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RENTENANGST

GroKo gegen die Rezession

Erstellt von Redaktion am Sonntag 17. November 2019

Wenn Sozialklimbim die Wirtschaft rettet

Drücken sich Politiker – Innen und Verbände gegenseitig die Türklinken in die Hände, sitzt für gewöhnlich der Christian Lindner mit vor Fett triefenden Händen lange auf seinen, dem Schmierhansel, zustehenden Platz.

Eine Kolumne von

Die Wirtschaft klagt gern über teure soziale Geschenke der GroKo. Dabei haben genau diese „Wohltaten“ der Wirtschaft dieses Jahr eine Rezession erspart. Da kann man auch mal Danke sagen.

Es gehört zu den Ritualen dieser Zeit: Immer, wenn die GroKo mal wieder etwas für Rentner, Mütter oder Kombinationen aus beidem beschließt, schwindet in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft der Frohsinn. So wie diese Woche bei der Grundrente. Schon wieder nichts für uns – kein Pralinchen für die Bosse. Keine Steuersenkung. Kein Abbau lästiger Regelungen für den Kündigungsschutz oder so. Wie das unter früheren Kanzlern mal üblich war. Stattdessen wieder einmal „Wohltaten“ für die „Klientel“ verschüttgegangener Parteien.

Tenor: schlecht für die Wirtschaft. Also schlecht fürs Land. Der Wind blase den Unternehmen ohnehin gerade mit „voller Wucht ins Gesicht“, befand diese Woche Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Das kann niemand wollen.

Das Kuriose daran könnte nur sein: Wenn in diesen Monaten die deutsche Wirtschaft von einer Rezession (bisher) verschont blieb, wie das Statistikamt am Donnerstag mitteilte, scheint das nach allen Künsten, die uns Adam Riese hinterlassen hat, daran zu liegen, dass die Konsumenten in Deutschland schön weiter Geld ausgegeben und die Konjunktur damit gestützt haben. Das wäre nicht der Fall gewesen, hätte es nicht dieses Jahr so viele Wohltaten für Rentner, Mütter und andere gegeben.

Liste der „Wohltaten“

Dass die Regierung von Frau Merkel einen Hang zu Beschlüssen hat, die sich nach klassischem Verständnis nicht eindeutig als unmittelbare Wohlfühlgeschenke für Bosse einordnen lassen, ist nicht ganz zu leugnen. Klar. Im Laufe allein der vergangenen beiden Jahre bekamen:

  • Pflegeheime mehr Geld, um Personal aufzustocken und Pfleger ein bisschen besser zu bezahlen;
  • ältere Menschen zwei Mal hintereinander drei Prozent mehr Rente;
  • Eltern mehr Kindergeld;
  • bedürftige Studis mehr Bafög;
  • Bauwillige schönes Baukindergeld;
  • ältere Mütter noch mal etwas mehr Rente,
  • ebenso wie – geschlechtsunabhängig – Leute, die aus gesundheitlichen Gründen irgendwann nicht mehr arbeiten konnten;
  • Ost-Rentner kriegten mehr, um nicht mehr so viel weniger zu kriegen wie West-Rentner;
  • Krankenhäuser bekamen mehr Geld, um, wer weiß, Patienten auch mal weniger lang auf den Gängen rumstehen zu lassen;
  • Schulen mehr Budget fürs Digitale;
  • Einkommensteuerzahler höhere Grundfreibeträge;
  • Beitragszahler weniger Abzüge für die Krankenversicherung, weil da jetzt auch die Arbeitgeber wieder mitmachen.

Ganz schön viel. Die Frage ist nur, ob das alles automatisch schlecht für die Wirtschaft ist.

Allein die Entlastungen, die es dieses und nächstes Jahr bei der Einkommensteuer gibt, summieren sich nach Schätzungen der führenden Konjunkturforschungsinstitute auf 7,5 Milliarden Euro – macht 7,5 Milliarden Euro mehr, die von den Leuten ausgegeben werden können. Und das ja nicht auf dem Mond, sondern in Geschäften und Autohäusern, also der Wirtschaft. Die Erhöhung des Kindergeldes – macht in der Summe zwei Milliarden mehr auf den Konten. Die Mütterrente II allein dieses Jahr fast vier Milliarden Euro. Und so weiter.

Dazu kommen aus den Staatskassen fürs Volk deutlich mehr öffentliche Investitionen zur Wiederbelebung der Bundeswehr, für die Neuausstattung kommunaler Infrastruktur oder Anreize zum Kauf von E-Mobilen, was – via Tesla – künftig zumindest der brandenburgischen Wirtschaft zugutekommen dürfte.

2018-03-12 Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der 19. Wahlperiode des Bundestages by Sandro Halank–014.jpg

Nimmt man alles zusammen, was die GroKo da so eingeschenkt hat, ergibt das nach Schätzung der Konjunkturexperten mehr als 20 Milliarden Euro, die allein dieses Jahr vom Fiskus auf die Konten der Leute im Land umgelenkt wurden. Womit wir beim Thema Rezession wären.

2019: Kein Wachstum ohne „Wohltaten“

Diese 20 Milliarden entsprechen 0,6 Prozent der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung 2019. Was bei einem derzeit gerade noch erwarteten Anstieg dieser Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent bedeutet, dass es dieses Jahr ohne diesen fiskalpolitischen Geschenkekorb mit Sicherheit ein Minus gegeben hätte, eine Rezession eben.

Quelle         :         Spiegel-online             >>>>>           weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —          Europaparteitag 2014

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Unten       —           Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der 19. Wahlperiode des Bundestages: Lars Klingbeil; Andrea Nahles; Olaf Scholz; Angela Merkel; Horst Seehofer; Alexander Dobrindt; Volker Kauder; Annegret Kramp-Karrenbauer; Andreas Scheuer

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