Flüchtlingshilfe-Süditalien
Erstellt von Redaktion am Donnerstag 4. Oktober 2018
Engagierter Bürgermeister verhaftet
Ein Bürgermeister: „Ein Wort – Zwei Hände“ zum anfassen!
Eine Kanzlerin: „Einen großen Mund – heute CDU – Morgen AfD“ – Zwei Patschehändchen zum Kuchenbacken im Sandkasten ihrer Macht – Illusionen?
Von Michael Braun
Domenico Lucano ist für seine Politik bekannt und mit Preisen geehrt worden. Nun wird ihm „Begünstigung der illegalen Einwanderung“ vorgeworfen.
Das ist eigentlich Alltag in Süditalien: Ein Bürgermeister wird verhaftet, wegen Kontakten zur Mafia, wegen Korruption, wegen Begünstigung im Amt. Doch als es am Dienstag Domenico Lucano traf, den Bürgermeister des Dorfs Riace in Kalabrien, schlug die Nachricht in Italien wie eine Bombe ein.
Denn Domenico Lucano, den in Riace alle nur Mimmo nennen, ist nicht irgendwer. Er regiert seit 2004 einen Ort mit bloß 1600 Einwohnern, der völlig aus der Welt liegt – doch die Zeitschrift Fortune führte ihn im Jahr 2016 unter den 50 einflussreichsten Leadern der Welt auf, und Wim Wenders kam extra nach Kalabrien, um einen Kurzfilm zu drehen. Einen Kurzfilm über die Politik der Flüchtlingsaufnahme, die Lucano in Riace organisiert, ja der er sein Leben verschrieben hat.
Eigentlich war der heute 60-Jährige ein ganz gewöhnlicher Chemielehrer, als er 1998 am Strand vor Riace ein Schiff sah – ein Schiff mit gut 200 Kurden an Bord. Für ihn war klar: Diesen Menschen gebührt Hilfe. Zusammen mit Freunden kümmerte er sich um ihre Aufnahme, gründete dann einen Verein, um für Unterkünfte zu sorgen, und trägt seitdem den Spitznamen „der Kurde“.
Lucano hatte und hat vor allem ein Argument auf seiner Seite: Aus Riace ziehen die Menschen weg, das Dorf droht auszusterben, warum also nicht Migranten ansiedeln? Das Argument überzeugte seine Mitbürger, die den Lehrer 2004 zum Bürgermeister wählten und seitdem immer im Amt bestätigten.
Das berühmte „Modell Riace“
So konnte Lucano das schaffen, was mittlerweile nicht bloß in Italien als „Modell Riace“ berühmt geworden ist. Leerstehende, verfallende Häuser wurden für die Migranten wieder hergerichtet, und Menschen aus Riace taten sich mit Migranten zusammen, um neue Tätigkeitsfelder zu erschließen. So entstanden eine Töpferei, eine Weberei, eine Glasmalerei – und auch die Müllabfuhr ging neue Wege. Zwei Migranten und zwei alteingesessene Bürger aus Riace ziehen jeden Tag mit Eseln durch die engen Gassen, um auf denkbar ökologische Weise den Müll einzusammeln, natürlich sauber getrennt.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Domenico Lucano.
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Unten — Riace Landscape