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Rassismus: Ein Schlagloch

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 22. August 2018

Unrecht hat viele Gesichter

Der DFB Präsident hat sich gerade versteckt?

Autorin  : Hilal Sezgin

Reden über Alltagsrassismus ist kein Gejammer, sondern wichtig: Nur wenn wir beschreiben, was uns passiert ist, können wir uns selbst ermächtigen.

Früher oder später musste es ja passieren. Denn anscheinend immer, wenn Menschen ihre geballten Diskriminierungserfahrungen unter einem Hashtag versammeln, taucht eine*r auf, der ihnen zuruft: „Stellt euch nicht so an, ich hab dasselbe erlebt, und mir macht das alles nix!“ So geschah es bei MeToo, wo nach Abertausenden Erzählungen von sexueller Belästigung und Gewalt einige andere Frauen vom Bildschirm herab erklärten, dass diese Vorfälle nun mal die Kosten der Freiheit seien. Und so ist es jetzt auch bei MeTwo, wo es um Alltagsrassismus geht.

Der taz-Redakteur Jörg Wimalasena schrieb, dass es sich um „Jammern auf hohem Niveau“ handele: Ähnliche Erfahrungen habe er auch gemacht, aber sie hätten ihn „daran gehindert, mein Leben so zu leben, wie ich es möchte. Es würde mir nicht plausibel erscheinen, mich selbst per Twitter als ‚Opfer‘ zu stilisieren, und sei es ‚nur‘ als Opfer von Rassismus, denn das bin ich nicht, und das möchte ich auch nicht sein.“

Zu seinem geglückten Leben gratuliere ich ihm. Und es ist schön für ihn, dass er kein Opfer ist. Nicht nur auf deutschen Schulhöfen ist „Opfer“ längst Schimpfwort geworden. Auch akademische Feministinnen haben in den letzten Jahrzehnten lernen müssen, dass die Beschreibung ihrer selbst und anderer als bloße Opfer die Handlungsmöglichkeiten von Frauen unsichtbar macht und sie weiter schwächen kann, statt sie zu stärken. „Opfer“ ist tatsächlich ein heikles Konzept.

Doch wenn mir einer ins Gesicht schlägt, bin ich Opfer dieses Schlagens. Wenn mich einer beleidigt, Opfer seiner Worte. Das nicht ernst zu nehmen und nicht darüber zu reden wäre nicht tapfer und nicht stark, sondern idiotisch.

Die Philosophin Mary Midgley schreibt in ihren Memoiren, dass es uns Menschen leider nicht gelinge, das Pendel, wenn es nach extremem Ausschlag in die eine Richtung in die andere unterwegs sei, auf halbem Weg zu stoppen, bevor es ins gegenteilige Extrem umschlägt. So ein Fall scheint auch hier vorzuliegen: Sich zum Opfer zu stilisieren oder sich oder andere schwächer dastehen zu lassen, als sie sind, ist soziologisch nicht zutreffend und politisch nicht sinnvoll. Die eigene Schwäche, Verletzlichkeit und Interdependenz anerkennen, das an einem selbst begangene Unrecht wahrzunehmen und entsprechende Rechte einzuklagen, jedoch sehr wohl.

Quelle    :     TAZ        >>>>>         weiterlesen

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Grafikquelle      :      „Nein zu Rassismus“ Plakataktion des MRAP (Bewegung gegen Rassismus und für Freundschaft zwischen den Völkern)

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