KOLUMNE – MACHT
Erstellt von Redaktion am Samstag 18. August 2018
Neue Antworten auf alte Fragen
Von Bettina Gaus
Stets habe ich für den Datenschutz gekämpft. Doch im Netz-Zeitalter sage ich nun: Die Anonymität im Internet muss ein Ende haben. Ich will nicht von „Mausezähnchen“ bedroht werden.
Von der Volkszählung bis zum Vermummungsverbot – liebe Jüngere, bitte fragen Sie Ihre Großeltern, was damit gemeint ist, das waren im letzten Jahrhundert wichtige Themen – also: Von der Volkszählung bis zum Vermummungsverbot stand ich immer auf der Seite derjenigen, die staatliche Macht begrenzen wollten. Die Datenschutz für eines der höchsten Güter einer Demokratie hielten. Die dafür sogar Risiken für die allgemeine Sicherheit in Kauf zu nehmen bereit waren.
Und nun? Nun fordere ich die Abschaffung der Anonymität im Internet. Nach langem Nachdenken und noch immer mit Bauchgrimmen. Aber überzeugt. Grundstürzende Erfindungen wie das Netz bedürfen neuer Antworten auf alte Fragen.
Schon jetzt gilt, dass es keinen Rechtsanspruch darauf gibt, jemanden beleidigen oder bedrohen zu dürfen. Und es gibt auch keinen Rechtsanspruch darauf, begangene Straftaten möglichst erfolgreich verschleiern zu können.
Diese Grundsätze haben nichts mit staatlichem Kontrollwahn zu tun, sondern sie sind ein Mittel, um Leute zu bändigen, denen mit freundlichen Hinweisen auf gutes Benehmen nicht beizukommen ist. Sie dienen dem friedlichen Zusammenleben. Im Bus, in der Kneipe, am Arbeitsplatz. Weswegen sie – weitgehend – unumstritten sind. Diskutiert wird allenfalls über Details wie das jeweilige Strafmaß, nicht über die Leitlinien als solche.
Es sind Prinzipien, die überall gelten. Fast überall. Im Internet gelten sie nicht. Sollten sie aber.
Der Schriftsteller Axel Hacke schreibt in seinem Buch „Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“, er fände es besonders absurd, wenn jemand im Schutz der Anonymität im Internet ein Burka-Verbot forderte. Recht hat er. Nun ruft die Forderung nach einem Ende der Anonymität im Netz regelmäßig Einwände von IT-Experten hervor. Nicht durchsetzbar, schon gar nicht in einer globalisierten Welt. Naiv. Zeugt von fehlender Sachkenntnis.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Unten — Führerschein zur Fahrgastbeförderung – Innenseite (Deutschland; 2000)
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Samstag 18. August 2018 um 14:31
Wenn Frau Gaus wirklich von „Mausezähnchen“ bedroht werden würde, könnte sie Anzeige erstatten. Die Ermittlungsbehörden können die De-Anonymisierung des Beklagten ggf. erzwingen, d.h. der Provider des Beklagten muss im Falle eines Straftatverdachts anhand der ermittelten IP-Adresse und der Uhrzeit des Deliktes, den Anschlussinhaber mitteilen.
Für mich ist damit das Argument, dass die Anonymität im Internet Straftäter schützt klar entkräftet.
Den Argumenten gegen die Anonymität stehen viele Pro-Argumente mit gesellschaftspolitischer Relevanz gegenüber. Ein kurzer Blick ins Internet wird hier einiges zutage fördern. Schließlich ist diese Diskussion schon über mehrere Jahrzehnte im Gange und wird nicht nur von „IT-Experten“ geführt.
Dass Frau Gaus in Bezug auf die Verfechter der Anonymität von Naivität und fehlender Sachkenntnis schreibt, ist eher ein Zeugnis von kurzatmiger Recherche vor dem eigenen, zwangsweise beschränkten Erfahrungshintergrund als von umfassender Untersuchung.