DIE * WOCHE
Erstellt von Redaktion am Montag 16. September 2019
Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Kolumne von Friedrich Küppersbusch
SPD, „Viagra offroad“ und von der Leyen. Warum das „SU“ in SUV für Sowjetunion steht, Trump eine Lusche ist und sich E-Scooter-Fahrer in Dortmund nicht mehr ausloggen können.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: „Menschheitsherausforderung“ – „Kraftakt“: Beim Thema Klima radikalisiert sich Merkel zusehends.
Und was wird besser in dieser?
Merkel und Özdemir – wäre noch mal ein Duo für die SPD.
Die Menschen haben einen neuen Feind. Er ist groß, fährt auf vier Reifen und hört auf den Namen SUV. Wie sollen wir mit dieser vermeintlichen Bedrohung umgehen?
Unser Haupt neigen vor der Weisheit der KPdSU. 1970 besuchte der sowjetische Ministerpräsident Alexei Kossygin die AvtoVAZ-Werke in Togliatti. „Für unsere Dorfbevölkerung“ möge der „Shiguli“, ein Fiat-Nachbau, doch bitte Allrad und hohe Beine bekommen. Die aufgebockte Geländelimousine bekam den Typnamen „Lada Niva“ und lieferte die Folie für alle modernen SUVs – wobei „SU“ natürlich für Sowjetunion steht.
Als „Lada 4×4“ wurde der trutzige Rollschrank ein keuscher Exportschlager – getreu Lenins Wort „Wir müssen den Kapitalisten nur genug Stricke liefern, und sie werden sich selbst aufhängen“. Klappt. 3,1 Millionen davon fahren heute in Deutschland, dieses Jahr soll erstmals eine komplette Mio neuer SUVs hinzukommen. Der kommerzielle Durchbruch gelang dem Fahrzeugkonzept mit dem Toyota RAV4 und seinem TV-Spot 2002, in dem der Knabe dem Vater zum Fahrstil gratuliert : „Toll, Papa, Mutti hätte bestimmt gekotzt!“ Spricht für ein Sondermodell „Viagra offroad“.
Die zukünftige EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich ein neues Fachressort ausgedacht: „Schutz des europäischen Lebensstils“. Was bitte schön ist das denn jetzt schon wieder?
Ein Unfall. Und je länger man drüber nachdenkt, desto klaffender bildet sich im Hirn eine tadellose Rettungsgasse. Links: von der Leyens Lesart, im bisherigen Ressort für Migrations- und Asylpolitik sollten Werte des Lissabon-Vertrages gelebt werden. Also Wahrung der Menschenrechte, Gerechtigkeit, Solidarität. Rechts: hört „Schutz“, „Leben“ und „Europa“ im Kontext von Migration und Flucht und empfindet Ertrinkende im Mittelmeer als etwas, wovor man uns schützen müsse. Es fällt nicht schwer, von der Leyens Hütchenspieler-Rhetorik als zynisch zu empfinden. Nur, für uns Gelegenheitsdeutschlehrer: Menschenrechte, Menschenwürde, Gleichheit – wer das als „Stil“ tituliert, lässt sich die Grundwerte beim Friseur ondulieren.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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