Politische – Geldwäsche?
Erstellt von Redaktion am Mittwoch 22. September 2021
Dringende Ermittlungsmaßnahmen
Ein Gastbeitrag von Thomas Fischer
Eine Staatsanwaltschaft erwirkt Durchsuchungsbeschlüsse gegen zwei Bundesministerien. Ihre Pressemitteilung liest sich wie ein Wahlkampfbeitrag. Ein Staatssekretär bringt sich in Schwierigkeiten. Was ist los?
Der Wahlkampf
Ach ja, der Wahlkampf! Fiebrig wankt das Land dem Freedom Day am 26. September entgegen. Schicksalswahl, Scheideweg, Abschied. Jetzt ist, das zeigen schon die sieben schwäbischen Kanzlerkandidaten, alles möglich.
Nun gut: Das muss man verstehen: Deutschland ist verwirrt. Wir haben soeben leider erstmals seit 66 Jahren einen Krieg verloren, hatten die Flucht aus Kabul so schlecht vorbereitet wie einst Napoleon die seine aus Moskau und sind jetzt echt beleidigt, dass die mützentragenden Taliban sich nicht für 20 Jahre Brunnenbauen bedanken. Da wird der Außenminister aber mal superböse!
Jedenfalls muss irgendwas her, was die Laune ein bisschen hebt. Ich sage nur: Ein Skandal, ein Skandal! Allerdings ist noch nicht recht klar, wo er sitzt und wem das Volk mit einem extrem spannenden Untersuchungsausschuss drohen könnte.
Eine Pressemitteilung
Eine Meinung dazu hat die Staatsanwaltschaft (StA) Osnabrück (OS). Sie hat dem Volk am 10. September mitgeteilt, dass »Beamte der zentralen Kriminalinspektion Osnabrück… die Amtsräume des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) durchsucht« haben. Leider stimmte das nicht ganz, die zentralen Kriminalinspektoren haben überhaupt nichts durchsucht, sondern an der Pforte höflich mitgeteilt, dass das Amtsgericht Osnabrück es ihnen erlaubt habe, falls es denn erforderlich sein sollte. War es aber nicht. Die Ministerialen für Finanzen und des Verbraucherschutzes gaben ihnen all die Geheimnisse, von denen man zuvor nur ahnen konnte: Eine Auswertung der StA »hatte ergeben, dass es zwischen der Financial Intelligence Unit (FIU) und den Ministerien umfangreiche Kommunikation gab« (Pressemitteilung vom 10. September). Das ist nun allerdings nicht sehr sensationell: Die FIU ist eine dem BMF nachgeordnete Behörde, und sie ermittelt in Sachen, die in die Zuständigkeit des BMJV fallen. Da kommt es schon mal vor, dass es Kommunikation gibt.
Warum aber? Worum ging es? Wir suchen unter »Ziel der Durchsuchung« in der PM und finden: »ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren«.
Oha! Zwei Minister in Entscheidungen eingebunden! Ob und gegebenenfalls inwieweit! Es rasseln die Ketten und klicken die Handschellen; der Wahltag naht! Nun stellt sich dem rechtsunterworfenen Bürger die Frage: Was könnte wohl die StA Osnabrück darüber zu forschen haben, »ob und inwieweit« Minister in Entscheidungen einer nachgeordneten Behörde eingebunden waren? Hat der Leitende Oberstaatsanwalt einen kleinen Absichtsbericht an seine vorgesetzte Dienststelle gerichtet, in dem stand, dass er einen Untersuchungsausschuss in Berlin plane? Gibt es irgendeinen Tatverdacht? Oder sagen wir: zureichende Anhaltspunkte, welche die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens gegen »die Leitung« gebieten (Paragraf 152 Absatz 2 StPO)?
Nö, irgendwie nicht: Die StA Osnabrück »ermittelt seit 2020 gegen die FIU«. Will sagen: gegen unbekannte Personen, die möglicherweise (!) eine Strafvereitelung im Amt (Paragraf 258a StGB) durch Unterlassen (Paragraf 13) begangen haben könnten. Das sagen, wie wir in gut unterrichteten Medien gelesen haben, »viele Polizeibeamte« und »Fahnder« und Staatsanwälte und natürlich vor allem das Financial Crimes Enforcement Network (FinCen), dessen »Files« herausgekriegt haben, dass in Deutschland schon wieder und immerzu die »Bekämpfung« der Geldwäsche »versagt«, was man schon daran sehen kann, dass in Berlin eine Goldmünze »geraubt« und 80 Immobilien des Clans der Clane beschlagnahmt wurden.
Geldwäsche
An dieser Stelle muss man leider ein weiteres Mal sagen, was »Geldwäsche« eigentlich ist. Ja, zugegeben: Es ist auch, wenn ein Panzerknacker mit zehn Millionen in kleinen Scheinen beim örtlichen Juwelier vorfährt und 500 Kronjuwelen gegen Cash kauft. Das Gesetz (Paragraf 261 StGB) sieht das etwas weniger glitzernd: Geldwäsche ist das Verbergen, Verheimlichen oder Sichverschaffen von irgendwelchen (!) Gegenständen (!), die aus irgendeiner (!) Straftat stammen. Sie haben richtig gelesen: Seit diesem Jahr ist’s vorbei mit der Exklusivität der Mafia und der Taliban und so weiter: Jede Straftat reicht!
Nun muss man noch wissen oder einfach glauben, dass es stimmt: dass in Deutschland, dem »Paradies« der Geldwäscherei, »bis zu 100 Milliarden Euro« jährlich gewaschen (siehe oben) werden. Das sind einhunderttausend Millionen. Im Jahr. Das sagen Fachleute, die es wissen müssen, weil sie es selbst geschätzt haben.
Da reichen natürlich ein paar Rammo-Ferraris nicht aus. Da müssen wir uns alle ranhalten und mithelfen. Denn aus 100 Milliarden werden, durchmischt mit all den übrigen 96 Prozent des Bruttosozialprodukts, flugs 1000 Milliarden geldwäschetaugliche »Gegenstände«: »Kontamination« nennt das die Kriminalistik. Zehn Prozent aus Straftaten stammender Wert reichen aus, um 100 Prozent selbst zum »herrührenden Gegenstand« zu machen.
Und das jedes Jahr, seit Menschengedenken! Haben Sie, liebe Leser, eine Vorstellung davon, was da zusammenkommt? Ich sage es Ihnen: alles! Alles ist verseucht! Unsere ganze schöne legale Welt ist durchseucht von den Verbrechenserlösen unserer Brüder, Schwestern und Vorfahren, vom fuggerschen Sklavenkapital über die geraubten Schätze des Völkermords bis zur Steuerhinterziehung ihres Gemüsehändlers des Vertrauens und zur Schwarzarbeit Ihrer Reinigungskraft. Geldwäsche, wohin das Auge blickt. Sie ist übrigens auch dann strafbar, wenn sie nicht vorsätzlich, sondern grob fahrlässig begangen wird! Und sagen Sie mir nicht, dass Sie nach Lektüre dieses Absatzes nicht fahrlässig seien, wenn Sie in Ihren Geldbeutel schauen!
Quelle : Spiegel-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Olaf Scholz bei der SPD Regionalkonferenz zur Wahl des SPD-Vorsitzes am 10. September 2019 in Nieder-Olm.
Olaf Kosinsky– Own work
- CC BY-SA 3.0 deThis image contains persons who may have rights that legally restrict certain re-uses of the image without consent.view terms
- File:2019-09-10 SPD Regionalkonferenz Olaf Scholz by OlafKosinsky MG 2566.jpg
- Created: 10 September 2019
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Unten — Thomas Fischer auf der re:publica 2016
Ot – Eigenes Werk
Thomas Fischer (Jurist)
CC-BY-SA 4.0
File:Thomas Fischer-Jurist-rebuliva16.JPG
Erstellt: 4. Mai 2016
Erstellt am Mittwoch 22. September 2021 um 13:25 und abgelegt unter Deutschland_DE, Justiz-Kommentare, P.SPD, Positionen. Kommentare zu diesen Eintrag im RSS 2.0 Feed. Sie können zum Ende springen und ein Kommentar hinterlassen. Pingen ist im Augenblick nicht erlaubt.
Mittwoch 22. September 2021 um 18:08
Zu „Politische – Geldwäsche?“ Dringende Ermittlungsmaßnahmen.
Das hochverehrte Publikum (die Wahlberechtigten) wird also von waschechten CDUlern sehr dumm angemacht. Nicht wenige Politiker sind bekanntlich kriminell. Aber wenige Politiker sind so dumm, wie die Masken-Millionäre von CDU und CSU. Nämlich, sich erwischen lassen.
Das hier eine Schmieren – Komödie zu Lasten des SPD-Kanzler-Kandidaten abläuft, konnte auch der Laie bei einigem Nachdenken erkennen. Natürlich sind diejenigen nicht auf dem „Holzweg“, die bei den Cum-Ex – Geschäften der Hamburger Warburg-Bank an den heutigen Bundesfinanz-Minister und damaligen Bürgermeister denken.
Für diejenigen, die es interessiert, wie mit Steuergeldern in diesem Fall umgegangen wird: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Hamburger-Cum-Ex-Ausschuss-Olearius-will-sich-nun-doch-eussern,cumex348.html
https://www.hamburgische-buergerschaft.de/fachausschuesse/14545864/pua-cum-ex/
Resümeé:
Politik, auch wenn sie sich „demokratisch“ nennt, ist nicht nur in Deutschland, nein, in der EU, in der ganzen Welt, ein dreckiges Geschäft. Die Politiker Innen selbst, erzeugen diesen Eindruck in der Mehrheits-Bevölkerung durch den Missbrauch ihrer Machtbefugnisse.