Mut zur Zumutung
Erstellt von Redaktion am Samstag 24. Juli 2021
Die Flut macht den Klimawandel sichtbar.
Von Bernhard Pötter
Die Union liebt Beruhigungspillen wie Innovation und Emissionshandel. Aber mit „Weiter so“ gibt es keine Klimaneutralität. Deshalb muss auch die Klimapolitik der Union sichtbar und fühlbar werden.
Armin Laschet hat ein Talent, richtige Dinge zu sagen, die immer falsch verstanden werden. Wenn der Kanzlerkandidat der Union sagt, dass Deutschland nur zwei Prozent der globalen Treibhausgase ausstößt, ist das korrekt – klingt aber wie „erst mal sollen die anderen liefern.“ Und wenn er sagt „weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik“, dann stimmt auch dies – aber unterschwellig heißt es: Weiter wie bisher. Business as usual.
Zweideutigkeit mag im Wahlkampf taktisch geboten sein. Laschet hat da von Angela Merkels Erfolg gelernt. Aber unklare Signale sind fatal für Klimapolitik, die Tempo und Verlässlichkeit braucht. Danach ruft die Industrie, das wollen viele WählerInnen. Weit mehr Menschen als gedacht sind bereit, Veränderungen aktiv zu gestalten. Vor allem, wenn sie die Bilder von zerstörten Dörfern vor Augen haben.
Wird diese Katastrophe der „Fukushima-Moment“ der deutschen Klimapolitik, der alles ändert? Das liegt vor allem an der CDU/CSU, die vor einer Richtungsentscheidung steht. Begreift sie in ihrer Mehrheit Klimapolitik weiter als Bremse und Gefährdung von Wachstum und Wohlstand? Oder sieht sie in der Modernisierung von Infrastruktur und dem Abschied von der fossilen Lebensweise tatsächlich die Chance auf „Klimawohlstand“? Dann muss ihre Politik nicht nur schneller und besser werden – sondern vor allem sichtbar und fühlbar.
Denn die zerstörerischen Fluten haben deutlich gezeigt: Die Folgen des Klimawandels treffen nicht nur andere Menschen weit weg oder in der Zukunft, sondern uns, hier und jetzt. Und so schnell und direkt müssen auch die Gegenmaßnahmen wirken: Sofort die Katastrophenhilfe. Dann die Anpassung an das veränderte Wetter, mit mehr Platz für die Natur und sicheren Häusern und Straßen. Und dann eine Klimapolitik, die in internationaler Kooperation drastisch die CO2-Emissionen senkt, um diese Risiken zu minimieren.
Das alles geht aber nicht mehr mit „Weiter so“. Die Methode Merkel „Ich kümmere mich, ihr könnt weiterschlafen“ funktioniert nach einem solchen Weckruf nicht mehr. Klimaneutralität erreicht man nicht im Schlafwagen. Die große Lüge der bisherigen Klimapolitik ist, dass alles so bleibt wie gewohnt. Bisher liebt die Union solche Beruhigungspillen: „Innovation“, weil hier mit ein paar tollen Erfindungen plötzlich alles gut werden soll; den „grünen Wasserstoff“, weil mit ihm Industrie und Autofahrer weitermachen können wie bisher; den EU-Emissionshandel, weil dessen Preiserhöhungen nicht direkt sichtbar sind. Und deshalb hat die Union ein Problem mit steigenden Benzinpreisen, der EEG-Umlage, teureren Flugtickets oder höheren Heizkosten: Nicht nur, weil sie die Menschen belasten – sondern vor allem, weil die Menschen hier merken, dass sie belastet werden.
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
*********************************************************
Grafikquellen :
Oben — Wahlkampf-Plakat der CDU Nordrhein-Westfalen zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017 mit dem Spitzenkandidaten Armin Laschet