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Erstellt von Redaktion am Montag 24. November 2014

Der totale Poroschenko ist losgelassen

Autor: U. Gellermann

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Datum: 24. November 2014

Neulich, in der Republik Moldau: Petro Poroschenko hat mal dort vorbeigeschaut. Moldau? Das ist ebenfalls eine ehemalige Sowjetrepublik, auch Moldawien oder Moldova genannt. Der Staat ist von der Ukraine und Rumänien umschlossen. Hat Poroschenko nichts besseres zu tun, als ausgerechnet ein Tag vor dem Besuch des US-Vizepräsidenten Biden, mitten im andauernden Bürgerkrieg, kurz vor der ukrainischen Staatspleite, die Nachbar-Republik zu besuchen? Ob er wohl den „totalen Krieg“ mit den tapferen Truppen Moldawiens gemeinsam vorbereitet? „Ich habe keine Angst vor einem Krieg mit russischen Truppen und wir haben uns auf das Szenario für einen totalen Krieg vorbereitet“, tönte der Kiewer Präsident jüngst gegenüber der BILD-Zeitung. Merkels Mann in Kiew, der in Deutschland gern als von den Russen bedrohtes Unschuldslamm verkauft wird, ist zwar noch angeleint, aber es scheint eine lange Leine zu sein.

Im Windschatten ukrainischer Konflikte wurde im Juni 2014 in Brüssel das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Moldau unterzeichnet. Zwar schreibt die moldawische Verfassung die bündnispolitische Neutralität des Landes vor. Aber was interessiert die EU irgendeine Verfassung, wenn sie im Wege steht. Auch die NATO, deren Partner die Republik Moldau seit 1994 ist, juckt doch irgendsoein Fetzen Papier nicht. Moldawische Soldaten verteidigen als Teil der von der NATO kommandierten KFOR-Truppen das Kosovo. Gegen wen? Wer den durchschnittlichen deutschen Medienkonsumenten fragt, kennt die Antwort: Es kann nur der Russe sein. Zwar wurde dort in den letzten 200 Jahren kein russischer Soldat gesehen, macht aber nichts, wird schon noch kommen, der Russe.

An einer Moldawischen Grenze ist der Russe schon: In der Republik Transnistrien. Die hatte sich 1991, im Zerfallsprozess der Sowjetunion, für unabhängig von Moldawien erklärt. Nur weil die in dieser Gegend lebenden Russen Russisch als Amtssprache behalten wollten. Das konnte die NATO und die ihr angeschlossenen Subsysteme natürlich nicht dulden. Bis heute wird Transnistrien vom Westen nicht anerkannt. Als es im März 1992 zu Gefechten zwischen moldawischen und transnistrischen Truppen kam, kämpften auf der Seite der Moldawier „Freiwillige“ aus Rumänien. Dieser frühe Einsatz der Rumänen gegen den Russen wurde später reich belohnt: 2004 wurde Rumänien Mitglied der NATO, wenige Jahre später auch der EU. Rumänien streitet sich mit Bulgarien um den Titele „Ärmstes Land der EU“. Gegenüber den Roma – etwa 10 Prozent der rumänischen Bevölkerung – herrscht offener Rassismus. Macht nix, Hauptsache der Rumäne ist gegen den Russen.

Poroschenko wird in Moldawien gewesen sein, weil das Land eine Art ukrainischer Blaupause ist: Zwar lebt auch Moldawiens Wirtschaft wesentlich von russischem Gas, zwar gibt es, wie in der Ukraine, jede Menge moldawischer Gastarbeiter in Russland, aber der Russe ist trotzdem der Feind. Zumal jede Menge Moldawier immer noch Russisch sprechen. Und wahrscheinlich deshalb, so erklärte der Vorsitzende der Sozialdemokraten in Moldawien Anfang August in einem Interview, sind US-Militärs in Moldawien eingetroffen, um Moldawien auf einen Krieg vorzubereiten. Die amerikanischen Militärberater hätten auf vielen Truppenübungsplätzen der Republik Moldawien moldawische Offiziere und Soldaten auf kriegerische Handlungen vorbereitet. Damit die Ukraine nicht neidisch wird, hatte der amerikanische Vizepräsident Joe Biden ein Geschenk mit nach Kiew gebracht: Drei Radargeräte, mit denen Mörserbeschuss geortet werden kann. Einem Pentagon-Sprecher zufolge sollen in den kommenden Wochen insgesamt 20 solcher Radargeräte in die Ukraine geliefert werden. Biden wurde von der im US-Außenministerium für Europa und Eurasien zuständigen Abteilungsleiterin Victoria -Fuck-The-EU-Nuland begleitet. Wahrscheinlich musste die Europäische Union mal wieder gefickt werden.

Ist nicht nötig, Victoria. Angela Merkel hat doch schon vor dem Lowy-Institut für internationale Politik in Sydney, dem russischen Präsidenten den Marsch geblasen: Er trete „internationales Recht mit Füßen“, verweigere sich „einer Konfliktlösung mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln“, setze auf das „Recht des Stärkeren“ und stelle „nach den Schrecken zweier Weltkriege und dem Ende des Kalten Krieges die europäische Friedensordnung insgesamt infrage“. Das darf man ruhig als letzte Stufe vor der Kriegserklärung begreifen. Der Russe könnte dem noch aus dem Wege gehen, wenn er sich endlich als Staatsgebilde auflöst. Immerhin gibt es in der russischen Föderation 21 relativ autonome Republiken. Da könnte doch diese oder jene mal der NATO beitreten. Oder einen EU-Assoziationsvertrag unterschreiben. Für den „Jüdischen Autonomen Oblast“, am Rande der Grenze zu China, bietet sich allerdings eher eine Partnerschaft mit Israel an. Zwar sind die Juden dort mit nur einem Prozent Anteil an der Bevölkerung inzwischen eine Minderheit, die Mehrheit stellen mit 90 Prozent die Russen, aber genau das ist ja der Skandal.

Die NATO-Mitgliedstaaten haben in Afghanistan, im Irak und in Libyen unter Beweis gestellt, dass die NATO ein extremes Instrument des Friedens, wenn nicht gar der Befriedung ist. Auch wenn sie in diesen Ländern „internationales Recht mit Füßen“ getreten hat, sich „einer Konfliktlösung mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln“ regelmäßig verweigerte und mit dem „Recht des Stärkeren“ jede „Friedensordnung“ infrage stellt, ist die NATO doch die endgültige Lösung der staatlichen Existenz Russlands. Deshalb braucht die Welt die NATO. Überall und über alles.


Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Petar Milošević
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