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K. Kipping über Zukunft

Erstellt von Redaktion am Montag 31. August 2020

„Sie werden weiter von mir hören“

2018-06-09 Bundesparteitag Die Linke 2018 in Leipzig by Sandro Halank–047.jpg

Eine Drohung oder Empfehlung

Ein Interview von Anna Lehmann und Stefan Reinecke

Katja Kipping über Ihre Entscheidung, nicht mehr als Linken-Parteichefin zu kandidieren, mögliche Nachfolger:innen und die Chancen von Rot-Rot-Grün.

taz: Frau Kipping, Sie sind seit acht Jahren Parteivorsitzende der Linken. Wann haben Sie sich entschlossen, nicht mehr zu kandidieren?

Katja Kipping: Im März. Dann hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. In so einer Situation wäre es verantwortungslos gewesen, eine Nachfolgediskussion anzuzetteln. Deshalb haben wir die Information über die Entscheidung verschoben.

Gerade in den letzten Monaten sind Sie sehr präsent, etwa mit dem Appell, dass die Linkspartei im Bund Regierung wagen soll. Bedauern Sie, gerade jetzt abzutreten, wo es ganz gut läuft?

Was wir erreicht haben, haben wir nicht erst in den letzten Monaten erreicht. Als ich 2012 Parteivorsitzende wurde, drohten wir in Umfragen unter die Fünfprozenthürde zu fallen. Die Linke bestand praktisch aus zwei Parteien, die irgendwie zusammengeklammert wurden. Einige führten noch einen Scheidungskrieg mit der SPD. Wir sind jetzt eine gesamtdeutsche sozialistische Partei, die kampagnenfähig ist. Wir haben Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Klimaschutz in der Partei stark gemacht haben und waren bei Sanktionsfreiheit und Kindergrundsicherung soziale Trendsetterin. Aktuell konnten wir sehen: Ohne interne Querelen ist die Partei eher in der Lage, gesellschaftlich Themen zu setzen.

Die Linkspartei ist in einer zentrale Frage noch immer gespalten: Will sie regieren?

Klar wird die Regierungsfrage diskutiert. Aber wir haben Fortschritte gemacht. In der PDS war die Debatte grundsätzlich: Bist du für Opposition oder für Regierung? Mit der Neugründung der Linken kamen rote Haltelinien, die richtig sind, aber nicht reichen. Bernd Riexinger und ich haben darauf gedrängt, nicht bloß zu sagen, was wir nicht wollen, sondern offensiv Inhalte zu formulieren, die wir umsetzen wollen. Wir sollten nicht nur über Gefahren, sondern auch über Potenziale reden. Wir haben eine Verantwortung, einen Politikwechsel durchzusetzen, angesichts von sozialer Spaltung und von existenziellen Bedrohungen wie Klimakrise und militärischen Interventionen.

Ist Rot-Rot-Grün im Bund nicht eine Seifenblase? In Umfragen ist eine Mehrheit fern. Die Grünen blinken Richtung Union, die SPD ist schwach wie nie.

Vor der Coronakrise hatten die Parteien links der Union zusammen fast 50 Prozent. Die 37 Prozent der Union sind 37 Prozent Angela Merkel. Doch die tritt nicht mehr an. Das kann eine Dynamik erzeugen, die wir nutzen sollten.

Sie stehen für diese Offenheit. Ist es nicht das falsche Signal, dass Sie ein Jahr vor der Bundestagswahl Ihren Job aufgeben?

Ich bin ja nicht weg. Sie werden schon weiterhin von mir hören. Und bin zuversichtlich, dass es in der neuen Parteispitze Personen gibt, die für Regierung in Bewegung so leidenschaftlich stehen wie ich. Als ich in die PDS eingetreten bin, galten wir als Schmuddelkind. Verabschiedet euch von Kapitalismuskritik und Friedenspolitik, dann reden wir mit euch, hieß es. Wir haben keinen Kniefall vor dem Kapitalismus oder dem Militarismus gemacht. Wir stellen die Eigentumsfrage – zum Beispiel bei der Initiative die Deutsche Wohnen und Co zu enteignen. Trotzdem sind wir inzwischen ein anerkannter Teil der politischen Landschaft. Wir stellen in Thüringen den MP und wir regieren in Bremen, in einem westdeutschen Bundesland, mit.

Wird die Linkspartei also auf dem Parteitag ein klares Signal für ein mögliche Regierungsbeteiligung im Bund senden?

Linke Woche der Zukunft 2018 (42904014600).jpg

Auf jeden Fall ein klares Signal für einen sozial-ökologischen Systemwechsel und dafür Bündnisse zu schmieden, Brücken zu bauen. Ich bin zudem zuversichtlich, dass in den neuen Parteivorstand Leute gewählt werden, die für neue linke Mehrheiten brennen.

Eine der potenziellen Kandidatinnen für den Parteivorsitz, Janine Wissler, hat beim Strategietreffen in Kassel unter Beifall gerufen: Es rettet uns kein höh’res Wesen und auch kein linker Minister. Also: Opposition ist alles, Regieren ist Mist?

Damit tut man Janine unrecht. In Hessen hat sie schon 2008 einen Tolerierungsvertrag mit der SPD ausgehandelt. Rot-Rot-Grün ist dort definitiv nicht an der Linkspartei gescheitert.

In der Linkspartei sind viele Fragen ungeklärt: Grundeinkommen, Europäische Union, UN-Einsätze im Ausland. Wieso ist es so schwierig für die Linkspartei, eine gemeinsame Per­spek­tive zu entwickeln?

Das sehe ich ganz anders. Die Richtung ist bei uns klarer als bei den Grünen, die offen für Schwarz-Grün mit bloßen ökologischen kosmetischen Korrekturen sind. Wir wollen Klimaschutz, Friedenspolitik und sozialen Fortschritt. Zu Europa gibt es bei uns Diskussionen. Aber die Veränderungen der europäischen Politik durch Corona sind fundamental und spielen uns in die Hände. Jahrelang haben uns die Schäubles dieser Welt erklärt, die EU-Verträge würden Austerität vorschreiben. Seit Corona ist das Geschichte. Denn es ist deutlich geworden: Geld für Investitionen ist da.

Als Sie 2012 Parteivorsitzende wurden, spielte die ostdeutschen Landesverbände noch eine dominierende Rolle. Fast überall haben sich die Wahlergebnisse seitdem halbiert, auch in Ihrer Heimat Sachsen. Hat sich die Linkspartei im Osten zu wenig um ihre Stammklientel gekümmert?

Quelle        :        TAZ        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben         ..        Bundesparteitag Die Linke 2018 in Leipzig

Ein Kommentar zu “K. Kipping über Zukunft”

  1. Jimmy Bulanik sagt:

    Der Wechsel von Koalitionen als auch Personelles gehört zu einer vitalen Demokratie.

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