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RENTENANGST

Die SPD Essen-Nord

Erstellt von Redaktion am Montag 1. Mai 2017

Wenn wir hier verkacken, dann überall

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Ein Artikel aus Essen – Nord oder auch, da in nächster Nachbarschaft gelegen, ein Situationsbericht aus Bottrop – Süd. Zwei Städte in denen die Mentalität der Menschen nicht auseinander zu halten ist. Kumpel eben Untertage als auch Übertage. Das war auch innerhalb der SPD einmal so. Da nannte sich die Partei noch eine Arbeiter – Partei. Aber, dann kam Gerhard Schröder und viele bemerkten dann erst, was sie von dieser Sorte zu halten haben.

Auch wenn viele diese Partei lange verlassen haben, ist es doch IHRE Partei geblieben und es brauchte nur eines Typen wie Martin Schulz um die Begeisterung erneut anzufachen. Plötzlich brannte das Feuer wieder in alter Hitze. Jetzt bemerkt man langsam das politische Strippen, geknüpft aus Geldscheinen länger halten als Gegenseitige Sympathie Bekundungen. Bis zum heutigen Tag hat sich kaum eine Schröder Genosse von seinem ehemaligen Chefideologen verabschiedet. Allzu viele streichen auch heute noch scheinbar ihre Dividende ein. Scheinen die Betten doch sehr gut vorbereitet worden zu sein.

Aber wir stellen auch heute fest, dass überwiegend nur die dritt- oder viertklassigen Leute in andere Parteien gewechselt sind. Sie sind auch in ihren neuen Parteien meist auf der Resterampe sitzen geblieben. Nach andere bemerkten was sie sich an Land gezogen hatten. Sie hatten alle große Pläne ließen sich immer wieder aufstellen, ohne ihre großen Ziele erreichen zu können. Vier Jahre Bundestag für Remmers reichte aus um den Wert ihres Diplom zu erkennen. Und von Günter Blocks, den ehemaligen Landes Geschäftsführer der Linken in NRW hört man auch nur noch wenig.

Allzu vielen Genossen mag er statt seinem Gesicht, wohl nur den nackten Arsch gezeigt zu haben. In den Kreisverbänden zeichnete er sich jedenfalls mehr als Zerstörer von gewachsenen Strukturen, denn als Schlichter aus, was seiner Aufgabe als Landes Vorstand gerecht geworden wäre. Wir bekamen Berichte zu lesen, das er seine Favoriten-Damen gleich als Wahlvorschläge in diese Kreis Verbände einführte. Anträge auf seine Partei – Ausschlüsse wusste er natürlich durch Kumpanei abzuwenden. Ein Schmutzfink der aller übelsten Sorte also, welcher angeblich nur Ehrenamtlich tätig war, sich dafür aber anderweitig Entschädigte.  Na, nicht so hoch wie Beckenbauer wahrscheinlich.

Dem Manfred Kapluck (ehemals KPD) aus Essen und seiner Mätresse Ute Müller aus Ahlen werden Blocks Taten gefallen haben. Ihnen war es egal das damals mehr als 20 Personen den KV WAF verließen welche dieser Partei für immer der Rücken kehrten. Denen war nur wichtig die Oberhand zu behalten. Alle Unterlagen sind heute noch auf diesen Blog Nachlesbar. DL / IE

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Ein Bericht aus Essen

von Sabine am Orde und Stefan Reinecke

In zwei Wochen wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Die AfD will der SPD den Arbeiter streitig machen – ausgerechnet in deren Stammland, dem Ruhrgebiet. Können die Sozialdemokraten das verhindern?

Die Kneipe Alt-Carnap liegt an einer vierspurigen Ausfallstraße im Essener Norden. Draußen fliegt Müll umher, unter den Brücken kacken Tauben die Bürgersteige voll. Drinnen, an einem Tisch hinten in der Ecke, sitzt Guido Reil, der Direktkandidat der AfD, umringt von Leuten. Die Ellbogen auf dem Tisch, das Polohemd bis zum letzten Knopf geöffnet. Vor ihm ein Stauder Pils, hinter ihm eine vergilbte Wand, auf die Bauernhöfe gemalt sind – Essen-Karnap vor der Industrialisierung. Am Tisch gegenüber hat der örtliche SPD-Chef Platz genommen.

Nicole Pawelczyk betritt die Kneipe und setzt sich neben Reil. Sie hat ein rundes Gesicht, in den Ohrläppchen stecken Kunstperlen. Plötzlich steht der SPD-Mann am Tisch. Er umarmt die Frau, grüßt knapp in die Runde und geht wieder.

Noch vor einem guten Jahr hätten sie im Alt-Carnap alle zusammengesessen. Pawelczyk, 29, war fünf Jahre lang in der SPD, ein Jahr im Vorstand des Ortsvereins. 2016 ist sie gemeinsam mit ihrem Freund ausgetreten. Wegen der Flüchtlinge. Und wegen Reil. „Die SPD vertritt die Interessen der kleinen Leute nicht mehr“, sagt sie. Bei der Landtagswahl in zwei Wochen will sie AfD wählen.

Das Alt-Carnap ist die letzte Kneipe im Stadtteil, zwei andere haben geschlossen, wie so vieles im Norden des Ruhrgebiets. Die meisten Zechen und Industrieanlagen haben vor Jahrzehnten dicht gemacht, danach kam nicht mehr viel. Einige Straßenzüge erinnern an die trostlosen, deindustrialisierten Zonen in Nordfrankreich. Viele, die früher Sozialisten und Kommunisten wählten, sind zum Front National übergelaufen. In Frankreich wählte am Sonntag die Hälfte aller Arbeiter Le Pen. Genau das will die AfD bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wiederholen.

Sie inszeniert sich im Ruhrgebiet als neue Malocherpartei gegen die alte SPD. Dafür hat sie hat eine Figur, die ein Geschenk für rechtspopulistische Kampagnenplaner ist: Guido Reil. Er ist ein Malocher zum Vorzeigen, arbeitet als Bergmann in der letzten Zeche in NRW, ist Gewerkschafter und AWO-Mitglied. Und er war 26 Jahre lang in der SPD.

Die „Carnaper Originale“gegen das Zeltdorf

Die Rechtspopulisten hoffen, dass ihnen mit Reil ein Coup gelingt wie in Sachsen-Anhalt. Dort wurden sie auf Anhieb zur stärksten Partei bei Arbeitern und Arbeitslosen. Die AfD-Spitze glaubt, dass Reil im Wahlbezirk Essen I der SPD sogar das Direktmandat abjagen kann.

Nicole Pawelczyk trat 2011 in die SPD ein. Sie wollte etwas für den Stadtteil machen, Karnap sollte nicht ganz vor die Hunde gehen. „Da geht man hier zur SPD“, sagt Pawelczyk, inzwischen hat die Wirtin ihr ein Bier gebracht. Mit ihrem Freund organisierte sie ein Fest auf dem Marktplatz, setzte sich für den Erhalt des einzigen Supermarkts ein, bekämpfte die Tauben unter der Brücke. Dann sollten in Karnap 800 Flüchtlinge in einem Zeltdorf untergebracht werden.

„Ich habe nichts gegen Flüchtlinge“, sagt Pawelczyk, „aber das waren für Karnap einfach zu viele.“ Als die Flüchtlinge kamen, hatte sie Angst, abends allein die Straße zu gehen. „Sowas durfte man in der SPD aber nicht sagen.“ Pawelcyk störte, dass viel mehr Flüchtlinge in den armen Essener Norden kamen als in den reichen Süden. Sie engagierte sich in der Bürgerinitiative „Carnaper Originale“ gegen das Zeltdorf.

Stephan Duda, der Mann am Nebentisch, der Pawelczyk umarmt hatte, ist in der SPD geblieben. Duda, 46, gilt im Stadtteil etwas. Er ist Vorsitzender der Karnaper SPD, des Fußballvereins, des Gartenbauvereins. Ende 2015 hatte er noch mit Reil und Pawelczyk protestiert. Am Schreibtisch entwarf er einen Flyer: „Der Norden ist voll“, stand darauf. Da kommt der Rechtsradikale von der SPD, das hat Duda damals öfter gehört. Ein komplettes Missverständnis, sagt er, hatte er doch Fußballspiele mit Flüchtlingen und einen runden Tisch organisiert. Duda wollte eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in Essen, nicht mehr. Sein Slogan „Der Norden ist voll“ war ein Fehler, sagt Duda. Er klang wie „Das Boot ist voll“.

Duda ärgerte sich über seine Partei, aber die SPD verlassen, das kam für ihn nicht infrage. „Mach dat nich“, hatte Duda zu Reil gesagt, als der zur AfD ging.

Heute sehen sich die drei nicht mehr bei der Ortsversammlung, sondern mal beim Einkaufen oder eben in der Kneipe. Am Tisch mit den Abtrünnigen wird das nächste Bier bestellt. Nachdem Reil die SPD verlassen hatte, sprachen viele Genossen schlecht über ihn. „So sollte man mit niemandem umgehen“, sagt Pawelczyk und blickt auf Reil. „Rein menschlich schon.“ Auch sie verließ die SPD.

Hier, im Alt-Carnap, ist die AfD kein Fremdkörper mehr. Viele, die am Tisch vorbeikommen, werfen Reil freundliche Worte zu. „Guido, halt ’ne gute Rede morgen“, sagt ein älterer Mann.

***

In Essen-Frintrop ist an einem Dienstagnachmittag vor Ostern die sozialdemokratische Welt noch in Ordnung. Im Bürgerhaus sind die Tische eng zusammengeschoben. Gut hundert Rentner sind zum Treffen der Arbeiterwohlfahrt gekommen. Orange Gardinen, Bienenstich auf dem Teller, Papierdeckchen. Aus den Boxen hämmert das Clublied: „Im Herzen von Nordrhein-Westfalen liegt unser schönes Ruhrgebiet / Die Heimat für Millionen Menschen, von allen wird es geliebt“. Heimat. Menschen. Liebe. Einige schunkeln. Die Damen trinken Kännchen, die Herren schon mal ein Pils. Es riecht nach Wir und Zusammenhalt in einer Welt, die sich schnell verändert. Die Älteste ist 102, ihre Tochter, auch Rentnerin, sitzt neben ihr.

Thomas Kutschaty, der SPD-Direktkandidat in Essen I, steht am Eingang des Saals. Er ist der Platzhirsch in Essen-Nord, der Gegenkandidat von Reil. Ihn muss die AfD besiegen.

„Kann ich noch rumgehen, Postkarten für die Briefwahl verteilen?“, fragt Kutschaty, betont bescheiden. Kutschaty, 48, muss eigentlich nicht fragen. Er ist Justizminister in Düsseldorf und SPD-Chef in Essen. In einer knappen Rede sagt er, dass sie, die Alten, das Land aufgebaut und die Jüngeren davon profitiert hätten. Dass er der Erste in seiner Familie war, der aufs Gymnasium gehen konnte. Das ist die sozialdemokratische Erzählung als Brühwürfel, vom Aufstieg durch Bildung, von Zusammenhalt und Solidarität.

Nach seiner Rede geht Kutschaty durch die Reihen, schüttelt Hände von Senioren, die nach der Zukunft des nahe gelegenen Supermarkts fragen.

Am Ende seiner Runde steht Dirk Busch, dem Kutschaty ein kurzes „Tach“ zuwirft, mehr braucht man hier nicht zu sagen. Busch, kariertes Hemd, Schlüsselbund am Gürtel, ist hier der Chef – der AWO, aber auch der SPD im Stadtteil. Alles ehrenamtlich. Die SPD hat hier 147 Mitglieder, die AWO 380. Früher war das Verhältnis eins zu eins. Wer AWO war, war SPD. „Den Automatismus gibt es nicht mehr“, sagt Busch. „Der Nachwuchs bei der AWO, das bin ich.“ Er ist 57 Jahre alt.

Quelle :  TAZ >>>>> weiterlesen

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Grafikquelle  :

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  • File:2017-03-19 Stimmergebnis SPD Parteitag by Olaf Kosinsky-4.jpg

 

 

Dieses Foto ist von Olaf Kosinsky

Achtung: Dieses Bild ist nicht gemeinfrei. Es ist zwar frei benutzbar aber gesetzlich geschützt.

This photo was created by Olaf Kosinsky

Note: this image is not in the Public Domain. It is free to use but protected by law.

11-09-04-nikon-d300s-by-RalfR-DSC 5378.png Bitte benutzen sie nach Möglichkeit als Bildbeschreibung:

Olaf Kosinsky / kosinsky.eu

 

 

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