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Doktor Lammert hat abgeschrieben

Erstellt von Redaktion am Montag 5. August 2013

Das Mantra vom unvermeidbaren Parteienstaat

Bin nicht der Dr. Eisenbarth

Autor: U. Gellermann

Rationalgalerie

Datum: 05. August 2013

Ein einziges gedrucktes Kaufexemplar von Norbert Lammerts Doktorarbeit aus dem Jahr 1974 war vor ein paar Tagen noch für 99 Pfund in England zu erhalten: Plagiatsvorwürfe treiben die Preise, das müsste den Verfechter marktwirtschaftlicher Ordnung, den Bundestagspräsidenten Lammert, eigentlich freuen. Uneigentlich wird ihm der Run auf seine Doktorarbeit nicht gefallen können. Immerhin hat er sie – in einer kaum lesbaren Fassung – ins Netz gestellt und so die Auseinandersetzung um das was der damals 26-jährige Lammert so dachte, ermöglicht. Ob Lammert bei diesem oder jenem Parteienforscher abgeschrieben hat, ist unerheblich. Erheblich bleibt die Lammert‘ sche Wiederholung der These, dass die repräsentative Demokratie die einzig denkbare Form der Herrschaftsausübung sei.

Das Jahr 1974 war in der alten Bundesrepublik durch Großereignisse wie den Rücktritt Willy Brandts und den Hungerstreik der RAF-Gefangenen geprägt, Richard Nixon trat zurück und „Deutschland“ wurde Fußballweltmeister. Doch neben den scheinbar bedeutenden Ereignissen – wer weiß noch, dass die deutsche Mannschaft im WM-Finale die Holländer schlug – betrat eine neue gesellschaftliche Bewegung die politische Bühne: Die Initiativen von unten, die neue sozialen Bewegung. Ob die zumeist jungen Westdeutschen private Kindergärten gründeten weil die Kommunen sich in dieser Frage als unfähig erwiesen, oder ob sie in großen Bürgerbewegungen gegen den Bau von Atomkraftwerken protestierten, sie trauten den Parteien nicht mehr und wollten zunehmend die politische Willensbildung selbst in die Hand nehmen. Auch wenn die alternative Bewegung inzwischen zur grünen Partei geronnen ist, bleibt der Ansatz der Selbstermächtigung der Bürger lebendig.

Der CDU-Apparatschik Lammert – im Jahr seiner Doktorarbeit war er bereits zehn Jahre in der Jungen Union, acht Jahre in der CDU und ein Jahr nach Abgabe der Arbeit sollte er in Bochum CDU-Ratsherr werden – war zutiefst erschrocken: „Die viel beachteten Bürgerinitiativen“, schreibt der Stipendiat des katholischen Cusanuswerkes, „signalisieren nicht nur Unzufriedenheit mit der Bürokratie, sondern enthüllen auch Schwächen der Parteien“. Der junge Funktionär stellt ein „Funktionsdefizit“ seiner Partei fest und macht sich daran, dieses Defizit zu beheben. Aber vor möglichen Änderungen der CDU-Strukturen will er doch eines festhalten: „Die Demokratie ist notwendig und unvermeidbar ein Parteienstaat“, zitiert er zustimmend und blockiert so jede Denkalternative.

Zwar stösst Lammert bei seiner Recherche auf eine ältere Arbeit des Parteienforsches Robert Michels und dessen „Ehernes Gesetz der Oligarchie“, ein Gesetz das er mit der Entwicklung von Hierarchie und Macht in Parteien belegte. Doch bevor Lammert auch die CDU-Obrigkeit als Oligarchie begreifen mag, scheut er zurück und notiert, dass Michels Versuche, seine These zu verifizieren, völlig unzureichend seien. – Oligarchie, also die Herrschaft weniger, könnte der „zweite Mann“ im Staat gerade heute in ziemlich reiner Form beobachten: In der politischen Hierarchie der Bundesrepublik kommt erstmal Merkel und dann lange gar nichts, und vor die Merkel hat der liebe Gott die Finanzwirtschaft gesetzt.

Seinerzeit glaubte Lammert, dass die politische Meinungsbildung nur innerhalb der Parteien stattfände. Das war natürlich schon damals falsch: Längst hatte sich in den 70er Jahren eine Mediokratie herausgebildet, die, von wenigen Konzernen gesteuert, wesentliche Teile der Meinungsbildung prägte und bis heute monopolisiert. Immerhin war dem jungen Lammert noch sichtbar, dass es eine „zunehmende Verfilzung der Parteien mit dem staatlichen Herrschaftssystem“ gab. Falls der alte Lammert das heute immer noch so sieht, äußert er es lieber nicht: Man hat ja noch Ambitionen und gut dotierte Posten gibt es auch nach der Rente.

Der Bundestagspräsident gilt als Intellektueller in der CDU, einer, der schon mal der Bundeskanzlerin widerspricht und eine eigene Meinung hat. Diese gepflegte Attitüde hat bei ihm immer einen Stich ins Elitäre und das ist bereits in seiner Doktorarbeit zu lesen. Sorgen machte sich der Nachwuchsfunktionär damals über zu hohe Partei-Mitgliederzahlen. Denn zu viele Mitglieder könnten mit ihrer Meinungsvielfalt die Funktionsfähigkeit der Partei beeinträchtigen. Diese Meinungsvielfalt treibt ihn auch um, wenn er über die zunehmende Differenzierung von Lebensformen in den Kommunen schreibt und zu der sonderbaren Erkenntnis gelangt: „Nur der Vollzug von Politik lässt die diffuse soziale Wirklichkeit (der) Gemeinde zu einer geschlossenen politischen Einheit werden“. Damit hat er versehentlich und verkehrt Bewegungen wie jene um „Stuttgart 21“ vorausgeahnt. Um den Bahnhof herum hat sich, als die Politik Vollzug melden wollte, eine ziemlich geschlossene Einheit von Bürgern gegen die offizielle Politik gefunden. Eine solche Entwicklung kann für Lammert natürlich nicht „ernsthaft“ in Betracht kommen: „Auf diese Weise würde das eine Übel durch ein anderes, vielleicht noch ärgeres ersetzt.“ Lammert schrieb das ab, was schon immer von interessierter Seite zum Erhalt des Parteienstaates argumentiert wurde.

Das noch Ärgere für den Parteifunktionär ist, wenn die Menschen selbst Politik machen, wenn sie es satt haben, dass andere in ihrem Namen über ihren Kopf entscheiden, wenn sie die irgendwann abgegebene Stimme zurück haben wollen. Als Lammert seine Doktorarbeit einreichte, lag die Nichtwähler-Quote unter zehn Prozent. Bei den letzten Bundestagswahlen hat sie die Rekordmarke von 30 Prozent erreicht. Der Parlamentarismus Lammert‘ scher Prägung ist nicht durch Kosmetik zu verbessern. Der Parteienstaat ist obsolet und vermeidbar: Wenn sich die da unten rühren.

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10 Kommentare zu “Doktor Lammert hat abgeschrieben”

  1. Pimpf sagt:

    Warum schreibt man ab? Lernt man nicht an der Uni, dass in Arbeiten, wie Diplom oder Doktor nur Zitate verwendet werden können und stets die eigene Nachforschung und die eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Textfassung geschrieben werden dürfen. Es gibt doch genaue Richtlinien und Gesetze?
    Mir scheint aber nach diesen gesamten Vorkommnissen, dass die Prüfung der Arbeiten zu lasch behandelt wird.
    Mir scheint aber auch, dass die Schreiber der Arbeiten das Problem zu oberflächlich sahen, nur um ihren Titel zu bekommen. Gibt es in der Politikwissenschaft nicht genug Stoff, wo Analysen zeigen könnten, dass man nicht abschreiben muss?
    Der Wert der eigenen Arbeit macht doch erst die Sache interessant. Einen Titel kann ich mir heute kaufen und was die Gesellschaft davon, nichts und das ist nicht der Sinn der Sache. Blamabel bleibt es allemal, wenn entdeckt wird, es wurde abgeschrieben.

  2. pontius pilatus sagt:

    In all den Fällen, in denen prominente Politiker abgeschrieben haben, frage ich mich, warum wird nichts gegen die Doktorväter unternommen? Die gehören nach Hause geschickt bzw. die Pension müsste gekürzt werden.
    Letztlich kommt die Frage auf: Wie werden Doktorarbeiten eigentlich korrigiert und wie gründlich werden sie gelesen, dass gravierende Betrügereien und grobe handwerkliche Schnitzer nicht auffallen?
    Oder wird gar so manches Auge zugedrückt, damit der Lehrstuhl nicht gefährdet ist bzw. das Image nicht durch eine zu hohe Durchfallquote gefährdet wird? Haben Profs Angst, dass sie keinen billigen Mitarbeiter mehr bekommen, wenn sie erst mal den Ruf eines scharfen Hundes haben? Fürchten sie den Entzug von Fördermitteln? Was läuft da eigentlich ab?

  3. Ingo Engbert sagt:

    Hier geht es um Politik und da zählt letztendlich nur das richtige Parteibuch. Gleiches gilt auch für die Vergabe bei den Ämtern. So Weise und Alt kann der normale Bürger gar nicht werden um bei der ARGE einen solchen Job zu bekommen. Aber so ist das: Solange der Bürger alles schluckt geht das immer so weiter. Habe ich in den letzten Tagen schon einmal geschrieben: In der Politik geben politische Hilfarbeiter die Richtung vor. Die Ergebnisse sehen wir tagtäglich.

  4. ichgreifmirandenkopf sagt:

    Das sieht man bei Künast, die einmal in der Woche einen vegetarischen Tag für Kantinen fordert.
    Es geht immer nur um Politik, egal, welcher Käse uns serviert wird. Das soll dann auch noch von Klugheit zeugen. Wenn man dann noch einen Doktortitel hat, dann soll das Volk vor Ehrfurcht erstarren.

  5. UP. sagt:

    Was macht die Künast? Einen vegetarischen Tag für Kantinen verlangen??? Da habe ich wohl etwas verpasst!

    Ja – ist diese Frau denn noch ganz sauber???

    Eines Tages kommt die noch auf die Idee, Vorschläge für die Verwendung von Toilettenpapier zu machen: Einlagig recycelt aus Zeitungspapier. In was mischen sich diese Typen denn noch ein??? Grüne Arschlöcher können damit abgewischt werden – ich verwende, so lange ich es mir leisten kann, mindestens 3-lagige Ware, und flauschig weich.

    Menschenskinder – vegetarischer Tag – was soll denn dieser Mist???

  6. Opa Fielmann sagt:

    …wer sich bei Außentemperaturen von über 30° zu lange in der Sonne aufhält und dabei noch zu wenig trinkt, beginnt nach kurzer Zeit zu spinnen (s. Schnutenverzieherin Künast)

  7. bertablocker sagt:

    Für diesen geistigen Dünnsch… wird die Frau bezahlt; von unseren Steuergeldern.
    Wäre sie doch nur Model *) geworden. Und soll sie doch mal den Vorschlag in ihrer Bundestags-Kantine – sorry: Kasino – machen. Das Anbieten von vegetarischer Kost ist allerdings etwas anderes als anderen ein derartiges Essen zu diktieren. Aber die hält es vielleicht so damit wie Cohn-Bendit [runter-rollen] und am Ende wird nur noch Gras gegessen.

    Wobei die grüne Zitatensammlung auch etwas hergibt! Der Grünosse Cem Öz., der mal mit Bonusmeilen rumgespielt hatte – auch schon vergessen! – berät in diesem Zusammenhang sogar die türkische Regierung.
    ___________________
    *) Und die Roth auch. Für Übergrössen.
    Die ist sicher so fett, kann man das so
    nennen (?), geworden von Blumenkohl
    und Erbsen&Möhren.

  8. Speckmobbes sagt:

    Erbsen blähen auf 😀

  9. SchmidtchenSchleicher sagt:

    Könnte sich mal jemand mit der Doktorarbeit von Prof. Dr. Bierbaum beschäftigen?

  10. pontius pilatus sagt:

    Die Grünen sollen einmal zuerst dafür sorgen, dass überhaupt etwas vernünftiges in Schulkantinen, Pflegeheimen und Krankenhäusern aufs Tablett kommt. Was Schüler, Kranke und Senioren dort täglich serviert bekommen, ist nicht immer das Gelbe vom Ei. In vielen öffentlichen Kantinen sieht es nicht anders aus und Vegetarier haben es noch schwieriger. Wenn dort überall täglich zwei gute Fleischgerichte und ein gutes Gemüsegericht angeboten werden würde,
    von vernünftiger Qualität und möglichst noch regionale Produkte zum Einsatz kämen, statt diese häufig aufgewärmte Fertigpampe, wäre vielen geholfen. Stattdessen wollen sie einen Veggie-Day in der Woche für alle.
    Was soll diese Bevormundung? Wer sich gesund ernähren will, macht eh meist einen Bogen um Kantinen und kocht häufig selbst.

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