ließ viele hundert Millionen Setzlinge der Neupflanzungen der letzten Jahre vertrocknen (siehe: Wald in Not, Klimareporter, 32.10.2018). Es kam zu Waldschäden zwischen 2 und 5,5 Milliarden Euro. Grundwasserspiegel und Pegelstände erreichten negative Rekordwerte und die Auswirkungen auf Wälder und Landwirtschaft wären noch viel verheerender gewesen, wenn 2017 nicht ein sehr feuchtes Jahr gewesen wäre, wodurch die Grundwasserstände gut aufgefüllt waren.
Doch auch so spricht man von einem Katastrophenjahr: allein in Brandenburg kam es zu 540 teils großflächigen Waldbränden (Nachrichten Antenne Brandenburg am 12.09.2018), hinzu kamen enorme Waldverluste durch Schädlingsbefall.
Die Rekordniedrigstände der Flüsse führten zu Kraftwerksabschaltungen und die Schifffahrt musste vielerorts eingestellt werden, was die Zulieferungen von Industriebetrieben massiv beeinträchtigte. In den aufgeheizten Flüssen kam es zu massenhaftem Fischsterben, manche, wie die Schwarze Elster trockneten ganz aus.
Sollte sich die veränderte atmosphärische Zirkulation über Europa, mit ihren zunehmend stationären Wetterlagen als neuer Dauerzustand erweisen (siehe Michael E. Mann, Stefan Rahmstorf, 2018), dann erwarten uns weitere Jahre wie 2018 mit verheerenden Auswirkungen auf Wälder, Flüsse, Seen und Landwirtschaft. 2019 kann natürlich wieder, wie 2017 ein feuchtes Jahr werden, aber es kann natürlich auch wieder wie 2018 werden. Und es kann durchaus auch fünf Jahre hintereinander solch trockenes, heißes Wetter wie 2018 geben. Was dann längst kein „schönes“ Wetter mehr ist, wie den Menschen durch diverse Medien eingeredet wird, sondern eine Katastrophe. Nicht nur wegen der Ernteverluste, sondern vor allem wegen der Waldverluste, die die CO2- Aufnahme durch die Vegetation weiter vermindern. Auch grüne Felder sind übrigens keine CO2- Senken, da das CO2 ja nicht dauerhaft gebunden wird, sondern wenn sie bewässert sind, oft sogar Methanquellen. Alexander Gerst sah aus seiner Raumstation im Sommer 2018 ein braun und gelb verfärbtes Europa. Und der extrem milde Winter dieses Jahres lässt auch für 2019 nichts Gutes erwarten.
Offenbar ist jetzt schon eine entscheidende globale Schwelle in Sichtweite, die die Erhaltung der Wälder in Frage stellt. Wenn aber die Waldverluste durch Neupflanzungen schon gar nicht mehr ersetzt werden können, weil diese als erste vertrocknen, da ja ihre Wurzeln noch nicht so tief reichen,- was dann?
Das beträfe ja auch alle Neupflanzungen für künstliche Senken und offenbart, dass diese schon sehr bald künstliche Bewässerung bräuchten, also faktisch unmöglich sind.
Das alles passiert ja bereits bei „nur“ einem Grad Erderwärmung. Was passiert dann erst bei 2 Grad?
Es ist regelrecht zynisch, den weiteren ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen und das Überziehen jeglicher Emissionsbudgets, mit der unwahrscheinlichen Möglichkeit späterer CO2- Rückholung aus der Atmosphäre zu entschuldigen.
Vegetation im Hitzestress
Was uns im vorigen Jahr in Europa aufschreckte, ist anderswo schon seit Jahrzehnten Normalität,- weltweit verstärkt sich mit der Erderwärmung die Austrocknung der Erdoberfläche und der Biosphäre, weltweit verändern sich die Niederschlagsmuster.
Bereits 2017 waren der Mittelmeerraum, Kalifornien, Kanada, Alaska von schweren Waldbränden betroffen.
In Deutschland vernichtete Anfang Oktober 2017 ein schwerer Orkan, Millionen noch im Laub stehender Bäume usw. usf. Das Jahr 2018 mit seinen verheerenden Waldbränden und Dürreschäden, von dem Europa und Deutschland diesmal stärker betroffen waren, ist nur scheinbar außergewöhnlich.
Weltweit nehmen die Waldverluste durch Sturm, Dürre, Waldbrände und Schädlingsbefall schon lange dramatisch zu. Die Waldbrände haben sich nach Zahl und Fläche z.B. in Nordamerika binnen weniger Jahrzehnte verzwanzigfacht (siehe Al Gore, Eine unbequeme Wahrheit).
Die Vegetation des Planeten ist längst im Hitzestress.
Austrocknung am Amazonas
2005, 2007, 2010 und 2016 war der Amazonas-Regenwald von schweren Dürren betroffen. Die monatelange Trockenheit hat 2005 ein Drittel des Waldes absterben lassen, 2010 waren 50% betroffen,- das war also eine Dürre auf der siebenfachen Fläche Deutschlands.
Bisher wurde ein Fünftel des durch die Menschheit zusätzlich freigesetzten CO2 in Amazonien gebunden,- das könnte bald vorbei sein. Die CO2 -Aufnahmefähigkeit des Regenwaldes verringerte sich in nur 10 Jahren bereits um 30 %. Während der Dürren „emittierte“ der Wald sogar riesige Mengen an CO2 -, die in etwa den Emissionen der USA entsprachen. Die CO2-Bilanz des Amazonas- Regenwaldes könnte durch verrottendes Totholz und Waldbrände bald negativ sein. Die zweitgrößte CO2- Senke der Erde hätte sich in eine CO2- Quelle verwandelt. Eine neue Studie zur Widerstandsfähigkeit der tropischen Vegetation, kommt zu dem Ergebnis, dass es fraglich ist, ob diese sich dem derzeitigen Tempo des Klimawandels anpassen kann (PIK-PM 26.02.2019, Amazonas…).
Der El Nino des Jahres 2016 führte zu verstärkter Trockenheit in den tropischen Regionen, was die CO2- Aufnahme durch die Vegetation erheblich verringerte. Der Anstieg der CO2- Konzentration in der Atmosphäre erhöhte sich dadurch 2016 sofort um über 30% auf 3 ppm (parts per Million), um 2017 wieder auf 2 ppm abzusinken(CO2- Konzentration auf neuer Rekord-Höhe, Klimareporter 22.11.2018). Das zeigt, wie sensibel die Vegetation bereits auf vergleichsweise geringe Veränderungen reagiert und wie Trockenheit und Hitzestress sofort die Kapazitäten zur CO2- Bindung beeinflussen.
Und es gibt augenscheinlich Veränderungen, die darauf hindeuten, dass der El Nino zu einem Dauerzustand werden könnte (El Nino und warme Arktis werden zum Dauerzustand, Spektrum der Wissenschaften, 21.04.2017).
Für 2019 ist bereits ein neuer El Nino zu erwarten, der den CO2- Anstieg wieder auf 2.75 ppm erhöhen könnte
(Erneuter Sprung bei der CO2- Konzentration erwartet, Klimareporter 08.02.2019) indem er erneut die CO2-Aufnahmefähigkeit der Senken durch Trockenheit und Hitze verringert.
2005 2007
2010 2016
© NASA Earth Observatory, Joshua Stevens.
Auch die Borealen (Nordischen) Wälder sind durch Temperaturanstieg und Trockenheit, aber auch durch zunehmenden Schädlingsbefall schwer geschädigt.
Hitzestress in der Arktis
Deutlich ist die großflächige Braunfärbung, also die Austrocknung der Borealen Wälder in Kanada und Alaska erkennbar. Massive Austrocknung und Dürren haben die Zahl der Waldbrände in den letzten Jahrzehnten enorm ansteigen lassen. Die arktische Tundra und die Borealen Wälder sind bereits seit 2000 Nettoquelle von CO2 und Methan.
Die ozeanische CO2-Aufnahme sinkt.
Auch die Ozeane, als bedeutendste CO2- Senke des Planeten, sind längst überlastet und werden immer weniger Kohlendioxid aufnehmen können. Sie haben seit 1800 ca. ein Drittel der menschlichen Emissionen aufgenommen und wirkten damit und mit der Aufnahme von 90% der zusätzlichen Wärme, als gigantische Puffer, was die Erderwärmung massiv verzögerte. Auf Grund von Geschwindigkeit und Menge der weiteren CO2-Freisetzung, sind die ozeanischen Aufnahmemechanismen inzwischen überfordert. Die Versauerung der Ozeane hat jetzt bereits um 30% zugenommen und ist damit so hoch, wie seit 300 Millionen Jahren nicht. Die zunehmende Erwärmung und Versauerung der Ozeane verringert die CO2-Aufnahme erheblich. Waren es früher ca. 30-34% der menschgemachten CO2-Emissionen, die absorbiert wurden, so waren es 1999 nur noch 26% und inzwischen dürfte es noch viel weniger sein. Sowohl, die chemische, die physikalische als auch die biologische CO2 -Pumpe der Ozeane sind erheblich beeinträchtigt und werden es noch Jahrtausende sein.
Erwärmung und Versauerung gefährden ja nicht nur Korallenriffe und Nahrungsketten, sondern in wärmeren, sauerstoffärmeren und versauerten Ozeanen kann sich viel weniger CO2 lösen (chemische Pumpe). Auch der Austausch der Wasserschichten ist schwer gestört und damit der CO2-Transport in die Tiefe (physikalische Pumpe). Die Minderung des Phytoplanktons reduziert gleichfalls die CO2-Aufnahme und die Tiefenverfrachtung von Kohlenstoff(die biologische CO2- Pumpe), aber auch die Photosynthese und damit die Sauerstoffproduktion.
Das bedeutet, dass die Ozeane in Zukunft sehr viel weniger CO2 absorbieren werden als bisher (minus ca.30% noch in diesem Jahrhundert). Die Ozeane können dann, hohe Emissionen nicht mehr, wie bisher abpuffern, so dass diese direkt die Erderwärmung, aber auch die Versauerung verstärken. Das beeinträchtigt wiederum die CO2- Aufnahme der Ozeane usw.usf. Auch der Karbonat-Silikat-Kreislauf wird geschwächt, da die Schalenbildung der Meeresorganismen durch die fortschreitende Versauerung immer mehr beeinträchtigt wird. Eine fatale Rückkopplung.
Kohlenstoffkreislauf außer Kontrolle
Durch all diese Veränderungen gibt es einen zunehmenden Überschuss an ungebundenem CO2, der in der Atmosphäre verbleibt und den Treibhauseffekt verstärkt und damit das Klimasystem weiter destabilisiert.
Ein immer größerer Anteil CO2 verbleibt zusätzlich in der Atmosphäre und verstärkt so die Aufheizung der Erde, was die Wälder und Ozeane immer weiter unter Hitzestress setzt und ihre CO2- Aufnahme dezimiert. Gleichzeitig erfolgt eine verstärkte CO2- Freisetzung aus der Vegetation aber auch aus den Ozeanen,- ein Teufelskreis, der bald nicht mehr zu durchbrechen sein dürfte.
Eine weitere Erhöhung der Oberflächentemperatur der Erde um 1 oder gar 2 Grad hätte verheerende Auswirkungen auf die Wälder und den gesamten Kohlenstoffkreislauf des Planeten.
In der Landbiomasse sind etwa 500 Gt (Gigatonnen = Milliarden Tonnen) Kohlenstoff gebunden, die dann früher oder später durch Waldbrände und mikrobielle Zersetzung als Methan und CO2 in die Atmosphäre gelangen werden. Das entspricht 1830 Gt CO2, was so viel ist, wie die Menschheit seit Beginn der Industrialisierung insgesamt freigesetzt hat.
Prof. Rockström, der neue Codirektor des PIK (Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung) hat In seiner Stellungnahme „The 10 Science must knows on Climate Change“ den Zusammenbruch der natürlichen CO2- Senken ab ca. 2030 prognostiziert. Dort findet sich ein bemerkenswertes Diagramm, das eine massive Abnahme der Kapazitäten der biosphärischen Kohlenstoffsenken (Land und Ozean) ab ca. 2030 annimmt. Sie reduzieren sich auf etwa ein Drittel bis 2060, um danach weiter abzunehmen.
Ob es tatsächlich möglich ist, den zunehmenden Ausfall der natürlichen CO2- Senken durch anthropogene Senken zu ersetzen, wie es Prof. Rockström vorschlägt, um so einen verselbständigten Anstieg des CO2- Gehalts der Atmosphäre und der Temperaturen zu verhindern, ist mehr als zweifelhaft (siehe Jürgen Tallig, „Einmal Heisszeit und zurück“, scharf-links, 2018 und „Die Erde des Jahres 2035“, in Tarantel 81, S. 24 ff., Juni 2018). Es gilt vorher entschlossen zu handeln.
„Ohne schnelle Reduktion von CO2 und anderen Treibhausgasen wird der Klimawandel immer zerstörerischer und hat immer mehr irreversible Folgen für das Leben auf der Erde“, sagt der Chef der Weltmeteorologie-Organisation (WMO) Petteri Taalas. „Das Zeitfenster, in dem wir etwas tun können, hat sich fast geschlossen“.
Jürgen Tallig 2019 tall.j@web.de earthattack-talligsklimablog.jimdofree.com
Literatur:
Michael E. Mann, Stefan Rahmstorf, (2018): Projected changes in persistent extreme summer weather events: The role of quasi-resonant amplification. Science Advances, Vol. 4, no. 10
S. Rahmstorf, Können wir die globale Erwärmung rechtzeitig stoppen?, KlimaLounge,11.04.2017
Johan Rockström, „The 10 Science must knows on Climate Change“, 2017
Matthew Sturm, Hitzestress für die arktische Flora, Spektrum Spezial 4/2012
www.spektrum.de/artikel/1050012
D.Lingenhöhl, Verbrennt Amazonien dieses Jahr?, Spektrum der Wissenschaft 05.07.2016
WBGU, Die Zukunft der Meere- zu warm, zu hoch, zu sauer, Sondergutachten 2006
J. Tallig, „Rasante Zerstörung des Blauen Planeten“, Umwelt aktuell 12.2016/01.2017
„Die tödliche Falle“ , Umwelt Aktuell 11/2017
„EARTH FIRST: Der Preis des Lebens“ in Blätter für deutsche und internationale Politik, 10`2018
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