Meinung – Bettina Gaus
Erstellt von Redaktion am Sonntag 17. Oktober 2021
Berliner Verwaltungschaos — Hauptstadt zum Heulen
In der Politik ist jeder Unschuldig – da dort ehe nur Depp-Innen herumlaufen.
Eine Kolumne von Bettina Gaus
Berlin hat sich selbst die Unfähigkeit bescheinigt, korrekte Wahlen durchführen zu können – und das nur knappe drei Wochen nach dem Wahlsonntag. Respekt! Auf vieles andere wartet man hier viel länger.
Vier Stunden vor Abflug sollten Passagiere am Flughafen sein, ließ die Lufthansa ihre Kunden wissen. Wo? Na, wo schon. Am schönen, neuen, teuren Berliner Großflughafen BER, wo zu wenige Schalter geöffnet werden können, wo zahlreiche Schaltstellen unterbesetzt sind, wo offenbar niemand den Beginn der Herbstferien hatte vorhersehen können und wo kaputte Laufbänder das Reisen für ältere oder gehbehinderte Menschen zur Qual machen. Es scheint auch nicht vorhersehbar gewesen zu sein, dass die Bänder im normalen Betrieb stärker beansprucht werden als im Testlauf.
Herauszufinden, wer für welchen Missstand im Einzelnen verantwortlich ist und wie Abhilfe geschaffen werden kann, dürfte eine mühsame Aufgabe sein. Sicherlich sind es nicht dieselben Leute, die schuld daran sind, dass Termine bei Behörden der Hauptstadt oft erst nach Monaten zu bekommen sind, sodass sich eine Geburtsurkunde oder ein neuer Pass anfühlen wie ein glitzerndes, unerwartetes Überraschungspaket.
Für die Serie von schier unglaublichen Pannen bei den Wahlen in Berlin sind wiederum andere zuständig, selbstverständlich. Aber das Problem – oder zumindest ein Problem – ist: Wenn Unfähigkeit, Gleichgültigkeit und Schlamperei erst einmal zur erwartbaren Regel geworden sind, dann scheint es irgendwann auch egal zu sein, wer genau wann und wo wieder einmal mit den Achseln gezuckt hat, statt seinen oder ihren Job zu machen. Dann nervt es einfach nur noch.
Die schwerwiegenden Mängel in der Berliner Verwaltung sind seit Jahren sprichwörtlich. Mehrfach haben Fachleute präzise, detaillierte Vorschläge für Reformen gemacht. Getan hat sich wenig.
Wer in Berlin lebt, kann sich oft des Gefühls nicht erwehren, dass der Bevölkerung der Stadt vor allem mit einer Haltung begegnet wird: Gleichgültigkeit. Besonders deutlich wurde das, als während der Pandemie die Gastronomie geschlossen war. Kaum erstaunlich: Die Leute haben mehr zu Hause getrunken als sonst, also mehr Glasmüll produziert. Gar nicht erstaunlich: Der Verwaltung war das offensichtlich egal. In den Hinterhöfen der Stadt stapelten sich die leeren Flaschen. Störte keinen großen Geist. Anderes Beispiel. Es dauerte Monate, bis öffentliche Toiletten am Rand großer Grünflächen, die Tausende für Sport und Spaziergänge nutzen, aufgestellt wurden – obwohl Cafés und Restaurants eben keine Ausweichmöglichkeit boten.
Es gibt Schlimmeres? Ja, es gibt Schlimmeres. Aber es macht irgendwann schlicht wütend, wenn sich die Verwaltung nicht einmal hinreichend für den Alltag der Allgemeinheit interessiert, um Maßnahmen einzuleiten, die wenig oder gar nichts kosten. Und nun wissen wir also, dass die Stadt sogar unfähig ist, den reibungslosen Ablauf demokratischer Wahlen zu gewährleisten.
Quelle : Spiegel-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Berlin
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