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Die Hydra im Bundestag

Erstellt von Redaktion am Samstag 24. November 2018

Die AfD-Fraktion und ihre Mitarbeiter

Herkules Grosser Garten1.JPG

Von Malene Gürgen, Christian Jakob und Sabine am Orde

Die AfD gibt sich national-konservativ. Doch bei ihren Mitarbeitern sind Rechtsextreme und Neu-Rechte gern gesehen.

Eine der schönsten Residenzen der Renaissance: So wirbt Baden-Württemberg für das 1595 erbaute Schloss Weikersheim im Taubertal. Die Orangerie inmitten des Barockgartens ist ein beliebter Ort für Hochzeiten – aber auch für zweifelhafte Veranstaltungen: Regelmäßig finden hier Tagungen des Studienzentrums Weikersheim statt, einer 1979 gegründeten Denkfabrik, die Konservative mit der Neuen Rechten zusammenbringen will – und auf die der Verfassungsschutz einst Hinweise im Zusammenhang mit „extremistischen Bestrebungen“ hatte.

Offizielle Verbindungen zur AfD hat das Studienzentrum nicht. Die personellen Überschneidungen aber verstärken sich – und sie laufen bei der Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, zusammen: Daniel Tapp, Weidels persönlicher Pressesprecher, ist der Geschäftsführer des Zentrums.

Einer der beiden Präsidenten, der emeritierte Verfassungsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider, berät Weidel derzeit in ihrer Spendenaffäre, in der er nichts Illegales erkennen kann. Auch der zweite Präsident, Jost Bauch, arbeitet seit Kurzem für Weidel im Bundestag.

Bauch, 69, habilitierter Soziologe und Publizist, ist seit Langem als Grenzgänger zwischen Konservatismus und der Neuen Rechten bekannt. Bis 2010 hat der Mann mit dem grauen Bart, der auf Fotos lässig über seine Lesebrille blickt, an der Uni Konstanz als externer Professor Gesundheitssoziologie gelehrt.

Weil er unter anderem in der Jungen Freiheit einschlägig über Demografie, Einwanderung und den Niedergang der Deutschen schrieb und entsprechende Vorträge hielt, lehnten die Studierenden Bauch 2010 in einer Vollversammlung als Professor ab. Zwar konnte die Universität Bauch seine Lehrbefähigung nicht entziehen, seine Tätigkeit in Konstanz ließ er in der Folge aber ruhen.

Zusammen, was offiziell nicht zusammen gehört

Das Büro der in Bedrängnis geratenen Fraktionschefin ist ein gutes Beispiel dafür, wie unter den Mitarbeitern der AfD im Bundestag die Grenzen zwischen konservativen, neurechten und rechtsextremen Milieus verschwimmen. Diese Verschmelzung haben die taz, das Antifaschistische Presse- und Bildungsarchiv und das Magazin Der Rechte Rand bereits im April dargestellt. Seitdem gab es Entlassungen und Neueinstellungen, der Befund aber ist heute derselbe: In den AfD-Bundestagsbüros wächst zusammen, was offiziell nicht zusammengehört.

An die 200 Millionen Euro können die 92 Abgeordneten und die Fraktion der AfD im Laufe der Legislaturperiode vor allem für Personal ausgeben – ein riesiger rechter Stellenmarkt, finanziert mit Steuergeldern. Fast 500 MitarbeiterInnen hat die AfD seit ihrem Einzug in den Bundestag eingestellt, knapp 400 arbeiten derzeit für sie. Die Recherche zeigt: Nach wie vor haben etliche Abgeordnete kein Problem damit, Menschen mit einem extrem rechten Hintergrund zu beschäftigen. Im Oktober fanden sich in den Biografien von 58 MitarbeiterInnen und neun Abgeordneten der AfD insgesamt 125 Verbindungen zu Gruppen der extremen oder Neuen Rechten.

2017-04-23 AfD Bundesparteitag in Köln -68.jpg

Darunter befinden sich nicht nur in der Grauzone zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus angesiedelte Institutionen wie das Studienzentrum Weikersheim. Im Oktober waren in 19 Abgeordnetenbüros insgesamt 24 Mitarbeiter beschäftigt, die Verbindungen zu eindeutig rechtsextremen Organisationen mit in den Bundestag bringen: Sie waren für rechtsextreme Parteien aktiv, sind Mitglieder in vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaften oder Anhänger von Organisationen wie der Identitären Bewegung.

Ehemaliger NPD-Kandidat als Mitarbeiter

Jörg Schröder ist so ein Fall: Als Betreiber verschiedener rechter Blogs versucht der Aktivist aus Brandenburg in den letzten Jahren, als rechter Intellektueller wahrgenommen zu werden. Doch nicht nur das: Bei den Brandenburger Kommunalwahlen im Jahr 2014 kandidierte Schröder für die rechtsextreme NPD – die Partei, von der die AfD sich so strikt abzugrenzen vorgibt.

Angestellt ist Schröder bei Vize-Fraktionschef Peter Felser, der selbst früher bei den Republikanern war. Felser teilt mit, eine NPD-Kandidatur seines Mitarbeiters Schröder sei ihm nicht bekannt. Schröder sei bis Ende des Jahres befristet angestellt, um ihm in seiner „Funktion als forstpolitischer Sprecher der AfD“ zu unterstützen. Felser versichert, er würde keinen Mitarbeiter einstellen, von dem er wisse, „dass er sich für die NPD als Kandidat hat aufstellen lassen“. Handlungsbedarf im konkreten Fall sieht er allerdings nicht: „Da sich der Mitarbeiter bislang tadellos verhält und sein Arbeitsverhältnis ohnehin bald endet, betrachte ich diese (angebliche) Angelegenheit als erledigt.“

Allerdings: Die AfD-Fraktion hat sich in den vergangenen Monaten von einigen Mitarbeitern mit politisch besonders brisantem Hintergrund getrennt – wie Eric Weber, ein rechtsextremer Schweizer Politiker, der im Büro des Abgeordneten Petr Bystron tätig war.

Quelle     :        TAZ         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben     —        Statue des Herkules, am Eingang der Herkulesallee zum Grossen Garten in Dresden.

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Unten         —          AfD Bundesparteitag am 23. April 2017 in Köln, MARITIM Hotel

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