Offener Brief an :
Erstellt von Redaktion am Montag 19. August 2019
„Schwäbisch Media“ und die Redaktion der „Schwäbischen Zeitung“
Von Stefan Weinert/Ravensburg
Oberflächliche und hintergrundarme Berichterstattung ist gefundenes „Fressen“ für die afd-affinen Flüchtlings- und Islamhasser.
Vater von IS-Anhänger aus Oberschwaben fordert Rückkehr nach Deutschland
Sehr geehrte Damen und Herren von „Schwäbisch Media“ und der „Schwäbischen Zeitung“,
seit nun genau vier Jahren ist es immer das gleiche Spiel Jedesmal, wenn Sie in Ihrer „schwäbischen“ Art einen Artikel veröffentlichen, in dem Menschen islamischen Glaubens und/oder mit Migrationshintergrund Gegenstand der Berichterstattung sind, gibt es auf dem Online Portal von „schwaebisch.de“ jede Menge von diskriminierenden, unqualifizierten, hasserfüllten, unwürdigen, Verständnis-losen und verachtenden Kommentare und Unterkommentare, die dann – wie in diesem Falle – an die 300 mal geliket werden. Wer anderer Meinung ist, ist selbstverständlich links-grün versifft, oder ein „Gut“mensch, wird gesteinigt und unzensiert beleidigt.
So auch in konkretem vorliegenden Fall *)
Selbst Vater zweier Söhne, kann ich den Vater des ehemaligen IS-Kämpfers sehr gut verstehen, ohne den IS-Kampf und die (ehemalige?) Philosophie des Sohnes zu verteidigen, und hoffe (und bete) inständig, dass seine – von der ehemaligen Justizministerin Herta Däublin-Gmelin unterstütze – Petition schnellen Erfolg zeigt. Auch für die Ehefrau und das Kleinkind des Inhaftierten.
Allerdings sehe ich es als Fehler an , wie und dass Sie so in dieser Ihrer typischen Art dann überhaupt darüber berichten. Das ist kein Journalismus, das ist lediglich „von irgendwo unbedacht abgeschrieben bzw. vom Fernseher ohne eigene recherche übernommen.“ Die von mir oben erwähnten und unten aufgeführten Kommentare, die öffentlich für jeden zu lesen sind, bestätigen dies sehr eindrucksvoll.
M. E. „klatschen“ Sie diese Meldung portionsgerecht so hin, dass sie für den Islam- und Flüchtlingshasser ein gefundenes und leicht verdauliches „Fressen“ sind, eine Einladung und ein Ventil, den Hass-Stau in Sachen „Flüchtlinge und Gutmenschen“ abzulassen. Und Flüchtlingshasser und Gutmensch-Verachter gibt es in und um Ravensburg offensichtlich jede Menge! Und Sie tun das, obwohl Sie, wie auch ich, aus Erfahrung wissen (müssten), wie die Reaktionen sein werden und wen und wen nicht Ihre derartigen Artikel auf den Plan rufen.
In Ihrem Bericht ist für den Leser nichts darüber zu erfahren, warum der damals 32-jährige in den „Heiligen Krieg“ gezogen ist. Wurde er angeworben und wenn ja, in der Moschee, im Internet auf der Strasse? Oder ging er aus eigenen Stücken? Hatte sein Vater ihn gebeten, zu bleiben, hatte er ihn gewarnt? Oder taten das andere? Die Mutter, die Freunde? Wie verlief die religiöse, schulische, berufliche Kindheit und Jugend des Sohnes? In welcher Art besteht der Kontakt zwischen Vater und Sohn aktuell? Konnten sie miteinander telefonieren, Briefe schreiben, im Internet chatten? Bereut der Sohn, dass er sich dem IS angeschlossen hatte? Wo ist die Petition zu finden und wo kann man/frau sie unterschreiben?!
Nichts, kein Jota ist von dem zu erfahren, was dem Leser helfen könnte, den „Fall“ besser und differenzierter einordnen zu können, konstruktiv, diferenziert und sachlich zu kritisieren, wie er der Familie helfen könnte (Petition) – und was andererseits dem afd-affinen „Flüchtlings- und Islamspanner“ den Wind aus den Segeln nehmen könnte
Wer selbst Buben zu Söhnen, oder Mädchen zu Töchtern groß gezogen und sie bis ins Erwachsenealter fürsorgend begleitet hat und weiß, dass jeder Vater jeder Generation Fehler in der Erziehung macht und gemacht hat – und wer darüber hinaus auch nur eine kleine Portion von Selbstkritik, humanem Denken, christliche Prägung und Emphatie besitzt – sieht und – vor allem – versteht das gebrochene und blutende Herz eines Vaters und einer Mutter angesichts der Not ihres Kindes hinter Gittern in der unkalkulierbaren Fremde – selbst dann, wenn die Not vom Kind selbst verschuldet ist und selbst dann, wenn der Vater die Taten des Sohnes verabscheut. und vor allem auch dann, wenn der Vater und die Mutter sich durch ihren Erziehungsstil mitverantwortlich fühlen..
Ein Leser, der den Fremden und Andersgläubigen grundsätzlich hasst und dem es an dem fehlt, was einen aufgeklärten, gebildeten und humanen Zeitgenosse ausmacht, kann wohl nicht anders re-agieren, wie Michaelea M. und ihre bald 60 Liker und all‘ die anderen, die bis auf ein/zwei von den anderen zerfleischt werdenden Kommentatoren, alle in die gleiche Kerbe schlagen. Die Kommentare auf Ihrem Portal lesen zu müssen (einer unabhängigen und christlichen Zeitung), ist schon eine Zumutung, die nicht ohne Folgen bleiben darf. Ein Sammelbecken ist das, in das sich ein freiheitlicher Demokrat und Humanist mit seinem Kommentar nicht mehr hineintraut bzw. sich mit seinem Kommentar auch lieber von den braunen Piranhas dort fernhält.
So ein brauner Stuhlkreis – wie ihn die „Schwäbische“ und deren Online-Redaktion zulässt – gehört doch eher auf die Seite einer rechtsgerichteten Zeitung, deren Kommentatoren sich an dem Mord eines freiheitlich demokratischen Politikers ergötzen.
Sicher haben Sie Ihre Begründnungen parat (bitte verschonen Sie mich damit)t, warum Sie so und nicht anders berichtet haben. Sie sollten sich nur darüber im Klaren sein, dass bei manchem Bürger der Eindruck entstehen könnte, Vater und Sohn und das familiäre Schicksal sind für Sie tatsächlich nur „Gegenstand“ und „Objekt“ Ihrer oberflächlichen und hintergrundarmen Berichterstattung, die Sie dazu benutzen, Ihre Zeitung im Gespräch zu halten und die Auflage zu erhöhen. Aber danke, ich verzichte!
Wer also ist letztlich für diesen Artikel verantwortlich? Wer von der „Schwäbischen“ hat ihn recherchiert? Wer hat seiner Veröffentlichung zugestimmt? Wer ist für den unsäglichen Kommentarteil verantwortlich?
Beginnen Sie bei der „Schwäbischen“ bitte endlich mal mit Journalismus und beenden Sie die populistische, BILDhafte, oberflächliche und gewinnorientierte Berichterstattung!
Mit freundlichen Grüßen, Stefan Weinert
Quelle : Schwäbische – Zeitung
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Grafikquelle : Kulturgeschichte II