DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

Eine falsche Alternative:

Erstellt von Redaktion am Samstag 30. Dezember 2017

Ein paar Überlegungen zur ‚Zukunftsfähigkeit‘ der ‚Linken‘

Bildergebnis für Wikimedia Commons Bilder Ruben Neugebauer sea watch

Quelle: scharf – links

Von systemcrash

Eine falsche Alternative: Orientierung auf das ‚urbane Milieu‘ oder illusionäre Rückkehr zum bürgerlich-keynesianischen Sozial- und Nationalstaat. 

In letzter Zeit häufen sich die Berichte und Artikel über ‚innerlinke‘ Grabenkämpfe. Wobei ich unter ‚Linke‘ ganz bewusst nicht nur die Partei gleichen Namens verstehe.

Die Debatte um Ken Jebsen hat eigentlich, unabhängig von den inhaltlichen Fragen, mehr den erbärmlichen Zustand dieser Linken selbst offenbart, als dass sie irgendwelche Klärungsprozesse vorangetrieben hätte.

Im Kern scheint es mir bei den Grabenkämpfen um die Fragen zu gehen, die mit Globalisierung, Klassen- und Identitätspolitik zusammenhängen. Da dies ein recht weites Feld ist, beanspruche ich mit meinen Artikel nicht mehr als eine Sichtung der eigenen Orientierung und (wenn es sehr gut läuft) einen Anstoss zu einer Debatte zu geben.

Was bedeutet eigentlich ‚links‘? 

Da ich hier keine langweilige Geschichte der linken Fraktionierungen schreiben will (das würde nur die hinterletzten Sektologen interessieren), versuche ich mich mal an einer ‚Minimaldefinition‘ zu reiben, die ich in einem Artikel im FREITAG gefunden habe:

Die kürzeste Definition stammt wohl von Karl Marx. Es gehe darum, wie der junge Marx in seinem wahrscheinlich meistzitierten Halbsatz schreibt, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“. Anders gesagt: Die Koordinaten linker Politik sind Gleichheit und Freiheit. Gleichheit im engeren ökonomischen Sinne als gleiche Teilhabe aller am Reichtum einer Gesellschaft, Freiheit im Sinne der freien Entfaltung, und beide gedacht als sich wechselseitig bedingend.“

In dieser Abstraktheit würde ich dies sogar als brauchbare Arbeitsdefinition anerkennen. Aber wie heisst es so schön: die Wahrheit ist konkret und der Teufel steckt im Detail. Und diese ‚Volksweisheiten‘ bestätigen sich auch bei dieser ‚Definition‘ von ‚links‘.

Selbst ohne tiefer in die Problematik einzusteigen sollte doch schon alleine auffallen, dass die Begriffe ‚Gleichheit‘ und ‚Freiheit‘ Kampfparolen der bürgerlichen Revolutionen sind. Auch wenn die Arbeiterbewegung sich mit einem gewissen Recht auf die Tradition der bürgerlichen Emanzipation berufen konnte (und auch noch kann), so bedeutet dies doch noch lange nicht, dass die verwendeten Begriffe auch die selben Inhalte haben (können).

Gleichheit ist die juristisch-abstrakte Gleichheit aller Warenbesitzer (und sei es der ‚Besitz‘ an der eigenen Arbeitskraft. Wobei hier der Begriff ‚Besitz‘ allerdings unscharf wird und mehr metaphorisch verwendet ist).

Freiheit ist die Freiheit, mit seinen Waren tun und lassen zu können, was man will. Im Kern reduziert sie sich also auf Handels- und Vertragsfreiheit.

Das Alles sind keine Kleinigkeiten, sondern im Gegenteil grossartige Errungenschaften der menschlichen Evolution zum Fortschritt. Nur, mit einer de facto ‚Freiheit und Gleichheit‘ hat dies nun aber rein gar nichts zu tun. Bestenfalls könnte man sagen, wenn man einen gewissen Hang zu geschichtsphilosophischen Betrachtungen hat, dass die bürgerliche Emanzipation eine Voraussetzung für die proletarische (und damit menschliche) darstellt. Aber selbst dies ist unter linken schon lange kein Konsens (mehr).

Aus marxistischer Sicht müsste man also sagen, dass Freiheit und Gleichheit sich nur dann verwirklichen können, wenn es zu einem geschichtlichen ‚Bruch‘ [1]mit der der Gesamtheit der bürgerlichen Verkehrsverhältnisse kommt (dieser Begriff ist ein bissl weitgehender als der engere — tendenziell ökonomistische — Begriff der Produktionsweise).

Notwendige Fraktionierungen

Aber genau an dieser Stelle wird auch klar, dass es keine ‚Einheit‘ der ‚Gesamtlinken‘ geben kann (und wird). Denn sowohl der ‚Bruch mit dem bürgerlichen Staat‘ als auch die ‚Kollektivwirtschaft‘ sind keine allgemein-linken Konsenspositionen; sondern — ganz im Gegenteil! — Positionen von kleinen, marginalen Minderheitsströmungen.

Die Dreiteilung der linken in ‚Reformisten‘, ‚Gradualisten‘ und ‚Revolutionäre‘ (auch wenn sie im Einzelfall zu grob sein mag) hat also weiterhin ihre volle Berechtigung.

Aber selbst wenn es darum ginge, nur innerhalb der selbsternannten ‚Revolutionäre‘ zu einer programmatischen Annäherung zu gelangen, stände man schon von Herkules-Aufgaben.

Probleme einer ‚revolutionären‘ Strategiebestimmung im ‚postmodernen‘ Kapitalismus

Im Unterschied zum Frühkapitalismus und Fordismus bedeutet die ’soziale Frage‘ in der ‚Postmoderne‘ nicht mehr allein die ‚Verteilungsgerechtigkeit‘ [innerhalb von sozialen Klassen], sondern hat sich aufgespalten in eine Diversität von Interessenkonflikten, die sich nicht notwendig aufeinander zu bewegen.

Im oben ziterten FREITAG-artikel heisst es weiter:

Wer diesen Minimalkonsens [der Bezug auf Freiheit und Gerechtigkeit, anm. systemcrash] anerkennt, kann linke Politik nicht mehr in „ökonomische“ und „kulturelle“ Fragen teilen. Sind nicht Obdachlose und prekär Beschäftigte im neoliberalen Produktionswahn wie Schwule und Lesben in einer homophoben Atmosphäre wie Frauen im Patriarchat wie Eingewanderte in einer strukturell rassistischen Gesellschaft – wenn auch jeweils spezifisch – alle verlassen und verachtet?

Obwohl der Hinweis darauf, dass die Trennung von ‚Ökonomie‘ und ‚Kultur‘ ungerechtfertigt ist,  richtig ist, liegen die Dinge dann doch nicht ganz so einfach; insbesondere dann, wenn man daraus eine tragfähige ‚politische Handlungslinie‘ herausdestillieren will.

Beim ‚Prekariat‘ könnte man sich noch realativ einfach darauf einigen, dass auch dieses unter dem Oberbegriff der ‚Klassenpolitik‘ gefasst werden könnte. Obwohl es auch da schnell zu der Einsicht kömmen würde, dass Prekariat und ‚Kernbelegschaften‘ nicht unbedingt die gleichen Interessen haben müssen. Und dass die Politik der DGB-Gewerkschaften in irgendeiner Weise für Prekäre interessant wäre, kann man auch nicht gerade behaupten. Im Prinzip ist also mit dem Begriff ‚Klassenpolitik‘ alleine noch nichts gewonnen.

Und was die Probleme und Interessen von ’Schwulen und Lesben‘ mit ‚Klassenpolitik‘ zu tun haben sollen – ehrlich, da fällt mir wirklich keine Antwort zu ein. Ausser in dem ganz abstrakten Sinne, dass linke gegen jegliche Form von ‚Unterdrückung‘ aufbegehren sollen (Lenin bezeichnete dies als die Funktion eines Volkstribuns).

Und last but not least das ‚Patriarchat‘. Auch wenn sicher viele Frauen auch gleichzeitig Arbeitskraftverkäufer sind, so lässt sich die ‚Frauenfrage‘ (ein antiquierter marxistischer Begriff) nicht aus dem Kapitalverhältnis und der Klassenfrage ableiten und schon gar nicht darauf reduzieren. Überhaupt scheint es mir äusserst fraglich zu sein, die ‚Frauenfrage‘ auf einer rein‚politischen‘ Ebene angehen zu wollen. Vielmehr würde sie es erforderlich machen, die Trennung von ‚privat‘ und ‚gesellschaftlich‘ selbst zur Disposition zu stellen (ohne damit notwendige Abgrenzungsmassnahmen auszuschliessen).

Ist Klassenpolitik eine Form von Identitätspolitik? 

Eine schwierige Frage! Die Traditionslinke sagt Ja, die Pomo [postmoderne]- linke sagt Nein und die kritische linke haucht ein entschiedenes Jein heraus. Aber irgendwie kann mich nichts davon richtig überzeugen.

Gehen wir zurück zum Urschleim. In der bürgerlichen Gesellschaft gibt es zwei wesentliche Arten der ökonomischen Reproduktion: man kann ein Besitzer von Produktionsmitteln sein oder man verkauft seine Arbeitskraft. Die Produktionsmittelbesitzer bezeichnet man als Bürgertum (dass auch alle Staatsangehörigen als ‚Bürger‘ bezeichnet werden, ist sprach- und ideologiekritisch ziemlich interessant) und die Verkäufer der Arbeitskraft sind die Arbeiter. Nach Marx ist das wesentliche Kennzeichen der Arbeiter, dass sie ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Das heisst, sie können sich zwar bis zu einem gewissen Grad aussuchen, wem sie ihre Arbeitskraft verkaufen ‚wollen‘, aber nicht, dass sie sie verkaufen ‚wollen‘.

Diese von Marx (leicht zynisch) als „doppelte Freiheit“ (frei von Produktionsmitteln, frei, seine Arbeitskraft zu verkaufen) bezeichnete ‚Freiheit‘ bedeutet also im Kern nichts anderes, dass man, um zu überleben, sich zwar einen Kapitalisten (oder eine Kapitalgesellschaft) aussuchen kann, aber dem Kapitalverhältnis als solchem kann man nicht entrinnen.

Zwar ist der Kapitalist auch den Zwängen der kapitalistischen Konkurrenz ausgesetzt, aber letztlich profitiert er (im wahrsten Sinne) von dieser Situation und kann sich daher mit ihr identifizieren. Der Arbeiter hingegen befindet sich in einer Zwangslage und muss dementsprechend dem konkreten Inhalt seiner [Lohn]Arbeit (die ja immerhin einen erheblichen Teil seines Lebensausdrucks darstellt) gegenüber eine gewisse Gleichgültigkeit entwickeln (Entfremdung). Schliesslich kann er ja schon morgen arbeitslos sein und er braucht ja ’nur‘ den Lohn, um existieren zu können. Was der Kapitalist mit seinen Arbeitsprodukten anstellt, kann ihm egal sein. (Hier deutet sich bereits an, dass der ‚Arbeiterstandpunkt‘ auch eine gewisse Borniertheit impliziert, da er den ökonomischen Gesamtzusammenhag ausser Acht lässt).

Man sieht schon aus dieser Beschreibung, dass die soziale Lage des Arbeiters eigentlich wenig Grund bietet, auf irgendwas ’stolz‘ zu sein, da das (Arbeits)Leben mehr oder weniger was Erzwungenes (was man sich nicht selbst ausgesucht hat) ist und man sich daher kaum damit identifizieren kann. Zwar hat sich in handwerklichen Gewerbebereichen ein gewisser Produktionsstolz erhalten, aber in den ganzen Sektoren der Vollautomatisierung und im Dienstleistungsbereich wird im Prinzip Dienst nach Vorschrift (so möglich!) geschoben und das einzige Ziel des Tages ist der heiss ersehnte Feierabend (warum heisst der wohl FEIERabend?). – Bis am nächsten Tag die gleiche Scheisse wieder von vorn beginnt.

Man kann sich vorstellen, dass so ein Arbeitsleben tagaus-tagein auch Auswirkungen auf die Psyche hat. Eine Abstumpfung ist dabei eine notwendige Selbstschutzmassnahme, wenn man nicht völlig vor die Hunde gehen will.

Tatsächlich hat die frühe Arbeiterbewegung auch versucht, den Arbeitern einen gewissen Ausgleich zu dieser Fabrikdiszplinierung zu verschaffen. Mit Bildung, Sport und Kultur sollte den Arbeitern ein weiterer Horizont verschafft werden. Dies war auch durchaus notwendig, um auch in den ökonomischen Kämpfen bestehen zu können. Die frühe Arbeiterbewegung hatte also durchaus verstanden, dass es nicht nur um Brot und Butter geht, sondern auch um Bildung, Kultur und Geist.

Aber in dem Augenblick, wo sich der Arbeiter über sein ‚Arbeiter-sein‘ hinaushebt, handelt er nicht mehr als ‚Arbeiter‘, sondern als Intellektueller [2]. Also auch hier bleibt nicht viel Raum für ‚proletarische‘ Identität. (der Reformismus und insbesondere die Gewerkschaften sind da der Gegenpol, da sie versucht haben und versuchen, der Arbeiterschaft quasi einen ‚legitimen‘ Platz innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft zu verschaffen. Das Ergebnis war und ist die Politik der ’Sozialpartnerschaft‘, des [fragilen] Klassenkompromisses. – ja, in letzter Instanz beruht sogar die faschistische ‚Volksgemeinschaft‘ auf dieser Denkfigur).

Letztlich geht es also in der Arbeiterbewgung nicht um eine Kultivierung einer proletarischen Identität (oder gar einer eigenständigen ‚proletarischen‘ Kultur), sondern um die (Selbst)Aufhebung ihrer Existenz als Klasse.

Aber dies ist ein recht abstrakter Standpunkt. Menschen brauchen ‚Dinge‘, mit denen sie sich identifizieren können, auf die sie stolz sein können; für die es sich zu leben lohnt. Menschen nur auf eine strahlende Zukunft zu vertrösten und im Grunde die eigene Gegenwart eigentlich unerträglich zu finden ist ein Zustand, den man nicht lange aufrechterhalten kann. Daher war und ist die Basis der revolutionären Strömungen immer ein Bildungs-Kleinbürgertum, während die Arbeiter selbst eher dem Reformismus (und zum teil dem Gradualismus) zuneigen. In Krisensituationen können sie auch leicht und in gewissen Schichten zu rechtspopulistischen und faschistischen Tendenzen hingezogen werden.

Kleiner Exkurs über Globalisierung, Nationalstaat und Migration

in einem anderen FREITAG-artikel über den Trost des Nationalismus heisst es:

Auf der anderen Seite entsteht ebenfalls eine Klasse, ein „transnationales Unten“. Hier finden sich Geringverdiener aus unterschiedlichen Weltregionen, gering- und dequalifizierte einheimische Arbeitnehmer und Migranten aus Zweitwelt- und Drittweltstaaten als modernes transnationales Dienstleistungsproletariat wieder. Für die einheimischen Arbeitnehmer entstehen daraus gravierende Nachteile, weil ihre Löhne an die niedrigeren internationalen Maßstäbe angeglichen werden. Für sie existiert die „soziale Rolltreppe“ in die Mittelschicht nun nicht mehr, da sie als Arbeitnehmer innerhalb eines transnationalen Wirtschaftsraums faktisch nicht mehr unter dem Dach ihrer heimischen Volkswirtschaft angesiedelt sind, selbst wenn sie als Staatsbürger über alle politischen Rechte verfügen. Die Herausbildung des transnationalen Unten wird durch zwei komplementäre Prozesse vorangetrieben: durch die Verlagerung von Unternehmen in sogenannte Niedriglohnländer und durch Arbeitsmigranten aus ärmeren Ländern, welche die gleiche Arbeit günstiger anbieten. Die polnische Altenpflegerin, der Wachschützer aus Sri Lanka und die Haushaltshilfe aus Mexiko machen den einheimischen Arbeitnehmern Konkurrenz.“

Lassen wir mal dahingestellt, ob diese Analyse so im Detail auch stimmt, so kann man sich aber sicherlich so weit darauf einlassen, dass die wachsende ‚rechtspopulistische‘ Stimmung nicht nur als ‚irrational‘ angesehen werden kann. (auch der Wagenknecht/Lafontaine-Flügel der PDL argumentiert auf dieser Schiene).

Wir Politiker saufen Sekt und fressen Kaviar – Wofür auch der Niedriglöhner zahlt !

Und tatsächlich muss man auch sagen, dass, solange eine ’sozialistische Transformation‘ Lichtjahre von realen Möglichkeiten entfernt liegt, die nationalen Arbeiterklassen (denn die nationalstaatliche Bindung wird ja nicht vollends von der Globalisierung aufgehoben) nicht unbedingt ein interesse daran haben, „offene Grenzen“ zu fordern. Dies ist dann wirklich eher eine ’neoliberale‘ Forderung, die von Teilen des linksintellektuellen, urbanen Milieus [3] übernommen wird und auch gut zu ihrem ‚postmodernen‚ lifestyle passt. Aber mit der (Lebens)Wirklichkeit der Lohnabhängigen hat dies wahrlich weniger zu tun. Und so führt diese Politik des ‚linksintellektuellen Neoliberalismus‘ sogar dazu, dem Rechtpopulismus Aufwind zu verschaffen.

Auf der anderen Seite wäre es aber grundfalsch, am Nationalismus von ‚links‘ anknüpfen zu wollen (wie dies in diversen Querfrontorganen diskutiert wird). Der Internationalismus muss weiter ein unabdingbares linkes Essential sein. Aber dies darf nicht dazu führen, ökonomische und politische Zwänge und Kräfteverhältnisse zu leugnen (daran ist nichts ‚revolutionäres‘, eher was infantiles). Die Forderung nach „offenen Grenzen“ wirkt eher als ‚linksradikales‘ Eigentor.

Leider ist man als linker Internationalist heutzutage nicht mehrheitsfähig. Ob man es jemals sein wird, ist nicht absehbar. Aber wenn es nicht mal gelingt, sich auf eine Handvoll als wesentlich erkannter Punkte zu verständigen, dann muss man es klar aussprechen: die ‚radikale linke‘ ist nicht zukunftsfähig.

Resume

Wer von der Revolution nicht sprechen will, sollte von Antikapitalismus und wahrer Gerechtigkeit besser schweigen.

Zum Weiterlesen:

Etatismus der Linkspartei (TREND online)

SPD: Reparaturbetrieb des Neoliberalismus (Süddeutsche)

Zwei unvereinbare Tendenzen in der Linkspartei (Heise)

Der Trost des Nationalismus (FREITAG)

[1] Was genau unter ‚Bruch‘ zu verstehen ist, scheint mir nicht eindeutig zu sein. Zum einen gehört sicher die ‚Zerbrechung‘ des bürgerliches Staates dazu und seine Ersetzung durch Räte-Strukturen. Aber das ist als Definition zu wenig. Es muss auch ein ‚kulturrevolutionärer‘ Prozess einsetzen (neben der ‚Kollektivierung‘ der Produktionsmittel), der zu einer Überwindung des Wertgesetzes als solchem führt. Dies ist ein viel komplexerer Prozess als formaljuristische Änderungen von Eigentumsformen, dessen Rahmenbedingungen nicht einmal ansatzweise diskutiert werden. Im übrigen sei zum Begriff ‚Kollektivierung‘ noch angemerkt, dass dieser auch eine reale Verfügungsgewalt und Aneignung (einschliesslich im kulturell-intellektuellen Sinne) beinhalten muss.

[2] Lenin schreibt in WAS TUN:

Dies heißt selbstverständlich nicht, daß die Arbeiter an dieser Ausarbeitung [der sozialistischen Theorie, anm. systemcrash] nicht teilnehmen. Aber sie nahmen daran nicht als Arbeiter teil, sondern als Theoretiker des Sozialismus, als die Proudhon und Weitling, mit anderen Worten, sie nehmen nur dann und soweit daran teil, als es ihnen in höherem oder geringerem Maße gelingt, sich das Wissen ihres Zeitalters anzueignen und dieses Wissen zu bereichern. Damit aber den Arbeitern dieses häufiger gelinge, ist es notwendig, alles zu tun, um das Niveau der Bewußtheit der Arbeiter im allgemeinen zu haben; ist es notwendig, daß die Arbeiter sich nicht in dem künstlich eingeengten Rahmen einer „Literatur für Arbeiter„ abschließen, sondern daß sie es immer mehr lernen, sich die allgemeine Literatur zu eigen zu machen. Es wäre sogar richtiger, anstatt „sich nicht abschließen“ zu sagen: nicht abgeschlossen werden, dann die Arbeiter selbst lesen alles und wollen alles lesen, auch das, was für die Intelligenz geschrieben wird, und nur einige (schlechte) Intellektuelle glauben, „für Arbeiter“ genüge es, wann man ihnen von den Zuständen in der Fabrik erzählt und langst bekannte Dinge wiederkäut.

[3] in einem artikel im CICERO (19.10.2017) über den Konflikt zwischen Kipping und Wagenknecht heisst es:

In dem Brief an die Fraktion schrieb Wagenknecht, derzeit lese sie besonders in der parteinahen Tageszeitung Neues Deutschland „fast täglich Artikel von engen politischen Vertrauten der Parteivorsitzenden Kipping, die mich ‚halb-rechter‘, ‚AfD-naher‘ oder gar ‚rassistischer‘ und ‚nationalsozialer‘ Positionen bezichtigen. (..) Wenn jeder, der die Position ‚offene Grenzen für alle Menschen jetzt sofort‘ nicht teilt, unter Generalverdacht gestellt wird, ein Rassist und halber Nazi zu sein, ist eine sachliche Diskussion über eine vernünftige strategische Ausrichtung nicht mehr führbar.“ Wenige Stunden nach der Fraktionsklausur keilte Kipping im ARD-Morgenmagazin zurück. Wagenknecht habe sich „unsouverän“ verhalten. Außerdem habe sich die Partei in einem „demokratischen Prozess“ darauf verständigt, nicht nur das Recht auf Asyl (das auch Wagenknecht nicht in Frage stellt), sondern auch die „Bewegungsfreiheit“ für alle Menschen zu verteidigen. Sie erwarte daher auch von der Fraktionsvorsitzenden, dies mitzutragen.“

Aber „Bewegungsfreiheit“ zu fordern, ohne dies an die Aufhebung der ‚ökonomischen Ungleichheit‘ zu knüpfen ist tatsächlich purer ’Neoliberalismus‘. Auch wenn dieser mit ein paar reformistischen Positionsrosinen ‚versüsst‘ werden soll. Aber insgesamt scheint dieses Konzept bei der PDL nur noch schwer durchzuhalten zu sein. Die wachsenden innerparteilichen Konflikte zeugen davon. Dabei geht es um viel mehr als nur um bestimmte Personen und ihre ‚Köpfe‘. Es geht um die (Wieder)Gewinnung einer Strategie, die das Beiwort ‚revolutionär‘ auch wirklich verdient.

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Grafikquellen     :

Oben   —   Der Schrei / The Scream, undated drawing Edvard Munch, Bergen Kunstmuseum

Edvard Munch Eigenes Werk

  • GemeinfreiHinweise zur Weiternutzung
  • File:‚The Scream‘, undated drawing Edvard Munch, Bergen Kunstmuseum.JPG
  • Erstellt: undated

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Unten   —     Das sozialistische Luxuspärchen als Dauerschwadroneure

Blogsport  / Ein ganzes Leben wie Göttin und Gott in Frankreich  – und andere Arbeiten lassen :

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