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Rassismus auf der Bühne

Erstellt von Redaktion am Freitag 23. März 2012

„Ressentiments sind zum Zerstören da“

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Oliver Polak, 35, Sohn eines KZ-Überlebenden, machte nach dem Abi ein Praktikum bei Viva und moderierte bei RTL den „Disney Club“. Serienauftritte folgten. Seit 2006 macht Polak selbstironische und gesellschaftskritische Stand-up-Comedy. Zuletzt erschien die DVD „Ich darf das, ich bin Jude! Live!“. Für Oliver Polak ist guter Humor weder deutsch noch jüdisch, sondern absurd, kaputt und selbstironisch. Seine Auftritte sind das Gegenteil von „Wellnesscomedy“.

taz: Herr Polak, Sie treten im Fernsehen auf, schreiben Bücher, und jetzt gibt es auch eine DVD von Ihnen. Ist Ihre Mutter stolz auf Sie?

Oliver Polak: Stolz ist ein sehr deutsches Wort. Wenn ich es höre, denke ich an „stolz, ein Deutscher zu sein“. Die Reaktion meiner Mutter auf meine Show war: „Gute Show, gab es den Anzug auch in deiner Größe?“ Als ich Dirk von Lowtzow geküsst habe, sagte mein Vater, das habe ich nachher von meiner Mutter gehört: „Oh Gott, der Junge ist schwul.“

Sie sind als einziger jüdischer Junge in der niedersächsischen Kleinstadt Papenburg aufgewachsen. Haben Sie sich als Außenseiter gefühlt?

Absurderweise hatten meine Eltern ein Geschäft mit Weihnachtsdekorationen. Zur Weihnachtszeit standen wir am Fenster, mein Vater, meine Mutter und ich. Wir haben Chanukkaleuchter angezündet und den Chanukkasong gesungen, von draußen strahlten uns die Weihnachtssterne an, wir standen da zu dritt, das war absurd, und das war anders. Das war auch oft unerträglich. Sodass man eine eigene Welt gebaut hat. Unterhaltung war für mich eine Flucht aus dieser tristen Kleinstadt.

Ist Ihr Humor jüdisch?

Ich denke über so was echt nicht nach. Bis zum vergangenen September, also meine ersten 35 Jahre, habe ich keinen einzigen Woody-Allen-Film geguckt. Ich habe mir dann in der Not mit einer 16- Jährigen einen angesehen, von Polanski lief grad nichts. Die Klischees der jüdischen Mutter usw. sind mir nicht begegnet, so absurd es sich anhört.

Es gibt Leute, die behaupten, es gäbe deutschen Humor. Wie sehen Sie das?

Bestimmt, aber ich kann ihn nicht definieren. Ich war erschrocken, als Loriot gestorben ist. Es war so, als ob die Russen wieder einmarschiert sind: Oh Gott, er ist tot, er ist tot! Als ob der Humorführer plötzlich gestorben ist. Die Band Deichkind mit ihrer neuen Platte „Befehl von ganz unten“, Daniel Richter, Erobique, das finde ich komisch, obwohl sie gar nicht unbedingt komisch sein wollen. Das ist für mich guter deutscher Humor: absurd, kaputt und selbstironisch. Mein Humor richtet sich oft gegen mich selbst.

Fehlt der deutschen Comedy das Selbstironische?

Im Vergleich zu Ricky Gervais, Sarah Silverman oder Larry David in Amerika arbeitet der deutsche Humor zu sehr mit Stimmungen. Phrasen werden rausgetrasht, es sind oft gar keine richtigen Gags: Es ist Wellnesscomedy. In diesem Land werden Gags oft nur für die Zustimmung produziert, man kann nur nicht immer auf Zustimmung arbeiten. Oft wird ein Vorurteil oder ein Ressentiment erzählt, wie: Frauen können schlecht einparken, Schwarze haben lange Geschlechtsteile, Türken essen immer Döner, und das reicht. Das ist schon die Pointe. Es stimmt nur nicht, und des Weiteren ist es nicht lustig. Ressentiments sind dazu da, um sie zu zerstören.

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Oliver Polak (c) Gerald von Foris
Datum
Quelle Eigenes Werk
Urheber Oliver Polak

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