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Große Koalition

Erstellt von Redaktion am Dienstag 6. März 2018

Die Tragödie der SPD

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Kommentar von Bettina Gaus

Die Sozialdemokraten wollen sich als Partei erneuern – in der Regierungsverantwortung. Wer daran glaubt, macht sich etwas vor.

Keine Begeisterung, keine Verzweiflung. Irgendwann ist der Vorrat an Leidenschaft aufgebraucht, irgendwann ermüdet jedes Drama. Man muss ja nicht gleich so weit gehen wie die Redaktion der Talkshow „Anne Will“, die das Votum der SPD-Mitglieder souverän ignorierte und die Gäste über etwas ganz anderes diskutieren ließ, aber eine gewisse Erschöpfung ist auch andernorts zu beobachten, wenn es um den langen Weg zur Regierungsbildung geht.

Befürworter und Gegner der Großen Koalition schienen am Sonntag zumindest in einem Gefühl vereint zu sein: dem der Erleichterung. Endlich ist die Entscheidung gefallen. Endlich.

Selbstverständlich beschwören jetzt die Granden der SPD die notwendige Erneuerung der Partei – was sollen sie denn auch sonst sagen? „Prima, wir haben’s im Sack“? Das wäre eine ungewöhnlich dämliche Kommunikationsstrategie, selbst für sozialdemokratische Spitzenpolitiker. Und außerdem ist es ihnen ja vermutlich sogar ernst mit ihrer Bereitschaft zu internen Reformen.

Aber es wird nicht dazu kommen, jedenfalls nicht in dieser Legislaturperiode. Man kann nicht gleichzeitig mit einem Koalitionspartner um Kompromisse ringen und innerhalb einer Partei ergebnisoffene Grundsatzdebatten führen. Das eine schließt das andere aus. Die Basis hat die Erneuerung vertagt.

Mittelfristig könnte das für die SPD existenzgefährdend sein, und es bleibt das stärkste Argument gegen die Große Koalition – unabhängig davon, wie man grundsätzlich zu dieser Partei und ihrem Kurs steht. Der Zeitgeist in westlichen Industrienationen weht derzeit rechts, die offene Feindseligkeit gegenüber dem System der parlamentarischen Mehrparteiendemokratie wächst.

File:2017-03-19 Andrea Nahles SPD Parteitag by Olaf Kosinsky-2.jpg

Ja, es sind durchaus schon andere Parteien, die einst stark waren, sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden. Warum also nicht auch die SPD? Vielleicht hat sie sich ja überlebt? Als ob es darum ginge. Wenn im gegenwärtigen politischen Klima die traditionsreichste deutsche Partei marginalisiert würde, dann hätte dies eine Signalwirkung, die weit über diese Partei selbst hinauswiese. Und die von Systemgegnern auch ganz genau verstanden würde. Diesen Triumph sollten sie nicht feiern dürfen. Aber die Gefahr ist mit dem Votum der SPD-Mitgliedschaft gestiegen.

Stabilität ist ein Wert an sich

Nun gibt es viele gute Gründe, die für die Bildung einer Großen Koalition sprechen. Stabilität ist ein Wert an sich, jedenfalls dann, wenn sie nicht um den Preis von Unterdrückung und Diktatur erkauft worden ist. Manche Absichtserklärungen, die im Koalitionsvertrag stehen, werden – sollten sie denn tatsächlich umgesetzt werden – das Leben vieler Leute, die nicht auf der Sonnenseite stehen, tatsächlich etwas erleichtern.

Das kann man unzureichend finden, aber es ist immerhin etwas. Das Glas ist halbvoll. Hinzu kommt, dass ein vom Parlament verabschiedeter Haushalt eine feine Sache ist. Es bekommt einem Land nicht gut, wenn der Staat keinerlei neue Investitionen tätigen darf – und das ist nach den Regeln der vorläufigen Haushaltsführung in Deutschland gegenwärtig der Fall.

 

Quelle     :        TAZ         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben   —      Maischberger, Sendung vom 14. Dezember 2016. Produziert vom WDR. Thema der Sendung: „Wutbürger gegen Gutmenschen: Verliert die Demokratie?“ Foto: Bettina Gaus („taz“-Journalistin)

 

 

 

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