Kita Erlebnisse – Antweiler
Erstellt von Redaktion am Donnerstag 17. August 2017
Ein Dorf zerbricht
Von Fabienne Hurst
In einer Dorfkita sollen Kinder gequält worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, klagt an, doch dann passiert zwei Jahre so gut wie nichts. Was läuft da schief?
Der Gemeinderat von Antweiler trifft sich an einem heißen Sommerabend. Am Himmel über dem Dorf in der Eifel kündigt sich ein Gewitter an, die Luft ist so drückend, dass man sich den krachenden Donnerschlag herbeisehnt. Auch im Dorfgemeinschaftshaus wünscht man sich so einen Knall – und zwar einen, der die dunklen Wolken auflöst, die die Geschehnisse in der Kita Regenbogen vor mehr als vier Jahren über den Ort brachten.
Überlastete Strafkammer?
Im Landgericht in Koblenz, einem grauen Betonklotz mit quadratischen Fenstern, tragen Menschen in Kostüm und Anzug ihre Aktentaschen durch die Gänge. Eine andere Welt, 80 Kilometer von Antweiler entfernt, und doch liegt hier wohl eine Ursache dafür, dass der Dorffrieden dort so kaputt ist.
Woran liegt es dann? Kommt die zuständige Strafkammer nicht dazu, diesen Fall zu bearbeiten, weil andere Fälle vorgehen? Tatsächlich müssen sich Richter vorrangig um Verfahren kümmern, in denen die Angeklagten in Untersuchungshaft sitzen. Denn laut Verfassung muss innerhalb von sechs Monaten der Prozess beginnen, sonst können U-Häftlinge unter Umständen freigelassen werden. Niemand darf unnötig lange eingesperrt werden. Und weil man einem Richter ein zugewiesenes Verfahren nicht einfach wieder entziehen kann, ist auch ein Wechsel der Strafkammer nicht so einfach möglich. Die zuständigen Richter müssten erst eine Überlastungsanzeige stellen, die sie gut begründen müssen, sonst eröffnet das einen triftigen Revisionsgrund und der ganze Prozess droht zu platzen.
In den Strafkammern führt all das offenbar regelmäßig dazu, dass vor allem aufwändige Fälle ohne U-Haft einfach liegenbleiben. Auch der Fall Kita Regenbogen.
Antweiler ist ein Ort, in dem jeder jeden kennt. 536 Einwohner, ein Bäcker, eine Kneipe, eine Dorfkirche. Das Wir-Gefühl ist hier wichtig, aber jetzt zeigt es seine Nebenwirkungen. Betroffene und Beschuldigte sind Nachbarn, laufen sich ständig über den Weg. Eine Mutter, deren Tochter gefesselt worden sein soll, arbeitet in einem Restaurant. Ihr Chef ist mit einer der beklagten Erzieherinnen verwandt.
Wie soll man das den Kindern erklären?
Irina und Klaus Enting, deren zwei Töchter damals in der Kita Regenbogen waren, gehen nicht mehr auf Dorffeste. Sie gehören zu den betroffenen Eltern, die nicht vergessen wollen. Im vergangenen Winter ist die Mutter zusammen mit drei anderen Eltern nach Koblenz gefahren, um zu demonstrieren. Sie haben ein Transparent gemalt, vor dem Gerichtsgebäude mehr Richter und einen raschen Prozessbeginn gefordert. Ein verzweifelter Hilferuf, der den Kindern zeigen sollte: Wir machen was. „Wahrscheinlich haben uns die Leute für verrückt gehalten, für total albern“, sagt Irina Enting, eine Frau mit langen, blonden Haaren und Sommersprossen. „Aber ich musste doch irgendwas tun.“
Sie sitzt in ihrem Garten, vor ein paar Jahren ist sie mit ihrem Mann aus der Stadt zurück in die Heimat gezogen. Die Mädchen sollten viel Platz zum Spielen haben, eine unbeschwerte Kindheit. Nun würden sie im Dorf schräg angeschaut, ein Kind sei erst kürzlich wieder als Petze beschimpft worden, sagt Enting. „Viele Einwohner glauben, es könne an den Vorwürfen nichts dran sein, sonst gäbe es ja schon ein Urteil.“ Wer mit der Presse spreche, sich Anwälte nehme und als Nebenkläger auftrete, werde zum „Querulanten, der einfach nur noch den Dorffrieden stört“. Die Eltern brauchen dringend diesen Prozess. „Da haben Erwachsene schlimme Sachen gemacht, die man nicht machen darf“, sagt die Mutter. „Wie erkläre ich meinem Kind, dass keiner von ihnen bestraft wird?“
Es hat doch kein Kind geblutet
Quelle : Zeit-Online >>>>>> weiterlesen
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Grafikquelle : das historisches Pfarrhaus in Antweiler
Montag 14. Mai 2018 um 15:49
Leider kommen Gewalttaten in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe des Öfteren vor.
Meistens werden schon beim Gespräch mit der Leitung die berechtigten Vorwürfe im Keim erstickt.
Der Träger der Einrichtung wird auch nicht tätig, weil es sich hier um seine Angestellten handelt.
Die übergeordnete Behörde, das Landesjugendamt, hilft offensichtlich gerne, wie die Vergangenheit gezeigt hat, befreundeten Kollegen und schon werden solche schlimmen Schand-Taten gerechtfertigt.
Die zahlreichen Gewalttaten an Schutzbefohlenen werden unverschämter Weise immer wieder als „irritierende“ oder „tragische“ Einzelfälle deklariert.
Außerdem werden eine Aufklärung und ein offener Umgang mit Fehlern, die von Fachkräften ausgehen, als Wettbewerbsnachteil gesehen und daher schnellstens vertuscht.
Es gibt tatsächlich flächendeckend Aufklärungsbarrieren, das zeigen zahlreiche Fälle, die mittlerweile öffentlich wurden.
Sehen wir nur die schrecklichen Taten in den Educon-Einrichtungen in Hilden, die furchtbaren Taten, die behinderten Kindern im „Blackbox-Heim“ in Bayern angetan wurden, der Unmut über Kita-Mobiliar in Simmerath usw. usw.
Immer wieder und überall werden unfähige, überforderte und auch bequeme Angestellte geschützt und die berechtigten Vorwürfe oft bis in die landespolitischen Ebenen bestritten.
Wer schützt unsere Kinder?
Hochachtung der engagierten Mutter, die das verstörende System in Frage gestellt hat und sich für alle unsere Kinder einsetzt!!!