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Entschuldigung genügt nicht

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 3. Juni 2021

Völkermord an Herero und Nama

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Zuhause – Dort wo der Adler auf die Geier wartet.

Von Jephta Nguherimo

Deutschland erkennt den Völkermord an den Herero und Nama in Namibia an. Was fehlt, ist eine „moralische und materielle Wiedergutmachung“.

Namibia und Deutschland haben Medienberichten zufolge ein „Versöhnungsabkommen“ unterzeichnet. Demnach entschuldigt sich die deutsche Regierung für den kolonialen Völkermord von 1904 bis 1908. Das Abkommen umfasst Zahlungen von mehr als einer Milliarde US-Dollar – zahlbar über einen Zeitraum von 30 Jahren – sowie die öffentliche Anerkennung des Völkermords.

Steinmeier sollte seine Entschuldigung nicht im namibischen Parlament äußern, sondern im Bundestag

Erwartungsgemäß haben traditionelle Führer der OvaHerero und Nama, darunter auch Befürworter der Verhandlungen, diese „Versöhnung“ öffentlich als unzureichend und beleidigend abgelehnt. Der volle Text der Vereinbarung liegt noch nicht öffentlich vor. Gerüchten zufolge will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Namibia reisen und vor dem Parlament eine Entschuldigung aussprechen.

Das wäre der zweite Versuch einer deutschen Regierung, Reue für die Verbrechen an den OvaHerero und Nama zu demonstrieren. Schon 2004 entschuldigte sich die damalige Ministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, bei einer Rede in Ohamakari in Waterberg. Allerdings schwächte Berlin die Entschuldigung damals ab: Die Ministerin habe nicht für die Regierung gesprochen, hieß es.

Ironischerweise bot die Bundesregierung damals der namibischen Regierung einen sogenannten Sonderfonds an, um an die betroffenen Gemeinschaften „Sozialhilfen“ als eine Art Wiederaufbau oder Wiedergutmachung zu verteilen. Die Gelder sind bis heute nicht verbucht. In den Gebieten der meisten betroffenen Gemeinschaften gibt es keine wesentlichen wirtschaftlichen Fortschritte. Sie sitzen weiter auf dem Trockenen. Eine wirksame Entschuldigung muss vier Ansprüchen genügen.

Betroffene Gemeinden sitzen auf dem Trockenen

Erstens: Der Täter muss das begangene Verbrechen vollumfänglich anerkennen. Zweitens: Er muss erklären, warum und wie sein Verhalten den Opfern Schaden zugefügt hat. Um Vertrauen zu schaffen und eine Versöhnung zu ermöglichen, muss er garantieren, dass es keine Wiederholung der Verbrechen geben wird. Drittens: Es muss einen ehrlichen Ausdruck von Reue geben. Und viertens: Es muss eine Wiedergutmachung gezahlt werden.

Eine Entschuldigung ohne Entschädigung ist aus Sicht der Opfer bedeutungslos, denn es geht bei Reparationen darum, die Würde der Opfer wiederherzustellen. Wenn wir die Entschuldigung der Ministerin aus dem Jahr 2004 anhand dieser Kriterien beurteilen, stellt sie die Nachkommen der Opfer des in den Jahren 1904-08 von Deutschen verübten Völkermords nur bedingt zufrieden. Sie erfüllt die ersten beiden Kriterien und teilweise das dritte. Aber sie scheiterte am vierten.

Heute wiederum sieht es so aus, dass die Bundesregierung die Entschuldigungsformel von 2004 neu auflegt und zusätzlich zur Zahlung von Sozialhilfe als Entschädigung bereit ist. Und sie behauptet, der Vernichtungsbefehl des Generals Lothar von Trotha gegen die OvaHerero und Nama sei nach damaligen Maßstäben kein Völkermord gewesen, nur nach heutigen.

Herero and Nama prisoners.jpg

Nur Politiker-Innen Entschuldigen sich für Verbrechen ihrer Vorgänger! Anständige Bürger-Innen würden einen solchen Job erst gar nicht annehmen, zumal die einstigen Sklaven von heutigen Politikern in rauer Wirklichkeit nicht besser behandelt werden! 

Steinmeier und sein namibischer Amtskollege Hage Geingob verstehen nicht, worum es geht, wenn wir, die Betroffenen, die Wiederherstellung unserer Würde als von der Erinnerung und den Narben der Verbrechen gezeichnete Völker einfordern. Wiederherstellung unserer Würde heißt Entschädigung für unser gestohlenes Land und Rekonstruktion der dem Völkermord zum Opfer gefallenen soziokulturellen und ökonomischen Aspekte unserer Gesellschaften.

Wie Wieczorek-Zeul in ihrer Rede richtig sagte, wurden unsere Ahnen ihres Landes beraubt, Frauen wurden in die sexuelle Sklaverei gezwungen, Menschen wurden wahllos getötet, in Konzentrationslagern interniert und zur Sklavenarbeit beim Bau von Eisenbahnen, Hafenkais in Swakopmund und Gebäuden in ganz Namibia gezwungen.

Quelle       :       TAZ         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —       Heiko Maas, Mitglied des Deutschen Bundestages, während einer Plenarsitzung am 11. April 2019 in Berlin.

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Unten        —         Prisoners from the Herero and Nama tribes during the 1904-1908 war against Germany.

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