DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Fehlt der Masse das Wissen

Erstellt von Redaktion am Sonntag 17. Juni 2012

Weiß die Crowd, was gut für sie ist

Wo liegen die Unterschiede zwischen den Piraten und der LINKEN fragt der Journalist Dirk Knipphals in seinem Sonntags Essay. Warum profitiert die LINKE nicht aus dieser Krise der Demokratie? Die Partei bekommt einfach keine Verbindung zur Gesellschft. Sonst bekämen sie viel mehr Wähler. Extremisten mögen die Bürger nicht.

 Während die Piraten im Grunde davon ausgehen dass die Menschen schon selber wissen was für sie gut ist, versuchen zu viele Linksalternative immer wieder nur die eigene Meinung als Lösung für die Gesellschaft zu sehen. Bedingt dadurch wird immer wieder versucht neue Feindbilder aufzubauen und diese findet man einmal in den Banken, der Umwelt, oder dann auch wieder in den politischen Mitbewerbern der anderen Parteien. Wichtig allein, es wird ein Feindbild genau wie bei den Konservativen gesucht und gefunden.

Das beste Beispiel eines undemokratischen Verhaltens war hier das fehlende Demokratieverständnis des Oskar Lafontaine, welcher sich mit seiner Forderung nur ohne Gegenkandidat für den Parteivorsitz zu kandidieren vollkommen ins Abseits gestellt hat. Mit dieser unmöglichen Forderung wird er in die Annalen der Geschichte eingehen.

Hier der Artikel:

Weiß die Crowd, was gut für sie ist

Über eine Krise der Demokratie wird derzeit anhand von Beschränkungen politischer Handlungsoptionen durch die Finanzwirtschaft diskutiert oder wegen der klammheimlichen Ausdehnung exekutiver Befugnisse der Regierung. Mich hat aber, ehrlich gesagt, mindestens genauso sehr die Hinterfragung der Demokratie aus dem linksalternativen Lager empört: Auch wenn das Schlagwort „Ökodiktatur“ eine Kampfvokabel der Atomkraftwerksbetreiber war, bei der letzten Klimadebatte wurde auch von Linksalternativen zumindest damit kokettiert, dass sich in einer Diktatur die notwendigen Maßnahmen zur Lösung unserer ökologischen Probleme doch besser durchsetzen ließen.

Vielleicht ist denen die Demokratiekrise zu Kopf gestiegen, dachte ich. Und war dann erleichtert, als das alles wieder versandete. Stattdessen wurde bald anhand der Piratenpartei über neue Möglichkeiten der Partizipation nachgedacht. Genau über das Gegenteil der Diktaturenkoketterie also. In ihr sollte Partizipation ja am liebsten ganz abgeschafft werden (nur zum Besten der Menschen, versteht sich!).

So läuft das jetzt mit Debatten. Anstatt Gegenpositionen herauszuarbeiten, schubst die unsichtbare Hand der Aufmerksamkeitsproduktion den Ball lieber auf ein anderes Spielfeld hinüber; im Web geht es halt nicht so strukturiert zu wie in einem Habermas-Seminar. Wer will, kann dieses thematische Verschieben aber durchaus als Kommentar lesen. Für wie wichtig man die Klimakrise auch hielt, der vorliberale Ansatz, dass man dem ökologischen Wissen nur unbeschränkte Macht verleihen muss, um die Probleme zu lösen, erwies sich als unfruchtbar. „Als Politik“, sagt Niklas Luhmann, bei dem es viel über die Realität der Demokratie zu lernen gibt, „kann man jede Kommunikation bezeichnen, die dazu dient, kollektiv bindende Entscheidungen durch Testen und Verdichten ihrer Konsenschancen vorzubereiten.“ Das Kokettieren mit Diktaturen fiel bei diesem Test durch.

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Grafikquelle   :   Demonstranten auf dem Alexanderplatz während der Abschlusskundgebung am 4. November 1989 mit kreativ gestalteten Transparenten

6 Kommentare zu “Fehlt der Masse das Wissen”

  1. Josefa sagt:

    Die Linke: Demokratie predigen und Demokratur leben!!!

  2. UP. sagt:

    Die „Crowd“ – ganz schön beknackt, wenn das nun auch schon von Journalisten ge-denglischt eingeführt wird – also die Menschenmenge, das Volk, ist desinteressiert und lässt sich von BILD, Tageschau und ZDF mainstreamig einlullen.
    Nur so ist es auch erklärbar, dass das Volk mit dem Hosenanzug, der genauso tonlos spricht wie dieser F.D.P. – Röser, zufrieden ist / mit der Regierung aber nicht. Geht’s noch?
    Denn: Der Hosenanzug bestimmt die Richtlinien der Politik – lt. sogenanntem Grundgesetz.

  3. Diogenes sagt:

    das Wort „Crowd“ ist im taz-Beitrag völlig deplaziert, sprachlich, begrifflich, inhaltlich (gehört gar nicht zum Roten Faden. Man sollte in deshalb vergessen und die m.E. recht klugen Aussagen aufnehmen.

    Dass die LINKE im parteipolitischen Tagesgeschäft nicht begriffen hat, was „demokratisch“ meint, „Diskurs“, „Diskussion“, das gemeinsame Ertragen gegensätzlicher Positionen, das Finden neuer Wege (nicht notwendig Kompromisse), geistige Vielfalt und Breite, Lebendigkeit neuer Ideen, etc., wird von uns Bloggern mehrheitlich leidenschaftlich beklagt. Diese ERkennntis – wenn sie es denn ist – ist zwar notwendige Voraussetzung möglicher Veränderungen, weil sie die einzig zukunbftsfähige Zielrichtung bestimmt, bedeutet aber noch lange nicht ihre praktische – hier innerparteiliche – Umsetzung. Denn dafür bräuchte es weiterer Kräfte und Aktivitäten, in etwa:

    – Verankerung in der Satzung als einklagbare Rechtsgrundlage
    – Einrichten geeigneter Diskussionsforen – auch im Internet
    – methodische und inhaltliche Bildungsangebote
    – Anwendung vor wichtigen – nicht nur – poltischen Entscheidungen
    – Beachten der vorgetragenen Argumente und Meinungen
    – Lob und Anerkennung der Kontrahenten für Mut und Ideenreichtum

    Vielleicht könnten wir hier auf DL das von mir Anskizzierte weiter vertiefen.
    Vielleicht entsteht daraus so etwas wie eine „DL-Erklärung abtrünniger LINKER“ mit historischer Wirkung.

  4. Diogenes sagt:

    Die sehr aktive Akademie Solidarische Ökonomie hat kürzlich – allerdings nur inoffiziell – auch die Systemfrage gestellt. Dazu schrieb Wolfgang Fabricius am 18.06.2012 / 01:07 Uhr zum Thema Transformationskongress – Systemfrage ausgeklammert?

    Liebe AkademikerInnen, die Systemfrage zu stellen, heißt vielleicht doch mehr, als auch folgende
    Herren festgestellt haben:

    1 *Aristoteles*: (384-322 v. Chr., Politeia, 5. Buch)
    „Man muß dafür sorgen, daß der Gegensatz der Reichen und Armen sich möglichst ausgleicht oder daß der Mittelstand wächst. … Namentlich muß man bedacht sein, durch die Gesetze die Verhältnisse so zu regeln, daß niemand aufkommen kann, der allzu übermächtig ist durch Anhang oder Reichtum; und gelingt dies nicht, so muß man solche Leute ins Ausland verbannen.

    2. *Ludwig von Mises* 1912:
    „Es gibt keinen Weg, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu vermeiden, der durch Kreditexpansion
    erzeugt worden ist. Die Alternative kann nur sein: Entweder die Krise kommt früher – als ein Ergebnis der freiwilligen Einstellung der Kreditexpansion – oder später als eine finale und totale Katastrophe des betreffenden Währungssystems.“

    3. *Marriner S. Eccles*, 1934 von Roosevelt eingesetzter, bis 1948 amtierender FED-Chef:
    „Bis 1929 – 1930 [also vor dem „Schwarzen Freitag“] hatte eine gewaltige Saugpumpe einen zunehmenden Anteil des erzeugten Reichtums in wenige Hände umgeleitet und so die Kaufkraft aus den Händen der Mehrheit genommen. … Die Massenproduktion [der modernen Industriegesellschaft] beruht aber auf einem Massenkonsum, und dieser setzt die Verteilung des Reichtums voraus, um die Menschen mit einer Kaufkraft auszustatten, die der Menge der von der Wirtschaft produzierten Güter und Dienstleistungen entspricht. Wie in einem Pokerspiel, wo sich die Chips in immer weniger Händen konzentrieren, konnten die übrigen Spieler nur noch weiter machen, indem sie Schulden machten. Gab man ihnen keinen Kredit mehr, war es auch mit dem Spiel zu Ende.“

    Aristoteles ist noch der radikalste, aber es ist im wesentlichen auch nur Korrektur, was er vorschlägt, und keine Transformation. Aber vielleicht sieht er den Aufwand, den eine Transformation erfordert.

    Herzliche Grüße
    Wolfgang

    Ich denke, dass diese Gedanken bundespolitisch auch sehr viel mit der Demokratiefage und der Partizipation „der Massen“ zu tun haben.

  5. emschergenosse sagt:

    Die Systemfrage klärt das Ahlener Programm, lieber Diogenes:

    „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“

    nein-nein-nein – das war nicht DIE LINKE – die gab es damals noch nicht; und die Schar um Reimann war es auch nicht.
    Das Ahlener Programm ist ein am 3. Februar 1947 im Gymnasium St. Michael in Ahlen beschlossenes Wirtschafts- und Sozialprogramm der nordrhein-westfälischen CDU.

    So einfach ist das!

  6. emschergenosse sagt:

    Wenn schon – denn schon – OFF TOPIC in diesem Sinne: Nachtrag
    Am 3. Februar 1997 wurde die Bedeutung des Ahlener Programms für die heutige CDU mit dem Abstand von 50 Jahren in einer Feier am Entstehungsort durch den damaligen CDU-Generalsekretär Peter Hintze [Anmerk.UP: Hintze: auch ein Pastor; s.u.] wie folgt „gewürdigt“ (Auszug):

    „Es fällt schwer, sich die ersten Februartage des Jahres 1947 zu vergegenwärtigen, als die Männer des CDU-Zonenausschusses der britischen Zone nach Ahlen reisten. Es war ein Katastrophenwinter, der Rhein war auf 40 Kilometer mit einer Eisdecke überzogen. die Lebensmittelversorgung war in eine extrem kritische Situation geraten. Die Menschen froren und hungerten. Im Ruhrgebiet sanken die täglichen Lebensmittelrationen auf 700 bis 800 Kalorien. St. Michael in Ahlen war nicht zuletzt deswegen als Tagungsort ausgewählt worden, weil hier die Tagungsräume – wenn auch unter Mühen – beheizt werden konnten und eine Verpflegung der Tagungsteilnehmer möglich war. Die Schwestern von St. Michael wendeten all ihre Organisationskunst auf, um der Tagung eine Grundlage zu geben. In der materiellen und moralischen Trümmerlandschaft, die die Nazidiktatur hinterlassen hatte, machten sich Frauen und Männer ans Werk, eine neue freiheitliche Ordnung zu begründen, die sie aus dem christlichen Verständnis vom Menschen heraus entwickelten. Im ersten Programm der CDU in der britischen Zone, dem Programm von Neheim-Hüsten vom 1. März 1946 ist dieser Gedanke in aller Klarheit formuliert: Die christliche Weltauffassung allein gewährleistet Recht, Ordnung und Menschenwürde und Freiheit der Person und damit eine wahre Demokratie, die sich nicht auf die Form des Staates beschränken darf, sondern das Leben des Einzelnen wie das des Volkes und der Völker tragen und durchdringen soll. Die ideengeschichtliche Bedeutung des Ahlener Programms liegt in der Formulierung einer Wirtschaftsordnung, die jenseits von Kapitalismus und Sozialismus einen dritten Weg suchte. Die moralische Bedeutung des Ahlener Programms liegt in der bis auf den heutigen Tag gültigen Feststellung, dass die Würde des Menschen sich auch im Wirtschaftsleben widerspiegeln muss. Der Leitsatz des Ahlener Programms ist daher von ungebrochener Aktualität: Die Wirtschaft hat der Entfaltung der schaffenden Kräfte des Menschen und der Gemeinschaft zu dienen.

    Wenn man das so liest, kann man doch nur noch brüllen vor Lachen. Mancher Polit-Kasper ist sich für nichts zu schade.

    So lügen Evangelen-Pasters

    natürlich nicht alle, aber in der Regel
    die politischen – bis hin an die Spitze

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