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RENTENANGST

Mord an einer Mutigen

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 18. Oktober 2017

Der Anschlag auf die Journalistin Daphne Caruana Galizia erinnert an Praktiken der Mafia

Aus Berlin und Brüssel Eric Bonse, Belinda Grasnick und Christian Jakob

Sie machte vor niemandem halt: Die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia hatte die „Panama-Papers“-Recherche zur Steuerkriminalität in ihrem Land vorangetrieben und immer wieder Korruption in Regierungskreisen aufgedeckt. Am Montag starb sie nahe der Hauptstadt Valetta in ihrem fahrenden Auto, als eine darunter angebrachte Bombe explodierte. Zwei Wochen zuvor hatte Galizia sich an die Polizei gewandt, weil sie Drohungen erhalten hatte.

Galizias Blog Running Commentary hatte an guten Tagen 400.000 LeserInnen – eine sehr hohe Zahl für ein Land wie Malta mit knapp 440.000 EinwohnerInnen. Ihren letzten Beitrag veröffentlichte die Journalistin am Montagnachmittag, kurz vor der Explosion ihres Autos.

Für Aufsehen sorgte vor allem ihr Vorwurf, dass eine jener Firmen, die in den „Panama Papers“ von April 2016 erwähnt wurden, der Frau des sozialdemokratischen Regierungschefs Joseph Muscat gehöre. Nach ihren Veröffentlichungen forderten mehrere Abgeordnete Muscats Rücktritt, doch bei den vorgezogenen Neuwahlen im Juni 2017 wurde er wiedergewählt.

„Jeder weiß, dass Daphne Caruana Galizia eine meiner schärfsten Kritikerinnen war, politisch und persönlich, so wie sie es auch bei anderen war“, sagte Muscat am Montag nach dem Anschlag. Doch er verurteile „ohne Vorbehalte diesen barbarischen Anschlag auf eine Person und auf die Meinungsfreiheit in unserem Land“. Muscat kündigte an, Experten des US-amerikanischen FBI einfliegen zu lassen, um die Polizei bei der Untersuchung des Falls zu unterstützen.

„Malta hat eine Journalistin mit außergewöhnlichem Mut verloren, die in schwierigen Momenten ihre Argumente hervorgebracht hat, obwohl sie sich der Risiken bewusst war“, sagte der ehemalige maltesische Premier Lawrence Gonzi der Zeitung The Malta Independent. Die US-Zeitung Politico hatte Galizia als „one-woman WikiLeaks“ bezeichnet. Sie schrieb über von Banken unterstützte Geldwäsche (siehe Text rechts) und Verbindungen zwischen der maltesischen Online-Gaming-Branche und der Mafia. Zuletzt hatte sie sich vor allem auf die Auswertung der Panama-Papers-Dokumente zu Malta konzentriert.

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talk of the town

Mitten in Europa

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von Michael Braun

Das tödliche Attentat auf die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia hat Vorbilder in der EU. Die Mafia hat die Presse stets im Visier.

Entsetzen löst der Tod der Malteserin Daphne Caruana Galizia aus – Entsetzen darüber, aber auch Ungläubigkeit, dass in einem Mitgliedsland der EU eine unbequeme Journalistin per Mord für immer zum Schweigen gebracht werden kann. Solche Morde kennt man aus Mexiko oder aus Russland – aber doch gewiss nicht in der Europäischen Union.

Oder doch? Wenigstens in einem Staat der EU reduzierte sich das Berufsrisiko für Journalisten über Jahre hinweg mitnichten auf Strafanzeigen, Schadensersatzklagen wegen Rufschädigung oder die per Druck auf den Arbeitgeber erzwungene Entlassung. Die italienische Mafia jedenfalls fackelte oft genug nicht lange, wenn schreibende Kritiker ihr zu nahe traten, sei es durch unangenehme Enthüllungen, sei es aber einfach auch bloß durch „Respektlosigkeit“.

Mauro De Mauro war einer der ersten auf der langen Liste der Opfer. Im Jahr 1970 wurde er in Palermo entführt, seine Leiche wurde nie gefunden. De Mau­ro hatte sich für die Lokalzei­tung L’Ora immer wieder mit Mafia­ver­brechen befasst. Direkt vor seinem Tod hatte er für den Filmregisseur Francesco Rosi den Mord an dem Erdölmanager Enrico Mattei recherchiert, einen Mord an der Schnittstelle zwischen Politik, Business und Mafia.

Pippo Fava dagegen stammte aus Catania, er gab die Antimafia-Zeitschrift I siciliani heraus und beging den Fehler, sich auf deren Seiten intensiv mit den wichtigsten Bauunternehmern der Stadt zu beschäftigen. Am 5. Januar 1984 wurde er auf offener Straße erschossen – und die Polizei genauso wie die Medien wollten zunächst glauben machen, das Motiv der Bluttat sei wohl eine Liebesaffäre – eine beliebte Methode der Mafia. Ein Kronzeuge räumte mit dieser auch von örtlichen Politikern gestützten Legende auf, Catanias oberster Cosa-Nostra-Boss wurde schließlich als Auftraggeber verurteilt.

Nicht das erste Opfer

Quelle    :    TAZ >>>>> weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben   —  Daphne Caruana Galizia,  https://twitter.com/RED92cadadiamas

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Unten   —   55 Triq Ix – Xatt, Tas-Sliema SLM 1022, Malta

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Namensnennung: Alan C. Bonnici

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