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Griechenland – Armut

Erstellt von Redaktion am Freitag 18. August 2017

Griechenland: Verordnete Verarmung

von Egbert Scheunemann

Während Angela Merkel nach außen – und im Wahlkampf – die Europäische Union zur Schicksalsfrage erklärt, nehmen im Innern der EU die Auseinandersetzungen wieder zu. Im Brennpunkt steht dabei erneut der Umgang mit Griechenland. Die Koalition um Ministerpräsident Alexis Tsipras stimmte am 19. Mai für ein weiteres Sparpaket, das als Voraussetzung für neue „Hilfen“ von Griechenlands Gläubigern gefordert wurde. Athen ist darauf angewiesen, weil Rückzahlungen fällig werden, die aus eigener Kraft nicht gestemmt werden können. Dagegen gab es massive Proteste vor dem griechischen Parlament – Ausdruck einer zunehmend verzweifelten Gesellschaft.

Doch das ficht die Kanzlerin und Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht an, sie halten an der Austeritätspolitik fest. Derweil spricht sich Außenminister Sigmar Gabriel für eine Schuldenerleichterung für Griechenland aus – eine Position, die mittlerweile europaweit zunehmend Zustimmung findet und schon lange von einem der entscheidenden Gläubiger, dem IWF, befürwortet wird. Tatsächlich zeigen die vergangenen Jahre wie auch die verheerende gegenwärtige Situation, dass die erdrückende Schuldenlast unbedingt vermindert werden muss, damit in Griechenland endlich die lang ersehnte wirtschaftliche Erholung eintritt. Diese scheitert bislang am Beharren der Gläubiger auf einer sinnlosen Kürzungspolitik. Während sie den griechischen Staat sanieren sollte, hat sie stattdessen das Land immer weiter in die Krise gestürzt.

Das ändern auch die Beschlüsse der Eurogruppe vom 15. Juni nicht: Athen erhält zwar weitere Kreditgelder, muss auf eine Schuldenerleichterung aber mindestens bis nach der Bundestagswahl warten.

Um die Absurdität der bisherigen „Rettungsversuche“ zu verstehen, hilft zunächst ein Blick auf die bloßen Summen, die bisher zwischen Gläubigern und Griechenland geflossen sind: Addiert man alle drei bisherigen Hilfspakete, wurde Griechenland ein Kreditrahmen von 368,6 Mrd. Euro gewährt – eine gewaltige Summe, gemessen am griechischen BIP von 176 Mrd. Euro im Jahr 2015. Allerdings wurde dieser Kreditrahmen bis 2015 nur im Umfang von 215,9 Mrd. Euro ausgeschöpft, und davon sind weniger als fünf Prozent, nämlich 10,8 Mrd. Euro, wirklich in den griechischen Staatshaushalt geflossen – wohlgemerkt als rückzahlbare, verzinsliche Kredite. Der weit überwiegende Teil floss entweder in Zinszahlungen, in die Schuldentilgung bzw. in die Umschuldung – das heißt in einen Risikotransfer von privaten Banken hin zu öffentlichen Trägern (EU, EZB, IWF, ESM) – oder, jedenfalls teilweise, in die Finanzierung von Anreizen für private Gläubiger, sich am Umschuldungsprogramm zu beteiligen.

Umgekehrt hat Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2015 aber 52,3 Mrd. Euro an Zinsen an seine Gläubiger gezahlt, vor allem an EU, EZB und IWF. Bis 2018, wenn das dritte Programm ausläuft, werden es sogar 70,1 Mrd. Euro sein. Der Saldo des Kapitalflusses war und ist für Griechenland also negativ – trotz aller „Hilfen“. Damit wird deutlich, dass es sich letztendlich um die Ausbeutung des griechischen Staates handelt: Diese 70,1 Mrd. Euro Zinsen entsprechen etwa 40 Prozent des gesamten griechischen BIP des Jahres 2015. Die griechische Bevölkerung hat quasi die ersten fünf Monate des Jahres 2015 nur für die Begleichung der Zinsansprüche der Gläubiger gearbeitet – und der Staat hatte danach keinen Cent weniger Schulden. So ist es letztendlich die Bevölkerung, die für die Krise aufkommen muss. Das wird vor allem dann deutlich, wenn man die von den Gläubigern gestellten Bedingungen betrachtet, die Ursache für den negativen Saldo sind.

Kollabierende Sozialsysteme

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