Ausgang der Militäroperation in Afghanistan gänzlich unvorhersehbar gewesen. Das ist falsch. Er war vorhersehbar, und es gab auch vor zwanzig Jahren in Deutschland durchaus Leute, die mit guten Argumenten davor gewarnt hatten. Sie wurden damals – wenn sie Glück hatten – als naiv-pazifistisch bezeichnet, wenn sie weniger Glück hatten: als ideologisch verbohrt. Wenn diese Leute heute an ihre Warnungen von einst erinnern, dann laufen sie Gefahr, besserwisserisch zu erscheinen, und das kann wirklich niemand leiden.
Was beweist: Ein Fehler, den die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung einmal unterstützt hat, wird nachträglich gern für unvermeidlich erklärt. Das ist verständlich und bequem für alle Verantwortlichen, aber fatal. Denn diese Haltung verhindert eine Analyse dessen, was eigentlich genau schiefgelaufen ist. Die wäre jedoch längst überfällig, nicht nur im Hinblick auf Afghanistan, sondern auch auf andere Krisenherde der Welt. Und auf die Zukunft.
Die ignorante Arroganz des Westens
Wer verstehen will, wie es zu dem Desaster kommen konnte, muss den Blick auf das Ende der bipolaren Welt richten. Damals fühlten sich westliche Demokratien, insbesondere deren Führungsmacht USA, als Sieger der Geschichte. Alles schien möglich, jedes Problem lösbar.
Als Korrespondentin für Ost- und Zentralafrika habe ich in den Neunzigerjahren den – ebenfalls gescheiterten – internationalen Militäreinsatz in Somalia von Anfang bis Ende aus der Nähe verfolgen können. Damals war das offizielle Ziel der Operation die Beendigung einer Hungersnot, die infolge eines Bürgerkriegs mit unübersichtlichen Fronten entstanden war. Ich glaube, dass es den federführenden Mächten durchaus ernst war mit ihren öffentlich proklamierten Absichten. Die »Guten« hatten den Kampf der Systeme gewonnen – und nun verhungerten Babys vor den Augen der Welt? Das konnte, das durfte nicht sein.
Interessen, es lag woanders: In einem schier unfassbaren Hochmut führender Militärmächte und daraus folgender vollständiger Unkenntnis der Verhältnisse vor Ort gingen die ausländischen Invasoren davon aus, dass allein die Überlegenheit ihrer Streitkräfte genügen würde, um jeden Bürgerkrieg schnell zu beenden.
Quelle : Spiegel-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Dr. Thomas de Maizière, Germany’s minister of Defense, is guided by German army Maj. Gen. Markus Kneip, Commander, Regional Command North to the command headquarters after a moment of remembrance at the memorial site of fallen soldiers on Camp Marmal.