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Politiker und ihre Experten

Erstellt von Redaktion am Sonntag 28. April 2019

Kriminalität – Hochgradig abgeschottet

Preisverleihung der Toleranzringe der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste im Rathaus Köln-9998.jpg

Michael Wolffsohn, Experte für Gas-Pipeline, Wehrmacht, Kriege und Frieden – Meinungsverbreiter in politischer Mission.

Eine Kolumne von

Verfassungs-Experte

Herr Professor Wolffsohn, Experte für Gas-Pipelines, hat einen bemerkenswerten Aufsatz in der „NZZ“ (24. April) geschrieben, in dem er – nach standesgemäßer Montesquieu-Referierung plus Erwähnung Platons – anhand zweier Beispiele seine sensationelle These „Die (deutsche) Judikative demontiert sich selbst“ in die Salons warf: Der „vermeintliche Ewigkeitsanspruch“ von Richtersprüchen sei „absurd“, so schrieb der Nahost-Experte, was dadurch bewiesen sei, dass das Bundesverfassungsgericht zwei unterschiedliche „Kopftuchurteile“ gefällt habe (der Experte für Elektromobilität meinte wahrscheinlich das Urteil des 2. Senats vom 24.9.2003 – 2 BvR 1436/02, und den Beschluss des 1. Senats vom 27.1.2015 – 1 BvR 1181/10), und außerdem dadurch, dass das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den illegal abgeschobenen Gefährder/“Leibwächter“ Sami A. zunächst zurückzuholen befahl und dann, auf der Grundlage neuer Tatsachen, doch nicht.

Hieraus folgt, so der Experte für persische Literatur, dass kein Richter (ein) Gott sei. Für diese brandneue Erkenntnis und die daraus folgenden staatsrechtlichen Probleme hat der Experte für Artilleriegranaten auch eine Lösung: „Was tun? Wo und wenn es einen Dissens zwischen Legislative, Exekutive und Judikative gibt, wäre ein Vermittlungsgremium zu bilden, dem das letzte Wort zustünde.“

Ach, wenn das der Baron de La Brède de Montesquieu noch erlebt hätte! Bei schätzungsweise ein bis zehn Millionen Fällen im Jahr wäre allerdings zu fragen, ob bei jedem „Dissens“ zwischen zwei Gewalten auch immer die dritte mitmachen müsste, oder ob es drei verschiedene „Zweiergremien“ geben soll.

Das Vermittlungsgremium wäre mit Vermittlungs-Gremifikanten zu besetzen, die natürlich nicht „Richter“ hießen, sondern „Letztes-Wort-Haber“. Sie würden auch nicht Rechtsfälle nach Rechtsregeln entscheiden, sondern einfach nur das letzte Wort haben. Das Ganze müsste man in einem „Gesetz über Vermittlungsgremien bei Dissensen zwischen Staatsgewalten“ regeln und in die Verfassung integrieren, hinter den Abschnitt über das Bundesverfassungsgericht.

Für den Fall, dass eine der Gewalten sich dann nicht daran halten würde (zum Beispiel indem sie fälschlich behauptet, es läge gar kein Dissens vor), müsste man allerdings noch ein Gremium schaffen, das aus den beiden anderen besteht und das „allerletzte“ Wort hat. Falls auch das nicht klappt, könnte vielleicht der Bundespräsident einspringen, dem das Recht des „endgültig letzten Wortes“ zukäme (ius arbitrii ultissimi benedicti). Wenn er sich weigert, den Schwachsinn mitzumachen, muss er durch ein Gremium emeritierter Historiker ersetzt werden. Mehr fällt mir auf dem Analyseniveau des Experten für Währungspolitik im Moment nicht ein.

Parallelgesellschaften

Der „FAZ“ ist am 24. April aber doch noch was für einen 160-Zeilen-Leitartikel auf Seite Eins eingefallen. Nämlich das Problem mit den Parallelgesellschaften. Das geht immer!

Parallelgesellschaften sind, wie jedes Kind weiß, ein Phänomen, das sich „mit der Werteordnung einer Demokratie nicht verträgt“, erklärt uns der studierte Slawist Markus Wehner. Interessante These! Ist sie mit den Indologen abgesprochen? In Indien, dem als „größte Demokratie der Welt“ gefeierten Staat (Demokratie-Index Platz 41), gibt es unter den 1.300 Millionen Menschen nämlich so viele Parallelgesellschaften, dass einem deutschen Soziologen ganz schwindelig wird.

Und was genau beinhaltet eigentlich die „Werteordnung“ einer Demokratie? Andere nicht totschlagen? Kinder nicht sexuell missbrauchen? Freunde beschützen? Der Präsident von Russland bekennt sich gern zu dieser Ethik, gilt der „FAZ“ aber trotzdem nicht als völlig lupenrein. Herr Wehner wiederum weist auf eine besonders skrupellose Missachtung der mitteleuropäischen Werteordnung hin, welche den kriminellen Parallelgesellschaften eigen ist: „Die liberale Gesellschaft wird ausgenutzt, um sich zu bereichern.“

 

Anders gesagt: Kriminelle schließen sich zu parallelgesellschaftlichen, hochgradig abgeschotteten Netzwerken zusammen, die patriarchalisch-hierarchisch organisiert sind und das Eindringen Außenstehender durch ein ausgeklügeltes System von Kontrollen, Belohnungen, Drohungen und Abhängigkeiten verhindern. Über ein internationales Netzwerk von Malta über die Caimans bis Zürich sollen in Deutschland pro Jahr einhunderttausend Millionen Euro aus den kriminellen Geschäften dieser integrationsunwilligen Gesellschaften erwirtschaftet und zur Bereicherung verwendet werden, ohne dass Herbert Reul davon jemals mehr als ein gelbes Spielzeugauto finden kann. Deutsche Polizeigewerkschaften brüten jahrelang über Geheimdokumenten (im Szene-Jargon „Panama Papers“ oder „Geschäftsberichte“ genannt) der Geheimgesellschaften, kommen aber zu keinen durchschlagenden Ermittlungserfolgen. Denn allzu oft stoßen sie an eine Mauer des Schweigens, und ganze Scharen hochbezahlter Szeneanwälte sorgen dafür, dass die Verfahren vor den Spezialstrafkammern der Gerichte im Nichts enden. Die Hintermänner feiern rauschende Gelage in Sternerestaurants; anrückende Ordnungskräfte der Schutzpolizei werden von Vorzimmerherren provoziert oder in erniedrigende Warteschleifen eingespeist.

Quelle      :            Spiegel-online          >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen         :

Oben      —        Award ceremony of the European Academy of Sciences and Arts in the city townhall of Cologne Photo: Lecture by Prof. Dr. Michael Wolffsohn „Peace by Federalism“

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