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RENTENANGST

Die verratene Öffentlichkeit

Erstellt von Redaktion am Freitag 4. September 2015

Mit Kanonen auf Spatzen

Irgendwie Blutleer, das Jüngelchen

von Daniel Leisegang

Man fühlte sich unversehens ins alte Preußen zurückversetzt: Ende Juli wurde bekannt, dass die Generalbundesanwaltschaft (GBA) wegen Landesverrats gegen das Blog Netzpolitik.org ermittelte. Im Fokus standen dessen Gründer Markus Beckedahl und Andre Meister, einer der Redakteure. Sie wurden beschuldigt, Staatsgeheimnisse verraten zu haben. Ein schwerwiegender Vorwurf: Laut Paragraf 94 StGB droht dafür mindestens ein Jahr, im schlimmsten Fall lebenslange Haft.

Ausgelöst hatte die Ermittlungen der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen. Seine zwei Strafanzeigen im März und April dieses Jahres bezogen sich auf Blogbeiträge, in denen es unter anderem um die Ausspähung sozialer Netzwerke durch eine neue Referatsgruppe des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) geht. Die GBA nahm am 13. Mai die Ermittlungen auf. Beckedahl und Meister setzte sie davon allerdings erst am 30. Juli in Kenntnis – weil die in Betracht kommenden Delikte andernfalls verjährt wären.

Sofort brach ein Proteststurm los: Politiker wie Journalisten kritisierten, dass die Nachforschungen die Pressefreiheit verletzten. Nach einem kurzen Gerangel zwischen dem damaligen Generalbundesanwalt Harald Range und seinem Dienstherrn, Bundesjustizminister Heiko Maas, wurden die Ermittlungen am 10. August eingestellt.

Man könnte die Causa damit als Sommerloch-Intermezzo abtun. Tatsächlich aber birgt sie auch jetzt noch erheblichen Sprengstoff und ist zugleich ein Lehrstück sondergleichen – in rechtlicher, medialer und politischer Hinsicht. Vor allem verdeutlicht sie, dass der eigentliche Verrat bislang folgenlos blieb – nämlich jener, den die Bundesregierung an der politischen Öffentlichkeit begeht.

Rückblickend ergeben sich drei Fragen: Warum waren das BfV und die GBA erstens so bemüht, den Vorwurf des Landesverrats zu konstruieren? Zweitens: Sind Blogger überhaupt Journalisten und genießen sie damit die in Artikel 5 GG gewährleistete Pressefreiheit? Und schließlich: Welche Auswirkungen haben die Ermittlungen auf die noch immer schwelende NSA-/BND-Affäre?

Mit Kanonen auf Spatzen

Seinen Ursprung hat der Straftatbestand des Landesverrats im preußischen Allgemeinen Landrecht aus dem Jahr 1794. Damals richtete er sich vor allem gegen Handlungen, die in Kriegszeiten den Feind begünstigten.

Im vergangenen Jahrhundert kam er insbesondere in zwei spektakulären Fällen zum Einsatz: 1931 verurteilte ein Gericht den Herausgeber der Wochenzeitschrift „Die Weltbühne“, Carl von Ossietzky, und den Journalisten Walter Kreiser zu einer Freiheitsstrafe von jeweils 18 Monaten. Sie hatten über den heimlichen Aufbau der deutschen Luftwaffe berichtet und damit einen Verstoß gegen die Vereinbarung des Versailler Vertrags offengelegt.

Quelle: Blätter >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: Wikipedia : Author Bundesministerium des Innern/Sandy Thieme

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