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Post von Augstein

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 10. März 2021

Ein Platz an der Sonne für die Hohenzollern?

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Eine Kolumne von Franziska Augstein

Das Haus Hohenzollern will für Enteignungen entschädigt werden. Engagierte Gehilfen des Naziregimes werden aber laut Gesetz nicht entschädigt.

1946 sandte Konrad Adenauer einer Dame mit adeligem Namen einen Brief. Gegen Ende schrieb er: »Ich benutze diese Gelegenheit, um Ihnen zu sagen, wie tief empört ich – der ich den Wert der Tradition kenne und schätze – über die Haltung des größten Teiles Ihrer Standesgenossen während der nationalsozialistischen Zeit bin; sie sind unter Verleugnung ihrer Tradition aus einer völlig unbegründeten Abneigung gegen eine wirkliche Demokratie einem verbrecherischen Abenteuer nachgelaufen.«

Diesen Brief verfasste Adenauer, drei Jahre bevor er Bundeskanzler wurde und dann zu der Ansicht kam, wenn man kein sauberes Wasser habe, müsse man mit schmutzigem waschen.

Nach Kriegsende verloren deutsche Gutsherren ihre Güter im Osten des einstmaligen Deutschen Reichs. Manche, wie zum Beispiel die Familie von Puttkamer, deren Ländereien in Hinterpommern sich an der Ostseeküste über Kilometer hin erstreckten und von dort auf Tausenden Hektar weiter ins Binnenland, nahmen es hin, dass der Zweite Weltkrieg sie um ihr Hab und Gut gebracht hatte. Der 2019 verstorbene bundesdeutsche Diplomat Eberhard von Puttkamer erzählte, seine Eltern hätten ihre einstigen Güter und die Bauten nicht einmal besuchsweise nochmals anschauen wollen. Es wäre zu schmerzhaft gewesen. Eberhard von Puttkamers Eltern haben nach der Flucht gen Westen ihre Besitztümer aufgegeben, sie haben sich dann in der Bundesrepublik eingerichtet, als Demokraten, als Bürger von Stand.

Von den Hohenzollern kann man nicht sagen, dass sie ihr Schicksal angenommen hätten, weder nach dem Ersten noch nach dem Zweiten Weltkrieg. Kaiser Wilhelm II. fuhr 1918 ins Exil nach Holland. Der kaiserliche »Hausrat«, 64 Eisenbahnwaggons, wurde in den darauffolgenden Jahren nach Wilhelms Ansitz in Huis Doorn geliefert, befüllt mit Kunstwerken von größtem Wert. Der Vertrag zwischen dem Haus Hohenzollern und dem preußischen Staat, der 1926 beschlossen wurde, sollte an sich festhalten, was den Hohenzollern gehöre und was im Besitz des Staates verbleibe. Leider ließ dieser Vertrag allerlei juristische Lücken.

Wilhelm II. (1859 bis 1941) beschäftigte sich in Holland gern damit, Holz zu hacken und seine Söhne anzustacheln. Die übernahmen in den 1920er- und 1930er-Jahren die Hackearbeit an der Zerstörung der deutschen Republik. Dem jetzigen Sprecher der Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen, sind etliche Darstellungen nicht genehm. Er hat seine Juristen schon gegen einige Journalisten und Historiker in Marsch gesetzt.

Wie die Hohenzollern sich aufführen und seit jeher aufgeführt haben, ist einem soeben publizierten, knackig-kurzen Buch zu entnehmen, das zwei Historiker von der Universität Utrecht und ein Kurator des Museums von Huis Doorn aus vorhandenem Schriftgut kompiliert haben (Jacco Pekelder, Joep Schenk, Cornelis van der Bas: »Der Kaiser und das ›Dritte Reich‹. Die Hohenzollern zwischen Restauration und Nationalsozialismus«. Aus dem Niederländischen von Gerd Busse. Wallstein Verlag).
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Ein Sohn des Kaisers, Prinz August Wilhelm (1887 bis 1949), war, salopp gesagt, ein lupenreiner Nazi: Er wurde 1948 vom Entnazifizierungsgericht des Internierungslagers Ludwigsburg als »Belasteter« eingestuft. Bei den heutigen Querelen spielt das allerdings keine Rolle, weil im Familienverband damals sein ältester Bruder Wilhelm Prinz von Preußen (1882 bis 1951) testamentarisch als Besitzer des Vermögens eingesetzt war. Um ihn und seine Haltung geht es heute.

Nach dem Untergang der Sowjetunion traten viele auf den Plan, die ihr früheres Eigentum in der DDR zurückwünschten. 1990 schon war festgelegt worden: Unter der Herrschaft der Sowjetunion bis 1949 in Ostdeutschland enteigneter Boden würde nicht zurückgegeben werden; Entschädigung könne es geben. Das gehörte zu den Punkten, auf denen Michail Gorbatschow, Generalsekratär der KPdSU, beharrte, als er um sein Plazet zur deutschen Einigung gebeten wurde. (Es gibt diesbezüglich andere Ansichten, die sind aber nicht ordentlich belegt.) 1994 verabschiedete die Bundesrepublik ein Gesetz, demzufolge alle jene, deren Habe unter der Herrschaft der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet wurde, in Geld entschädigt werden sollten, ausgenommen jene, die dem Nationalsozialismus »erheblichen Vorschub« leisteten.

Quelle        :       Spiegel-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben       —     Öffentliche Sitzung der Mitglieder des Ordens Pour le mérite für Wissenschaften und Künste 2014 im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin

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Unten       ––     Franziska Augstein, 2012 bei den Roemerberggespraechen in Ffm.

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