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Ettore Gotti Tedeschi

Erstellt von Redaktion am Montag 17. August 2020

Überraschungs-Humanismus?

Quelle        :     Scharf   —   Links

Kommentar von Georg Korfmacher, München
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Haben schon viele Verständnisschwierigkeiten mit dem Humanismus an sich, gibt es jetzt auch noch eine ganz neue Doktrin: den Überraschungs-Humanismus. Ausgedacht hat sich den der Bankmanager und Finanzethiker Ettore Gotti Tedeschi, seines Zeichens ebenso päpstlicher Berater wie dubioser Banker.

In der typischen Art eines Verschwörungstheoretikers nutzt er die aktuelle Pandemie, um hinterfotzig seinen Verdacht zu äußern, „dass jemand den Kompass in der Hand hält und sehr genau weiß, wohin wir geführt werden sollen.“ Es gibt demnach eine geheime Macht mit geheimen Plänen, die gezielt die Corona-Pandemie nutzt, um uns alle im Sinne geheimer, menschenfeindlicher Ziele zu lenken. Und diese dunkle Macht ist für den katholikalen Finanzethiker der Humanismus mit einem langen „Marsch Richtung Heidentum“.

Geradezu obszön qualifiziert Tedeschi die weltweit gegen Corona ergriffenen Maßnahmen als ein Damoklesschwert über der Menschheit. Dieser Vergleich ist  ebenso abstrus wie die Zitierung von Aristoteles zur Stützung seiner Thesen. Da möchte man eher Karl Marx mit seiner Qualifizierung der Religion als „das Opium des Volkes“ folgen.

„Wegen der mysteriösen Pandemie und der nicht minder mysteriösen staatlichen und kirchlichen Reaktion“ seien wir nach Tedeschi ohnmächtig und orientierungslos und so der Macht mit dem Kompass in der Hand ausgeliefert. Dabei ginge es „von der Handbremse bei der Geburtenrate bis zur Reduzierung einer überschüssigen Bevölkerung“ weltweit. „Sind die Corona-Maßnahmen und die durch sie ausgelöste Krise der Einstieg zu einem globalen neuen Humanismus?“, fragt sich der Wirrkopf bei dümmlicher Verwechslung von Ursache und Wirkung bzw. Pervertierung des Vorrangs des Menschenwohls vor dem Erfolg einer profitgetriebenen Wirtschaft. So sieht er ökonomisches, soziales, politisches und moralisches Chaos und versteigt sich zu der Behauptung einer „heidnischen Ökologie als universale Weltreligion“. Digital und Grün seien die strategischen Grundlagen der zukünftigen Welt, wobei der Umweltschutz unter den Menschen als Krebsgeschwür für die Natur leide. Noch wildere Verschwörungstheorien kann man sich kaum vorstellen. Gerade die großen Industrienationen wie China, Südkorea, Japan und Deutschland haben doch bei der Pandemiebekämpfung tatsächlich dem Wohl der Menschen den Vorrang gegeben.

Fassungslos erstarrt man bei der Behauptung dieses Verschwörungsquacksalbers, dass nach dem neuen Überraschungs-Humanismus „bald einige Menschen nicht nur eliminiert werden können, sondern gemäß Verfassung und Moralgesetz zu eliminieren sein werden“. Und das alles veröffentlicht in einer erzkatholischen Publikation! Dieser Verschwörungsideologe übersieht ganz offenbar, dass er selbst im Dienst einer geheimen Macht mit geheimen Plänen steht, denn des Allmächtigen Wege sind unergründlich. Jede Religion ist eine menschengemachte Ideologie mit Heilsversprechen und Androhung ewiger Verdammnis dann, wenn man der Ideologie nicht folgt. Es ist schon erstaunlich, welche wirren Hirngespinste der Finanzethiker, Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Präsident der Vatikanbank da von sich gibt. Von Humanismus – in welcher Form auch immer – hat dieser Geleerte keine Ahnung. Noch dümmer  kann man eine Verschwörungstheorie als Lügenmärchen kaum darstellen – und noch einfacher enttarnen.

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Grafikquelle     :

Oben      —       Die Aula magna des Mailänder Campus

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