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Waffen aus Oberndorfer

Erstellt von Redaktion am Samstag 14. April 2018

Rohrkrepierer bei Heckler & Koch

File:Heckler & Koch Oberndorf 01.jpg

Von Martin Himmelheber

Die Oberndorfer Waffenschmiede ist immer für eine Schlagzeile gut. Sei’s mit schräg schießenden Gewehren, mit Hire and Fire in der Chefetage, mit der Frage, wem der Laden eigentlich gehört. Oder mit der irren Posse um einen Whistleblower. Zumindest letzteres ist seit vergangenem Montag geklärt.

Der Vorgang: Der Friedensaktivist Hermann Theisen hatte Anfang Mai 2015 vor dem Fabriktor des Oberndorfer Waffenherstellers Flugblätter verteilt. Darin hatte er die Mitarbeiter zum „Whistleblowing“ aufgefordert. Sie sollten die illegalen Praktiken ihrer Firma an die Öffentlichkeit bringen. Nicht nur die Firma, auch die Justiz und schließlich das Landratsamt konterten mit schwerem Geschütz. Das Flugblatt sei ein Aufruf zu Straftaten, hieß es, und dafür gab’s einen Strafbefehl. Plus die Information des Polizeipräsidiums Tuttlingen an Theisens Arbeitgeber, dass er von dessen Computer aus Mails verschickt habe.

Andere haben es anders gesehen: Das Verwaltungsgericht Freiburg hat das Flugblatt und den Aufruf zum Ausplaudern für legal erklärt. Der Datenschutzbeauftragte des Landes und das Innenministerium haben die Information an den Arbeitgeber durch die Polizei gerügt. Letzter Strohhalm, Theisen wenigstens noch etwas anhängen zu können, war ein Hausfriedensbruchsverfahren, das die Staatsanwaltschaft auf Biegen und Brechen durchziehen wollte – trotz der Hinweise von Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer, wegen der elend langen Verfahrensdauer und der geringen Schuld einzustellen.

Wo fängt das Gelände von H & K an und wo hört es auf?

Am 21. März 2018 kam es zur Verhandlung. Mit grotesken Szenen. Der ehemalige Justiziar der Waffenschmiede, Hans-Peter Miller, wusste nicht, ob die Bereiche, in denen sich Theisen mit seinen Flugblättern aufgehalten hatte, nun Heckler & Koch-Gelände sind oder nicht: „Woher soll ich wissen, wo die Grenze des Firmengeländes verläuft?“ Er habe später einen Polizeibeamten gebeten, das beim Notar zu prüfen. Der Beamte, immerhin stellvertretender Revierleiter, konnte sich an einen solchen Notartermin freilich nicht erinnern, meinte aber auf Vorhalt des Richters: „Wenn Herr Miller das sagt…“

Strittig war auch, ob der Werkschützer auf Anweisung Millers oder aus eigener Kompetenz Theisen vom Gelände verwiesen hat. Dass die Geschäftsleitung, sprich Miller, das angeordnet hatte, sagt zwar der Werkschutzmann, und so steht es auch in der Anzeige von Heckler & Koch. Doch Miller behauptete, das sei ein „Übertragungsfehler der Anwaltskanzlei“.

Dass sich fast alle wichtigen Zeugen bis auf die Unterhose blamieren, juckt die Juristen nicht. Wichtig ist für sie nur, ob Theisen das Gelände betreten und nicht verlassen hat, als er dazu aufgefordert wurde. Und durfte der Werkschutzmann das auch ohne Anweisung von oben? Das sollte eine Dienstanweisung an den Werkschutz klären, die Richter Heuer für den nächsten Verhandlungstermin anfordert. Nochmal baut Heuer eine goldene Brücke: Theisen sei maximal zehn Minuten auf dem Gelände gewesen – einem Parkplatz und einem Gehweg, vor dem Tor. Er schlägt die Einstellung des Verfahrens vor. Doch Staatsanwalt Christian Kaltschmid besteht auf einer geringfügigen Geldauflage „aus öffentlichem Interesse“. Aber Theisen will nicht zahlen.

A Slovenian tank leaves its firing position at Hohenfels Training Area, Germany, Sept 140904-A-ZZ999-011.jpg

Sitzt der „Teutsche Graf“ schon drin – aud seinen Weg nach Syrien ?

Der Richter sagt, ein solches Verfahren habe er noch nie erlebt

Und nun am vergangenen Montag der zweite Verhandlungstag. Nach einer Dreiviertelstunde verkündet Richter Heuer, Theisen werde freigesprochen, die Kosten trage die Staatskasse. Die Gründe seien aber andere, als jene, die Theisen für sich ins Feld geführt habe. Er habe schlicht „Glück gehabt“, dass Heckler & Koch „eine dilettantische Dienstanweisung für den Werkschutz“ habe. Er sei nun 28 Jahre in der Strafjustiz tätig, stöhnt der Richter, aber ein solches Verfahren habe er „noch nie erlebt.“

In der Beweisaufnahme hatte Polizeihauptkommissar Ralf Hage über die damals gültige Dienstanweisung für den Werkschutz bei Heckler & Koch berichtet. Darin stehe, der Werkschutz dürfe „in Abwesenheitszeiten von Mitarbeitern“ Menschen vom Gelände schicken und das Hausrecht ausüben. Das heißt, so lange nur ein H&K-Beschäftigter im Werksgelände ist, hat die Security kein Recht, jemanden von sich aus weg zu schicken. „Das könnte man so sehen“, habe die Justiziarin ihm „nach längerer Pause“ bestätigt, so Hage. Er habe die Verantwortlichen auch auf das Problem hingewiesen und gefragt, ob das Unternehmen die Anzeige nicht zurückziehen wolle. Die Antwort war ein klares Nein.

Quelle    :      KONTEXT-Wochenzeitung >>>>> weiterlesen

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Grafikquellen  :

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Deutsch: Heckler & Koch, Oberndorf-Lindenhof, Deutschland
Date
Source Own work
Author Aspiriniks

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Unten   —   A Slovenian tank leaves its firing position at Hohenfels Training Area, Germany, Sept. 4, 2014, during Saber Junction 2014. Saber Junction is a U.S. Army Europe-led exercise designed to prepare U.S., NATO and international partner forces for unified land operations.

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