Gaucksche Wundertüte
Erstellt von Redaktion am Mittwoch 2. Mai 2012
Merkels Scheitern, Gaucks Chance
Einen ersten Kommentar zum Amtsbeginn des neuen Bundespräsidenten Gauck gibt Albrecht von Lucke.
Der neue Bundespräsident war nur wenige Tage in Amt und Würden, da hatte er schon die Antwort auf die Frage gegeben, warum die Bundeskanzlerin ihn bis zuletzt verhindern wollte. Bereits Gaucks umjubelter Auftritt in Polen machte deutlich, dass Angela Merkel ein ernsthafter Konkurrent in der Repräsentation der Bundesrepublik nach außen erwachsen ist. Doch mehr noch: Gaucks folgender Antrittsbesuch in Brüssel geriet weit weniger präsidial staatstragend als überschießend exekutiv. „Ich gehe davon aus, dass Karlsruhe nicht gegen die Instrumente zur Euro-Rettung vorgehen wird,“ hatte der Präsident zum Fiskalpakt dekretiert und weiter blumig gefordert: „Wir wollen in der Krise nicht weniger, sondern mehr Europa wagen – das ist auch meine persönliche Überzeugung.”
Dieser Persilschein für ein demokratisch höchst fragwürdiges Gesetz bringt nicht nur ein erstaunlich unterkomplexes Verständnis der bundesrepublikanischen Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Judikative, Präsident und Verfassungsgericht, zum Ausdruck, sondern könnte sich auch noch als politisch fatal erweisen. Schließlich ist der Präsident von Amts wegen berufen, die Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls dem Verfassungsgericht vorzulegen. Wer aber könnte nun – nach einer solchen Vorfestlegung – behaupten, dass Gauck in dieser existenziellen Frage unserer Demokratie nicht voreingenommen wäre?
Gleichzeitig zeigt der Vorfall, wie gefährlich dieser Präsident für eine um absolute Geheim- und Zurückhaltung bemühte Kanzlerin werden kann, die derartig demokratierelevante Fragen am liebsten gar nicht ans Licht der Öffentlichkeit treten lässt.
Merkels Scheitern, Gaucks Chance
Das eigentliche Kunststück vollbrachte Gauck jedoch bereits mit seiner Antrittsrede im Bundestag am 23. März. Ihm gelang dort exakt das, woran die Kanzlerin vor zwölf Jahren kläglich gescheitert war: die Deutungshoheit über die Geschichte der Bundesrepublik mit Beschlag zu belegen.
Bereits am 17. Januar 2001 hatte Angela Merkel in dieser Hinsicht ihr Waterloo erlebt. Auf dem Höhepunkt der Fischer-Debatte, dem Streit über die Straßenkämpfer-Vergangenheit des damaligen Außenministers, behauptete sie als Oppositionsführerin im Parlament: „Unser Staat, die Bundesrepublik Deutschland, ist seit 1949 ununterbrochen eine freiheitliche, solidarische, weltoffene Republik, auf die wir stolz sein können.“ Die Resonanz war einhelliges Gelächter der 68er auf der Regierungsbank. Schließlich nehmen diese bis heute mit einigem Recht für sich in Anspruch, dem restaurativen Land durch ihren Aufbruch erst die nötige Luft zum Atmen verschafft zu haben.
Seither übt sich die Kanzlerin – wie auch die ganze Union – geschichtspolitisch in Enthaltsamkeit. Faktisch ist die Geschichtspolitik heute die Domäne einer eher liberal-sozialdemokratisch dominierten Geschichtswissenschaft.
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Donnerstag 3. Mai 2012 um 8:44
naja – Gauck, dieser evangelische Herr Pastor… – sein grösster Fehler war es, die Akte von „IM Erika“ nicht offenzulegen und Birthler tat’s ihm gleich; alles Geier und Krähen!
Diesen Pastor kann ein aufrechter Demokrat auch wegen seiner Meinung zu den sozialen Missständen schon nicht akzeptieren. Gauck ist als Präsi nicht tragbar – Punkt!