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Finanzkrise – Griechenland

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 2. August 2018

Wie eine geschlagene Kuh

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von Ulrike Herrmann

In Griechenland ist die Krise noch lange nicht vorbei – vor allem weil die Eurozone ständig mit der „Pleite“ droht. Damit entsteht ein Teufelskreis.

In der Eurokrise war Griechenland immer für eine Legende gut. Die neueste Version lautet, dass das Land jetzt „gerettet“ sei! Am 20. August laufen die Hilfspakete aus, und danach sollen sich die Griechen selbst finanzieren.

Zwei Fakten reichen aus, um dieses Wunschdenken zu zertrümmern: Griechenland verzeichnet das schwächste Wachstum in der Eurozone – muss aber die höchsten Zinsen zahlen, wenn es Kredite bei Banken aufnehmen will. Das kann nicht funktionieren. Hohe Realzinsen lassen sich nur finanzieren, wenn auch das Wachstum hoch ist.

Dieser Zusammenhang ist derart schlicht, dass ihn selbst die deutsche Regierung nicht ignorieren konnte. Also hat die Eurozone versucht, die Griechen für die Finanzmärkte aufzuhübschen.

Erste Maßnahme: Auf dem EU-Gipfel am 21. Juni wurde beschlossen, dass die Griechen weitere Erleichterungen beim Schuldendienst erhalten. Zinsen und Tilgungen wurden zum Teil bis Ende 2032 gestundet und die Laufzeiten so gestreckt, dass die letzten Zahlungen erst 2056 fällig werden.

Die Absicht ist deutlich: Wenn die öffentlichen Kredite billiger werden, ist eine Pleite weniger wahrscheinlich – was wiederum die Risiko­prämien der privaten Banken drückt und die Kreditzinsen erschwinglicher macht. Theoretisch. Praktisch sind die Zinsen immer noch zu hoch, die die Griechen auf den Finanzmärkten zahlen müssten.

Eine „Schatztruhe“ für Griechenland

Daher wurde – zweitens – beschlossen, dass Griechenland eine „Schatztruhe“ erhält, die 24,1 Milliarden Euro umfasst. Diese Mittel würden reichen, damit die Griechen alle Zahlungen bis Mitte 2020 erfüllen können.

Berlin und Brüssel wissen also genau, wie unwahrscheinlich es ist, dass sich die Griechen allein finanzieren können. Sonst hätten sie keine Schatztruhe angeboten. Aber niemand hatte Lust auf weitere Rettungspakete, sodass man lieber hofft, dass es bis 2020 in Griechenland irgendwie zu rasantem Wachstum kommt.

Leider ist genau dieses Wachstum unwahrscheinlich, weil die Eurozone noch immer abstruse Sparvorgaben macht. Die entscheidende Kennzahl ist der „Primärüberschuss“ – also das Plus im Staatshaushalt, wenn man Zinsen und Tilgungen nicht berücksichtigt. Dieser Primärüberschuss soll in Griechenland bis 2022 bei 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen und danach bis 2060 pro Jahr 2,2 Prozent betragen. Dauer-Überschüsse in dieser Höhe hat noch nie ein Land erwirtschaftet. Warum sollte ausgerechnet dem armen Griechenland gelingen, was selbst im reichen Deutschland nicht möglich ist?

Der Internationale Währungsfonds konstatiert daher nüchtern, dass die griechischen Schulden langfristig „nicht tragbar“ seien.

Die Idee war stets: Griechenland soll sich aus der Krise heraussparen. Obwohl diese Strategie nicht funktioniert hat, steht die nächste Kürzungsrunde an. Im Januar 2019 sollen die Renten erneut sinken, obwohl sie schon um 60 Prozent zusammengeschrumpft sind – und oft ganze Familien ernähren, weil die arbeitslosen Kinder zu ihren alten Eltern gezogen sind.

Staatsausgaben um 30 Prozent gesunken

Quelle    :       TAZ         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben    —   Die Journalistin Ulrike Herrmann bei einer öffentlichen Veranstaltung der Heinrich-Boell-Stiftung in Berlin bei der Vorstellung ihre Buches „Hurra, wir dürfen zahlen …“ (Ausschnitt)

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Unten    —      Warteschlange in Athen vor einem Geldautomaten der National Bank of Greece

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